Rheingauer Wörterbuch

Suchen im Wörterbuch

Die Einträge sind alphabetisch sortiert. Ein Klick auf den Anfangsbuchstaben der Überschrift führt Sie direkt an die richtige Stelle.

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Aa

die, Pl. Aa-e, allg. für Rheinau(en). Als der Strom noch nicht so kanalähnlich begradigt und eingemauert war wie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, wanderten sie oft, verschwanden und bildeten sich neu. Das gab viel Anlass zum Streit, zu welchem Gebiet sie gehörten: Mainzischer Rheingau oder Kurpfalz. Ein historisch bemerkenswerter Inselverlust ist der der Lützel­aue, die am westlichen Ende vor Winkel lag, seit alters her eine wichtige Rheingauer Gerichtsstätte war und auf der 1324 das Rheingauer Weistum (Landrecht) feierlich besiegelt wurde. Lützel ist eine alte Koseform von Ludwig, und Ludwig dem Frommen wird die Namenspatenschaft zugeschrieben. Allerdings ist lützel auch eine alte Form von ‚klein’ (engl. little), so dass die Bezeichnung auch darauf beruhen kann. Im 16. Jh. war dann entweder die Au abgeschwemmt oder die Lach (s.d.) durch Strömungsveränderung zugeschwemmt, jedenfalls die Au mit dem Land verbunden.
Was das Wort Au angeht, findet sich innerhalb des Rheingaus eine Sprachgrenze: Vom Nahezufluss abwärts heißen die Rheininseln nicht mehr Au, sondern Wert, was der ältere Begriff ist; so z.B. Mäuseturm-Wert und Lorcher Wert (weiter im Norden Werder, an der Donau Wörth). Die große Schotter-Sandbank unterhalb von Assmannshausen nennt sich indes Clemensgrund, nach der Clemenskapelle beim gegenüber liegenden Trechtingshausen.

Aa(ch)

das, Pl. Aa(che), allg. für Auge;

1. beim Menschen: Ich haach der uffs Aach un uffs anner Aach aach. –Des is doch nur die Aa zugeschmeert: das sind doch Augenwischereien, falsche Versprechungen; In die Supp gugge mehr Aache eninn als wie eraus: die Suppe ist ärmlich; Mer kann sich als die Aa vor de Kopp drigge, wenn man obstipiert ist; Der bescheißt aam, dess aam die Aa Wasser gebbe; Manch aaner hot en Aamoos wie e Kuh (Augenmaß); sehr klein Gedrucktes is Aachepulver;

2. bei der Rebe und beim Obstbaum die Stelle, an der im Frühjahr die Knospe für den neuen Trieb aufgeht.

 

Aabee

der, Pl. Aabees, gew. Dialektform für Abé, französisierende Abkürzung des deutschen Wortes Abort. Seit dem 19. Jh. mdal. ziemlich allgemein geläufig.Besser en Aabee in Riddesum als wie e ganz Haus in Aulhause lästern die Rüdesheimer. Großes Lob für verlockende Küchendüfte: Wammer dem Geruch noogeht, kimmt mer uff kaan Aabee; vgl Abtritt.

Aabeemick

die, Pl. Aabeemigge, langes a betont,

1. allg. für Abortfliege, Schmeißfliegen, wie sie zu Zeiten der Plumpsklos im Hof unausweichlich waren, aber mit der Biotonne wiederkehren; is läsdich wie e Aabeemick. Mick ist Dialekt­form für Mücke und Fliege.

2. vulgäres Schimpfwort für einen aufdringlichen Menschen. Einer, der sich nicht abweisen lässt,

aach

wie schrspr. auch, hier besonders beliebt als Füllwort in mancherlei Zusammenhängen wie Gemorje aach, ablehnend: Jo, aach noch oder beim Fluchen: Herrgott-noch-emol-abber-aach!

Aadeggel

der, auch Aachedeggel, Pl. gleich, langes a betont, e kurz, gew. für Augenlid. Heddst emo sie-e solle, wie’s Lina werre met de Aadeggel geklabbert hot. – Aadeggels Nannche ist wie Derrabbels Heine eine anonymisierende Personenbezeichnung für Anekdoten.

Aai

das, Pl. Aajer, a lang und betont, allg. für Hühnerei; vgl. aber Ei.

Aajche

a lang und betont, mahnender Ausruf mit drohend erhobenem Zeigefinger; etwa wie ugs. ‚ei-ei’, ‚o-o’ oder ‚du-du’.

Aajerbisch

die, nur Pl., langes a betont, auch Pissblumm, Sai-bisch oder Zichorje-bisch (oft auch -pisch ausgesprochen, schrspr. -büsche, Sai für Säue), gew. für Löwenzahn, bevorzugtes Futter für die früher weit verbreiteten Stallhasen. Zichorie (Chicoree) und Löwenzahn gehören zur gleichen Pflanzengattung (Korbblütler bzw. asteraceae, harntreibend) und haben bittere Wurzeln, die in Notzeiten als Kaffee-Ersatz geröstet wurden.

aal Gelerch

s. Gelerch.

Aasch

der, Pl. Ärsch, derb bis vulgär für das Hinterteil von Mensch und Tier, schrspr. Arsch. Bei der einheimischen Vorliebe für Derbheiten gibt es hierzu eine ganze Anzahl Sprüche: Dem geht’s Maul wie em Enderich de Aasch, wenn einer unentwegt schwätzt; Der will erscht dreimol am Aasch geleckt seĩ, wenn einer recht viel gebeten werden muss; Dem deed ich nit-emo mein Aasch lehne oder Dich kammer brauche wie en Ichel zum Aasch-Abbutze, wenn einer ganz und gar nichts taugt; Du deedst dein Aasch noch vegesse, wann er nit ããgewachse wär; und grober Ich tret der in de Aasch, dess-de verzeh Daach Schuhwichs kackst, sowie Wann ich den im Aasch hätt, deer-ich en in de Rheĩ scheiße.

Aaschbackegesicht

das, Pl. Aaschbackegesichder, erstes a lang und betont, vulgärer Spott für jemanden mit dickem Kopf und Pausbacken, also einem Gesicht wie ein Hinterteil. Nix geje dei Gesicht, abber en Aasch geheert in die Hos.

Aaschert

der, kein Pl., a lang und betont, derbe Sportsprache für Sprung ins Wasser, der vom Sprungbrett aus in Sitzstellung mit über den Knien verschränkten Armen stattfindet, so dass der Springer auf dem Hinterteil landet; auch Rodeln in sitzender Position. Vgl. Bauchert, Kobbert, Rutschert.

Aaschgei

die, Pl. Aaschgeie, langes a betont, vulgäres Schimpfwort allgemeiner Art; schrspr. Arsch­geige.

Aaschplatscher

der, Pl. gleich, erstes a lang und betont, vulgär für Steißtrommler, also Erzieher, die Kinder oft und gern versohlen. Heutzutage strafbar; vgl. Platsch, Dooges.

Äätsch

wie schrspr. spottender oder schadenfroher Ausruf; oft ergänzt zu dem Reim Äätsch-schabbe-Riebsche, bist e dreggisch Biebsche. Eineme Riebsche schabbe (schaben) ist ein Synonym für verspotten. Passend dazu wird ein Zeigefinger mehrfach quer über den anderen gestrichen. Biebsche mag als Bübchen oder als Piepchen (Hühnchen) interpretiert werden.

ab mache

ab gemacht, kurze Vokale, ab betont, allg. für weggehen, verschwinden, flüchten, sterben. Entspricht all ma­che, fort mache, per mache (s.d.). Ich mach mich ab: ich gehe jetzt; Die ald Millern hot sich abgemacht: die alte Frau Müller ist verstorben (oder geflüchtet). Natürlich kann man auch Wehrdienst oder Knast abmache, also absolvieren; vgl. mache.

ab sein

allg. für

1. abgearbeitet, geschwächt sein: eich sein jo ganz abche;

2. beim Kin­derspiel nach Abzählen: En Dibb, en Dabb un du bist ab , also du bist dran.

Abbelkrotze

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. für Kerngehäuse des Apfels; vgl. Krotze.

abben

en abbene Knopp , entspricht eme ausene Aache, ener uffene Hos oder ener zuene Deer. Die Präpositionen ab, aus, uff und zu werden als Adjektive behandelt und dekliniert. Sei Fraa muss-em de abbene Knopp beim ausene Licht ããneje.

Abberat

der, Pl. Abberade, zweites a gelängt und betont, auch Abberillo, i kurz und betont, dient zur Beschreibung der verschiedensten Dinge, insbes. wenn sie groß und dick sind, z. B. Frauen, deren Brust, Männer, deren Genital, Bücher, Autos, sonstige Maschinen, aber natürlich auch, wie schrspr., Telefon und Radio.

Abbes

in Aulhausen Kurzform für Assmannshausen, die Einwohner sind Abbeser.

Abbo

der, ohne Pl., a kurz und betont, gew. für Appetit, Hunger. Zuruf: Gude Abbo! Aus lat. ad-petere: nach etwas verlangen. Gude Hunger! tut denselben Dienst.

Abbodeek

die, Pl. Abbodeege, e lang und betont, Scherzbezeichnung für teurer Laden; schrspr. Apotheke.

abfange

abgefange, kurze a, erstes betont, zweites nach o gefärbt, allg. für verhauen; vgl. Fäng.

abflatschern

abgeflatschert, kurze Vokale, erstes a betont, respektlose Bezeichnung für sterben, verenden: Ich bin beinah abgeflatschert. Wortbild vom matten Flügelschlag; vgl. flatschern.

ab-fort

einräumende Floskel mit der Bedeutung ‚so sei’s denn’: Ab-fort, mer gehn haam.

Abgang

der, Pl. selten, kurze a, erstes betont,

1. derbe Aufforderung, zu verschwinden: (mach emo ’n) Abgang!;

2. vulgär für Ejakulation: ich hab aan Abgang noo-em annere als Ausdruck großer Freude bzw. Genugtuung;

3. in latinisierter Form Abidur für die geschlechtliche Reifeprüfung, das ‚erste Mal’;

4. derb als Wunsch für jemanden, der zur Toilette geht: Gude Abgang!

5. derb für Darmwind.

 

abgugge

abgeguckt, kurze Vokale, a betont, in der Redewendung ich gugg-der schon nix ab zum Beruhigen einer schamvollen Person beim An- oder Ablegen bzw. Ordnen ihrer Kleidung.

abhalle

abgehalle, kurze Vokale, erstes a betont, gew. für ‚ein Kind bei der Verrichtung seiner Notdurft halten’ (irgendwo in der Landschaft, Kind lehnt mit dem Rücken am Erwachsenen, der es an den Oberschenkeln festhält); daneben, wie schrspr., ‚jemand von etwas abhalten’.

abjaggern

abgejaggert, kurze Vokale, erstes a betont, allg. für abhetzen, abjagen, abmühen.

abknabbse

abgeknabbst, kurze Vokale, erstes a betont, allg. für sich etwas absparen, unter Opfern erübrigen.

abknibbele

abgeknibbelt, auch abnibbele, kurze Vokale, a betont, derb für sterben. Abnibbele könnte von jidd. niwel: verwelkt oder niftern: sterben kommen. Abknibbele ist das Gegenteil von knibbele (s.d.), also entknüpfen (des Lebensfadens).

abnemme

abgenumme, kurze Vokale, a betont, schadenfroh und befriedigt nach einer Ohrfeige o.ä. in dem Spruch Die nimmt-der kaan Dogder meh ab!

abpetze

abgepetzt, kurze Vokale, a betont, allg. für abkneifen, abzwicken; vgl. petze.

abschließe

abgeschlosse, kurzes a betont, allg. in dem Ausdruck die Gass abschließe als scherzhafte Aufgabe für diejenigen, die nachts als letzte in ihr Viertel heimgehen.

absteche

abgestoche, kurze Vokale, a betont, allg. für die Tätigkeit des Kellermeisters nach Abschluss der Gärung. Substantiv: Abstich, der, kein Pl. Wenn die Hefe (Drusen) sich abgesetzt hat, wird der Jungwein in ein anderes Fass abgezogen. Man kann die Hefe zu Schnaps brennen oder in die Weinberge einbringen. Vgl. Druse, Drusewei, Geiz. Freilich wird auch im Rheingau die Sau abgestoche oder abgegiegst.

Abtritt

der, Pl. selten, kurze Vokale, a betont, derb für Toilette; besonders gern in der Wendung In dere Wertschaft gibt’s Schnitzel (Kottlett, Rumstigger) so groß wie Abtrittsdeggel; vgl. Aabee.

abzieje

abgezo-e, a kurz und betont, gew. für verhauen, klar besiegen. Die ziehn mer ab, die habbe mer abgezo-e; die habbe ihrn Abzuuch krieht.

achele

geachelt, kurze Vokale, a betont, gew. für essen, besonders in der Vorfreude gebraucht: alleweil (s.d.) werd geachelt! Wenn’s besonders gut schmeckt, do werd geachelt, bis aam ’s Maul offe steht. Jidd. achlen, rotw. acheln: tüchtig essen.

Achelpeere

der, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, für einen, der vor allem ans Essen denkt. Peere ist Dialektform von Peter und wird oft im Sinne von ‚Kerl’ gebraucht.

Achherrjeeche

das, Pl. Achherrjeecher, langes e betont, Bildwort für ängstliche, schüch­terne Person, die oft „ach Herr-Je“ ruft.

Acht basse

gebasst, auch Acht gebbe, Achtung gebbe, allg. für aufpassen; Imperativ kurz Addeng!; vgl. bass uff. – Kinder-Rechen­witz: Was ergibt en Schutzmann un en Zahnarzt? – Minus zwaa, weil en Schutzmann Acht gibt un en Zahnarzt Zeh(n) zieht.

acht-Daach

übliche Angabe der Zeitdauer, wenn eine Woche gemeint ist. Die Franzosen siedeln diesen zusätzlichen Tag bei zwei Wochen an: une quinzaine (15 Tage) statt deux semaines (zwei Wochen).

Ackel

s. Gaggel.

Addschee

a kurz und betont, Abschiedsgruß im vertrau­ten Umgang. Die Bedeutung des frz. Ursprungs adieu: Gott befohlen, ist fast verges­sen. Das Wort ist in vielen Mundarten bekannt, wenn auch mit Abwandlungen (badisch adje; rheinisch adjüs; berlinerisch tschüssing). Seit 1600 als Modewort aufgekommen. Heutige Modeform: tschüs, tschüssie.

Ader

der, Pl. Ade, a gelängt und betont, auch Adche, Handwerkersprache für Holzmulde zum Fleischtransport der Metzger. Der Ader wird auf der Schulter getragen; schrspr. Mulde.

Aff

der, Pl. Affe, wie schrspr. Affe(n), aber hier noch mehr verbreitet als ugs.; da sind zunächst Affegungges, Affegogges, Affegigges oder Afferigges, kurze Vokale, a betont, gew. Schimpf­wortformen für eitle, über­heb­liche Menschen. Dann die Affekniddel: Erdnüsse, der enorm beschränkte Affekopp, der Affestall, in dem es immer laut zugeht, der überfüllt ist und/oder in dem es stinkt. Sprichwörtlich hockt aaner uffem (Fahr-) Rad wie de Aff uffem Schlaafstãã; wer mit der Leiter arbeitet, hört oft Wann die Affe steije, gibt’s Reje; schließlich wehrt man überflüssige Belehrungen ab mit Willst-de ’n alde Aff Fratze schneide lerne?; vgl. lerne.

aIderiern

alderiert, langes i betont, gehoben für aufre­gen; frz. alterer: aufregen.

aII

unflektiert, gew. für (alles) aufgebraucht, aus­gegangen, nicht mehr vorhanden. Es Salz is all; aber auch für alle(s): Es Geld kimmt all in die Kass. Scherz­wort: Sin die Weck weg? Ja, die sin all all. Ei, wer war dann do do? – Schrspr. ‚alle’ wird auch so gesprochen, aber häufig wird stattdessen die ganze verwendet; vgl. ganz.

all mache

all gemacht, all betont, gew. für weggehen, verschwinden. entspricht ab mache, fort mache, per mache, s.d.; vgl. ab.

alla

erstes a kurz und betont, 1. Kindersprache für ’alles weg, nix mehr da’; 2. auch alla-dann, allg. ermunternd für ‚nun denn’, ‚auf geht’s’; Alla Genacht, mer gehn haam.

alle Gebott

kurze Vokale, o betont, allg. für jeden Augenblick, immerzu; Gebot hier im Sinne von Aufgebot, Aufruf.

alle Ritt

i betont, allg. für: jeden Augenblick. Vielleicht aus mhd. ritten: Fieber; vgl. Riddele.

alle Stund

Angabe eines Zeitintervalls wie die vorigen: Jede Stunde wieder. Geht auch mit anderen Zeiträumen wie alle zeh Minudde, verdel Stund, drei Daach, acht Daach, verzeh Daach, paar Woche, verdel Jah, Schaltjah, Jubeljah (eigentlich 50 Jahre, ein jüdischer Begriff) oder hunnert Jah; nur der Monat entfällt, der heißt nämlich alle vier Woche.

allee

auch allõ, unflektiert, anlautendes a kurz und betont, gew. Befehlswort für schnell, rasch. Allee, allõ, vorwärts, widd, duddswidd, marsch, mir gehe, sind Verbindungen und Er­weiterungen, die deutlich machen, dass die französischen Ausdrücke ‚allez vite’ oder ‚allons tout de suite’ nachge­bildet wurden und ihren Sinn auf allee und allõ übertragen haben. Rheinisch Alleewittche für rasche Besorgung, schneller Genuss, hastiger Verzehr.

allewei(l)

auch awei, Zeitadv., kurze Vokale, ei betont, gew. für ‚jetzt’ in betonter Stellung, sonst wird ebe (eben) angewendet, da jetzt zu vornehm ist. Allewei hammers, derber Allewei kimmt’s em wie em Bock die Milch. Spöttisch-ablehnend zu jemandem, der nachfragt, weil er etwas nicht verstanden hat: Allewei iss-es um die Eck. Hingegen Ebe war-er doch noch do. Allewei…, Kurzform ewei oder awei wird auch mahnend oder drohend verwendet, im Sinne von ‚Jetzt reicht’s, sonst passiert was’. Schrspr. alle Weile; vgl. ebe, jetzerd.

Allmei

der, kein Pl., a betont, ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., familiär für Egoist. Bildwort: alles mein, Adj.: allmeinich.

allõ

kurzes a, õ betont, allg. für ‚Auf geht’s!’, frz. allons; vgl. allee.

als

Adv., allg. für 1. immer, immerzu: Des dreht sich als; Als-erinn met eich; Is mein Mann als noch nit do?; mit den erweiterten Formenalsfort, als-zus sowie als un als;

2. manchmal: Do gehe mer als hie mit der erweiterten Form alsemo;

3. einstweilen: Deck als de Disch, de Vadder will esse.

Mhd. allez ist das Neutrum des Adj. all. Nur lautlich ist es mit der Konjunktion als zu­sammengefallen. Das Wort ist ähnlich unübersetzbar wie die Interjektionen halt und baye­risch fei. Es gibt die Scherz­frage, ob jemand in der Lage sei, einen Satz zubilden mit Viehsalz, Kleesalz, Riechsalz und Seesalz. Die Auflösung: Mein Vadder wäscht sich die Fieß-als und de Klees-(Kopf) -als, ich riech’s-als und seh’s-als. Merke: Beim Komparativ wird im Rheingau keinesfalls als verwendet. Hier kommt üblicherweise wie zum Einsatz, oft auch ‚als wie’: Ich waaß des viel besser (als) wie du. Dr. Krayer, in den 1950er und 1960er Jahren ein allgemein verehrter Oberstudienrat am Gymnasium in Geisenheim, erzählte gern als selbst erlebt die Anekdote, in der er einen Schüler nach dessen ‚wie’ oder ‚als wie’ auf den korrekten Gebrauch des ‚als’ beim Komparativ hinwies. Ein anderer Schüler, um ein entsprechendes Beispiel gebeten, antwortete prompt: Es Wedder werd als besser. Das ‚als wie’ ist aber ebenso an Stelle des schrspr. ‚wie’ zu verwenden: Der benimmt sich als wie en Tyrann. Die Überlegung, ob jetzt gerade als oderwie zutrifft, spart man sich dabei. Bei einer weiteren Verwendung steht als wie, manchmal auch erweitert zu als wie wann, für ‚als ob’. Des Kind hot gekrische als wie’s wär gehaa worn, alternativ als wie wann’s gehaa worn wär. Schließlich wird ‚als’ auch bei der Schilderung von Vorgängen durch ‚wie’ ersetzt. Als wir gestern heimkamen, …: Wie mer gesdern haamkumme sin, …

alsemo, alsfort

s. als.

alt

Adj., auch aal, dient vor allem zur Verstärkung tadelnder Ausdrücke, z.B. alt Schinn-Oos, alt Wutz; de Alde kann der Vater sein oder der Chef oder der Kreuz-Bube beim Skat; die Alt steht herabsetzend für Ehefrau. – Mei Nos is e Jahr alt, se fängt ãã se laafe.

Amberaasch

die, ohne Pl., anlautendes a kurz und betont, gew. für Verlegen­heit, Verwirrung, Umstand. Frz. embarras: Hindernis, Verwirrung; alternativ ombrage: Misstrauen, Übelnehmerei. Häufig Amberaasch un Uwing, s.d.

Amboss-Schisser

der, Pl. gleich, a betont, derber Spottname für Schmied bzw. Schlosser.

Ameise

die, nur Pl., alter Uzname der fleißigen und sparsamen Espenschieder; vgl. Oomuzze.

amend

kurze Vokale, e betont, ent­spricht ‚am Ende’, bedeutet aber ‚vielleicht’. Es werd so dunggel, amend gibt’s e Gewidder.

Amerigaaner

der, Pl. gleich, langes a nach o gefärbt und betont, Name eines beliebten Gebäcks aus Sandkuchenteig, etwa in Form eines flachen Kugelsegments, mit Zucker­guss oder Schokoladenüberzug auf der ungewölbten Fläche.

Ammebäsje

das, Pl. Ammebäsjer, a kurz und betont, ä gelängt, wohl nur noch Älte­ren erinnerlich als Bezeichnung der Hebamme. Ammestickche: das beste Stück der Mahlzeit, ob Kuchen oder Fleisch. Lange Zeit wurde die (Heb-) Amme auch im Hochdeutschen als Base oder Gevatterin, also zu Recht wie eine Vertraute bezeichnet.

Ammedeinche

das, Pl. Ammedeincher, a kurz und betont, ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., allg. für verwöhntes, verzärteltes Kind, einfältiges Mädchen. Deinche kommt nicht allein vor; vgl. Dunseldeinche.

Ammerell

die, Pl. Ammerelle, kurze Vokale, a betont, Schimpfwort, meist im Zu­sammenhang mit ‚scheel’. Amarelle, Ammer bezeichnet eine Finkenart, nach dem vorzugsweise verspeisten alten Getreide Emmer. Durch den Zusatz von scheel wird es negativ.

Ammestickche

s. Ammebäsje.

an

wird als Vorsilbe wegen des nicht gesprochenen n meist nasaliert ãã oder õõ gesprochen, örtlich (Höhengemeinden) auch oo, z.B.Jãã, steck-der aach ãã ãã: Hans, steck’ dir auch eine an. Wer arm ist, nichts anzuziehen hat, der hot nix um un nix ãã.Im Kopp fängt’s ãã verspottet den Vergesslichen; eine Eigenart wird kommentiert mit Des hot der so an sich; Frustration oder Ärger mit Do kriehn ich jo grad was an mich.

Anbabber

der, auch Anbabbscher, Pl. gleich, erstes a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. Schimpfwort für aufdringlicher Mensch, Schmeichler, einer der sich ‚anpappt’.

anbennele

ãngebennelt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für anbändeln, Kon­takt mit einem Mädchen aufnehmen. Rührt von alten bäuerlichen Werbe- und Verlobungsbräuchen her. Vgl. Bennel, Gebennels, Herzbennel, Schuggebennel, Strumpbennel.

anbinne

ãngebunne, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für Streit anfangen.

andadschele

ãngedadschelt, erstes a durch unge­spro­che­nes n nas. und betont, abfällig für berühren, befingern. Kinder, die ja vieles anfassen, weil sie es be-greifen müssen, und Männer, die bei Frauen ihre Finger nicht bei sich behalten können, heißen Ãndadscheler. Schrspr. antatschen, verwandt mit frz. toucher: berühren.

Andamm

der, ohne Pl., erstes a durch ungesprochenes n nas. und betont, abwertend für armseliger, schwächlicher, elender Mensch. Adjektive dazu: ãndärmlich und ãndormelig, auch für Sachen, die nichts hermachen.

andärmlich, andormelig

s. Andamm.

Andau

die, Pl. Ãndaue, a durch ungesprochenes n nas. und betont, Bezeich­nung für Gully, Wasserabfluss, Senkloch der Kanalisation. Mhd. abeduche. Ob das Wort auf frz. en tuyeau: durch eine Röhre, zurück­zuführen ist, ist fraglich, denn bereits durch eine Frankfurter Urkunde des Jahres 1304 ist die Bezeichnung Aeduche für eine Kloake bekannt. Die erste Mainzer Stadtaufnahme von 1568 bringt das Wort häufig in der Form andauche. Vermutlich ist das Wort schon in ahd. Zeit über Gallien aus dem vulgär­lat. aquaeductus in westdeutsche Mundarten entlehnt worden; vgl. Dohl, Floß.

anduddele

ãngeduddelt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. für antrinken Ich duddel mer aan ãã: ich trinke mir einen Rausch an.

andu-e

ãngedãã, a betont und, auch im Auslaut des Per­fekts, durch ungespro­chenes n nas., allg. für

1. anziehen. Ich du mein gude Rock ãã:ich ziehe mein gutes Jackett an (daneben, wie schrspr., meinen guten Rock). En Mandel odder en Schal duud mer sich abber um. Ich bin nit ããgedãã, fer mich aus-sedu: Deiner freundlichen Einladung, abzulegen, kann ich nicht folgen, weil ich den Mantel nur über das Hauskleid gezogen habe.

Aber auch 2. des du ich mer nit ãã: das mute ich mir nicht zu.

anfällich

Adj., auch ãnfäldich, a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. für einfältig. Kommt auch in den Varianten infällich und infäldich vor (dann ist in- nicht nas.).

angauze

ãngegauzt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. für anbellen, übertragen auch ausschimp­fen. De Maaster hot mich ãngegauzd, weil ich zu speed komme bin; vgl. gauze.

Angewann

das, Pl. Ãngewänner, a durch ungesprochenes n nas. und betont, ei­gentlich ‚an die Gewann grenzend’, also Ackergrenze oben und unten, dort, wo der Pflugwendet und wenig wächst. Ansonsten Bildwort für Randstück von belegten Hefeku­chen; der Teil, an dem immer Belag fehlt, seien es Ribbele oder Kwetsche. Vgl. Forch, Gewann.

Ängst

die, nur Pl., allg. für Angst. Der Rheingauer ist gemeinhin nicht ängstlich. Wenn er aber Angst hat, dann in der Mehrzahl. Lat. angustiae: Enge, Klemme, Schwierigkeiten.

Ängstschisser

der, Pl. gleich, kurze Vokale, ä betont, derb für Feigling, Angsthase. In Zuckmayers Dialektdramen literarisch belegt. Auch vereinfacht Schisser.

anhalle

ãngehalle, erstes a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für bitten, betteln. Er hot ãngehalle wie de Kribbel am Weech: Er hat ganz dringend um etwas gebeten.

anhänge

ãngehänggt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, vor allem in der Wendung Er hot mer e frech Maul ãngehänggt: Er hat böse Widerworte gegeben.

Ank

die, kein Pl., a nach o gefärbt, gew. für Genick. Ank ist in Frankfurt durch Gedichte Fried­rich Stoltzes belegt. In der Pfalz gibt es das Wort Ankel, das auf das verwandte Enkel in der Bedeu­tung Gelenk hinweist. Ein fettes Genick ist e Brodworscht-Ank. Einem, der sich daneben benommen hat, mag auch gedroht werden: Ich haa der in die Polga-Ank (s.d.).

ankumme

Part. Perf. gleich, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für ankommen, vor allem in Redewendungen wie Des keem noch druff ãã:das ist noch fraglich; Die ‚Krankheit’ kimmt met Händ un Fieß ãã: Wenn eine Frau versucht hat, eine Schwangerschaft mit Ausreden zu verbergen; und Die is ããkumme wie die Sau im Juddehaus: Die junge Ehefrau ist bei den Schwiegereltern sehr unwillkommen.

anlänge

ãngelängt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für verlängern, anstückeln an Kleidung, Haus, Schnur etc.

anleje

ãngeleet, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für anstreichen (mit Farbe), aber auch anlegen von Schiffen oder Booten, die dodenoo widder ableje. Substantiv: Anlejer.

anmache

ãngemacht, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für Anzünden von Feuer, Anrühren von Speisen; vgl. Dopsch, mache.

anmehrn

ãngemehrt, a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. für

1. anrichten, anrühren von Teig, Farbe o.ä. Wenn die Nachbarin gerade Brot- oder Kuchenteigmacht: Waad e bissje, ich ruf mei Kadderin, des heirat morje, do kann’s der helfe, dess-es saubere Henn krieht. – Was host-de’n do angemehrt? kann die kritische Frage lauten, wenn eine(r) etwas angestellt hat;

2. Schiffe festmachen beim Anlegen am Steiger. Leichtmatrosen, die weder steuern noch die Maschine warten konnten, waren Ãnmehrer. Die Poller am Rheinufer entlang heißen Mehrboller; vgl. mehrn.

anner

kurze Vokale, a betont, allg. für andere, oft in der Bedeutung nächste, folgende. Am Tag danach ist dann de annere oder annern Daach, aan ibber de annern Daach meint jeden zweiten; in der nächsten Woche: die anner Woch; wann aaner in die anner Woch guckt, dann ist er geistesabwesend. De Anner meint verhüllend einen nicht Genannten.

annerscht

auch annerschder, a nach o gefärbt und betont, allg. für anders. Des mach ich ganz annerschd(-er) als wie du.

Anpagger

der, Pl. gleich, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für Topflappen.

Anrannt

der, ohne Pl., auch Anrand, erstes a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für Anlauf, Überwindung einer Hemmung; Substantivierung von anrennen. Ich hon mer en Anrannt gebbe un hon-em geschribbe: ich habe mich überwunden und ihm endlich geschrieben.

ansagge

ãngesackt, nur in der Verbin­dung ãngesackt komme, erstes a durch ungesprochenes n nas. und betont, gew. für unordent­lich, schlampig angezogen daher kom­men; vgl. sogge.

Anschleh

die, nur Pl., a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für kostspielige, nicht erfüllbare Wünsche. Mer bräuchde en Hund, der die Ãnschleh frisst; schrspr. Anschläge (auf den Geldbeutel).

ansteche

ãngestoche, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für

1. anstechen eines Fasses, d.h. den Zwickel oder Zapfen gegen den Hahn tauschen, und das möglichst ohne Verlust an Wein, vgl. Brenk;

2. anzünden, anstecken. Die Weinachde hon ich mer mo e guud Ziggarr angestoche.

anstreiche

ãngestriche, auch ãngreife, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für wohltuendes Wirken einer Speise oder eines Getränks. Der Weĩ / die Supp greift/streicht ãn: Der Wein/die Suppe macht rote Wangen, kräftigt, tut gut.

Antuka-che

das, Pl. Ãntuka-cher, kurze Vokale, erstes a durch ungespro­chenes n nas., zweites a betont, ch ist ich-Laut, geho­ben und veraltend in der Bedeutung: Schirm sowohl für Sonne als auch für Regen. Verkleinerungsform zu frz. en tout cas: in jedem Fall.

anwünsche

ãngewunsche, a durch ungesprochenes n nas. und betont, im Zusammen­hang mit dem Neujahrswunsch ge­braucht. Er hot mer’s Neijohr ãnge­wunsche: er hat mir Neujahrsglück­wünsche abgestattet. Dazu war Eile geboten: dem ersten Neujahrswünscher, der einem also ’s Neijohr abgewunne hot, stand ein kleines Geschenk zu.

anzieje

ãngezo-e, a durch ungesprochenes n nas. und betont, allg. für kälter werden: Es Werre hot seit geschdern ganz schee ãngezo-e.

Anzuuch

Pl. Ãnziech, a durch ungesprochenes n nas. und betont, wie schrspr. Anzug, vor allem in den Wendungen Ich haan dich, dess-de in kaan Ãnzuuch meh basst oder zu einem Bub, der die Zunge herausstreckt: Is des e Läppche for dein neie Ãnzuuch?

Apostelwein

der, Pl. gleich, ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., allg. für miserablen Wein, bei dem ein Glas zwölf Männer umhaut, frz. chateau migraine.

Aria

die, kein Pl., nur in dem Ausdruck mach so kaa Aria: mach dich nicht so wichtig. Im Ita­lienischen gibt es „darsi delle arie“: wichtig tun. Ital. aria: Lied, schon 1619 schrspr. im Deutschen nach­gewiesen.

arich

auch aasch oder asch, schrspr. arg, allg. für sehr. Die Anwendung des Wortes ist eine der Be­sonderheiten des Dialekts. Es hot a­rich gerejent: es hat stark gereg­net; es war aasch schee: es war sehr schön; er hott asch gekrische: er hat sehr laut geschrien. Die Urbedeutung ‚feig’ ist völlig vergessen, dagegen ist die Anwendung des Wortes als Verstärkungsadverb in vielen Mundarten zu finden.

arm

adj., in Redensarten wie Der is so arm, dess-em de Aasch blut; Der is so arm, bei dem laafe sich die Ameise Blose an die Fieß, wann se ebbes se Esse suche; Jetz hot die arm Seel Ruh , wenn etwas endlich fertig oder endgültig kaputt(gespielt) ist, oder Wann en arme Mann emo ebbes hot, will’s garnit Daach wern für die Ungeduld vor lange für den nächsten Tag erwarteten Genüssen.

arm Dier

das, kein Pl., langes i betont, allg. für Katzenjammer. ’S arm Dier kammer krieje oder habbe; vgl. aber Dier.

Ärmeldabscher

der, auch Ärmelsabscher, Pl. jeweils gleich, kurze Vokale, ä betont, derb für ungeschickter Mensch (der sich auf die Ärmel tritt); vgl. dabsche, sabsche.

Armleuchder

der, Pl. gleich, a lang und betont, derb für erbärmlicher Mensch, einer, der eben gerade keine Leuchte ist. Wie viele andere Ausdrücke mit Arm oder Ärmel Hüllwort für Arschloch. Mit der Steigerung Babbierener A. wird die Beschimpfung regelrecht zornig. Dazu der Spruch: Wer A- sagt, muss auch -rschloch sagen.

Armut

die, kein Pl., wie schrspr., regional in dem Ausdruck Was e Armut für jede Art beklagenswerte Zustände.

Art

die, kein Pl., wie schrspr., regional in dem Ausdruck Des is doch kãã Art nit als Kritik an ungehörigem Verhalten.

aschur

sein, unflektiert, u gelängt und betont, allg. für: auf dem Laufenden sein, alles erledigt haben. Mer sein met de Buchhaldung aschur; frz. à jour in gleicher Bedeutung; vgl. bei.

Assiettche

das, Pl. Assiettcher, kurze Vokale, erstes e betont, für Tellerchen; frz. assiette: Teller.

Äst

nur Pl., in dem Ausdruck sich aus de Äst ma­che gew. für: sich rasch und unauffällig davonma­chen.

Atzel

die, Pl. Atzele, a kurz und betont, allg. für Elster. Oft als Schimpfwort scheel Atzel anzutreffen. Manch aaner klaut wie’n Atzel. Atzelaach: Hühnerauge. Scherzhaft das At­zelche, Pl. Atzelcher, für Perücke. In Westdeutschland ist Atzel als Vo­gelname bis Kassel und Waldeck ge­bräuchlich. In Baden ist die Bedeutung Perücke in der Honoratiorensprache anzutreffen. Erklärung für das Bildwort: Die Atzel (Elster) hat zweierlei Federn, schwarze und weiße. Wer eine dunkelhaarige Pe­rücke trägt und so unvorsichtig ist, weißgraue Haare unter dem Perücken­rand hervorschauen zu lassen, hat eine Atzel auf dem Kopf. Ahd. agalstra: spitzig (wie der Elsterschwanz).

atzele

ge-atzelt, kurze Vokale, a betont, gew. für kräftig essen; verwandt mit atzen und Atzung; vgl. achele.

Ätzje

das, Pl. Ätzjer, ä kurz und betont, gew. für Stückchen, Teil einer Speise, auch Wurstzipfel und Aufschnittabfälle. Ätzjerbauch: einer, der von Resten lebt. For zehe Penning Ätzjer for die Katz war der sparsamste Einkauf beim Metzger, „abber nit so vill Blutworscht, die isst de Vadder nit so gern“. Der Zusam­menhang mit dem Verb atzen, ätzen, mhd. atzen, etzen ist deutlich.

Atzkratz,

der, auch Atzekratzje, das, kurze Vokale, Anfangsbuchstabe betont, fast verschwundene, verharmlosende Bezeichnung für „Sensenmann", Tod.

auf

einschließlich seiner Zusammensetzungen s. uff.

aufert!

auch auf!, allg. anfeuernder Ruf, Aufforderung zum Aufbruch.

Aulekaut

die, Pl. Aulekaude, gew. für Lehmgrube. Die germ. Silbe ul steht für Lehm, Ton; so kam das Töpferdorf Aulhausen zu seinem Namen. Auch der Name des Autors erklärt sich so: die Familie stammt aus dem Westerwald, wo Ton und Töpferei zu Hause sind; vgl. Kaut.

ausen

au betont, en ausen Aache, entspricht eme abbene Knopp oder ener zu-ene Deer. Die Präpositionen ab, aus uff und zu werden als Adjektive behandelt und dekliniert.

ause-rum

kann wie schrspr. außen herum bedeuten, meint aber vor allem ‚an der Außenseite’.

ausewennich

au betont, allg. für außen. Melissegeist helft in- un ausewennich. Wird aber auch im Sinne des schrspr. auswendig gebraucht: Des Gedicht kann ich ausewennich.

ausgeize

ausgegeizt, au betont, allg. für Entfernen der Nebentriebe am Rebstock oder der Tomatenpflanze, damit sie dem Haupttrieb keine Kraft rauben; vgl. Geize.

aushulsche

ausgehulscht, au betont, u kurz, gew. für aushöhlen.

auskreische

ausgekrische, au betont, gew. für austragen, tratschen, schlecht machen. Vun dere loss ich mich doch nit auskreische!

ausmache

ausgemacht, au betont, allg. für Kartoffeln oder Rüben aus dem Boden nehmen. Auch Feuer oder Licht kammer ausmache.

ausschelle

ausgeschellt, au betont, allg. für das Signal des Dorfboten, wenn er amtliche Bekanntmachungen verbreitete und met de Schell (s.d.) auf sichaufmerksam machte; gleichermaßen die fahrenden Handwerker oder Händler; vgl. schelle. Wenn jemand ungebührlich über Privates räsoniert: Ich deed’s gleich ausschelle losse!

auswärtse Fieß

nach außen gerichtete Füße, haben diejenigen, die „über den großen Onkel gehen“, im Extremfall also entenähnlich watscheln.

Zum Seitenanfang

B

Baages

der, Pl. Baagese, a lang und betont, in der Mundartliteratur durch Lennig (1. Hälfte 19. Jh.) belegt, für hässlicher, unsauberer Mensch. Gehört nach Feststellung des Südhessischen Wörterbuchs zu Bakel: Schmutz und ‚bah!’ als Interjektion des Ekels; vgl. Wutzebaages.
Soweit das Wort auch für ‚dicker Kerl’ gebraucht wird, sollte es von hebr. ba'alkiss und jidd. bal-kiss: Geldmensch, Kapitalist abgeleitet werden. Die Gleichsetzung eines dicken Men­schen mit einem reichen ist uralt. Nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist die Ableitung von dem römischen Gott Bacchus, der ja stets mit einem dicken Bauch dargestellt wurde und dessen Aussehen den Bewohnern unserer uralten Weingegend natürlich geläufig war.

Babbedeggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, 1. allg. für Pappe, Karton; 2. gew. für Führerschein.

Babbedeggelbarock

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes a betont, Spott­wort für historisierende Fassaden, wie sie nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges Häusern etwa am Mainzer Markt oder am Frankfurter Römerplatz vorgesetzt wurden.

babbele

gebabbelt, kurze Vokale, a betont, allg. für schwätzen, daherreden, plappern. Im Rheingauer Dialekt hat das Wort keine abwertende Note; es ist einfach dasalltägliche Reden. Wer geistlos daherredet, ist en Dummbabbeler oder e Dummbabbelern. Das hat aber keinen bösartigen Ton, sonst wäre esen Schleechtschwetzer (s.d.). So aaner kann aam ebbes uffbabbele (aufschwätzen) oder er kann aan um- un dumm- oder bleed- oder auch unnerbabbele (in Grund und Boden reden). Wenn einer besonders viel redet, hat er wohl Babbelwasser (z.B. Kaffee oder Schnaps) getrunken, dann babbelt er aam vielleicht ’s Ohr ab. Un de Moscht babbelt beim Gären. Babbele ist in vielen Dialekten verbreitet und hat eine Entsprechung in frz. babiller. In Deutschland scheint das Wort im 16. Jh. aufgekom­men zu sein; es ist lautmalend. Das zugehörige Substantiv ist Gebabbel. Hedwig Witte, ein Urgestein der Rheingauer Dialektpflege, schrieb unter dem Pseudonym „Euer Lisbettche“ lange Jahre im Wiesbadener Kurier eine Samstagsglosse mit dem Titel Was gebb eich for mei dumm Gebabbel (was kümmert mich mein Geschwätz von gestern). In der Mainzer AZ wurden unter ironischer Verwendung des Im­perativs babbel nit: schwätz nicht so daher, jeden Samstag Lokalereignisse glos­siert. Die Autoren dieser Serie wechselten im Lauf der Jahre.

Babbeljott

die, Pl. Babbeljodde, kurze Vokale, o betont, gew. für

1. Papierschleifen am Dra­chen­­­schwanz, um den Drachen zu stabilisieren;

2. Lockenwickel aus Papier;

3. Bonbons in Hülle, auch Zucker­zeug, das zum Schulzeitbeginn den Kindern in Tüttcher geschenkt wird;

4. Frau, die viele Männer am Wickel hat.

Frz. papillote: Wickel aus Papier; papilloter: blinzeln, papilloner: herumschwirren. 

babbich

Adj., kurze Vokale, a betont, allg. für klebrig. Die ‚Putzfrauen’ Babbich und Strubbelich waren bekannte Figuren der Meenzer Fassenacht in den 1950er Jahren.

Babbkibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. Spottname für Tapezie­rer; schrspr. Leim­kübel.

Babbsack

der, Pl. Babbsäck, kurze Vokale, erstes a betont, gew. für aufdringlicher, klebriger Mensch, charakterloser Typ; auch Spottname für unsere niederländischen Nachbarn.

babbsatt

Adj., kurze a, erstes betont, allg. für übersatt gegessen, so dass man nicht einmal mehr ‚Papp’ sagen kann.

Bach

die, Pl. Bäch; im Rheingau Femininum. Der Ortsbach wird meist nur die Bach genannt, ohne geographischen Namen. Etwas Verlorenes ist die Bach enunner gange. Aber: Die Bachgass enunner kann’s nor in Biebrich gehe. Wer nass geschwitzt ist, is wie dorch die Bach gezo-e; Die Katz dorch die Bach schlaafe ist Synonym für eine besonders unangenehme Arbeit.

Bachelche

das, Pl. Bachelcher (kleines Bächlein), kurze Vokale, a betont, in der Kinderstube für Urin. Bachelche mache oder einfach bachele: Harn lassen.

Bachkrotze

auch Bachkatze, nur Pl., kurze Vokale, erstes a betont, gew. für vom Wasser gerundete Steine, mit denen man früher etwa der Hof plesdern (pflastern) oder rohe Funda­mentmauern aufführen konnte (die die Bodenfeuchtigkeit weit nach oben steigen ließen).

Badderie

die, Pl. Badderie-e, langes i betont, wichtiger Körperteil im Sinne von Energiezen­trum. Ich haa der uff die Badderie; vgl. Kiddebarie.

badduh

Adv., langes u betont, allg. für durchaus, unbedingt. Frz. partout: überall, allenthalben.

Bagaasch

die, kein Pl., erstes a kurz, zweites lang und betont, Schimpfwort für eine Personen­mehrheit: Sippschaft, Pack, Gesindel, aber auch harmlos für Verwandtschaft. Frz. bagage: Reisegepäck hat im Dialekt ­einen Bedeutungswandel in Richtung Anhang erfahren. Als zwei Rheingauer bei einer Reise am Zielbahnhof vom Gepäckträ­ger gefragt wurden, wo die Bagage sei, gaben sie zur Antwort: Ei, die sin dehaam geblibbe.

Baggeskaddoffele

die, nur Pl., kurze Vokale, gleichmäßig betont, Name ei­nes Gerichts, das im Bagges: Gemein­debackhaus nach dem Brotbacken zur Ausnutzung der Restwärme gegart wurde. Flach geschnittene Kartoffelschei­ben, dazwischen Lagen von Schwei­nefleisch, in runder Kuchen­form oder im mit Brotteig abgedichteten Krobbe (s.d.) gebacken.

Bajazz

der, Pl. Bajazze, auch Bajaß, kurze a, erstes betont, allg. bis in die Umgangssprache außerhalb der Dia­lektgrenze für Narr; in Mainz Symbol des Carneval-Vereins. De Bajaß mit de Ladern, verkörpert von Dr. Willi Scheu, war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ein überaus bekannter Büt­tenredner des MCV. Lat. palea: Stroh, führt über ital. pagliaccio zu frz. paillasse. Nicht das Wort selbst, aber die Rolle, die es in unserer Gegend spielt, ist eine Besonderheit unseres Dia­lekts.

Bajes

das, Pl. Bajese, a gelän­gt und betont, gew. für ärm­liches Haus, aber auch absichtliche Herabsetzung des Eigentums. Beiz (österr. Beisel, bayr. Boazn): Kneipe; Meschuggebajes: Irren­haus; Maggelbajes: Gefängnis; jidd. make: Schlag, Stock, Plage, Elend. Für Arbeits- oder Zuchthaus gibt es rotw. Malochebajes, zu­sammengesetzt aus rotw. Maloche: Arbeit, Geschäft, Hand­werk, von hebr. melakah, und jidd. bajiss: Haus.

Balch

der oder das, Pl. Bälch, kurzer Vokal, gew. für ungezogene Kinder. Steigerungsform: Dreckbälch. Schrspr. Balg, hat sich in der Bedeutung von ‚abgezogene Tierhaut, Schlauch, Sack’ über ‚Bauch’ hierhin entwickelt; vgl. Panz.

Baldin

der, Pl. selten, a kurz und betont, allg. für buntfarbiger Schal, wollenes Hals­tuch. Von frz. palatin: pfälzisch, weil Liselotte von der Pfalz, die Schwägerin Ludwigs XIV., dieses Accessoire am französischen Hof einführte. Ob Baldachin, mhd. baldekin, hier eingewirkt hat, ist eher fraglich, weil dessen Wortgeschichte über das Ital. auf kostbare, golddurchwirkte Stoffe aus Bagdad hinausläuft.

ball

auch bald, allg. für ‚fast’; vgl. neegscht.

Ballong

der, kein Pl., kurze Vokale, o betont, gew. für Kopf; eins der vielen Synonyme.

bambele

gebambelt, a kurz und betont, gew. für baumeln, hängen, schlenkern. Wer alles hengge un bambele lässt, ist erschöpft oder lässt sich gehen; vgl. Scheierbambeler.

Bambelschnut

die, Pl. Bambelschnude, a kurz und betont, u gelängt, gew. Spottwort für Person mit starken oder hängenden Lippen, aber auch für den mimisch geäußerten Unwillen: Er hot mer e Bambelschnut ããgehängt.

Banatzel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, einer der vielen Ausdrücke für Kopf; vgl. Deez.

Bangert

der, Pl. Bangerde, Flurbezeichnung für die ‚Banngärten’, die am Rande der Dorfgemarkung lagen und von der Abgabe des Zehnten befreit waren. Als Flurname oder Wegebezeichnung wie etwa Bangertpaad erhalten.

Banggert

der, Pl. Banggerde, a kurz und nach o gefärbt, schrspr. Bankert, derbes Schimpfwort für Lümmel, fre­cher Bub. Das kann unter Umständen so etwas wie Anerkennung beinhalten. Variante: dreggischer Banggerd. Die eigentliche Bedeutung, unter der das Wort im ganzen deut­schen Sprachgebiet verbreitet ist, wird in diesemDialektschimpfwort nicht mehr angesprochen. Anders bei Heggebanggert (s.d.), was deshalb als Belei­digung gilt. Noch drastischer ist abgetribbener Wallfahrtsbanggert; dem mag die Vorstellung zu Grunde liegen, dass Pilgerinnen von Wallfahrten hin und wieder mehr als nur frommen Segen mitbrachten. Mit vorgesetzter Nationalität (Ami-, Franzose‑, Russe- oder Terge-) drückt Banggert zum einen negative Gefühle gegenüber Fremden aus, aber auch den Vorwurf, die angesprochene Person habe einen dorther stammenden, ggf. unehelichen Vater. Mhd. banchart, eigentlich also das aufder (Schlaf-) Bank der Magd und nicht im Ehebett gezeugte Kind. Der Zusatz -hart ist ein Namenselement wie z.B. bei Eberhart. Joe Ludwig, beliebterMeenzer Fassenachder in den 1970er Jahren, beschrieb den Unterschied zwischen einem Hering und einem Bankert wie folgt: De Hering is eelig (ölig) un de Banggert uneelig.

Bankrottskreemer

der, Pl. gleich, kurzes o betont, gew. für Geschäftsmann, der eine Insol­venz hinter sich hat oder jederzeit fürchten muss.

Barchent

uff-em B. schloofe, vgl. preißisch in-gericht.

Baron

der, hier kein Pl., gelängtes o betont, gew. Spottwort für Angeber. Steigerungen: Dachbaron, wenn einer nur eine Dachstube bewohnt,Stembelbaron, wenn er von Arbeitslosenunterstützung lebt, für deren Empfang man früher aufs Amt gehen und ‚stempeln’ lassen musste, und Liejebaron, vgl. Liejemaul.

Barrier

die, Pl. Barriern, langes i betont, allg. für Bahnschranke. Von frz. barrière: Schlagbaum war das Wort wie viele andere Begriffe aus dem Eisenbahnwesen die gebräuchliche Bezeichnung, bis es spätestens mit der Franzosenfresserei des Ersten Weltkriegs der Sprachreinigung zum Opfer fiel. Es bleibt indes Sprechge­wohnheit vieler Rheingauer; vgl. Billjett, Kubbee, Perrong.

Bart

der, ohne Pl., a durch un­gesprochenes r gelängt, schwindend für Kinn, auch wenn es bartlos ist; gerade bei Kindern gebraucht: Es hott sich de Bart / es Bärtche gerennt (gestoßen). Bartbutzer bzw. Bartkratzer sind Spottbezeichnungen für Friseur bzw. Barbier. Außerdem kann ein Bart durch häufiges Schlagen oder Stoßen an hölzernem und eisernem Gerät entstehen, so dass sich Meißel oder Stiggel (s.d.) am stumpfen Ende pilzartig verbreitern.

Basseltan

auch for Basseltan, erstes a kurz und betont, das zweite durch ungesprochenes n nasaliert, adv. für Zeitvertreib. Frz. ’pour passer le temps’. 

Basseng

das, Pl. Bassengs, kurze Vokale, e betont, allg. für Wasserbecken; frz. bassin.

Basseriemche

das, Pl. Basseriemcher, ie betont, fachlich für den blaugestreiften Küferkittel.

bass-uff!

sehr kurze Vokale, u betont, Imperativ des Verbs uffbasse, uffgebasst, schrspr. pass auf, allg. für ‚Achtung!’; vgl. Acht basse.

batschdich

unflektiert, a kurz und betont, auch baufdich, baafdich, allg. für unversehens, plötzlich. Batsch­dich hott er ãã sitze gehabt: auf einmal hatte er eine Ohrfeige.

batsche

gebatscht, kurze a, erstes betont, gew. für schlagen, hauen, drücken. Wie bei batschdich hat das lautmalende, weit verbreitete patsch bzw. batsch auch hier gewirkt; frz. battre: schlagen.

Batschegunggel

der, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für jemand, der sich zu allen möglichen (Weiber-) Arbeiten missbrauchen lässt: Der micht aach im­mer de Batschegunggel. Der Spinnrocken, die Kunkel, ist der Ursprung.

Batschel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. und im vertrauten Umgang für ungeschick­ter Mensch. Wenn sich einer dauernd ungeschickt anstellt, heißt es Heit steht Batschel im Kalenner oder Ich glaab, heit is Batschel: heute ist Namenstag für alle, die Batschel sind oder heißen – als gäbe es einen Heiligen dieses Namens. Außerdem Batschelorum (latinisierter Genitiv Pl., könnte mit dem Kalender zu tun haben, weil eben Namenstag aller Badschel ist); vgl. Dabbes, Gloggebatschel.

Batschkapp

die, Pl. Batschkabbe, kurze a, erstes betont, allg. für wei­che Schirmmütze, Kappe, die man batsche kann.

batschnass

Adj., allg. für triefend nass. Wann mer batschnass gerejent is, kammer aach grad noch in die Hos saasche: Nach einem großen Malheur kommt’s auf ein kleines auch nicht mehr an; vgl. dredsche.

batte

gebatt, a kurz und betont, abnehmend im Gebrauch für nützen. Das Verb wird nur in den Formen es batt und es hott gebatt verwendet; dazu der Spruch Batt’s nix, schadt’s nix: wenn es schon nichts nützt, so schadet’s doch wenigstens nicht, den ein alter Mediziner gebraucht haben soll, wenn er selbst nicht wusste, ob er die richtige Heilmethode anwendete.

Bauchert

der, kein Pl., au betont, allg. für bäuchlings Schlitten fahren, aber auch für Bauch­landung beim Sprung ins Wasser; vgl. Aaschert, Kobbert, Rutschert.

baufdich

s. batschdich.

Baumgibb

die, Pl. Baumgibbe, erste Silbe betont, gew. für Baumwipfel; vgl. Gibb.

Be-amdekerchof

der, ohne Pl., kurze Vokale, a nach o gefärbt und betont, Spottname für Rathaus, Behörde.

Bebber

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Klebstoff; auch für Aufkleber, etwa den Guggugg, den ’s Hussje (s.d.) auf gepfändete Sachen klebt.

Beckser

der, Pl. gleich, oft von der Hefe stammender Fehlton beim Wein, aber auch beim Kaffee durch schlechte Bohnen, dann haben Wein oder Kaffee, häufig auf Schwefelverbindungen beruhend en Beckser, wodurch Zusammenhang mit Bocksgeruch gegeben ist; Adj.: becksig.

bedabbele

bedabbelt, kurze Vokale, a betont, gew. für begreifen. Gehört zur Wortfamilie von tappen und täppisch, vgl. dabbisch. Dr. Schwalbach deutet es so, dass ein Dabbes (s.d.) eben nichts be-greift, sondern be-tappt.

bedebbert

nur im Part. Perf., kurze e, zweites betont, gew. für ängstlich, erschrocken, nicht richtig im Kopf; vielleicht von jidd. dibbern: reden.

bedubbe

beduppt, kurze Vokale, u betont, allg. für betrügen ‚im minder schweren Fall’. Mhd. dübe: gestohlene Sache. Aber auch frz. duper: betrügen, täuschen, könnte dem Wort zu­grunde liegen; vgl. Dubbes.

Beele

die, kein Pl., langes e betont, verächtlich für alte Frau, Frauensperson. Die Abkürzung des Mädchennamens Gabriele ist klanggleich. Häufig inWortverbindungen wie Ische-Beele (s.d.) oder Dreckbeele. Dazu der Kindervers Ich will der was vezehle vun de alde Beele, wann se kaa Kadoffele hot, dann kann se aach kaa scheele: Wenn man nichts hat, kann man auch nichts ausrichten. Handelt es sich um einen Mann, so wählt der Rheingauer Dialekt Wortverbindungen mit Baages (s.d.), so in Wutzebaages (s.d.). Die Wörter Beele und Baages stammen aus dem Hebräischen. Jidd. bele, von ital. bella: Herrin, Dame im Trumpf.

Beer

die, Pl. Beern bzw. Beere, allg. für Birne. Daher auch die Bezeichnung für Kartoffeln: Grumbeern sind ‚Grundbirnen’. Groobeer ist eine selten gewordene, frühreife graue Birne; früher auch eine Gastwirtschaft in der Löhrstraße in Rüdesheim. Schrspr. Beere wird auch so ausgesprochen. Lat. pirum: Birne. In der Lebensmitte heißt es Met fuffzich sein die beschde Beern gess.

Beermokum

langes e betont, Dialektname der Stadt Frankfurt am Main. Aus dem Rotw. nach jidd. peer: Glanz, Ruhm und mokum: Ort, Stadt.

Beesebubedaach

der, ohne Pl., u gelängt und betont, scherzhafte Entstellung des Feiertags Buß- und Bettag.

befuddele

befuddelt, kurze Vokale, u betont, gew. für betrügen; von frz. fausser: fälschen; vgl. Fuddelstaat.

behumse

behumst, kurze Vokale, u betont, gew. für betrügen; vgl. bedubbe.

bei

Verhältniswort, im lokalen Gebrauch für: hin zu, her zu, mit Akkusativ. Komm-mo bei mich, auch bei mich bei: komm mal zu mir; geh mo bei se: geh’ zu ihr bzw. zu ihnen; du sollst emo bei de Chef komme, vgl. mo. Man kann auch e Deer beimache, wenn die Tür nicht ganz geschlossen werden soll. Ohne Bezugsobjekt Mer sein bei: Wir haben den Rückstand aufgeholt; vgl. aschur.

beiern

gebeiert, ei betont, allg. für: Glocke mit Klöppel oder Hammer an­schlagen, ohne dass die Glocke schwingt. Dieses beiern kann Alarm­zeichen bei Feuerausbruch sein, es konnte aber auch das Abendgeläut zur Schonung des Baugefüges der Glockentürme gebeiert werden. Das Wort kommt aus dem niederl. beiart: Glockenspiel und meint eigentlich das Anschlagen einer feststehenden Glocke mit dem Klöppel, wie es bei orthodoxen Gotteshäusern üblich ist; vgl. klängse.

beiße

wie schrspr. beißen, hier in dem Spruch Wann’s e Maul hätt, deed’s dich beiße wenn einer Naheliegendes erfolglos sucht.

Beit

s. Biet.

bekabbe

bekappt, a kurz und betont, allg. für kapieren, verstehen.

bekieruße

bekierußt, langes i betont, allg. für ‚hinters Licht führen’; alternativ en Flegge uff de Bagge mole; schrspr. ‚mit Kienruß beschmieren’.

bekuurn

bekuurt, langes u betont, allg. für umschmeicheln, umsorgen. Lat. cura: Sorge, Fürsorge; vgl. Kur.

belu-ern

belu-ert, u betont, gew. für belauern, betrügen. Mhd. luren; vgl. bedubbe, lu-ern.

belzich

Adj., e kurz und betont, gew. für betrunken. Er is belzich wie e Rieb: er ist stockbesoffen. Auch ingeschlofene Fieß und verschim­melte Speisen sind belzich, schrspr. pelzig; vgl. besoffe.

Belzniggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, für den Nikolaus (Nickelees). Unartigen Kindern drohte man früher: Waat nor, ibbermorje kimmt de Belznickel!  Auch Spottwort für seltsam gekleideten Menschen.

Bembel

der, Pl. gleich, kur­ze e, erstes betont, bis in die dia­lektfreie Umgangssprache für Stein­krug, aus dem sowohl Wein wie Apfel­wein ausgeschenkt werden kann. Der Krug ist grau glasiert mit blauem Muster. Das Wort hängt mit baumeln zusammen und leitet sich ab von der Ähn­lichkeit der Form mit der des Bembels (Klöppels) der Glocke. Eine weitere Herleitung von lat. pampinus: Weinlaub bzw. -ranke scheint weniger stichhaltig.

bembele

gebembelt, auch bimbele, kurze e, erstes betont, gew. für Glocken läuten. Lautma­lendes Wort. Morjens wann es achte bembelt, kimmt de Lehre ãngerembelt; vgl. klängse.

Benemmes

das, ohne Pl., kurze e, zweites betont, Substantivierung von be­nem­me: benehmen; ähnlich Benimm in der Studenten­sprache.

Bengel

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Holzstange, Stock, Knüppel, auch Schlagbaum, Schrankenbaum. Rendebengel ist der Gehstock der Rentner. Germ. bang-, engl. to bang: schlagen.

Bennel

der, Pl. gleich, kur­ze e, erstes betont, allg. für Schnur, Band, auch abwertend für dünne Beine; schrspr. Bändel. Wird gern in Wort­verbindungen gebraucht: Herzbennel, Schuggebennel/ Schuhbennel, Strump­bennel, anbennele (s.d.).

Bennelgadd

die, ohne Pl., kurze Vokale, erstes e betont, schrspr. Bändelgarde, nicht mehr im Ge­brauch. Das Wort bezeichnete einen freiwilligen Zusammenschluss von Mainzer Bürgern um die Mitte des 19. Jahrhunderts zur Hilfeleistung in Not­fällen. Sie trugen eine Binde um den Arm, was den Namen nahe legte. In der Nazizeit hieß die SA hinter vorgehaltener Hand em Adolf sei Bennelgadd.

Benneljudd

der, Pl. Benneljudde, auch Plaggejudd, kurze Vokale, erster betont, Spottwort für die Kurzwarenhausierer früherer Zeiten, die u.a. mit Bändern und Stoffstücken handelten; vgl. Bennel, Plagge.

Bennerkarrn

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, früher allg. für Karren des Küfers (Benders), mit dem er seine Gerätschaften zu den Kunden beförderte; vgl. Schnebbkarrn.

bensche

gebenscht, kurze e, erstes betont, schwindend für segnen. Aus dem Rotw., jidd. benschn, lat. bene­dicere.

Bergel

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Weinbeere, schrspr. Perkel. Wird auch in der Be­deutung Weintraube gebraucht, das sind die Weinbeeren auf dem Rappen, vgl. Rabbe. Abbergele heißt das Auslesen einzelner Beeren aus der Traube, sei es der besonders reifen und edelfaulen für entsprechenden Prädikatswein, sei es der unreifen oder schimmligen zur Qualitätsverbesserung des übrigen Leseguts. Uffbergele ist das Aufklauben heruntergefallener Beeren vom Boden, in Zeiten hoher Lohnkosten kaum noch leistbar.

Berl

der, kein Pl., kurze e, erstes betont, auch Berrel, gew. für Bettel, Krempel, ärmliches Zeug. Wer etwas satt hat, der schmeißt de Berrel hie. In Winkel heißt die Requisitenkammer des Karnevalsvereins Berlbud. Die Martinsthaler mussten sich den Scherznamen Berlemer (Berlheimer) gefallen lassen.

berschde

geberscht, kurze e, Stamm-e betont, vulgär für koitieren; schrspr. bürsten. Vulgär-herabsetzender Spruch über Katholiken, die einerseits die Dreiheit ‚fides, spes, caritas’ hochhalten und andererseits gegenüber den Protestanten als lebensfroher gelten: Wo Glaube, Hoffnung, Liebe herrscht, werd morjns, middaachs un obends geberscht.

Berschdebinner

s. Kesselfligger.

Berschje

das, kurze e, erstes betont; schrspr. Bürschchen, Verkleinerungsform von Bursche / Borsch mit warnendem Unterton; vgl. Maad.

Berscht

die, Pl. Berschde, kurzes e, derb für bö­ses Weib; wird aber auch im Sinne von schrspr. Bürste verwendet; vgl. Fassberscht, Klooberscht, Kratzberscht, Wichsberscht, Worzelberscht.

Berzel

der, Pl. gleich, kur­ze e, erstes betont, derb für Kopf. Er is uff de Berzel gedotzt: er ist auf den Kopf gefallen. Wird aber auch im Sinne von schrspr. Bürzel (Steiß, Hintern) verwendet. Ahd. bor: Höhe, mhd. borzen: hervorstehen.

Besem

der, Pl. selten, erstes e lang und betont, wie schrspr. Besen; derb für schlechtes Frauenzim­mer. Gassebesem ist einer mit steifen Piassava-Borsten for die Gass se kehre. Schipp un Besem: Kehrschaufel und Handfeger. Verb: beseme. Wegen der Wortform vgl. Borrem, Faddem. Das mhd. Nominativ-m ist weit verbreitet und wird mit ei­ner Wiederangleichung an Genitiv- und Dativformen dieser Wörter er­klärt, die das alte m länger erhalten haben.

besoffe

Adj., kurze Vokale, o betont, allg. für betrunken. Gerade in unserer Weingegend gibt es für den Zustand der Trunkenheit ein reiches Vokabular. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien genannt: beduddelt, begoogelt, belzich, benebbelt, (blitze-) blau, blau wie e Veilche, (bolze-) ­strack, (dibbe-) daab, hormelig, scheswi, schicker, schwazz wie e Kanon, selig, steif wie’n Stiggel, stoggesteif, voll (-gesoffe) ; der hot uff-em Haamweech schepp gelade, der hot schwer die Heef, der hot en Mords-Aff met haam genumme, der hot jo die Perenosbera (schrspr. Peronospora, eigentlich eine schlimme Rebenkrankheit), der hot die Ratt und schließlich hot der gefillt? (beim Wein abfüllen wurde immer reichlich genascht); vgl. Weechsteier, Voll-Eil.

Betquissel

s. Kwissel.

Bettbrunzer, Bettpisser, Bettsaascher

der, Pl. jeweils gleich, erstes e betont, vulgäre Schimpfworte, die Bettnässen unterstellen. Wann se mich beim Klaue erwischt hädde, hädd-ich mich geschämt als wie en Bettpisser.

Bettziech

die, ohne Pl., e kurz und betont, gew. für Bettbezüge; vgl. Ziech, Kobbeziech.

Betzel

nur noch erhalten in Betzelhaub, Nachthaube; gibt es auch als Schloofbätz; mhd. bezel: Haube. Das Wort ist mit dem Verschwinden der Haube und der Nachtmütze immer mehr aus dem Gebrauch und ins Arsenal der Erinnerung gekommen. Scheel Betzel: Schimpfwort für alte, ungelenke Frau, wie sie vielleicht als letzte noch mit Betzel gesichtet werden konnte.

Bibbel

der, Pl. gleich, kur­ze Vokale, i betont, auch Bibbes, Bibbesje, derb-vertraulich für männliches Glied.

Bibbelnecksern

die, kein Pl., kur­ze Vokale, i betont, derbes Bildwort im Männerkreis für kokettes Frauenzimmer, das aber die letzten Konsequenzen nicht zu ziehen ge­denkt.

Bibbelwaggeler

der, kein Pl., kur­ze Vokale, i betont, derb und in Männergesellschaft für potenten Mann.

Bibbi-che

das, Pl. Bibbi-cher, kurze Vokale, erstes i betont, familiär für Küken; lautmalend. Lockruf: Koom, bi-bi-bi.

Bichs

die, Pl. Bichse, vulgär für weibliches Geschlechtsteil, vulgär und verächtlich für Frau. Aal Bichs, narrisch Bichs; schrspr. Büchse. Das Bild des umschlossenen Raums steht für das weibliche Genital. Bichse-Effner sind Getränke, die sich beim Verführen weiblicher Wesen bewährt haben; schrspr. Schlüpferstürmer.

Bichsemacher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, vulgär für einen Mann, der nur Töchter gezeugt hat.

Bickreedche

das, Pl. Bickreedcher, i kurz und betont, ent­spricht Bückrädchen, in der Buben­sprache vor langen Jahren die Be­zeichnung für ein selbst gebasteltes Spielgerät. Dazu waren notwendig: ein Rad nicht zu großen Durchmessers, am besten die kleineren Rädchen eines al­ten Kinderwagens, dazu eine passende Eisenwelle. Die Welle wurde durch die Radnabe gesteckt, auf beiden Seiten mit Gummiringen von Bierflaschen ge­sichert, so dass links und rechts genü­gend breite Handhaben blieben. Das Bickreedche wurde an den Handha­ben gefasst und im gebückten Zustand möglichst schnell über den Boden ge­schoben.

Biddel

der, Pl. gleich, kur­ze Vokale, i betont, gew. für frecher Kerl, Gassenbub, Herumtreiber. Jedoch wird Biddel nicht nur als Schimpfwort angewendet, sondern auch anerkennend für einen, der die Lacher auf seine Seite zu brin­gen versteht. Meenzer Biddel ist der Spottname der Nachbarschaft von Mainz für den Mainzer. In der Stadt selbst ist der Ausdruck so etwas wie eine Echt­heitsmarke. Büttelar­beit ist lästige, niedere Arbeit, die nie­mand gerne tun will. Das Wort ist ge­meindeutsch, verwandt mit (ge-)bieten und bedeutet ursprüng­lich niederer Behördendiener.

Bie-Bãã

s. Schlaafsaal.

Biet

die, Pl. Biede, 1. massiver Keltertisch zur Aufnahme des Leseguts in der historischen Baumkelter. Die Baumkeltern, bis um 1800 in Gebrauch, waren große,aus Baumstämmen gefügte Weinpressen, die nicht mit Spindel, sondern durch Hebelkraft wirkten;

2. auch als Beit, Pl. Beide, für den Tisch im Bagges, auf dem die Brotlaibe abgelegt wurden; ahd. biet: Tisch.

Biggel

der, Pl. gleich, kur­ze Vokale, i betont, allg. für Spitzhacke. Schrspr. Pickel; ahd. bickan, frz. piquer: stechen.

biggelfescht

Adj., kur­ze Vokale, i betont, gew. für sehr fest; so fest, dass es dem Biggel wider­steht. Alles annere kammer uffbiggele. Im Badi­schen gibt es entspr. bickelhart. In der Bildung die­ser metaphorischen Wörter besteht Beziehung zu bibelfest bzw. kapitelfest im Sinne von textsicher.

Billjett

das, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, allg., aber zurückgehend für Bahnfahrkarte. Von frz. billet: Zettel war das Wort wie viele andere Begriffe aus dem Eisenbahnwesen die gebräuchliche Bezeichnung, bis es spätestens mit der Franzosenfresserei des Ersten Weltkriegs der Sprachreinigung zum Opfer fiel; vgl. Barrier, Kubbee, Perrong.

Bimbam, heiliger

einer der virtuellen Heiligen, die bei großer Verblüffung angerufen werden. Die anderen sind der hl. Strohsack und das hl. Kanonenrohr. Die Anrufung höherer Wesen wird auf diese Weise vermieden, wenn auch nicht ganz ohne Blasphemie. Und wann haben diese Heiligen Namenstag? Na, am 01.11., da ist nämlich Allerheiligen. Da hat auch der einzige vierbeinige Heilige Namenstag, nämlich der Heilige Stuhl. – Solchen Humor wird man nur in traditionell katholischen Gegenden finden. Gläubigen Protestanten geht das zu weit, obwohl bei ihnen die Verehrung von Heiligen, und gar die des Papstsitzes, keine oder doch eine viel geringere Rolle spielt.

Binger Bleistift

der, Pl. selten, Scherzname für Korkenzieher. Der Begriff ist Pointe einer Legende, nach der die Binger Ratsherren in einer Versammlung samt und sonders zwar keine Bleistifte zur Hand hatten, dann aber, als es ans Flaschenöffnen ging, je­der einen Korkenzieher zum Vorschein brachte. So in der Posse „Romantisches Leben“ von Jean Dremmel (1885): Ich hab nix im Sack als wie en Binger Bleistift.

Binnes

der, Pl. Binnese, i kurz und betont, gew. für

1. jun­ger, tolpatschiger Mensch. Der werd gemaach wie de Binnes: der verlottert langsam;

2. Wichtigtuer, Betrüger; jidd. pinnes: Narr, aber auch Anführer.

Binsejuggeler

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, derber Ausdruck im Wassersport. Abfällig von Ruderern gebraucht für Kanu- und Faltbootfahrer, die met ihre Bebbcher (vgl. Bobb) in Altrheinarme fahren, um sich dort in den Binsen herumzutreiben. Die Ruderer werden umgekehrt von den Paddlern Rückwärtsfahrer genannt; vgl. juggele.

Bischem

kurze Vokale, i betont, Dialektname für Mainz-Bischofsheim.

Bitt

die, Pl. Bidde, kurzes i, wird ohne Zusatz nur als Rednerpult der karne­valistischen Sitzungen verstanden; scherzhaft auch für andere Rednerpulte. Sind Bütten im Sinne von Behältern ge­meint, dann treten Zusammensetzun­gen auf: Badebitt, Traubebitt, auch Herbschtbitt, Weschbitt, Wasserbitt. Das Wort Bütte selbst ist natürlich schrspr.; lat. butina: Flasche, Gefäß.

bitzele

und Wortverbindungen s. pitzele.

Blaa

die, Pl. Blaa-e, gew. für Wagenplane. Hordich die Blaa dribber: schnell etwas vertuschen. Mhd. plahe, blähe; schrspr. Blahe.

Blaasch

die, Pl. Blaasche, langes a, allg. für Bleiche, Bleichwiese, wie sie vor Erfindung der modernen Waschmittel überall vorhanden waren, um das Weißzeug vor dem Vergilben zu bewahren. Ahd. bleih: heller Glanz; vgl. Nabbelblaasch.

Blank

die, Pl. Blangge, allg. für eine am oberen Ende einer Wingertsterrasse quer angelegte Rebzeile. Nahe an der Mauer stehend, bekam sie sowohl Sonne als auch rückstrahlende Wärme ab, was für gute Traubenqualität sorgte. Weil terrassierte Weinberge immer seltener werden, müssen wir auf „noir de blank“ wohl noch lange warten; schrspr. Planke.

blede

adv., erstes e lang und betont, gew. für fort, verschwunden, geflohen, verloren. Mei Geld is blede. Blede gehn: sich davon machen; mach dich blede. Hebr. peleta: entrinnen, jidd. plejte: Flucht und plejte machen: bankrot­tieren. Pleite und ‚flöten ge­hen’ kommen da her; vgl. Platt butze.

Bleedhammel

der, Pl. Bleedhemmel, wahlweise Bleedmann, bleeder Hund, bleed Hinggel, bleed Sunn, alles schrspr. mit blöd verbunden; vgl. doll Dibbe.

Bleibes

das, kein Pl., ei betont, allg. für Unterkunft, Substantivierung von bleiben; vgl. Benemmes, Flennes, Laafes, Schloofes, Stambes.

Blimmo

das, Pl. Blimmoos, i kurz und betont, allg. für Federbett. Gegenstand und Wort im Gebrauch schwindend; heute hat man Steppdecken. Frz. plumeau: Flederwisch, Staubwedel; plume: Feder.

Blinzelmaus

die, Pl. Blinzelmais, i kurz und betont, gew. für nettes Mädchen, Mädchen, mit dem man anbändeln möchte. Dazu das Kinderspiel-Vers-chen Blinzel­maus, wo gehst-de’n naus? Ins Kaffee­haus! Host-de aach e Leffelche? Such-der aans!

Blitzableider

der, Pl. gleich, Spott­name für den Schutzmann vor 1914 mit Pickelhaube und langem Säbel.

blitzebloo

Adj., i kurz und betont, Verstärkung des Wortes blau. Vgl. britzebraat, graasegrie, gritzegroo, kwittegeel, ritzerot, schuggeschwazz.

bloo-e Ländche

das, nur Singular, ä kurz und betont, allg. für

1. die Wiesbadener Umgebung zwischen Biebrich und Wallau–Nordenstadt–Diedenbergen. Die Bezeichnung bloo hängt insoweit womöglich mit dem Wap­pen des Herzogtums Nassau zusammen, dessen Grundfarbe Blau war;

2. das hessisch-katzenellenbogische Hinterland von St. Goarshausen um Nastätten, wohin sich die protestantischen Blaufärber aus Lorch ihres Glaubens wegen flüchten mussten und wo sie mit dem Färberwaid Tuche blau färbten.

blooges

Adv., langes o betont, gew. für besitzlos, ‚blank’; vgl. blott.

Blooges

der, Pl. Bloogese, langes o betont, allg. für ungehobelter Mensch; einer, der provokant jede Kinderstube verleugnet. Man hat versucht, eine Er­klärung zu finden durch die Annahme, das Wort müsse eigentlich Plooges geschrieben werden, wodurch deutlich sei, dass es sich um eine Entstellung von ‚Plage-Geist’ handele. Dieser Er­klärung steht allerdings die Bedeutung entgegen. Viel eher gehört das Wort zu Blage in der Bedeutung ungezogenes Kind, wie es mundartlich am Niederrhein gebraucht wird.

Bloomool

das, Pl. Bloomoole, lange Vokale, gew. für blauer Fleck nach Bluter­guss von Stoß oder Schlag, auch Wunde. Auch halb umgelautet Bloomal, Pl. Bloomeeler; das ‚blaue Mal’ liegt zugrunde.

bloose

gebloose, allg. für blasen, wie schrspr.. Die Beson­derheit in unserer Gegend ist aber die Bedeutung trinken. Mer gehn en Halbe (s.d.) bloose: wir gehen ein Glas Wein trinken.

bloß

adv., langes o, allg. für nur, nur ja. Heer bloß uff!; Ich hab bloß-emol geguckt.

Bloßaasch

der, ohne Pl., eigentlich einer, der zu arm ist, sich den Hintern mit Kleidung zu bedecken; gew. aber derber Aus­druck des Unwillens, wenn man sich ausgefragt fühlt. Wen hoscht-de’n geschdern getroffe? Ei de Bloßaasch! – Wo gehscht-de’n hie? Zum Bloßaasch­grĩe, Ferz losse bis morjefrieh!

bloßkobbs

Adj., erstes o lang und betont, allg. für un­bedeckten Hauptes.

blotsche

geblotscht, o kurz und tontra­gend, gew. für

1. stark rauchen: Der blotscht, wie wann en arme Bäcker backt;

2. hauen, ver­hauen, durchhauen, vgl.Kaade blotsche, verblotsche;

3. hinfallen, fallen, öf­ter in der Form hieblotsche oder uffblotsche.

Die Redewendung „…ohne die Geblotschde“ wird verwendet, um anzudeuten, dass zu dem vorher Aufgezählten noch Unerwähntes dazu­kommt. Blotschbagge sind Pausbacken von Kindern, auch geschwollene Backe. Blotschnoos ist eine geschwollene, durch Stoß oder Fall verunstaltete Nase.

blott

Adj., o kurz, gew. für besitzlos, ‚blank’. Ich bin-der so blott wie de Aff am Aasch. Niebergalls Datterich: Ich bin-der Ihne so blott wie e Kerchemaus. Hängt über germ. blauta mit bloß zusam­men.

Blummescherb

s. Scherbel.

Blunz

der oder die, Pl. Blunze (süddt./österr. Blunzn), u kurz und betont,

1. gew. für griebenarme Blutwurst, die in Magen oder Dickdarm eines Tieres gepackt ist; in der Köl­ner Gegend heißt die Wurst­sorte Flöns;

2. derbe Bezeichnung für einfältige Frauen oder dicke Menschen;

3. gew. für Fußball. Früher hatten die Bälle zur Abdichtung keine Gummiblase, sondern einen Ballon aus einer getrockneten Tierblase, die ebenfalls Blunz genannt wurde. Daher bürgerte sich die Bezeichnung für den ganzen Ball ein.

Mhd. blunsen: aufblähen; der von manchen gewählte Umweg über poln. pluca: essbare Eingeweide ist unnötig.

Blutmaache

s. Maachespitz.

Blutwittche

s. Wittche.

Bobb

die, Pl. Bobbe, kurzes o, auch Bebbche, allg. für

1. Puppe; 2. jun­ges Mädchen;

3. Partnerin eines noch nicht amtlichen Verhältnisses.

Bobbegicht

die, Pl. Bobbegichtere, kurze Vokale, o betont, derb für venerische Krankheiten, auch Alterserscheinun­gen nach flottem Leben.

Bobbejejer

auch Bobbejeecher, o kurz und betont, Spottwort für Mädchenjä­ger.

Bobbelche

das, Pl. Bobbelcher, kurze Vokale, o betont, allg. für Säugling, kleines Kind, Mädchen; Kosewort: Püppchen. In Niebergalls Datterich: mei Herzge­bobbeltes.

Bobbe-rolzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes o betont, gew. für einen, der viel Umgang mit Frauen hat, ohne sich zu entscheiden. So lange bei Kindern auf Trennung der Geschlechter geachtet wurde, war das entsprechende Meedcher-rolzer ein Spottwort unter ihnen: ein Junge, der sich herbei­ließ, mit Mädchen zuspielen, wurde mit Meedcher­rolzer, Meedcherrolzer in einem Stakkato-Singsang verspottet. Das Ent­sprechende geschah mit dem Wort Bube-rolzern (s.d.) einem Mädchen, das Bubenspiele mitmachte.

Bobbes

der, Pl. Bobbese, kurze Vokale, o betont, harmlos für Gesäß; schrspr. Popo.

Bobbeschees

die, Pl. Bobbescheese, o kurz und betont, gew. für Pup­penwagen; vgl. Schees.

Bobbeschenkel

die, nur Pl., kurze Vokale, u betont, gew. für Bildgebäck aus paarweise lose zusammengebacke­nen länglichen Wecken. 1793 wer­den sie in Rheinhessen als Bestandteil der Pfarrbesoldung angeführt, mit der auch die Teilnahme bei Tauf- und Hochzeitsschmaus verrechnet wurde. In Rheinhessen und in der Pfalz wur­den sie bei Schulprüfungen gegeben. In den Mainzer Stadtaufnahmen von 1747 wer­den Bubenschenkel-Bäcker aufge­führt.

Bobbestibbche

das, Pl. Bobbestibbcher, kurze Vokale, o betont, gew. für

1. Puppenstube. 2. übertragen für rein­liches, schmuck gehaltenes Zimmer.

3. Name einer Wirtschaft, z.B. das Boppestübchen in Assmannshausen. In der Röderstraße in Wiesbaden gibt es das urige „Bobbeschänkelche“.

Bock

der, Pl. Beck, allg. für Schiffsanleger. Bei Reje gehn die Fisch unner de Bock; schrspr. Steiger.

bogge

gebockt, allg. für den Deckvorgang bei der Ziege; derb auch für koitieren.

Bohnebeidel

die, nur Pl., o lang und betont, Spitzname für die Einwohner von Mainz-Mom­bach wegen des dortigen Gemüseanbaus; Name des Mombacher Karnevalvereins.

Bollemaaschder

der, Pl. gleich, auch Borjemaaschder, langes a betont und örtlich wie o gesprochen, allg. für Bürgermeister; Abkürzung: Bollo.

Bollerkarrn

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, gew. für Karren mit Rädern, die Eisenfelgen haben und ungefedert sind; entspricht dem Bol­lerwagen im Leine­weberlied.

bollern

gebollert, o kurz und betont, gew. für poltern, aber auch laute Blähung ablassen.

Bolles

der, Pl. selten, auch Bollesje, o kur­z und betont, gew. für Gefängnis. Das Wort ist abgeleitet von frz. police. Übertra­gen kommt Bolles auch zu der Be­deutung ‚dicker Kerl’: ein Mensch, der gewichtig wirkt wie eine Amtsperson. Jidd. polil: gerichtlich, richterlich; rotw. bolle: Uniform, Anstaltskleidung.

bolzestrack

Adj., kurze Vokale, o betont, gew. für direkt, ganz gerade, steif. Wird auch in der Bedeutung stark betrunken gebraucht. Der Bolzen gibt die Bildbeziehung.

Bombel

die, Pl. Bombele, allg. für Bommel, Troddel, Quaste; frz. pompon.

Bombo

der oder das, Pl. gleich, auch Bombom oder Bombong, dann Pl. mit -s, erstes o kurz und betont, gew. für Bonbon, frz.: Zuckerzeug. Das Lutschbonbon heißt auch Klumbe oder Guudsje (s.d.).

Bommelochie

die, kein Pl., kurze Vokale bis auf das betonte ie, allg. für das bedeutende Institut, das heute unter Campus Geisenheim auftritt und die Bereiche Forschungsanstalt Geisenheim, Hochschule Rhein-Main Fachbereich Geisenheim sowie LLH Gartenbauzentrum Geisenheim zusammenfasst. Hervorgegangen aus den Gärten des wohlhabenden Geschäftsmanns Eduard von Lade (Villa Monrepos), entstand 1872 die kgl. preußische Lehranstalt für Obst- und Weinbau. Später hieß sie Lehr- und Forschungsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau, im Lauf der Zeit kam noch Getränketechnologie dazu; schrspr. Pomologie: Obstkunde.
Die Geisenheimer Studenten hießen früher vornehm Pomologen, bei den Geisenheimern indes respektlos Groschebube, weil das wenige Geld, das sie hatten, schnell in die Heggewertschafde getragen war und die Groschen für den täglichen Bedarf mühsam zusammengekratzt werden mussten.

Bonem

das, Pl. Bonemer, o gelängt und betont, abfällig für Gesicht; jidd. ponim: Antlitz. Hall dei Bonem: Halt’s Maul.

Boochreb

die, Pl. Boochrebe, o lang und betont, allg. für die einjährige Fruchtrute des Rebstocks, die beim gerde (s.d.) gebogen wird, um einen gleichmäßigen Austrieb zu erreichen.

Boodche

das, Pl. Boodcher, o lang und betont, gew. für kleines Schiff. Es Wallufer Boodche: Motorboot nach Budenheim;: das Motorschiff nach Bingen, schon ein größeres Fahr­zeug mit drei Decks, ist es Binger Schiffche; ansonsten ist alles, was unter den Maßen eines Rhein­schiffs, etwa der Köln-Düsseldorfer Linie, bleibt, e Boodche; vgl. Schiffche-Boodche.

Boord

der oder das, Pl. Boord(e), Handwerkersprache, auch in der Kanzleisprache des 18. Jahrhun­derts und früher für Brett. „Borten und Bauholz“ schon in einer Urkunde Bertolds von Henneberg 1494.

Boordekennel

der, Pl. gleich, früher für aus Brettern gefügte Rinne, um den Most von der Kelter ins Fass zu leiten; vgl. Kennel.

Boordezaun

der, Pl. Boordezain, o lang und betont, gew. für Einzäunung aus Brettern.

Boorkerch

die, kein Pl., o lang und betont, allg. für Kirchenempore. Aus ahd. bor: Höhe, oder Verball­hornung des hochdeutschen Worts Kirchenempore. Für die Auffassung, es handele sich um eine Boord-kerch, weil die Emporen aus Holz errichtet seien, spricht wenig: Die Rheingauer Kirchen haben steinerne Emporen.

Boose

der, Pl. gleich, o lang und betont, gew. für Garbe. En Boose Stroh: eine Garbe Stroh. En werre Boose-Kopp ist außen oder innen so wirr wie eine Strohgarbe.

Boot

die, Pl. Bood(e), o lang und betont, gew. für Rheinschiff. Wie Bach ist Boot im Rheingau stets weiblich. Also auch ‚die Goethe’, ‚die Wappen von Köln’ und ‚die Vaterland’.

Borrem

der, Pl. Berrem, kurze Vokale, erster betont, gew. für Boden; vgl. zum Nominativ-m: Besem, Faddem. Als Verb borreme: niedermachen.

Borsch

der, Pl. gleich, kurzes o, gew. für Bursche, unverheirateter junger Mann.„Schorsch, ach Schorsch, ach Schorsch, hättst de nit geheirat, wärst-de noch en Borsch; Schorsch, ach Schorsch, ach Schorsch, jetz bist-de bei de Meedcher unnedorch“ von Margit Sponheimer in den 1970er Jahren im gleichnamigen Fassenachtslied verewigt.

Bort

s. Boord.

borzele

geborzelt, kur­ze Vokale, o betont, wie schrspr. purzeln. En Borzel  familiär für kleines Kind, das noch nicht gehen kann und purzelt; vgl. dorzele, Scheierborzeler.

Bosse

die, nur Pl., kurze Vokale, o betont, allg. für Dummheiten; schrspr. Possen. Mach mer noor kaa Bosse-Straasch! konnte, wieder mitregionaltypischer Verdoppelung, der wohlgemeinte Rat der Mutter an die Tochter sein, die ausgehen wollte. Wenn Schluss ist mit lustig, dann heißt es Jetz habbe die Bosse e Loch. Mhd. possen: Figur, frühnhd. bosse: Zierat, Beiwerk, Scherzfigur an Bauwerken. Possen reißen war also zunächst das Entwerfen solcher Figuren. Deswegen kann mer en Bossereißer aach Fratzereißer nenne. In Frankreich heißt der Possenreißer haselier; vgl. Herrschaftsbosse.

bossele

gebosselt, kurze Vokale, o betont, allg. für basteln, auch für umständlich arbeiten; Substantiv: Bosseler; spätmhd. bozeln: klöppeln.

bossich

kurze Vokale, o betont, allg. für seltsam; Adj. zu Bosse.

Brabbes

der, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, 1. gew. für Schlamm, 2. verächtlich für breiige Speise.

braddele

gebraddelt, kurze Vokale, a betont, gew. für

1. Kot mit breiiger Konsistenz absetzen, wie es etwa die Rindviecher tun; En Braddeler kommt für alle drei Varianten als Handelnder in Betracht.

2. undeutlich sprechen, nuscheln, brabbeln;

3. unproduktiv werkeln, nicht recht fertig werden.

Brambes

der, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, 1. gew. für Schlamm,

2. verächtlich für brei­ige Speise; eine Kombination von Brabbes und Sclambes .

Brand

s. Geje-Hunger, Geje-Brand.

Brass

der, kein Pl., gew. für Zorn. Uff den aale Beschisser hon ich en mords Brass!

Brassel

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für Durcheinander, unübersichtliche Angelegenheit. Jetz hon ich noch den ganze Brassel vun meiner Oma am Hals!

brauche

gebraucht, veraltend für ‚mittels Beschwörung heilen’. Beim Brau­che wird die Hl. Drei­faltigkeit: Vater, Sohn und Heiliger Geist an­gerufen; jidd. broche: Segen.

brebele

gebrebelt, auch brewele, erstes e lang und betont, gew. für ausdauernd schimpfen, beharrlich Be­schwerde führen, unverständlich vor sich hinschimpfen. Lat. exprobrare: tadeln. Brebeldibbe ist eine lamentierende Frauensperson; Brebelsubb met Glotz­aache ist Metapher für Gardinen­predigt, häusliche Vorwürfe.

Bredullje

die, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für Bedrängnis. Im Rheinland sagt man Bedrullje; Scherzbolde begründen das damit, dass das r hinter dem d der Zunge leichter falle. Frz. bredouille: unverrichtet, undeutlich.

Breemere

die, auch Bremern, nur Pl., erstes e gelängt und betont, schwindend für Brombeeren.

Breimaul

das, Pl. Breimailer, ei betont, gew. Schimpfwort für breit und undeutlich sprechender Mensch.

Brenk

die, Pl. Brengge, kurzes e, gew. für Zuber, kleine Bütte. Im Weinkeller ist die Brenk ein etwa 80 l fassendes Holzgefäß mit zwei seitlichen Handlöchern in den dazu länger gelassenen Dauben. Sie wird hergestellt, indem ein kleines Fass halbiert wird und die nicht benötigten Dauben gekürzt werden. Diese Form ermöglicht es dem Küfer, die Brenk beim Fassanstich, also beim Herausziehen des Zwickels und dem Einstechen des Krane (s.d.) zwischenseinen Knien und dem Fassrand so einzuklemmen, dass sie einerseits nicht verrutscht und andererseits nichts vorbeiläuft. Es gibt aber auch Weschbrengge (vgl. Weschbidd), die auch wie oben beschrieben hergestellt wurden, so lange sie aus Holz waren.

Brezel

der und die, Pl. gleich, kurze e, erstes betont,

1. gew. für eine der Varianten für Kopf oder Gesicht: Ich haa der uff die Brezel.

2. allg. für ein speziell geschlungenes Backwerk, obgleich schrspr., hier von überragender Bedeutung, sei es zum Schulanfang (merb), zur Fassenacht (merb oder salzig) oder jederzeit salzig (Laugenbrezel) als schnelle Stärkung und als Beilage, z.B. zum Spundekees (s.d.).

Wann de Brezel merb is, isser guud. Wann ich abber ganz brezelmerb bin, dann geht’s mir schlecht, fühle ich mich elend.

Briambel

die, Pl. Briambele, auch Briambes, kurze Vokale, a betont, allg. für Um­schweife, Umstände, Geleier, überflüssiges Ge­schwätz, unzufriedener Tadel. Es geht auf lat. prae-ambulum: feierliche Vorrede, oder auf frz. préambule: Vorrede zurück.

bri-bra-brinzelig

Adj., drit­te Silbe betont, gew. für buntscheckig oder unbestimmt in der Farbe, allerlei­farbig.

Briefkasdeschnut

die, Pl. Briefkasdeschnude, langes i betont, gew. Schimpfwort für zu groß geratenen Mund.

Brieh

die, Pl. selten, wie schrspr. für Brühe; fast jede Flüssigkeit kann her­ablassend als Brieh bezeichnet werden, vor allem aber die Jauche, auchScheißbrieh genannt. Dazu die Anekdote, wonach ein Gast im Rheingau sich rühmte, Preis-Skifahrer zu sein. Lapidare Antwort seines Gegenübers: No un, mein Brure is Scheißbriehfahrer. – Do kimmt die Brieh deierer wie die Brogge: dieses Vorhaben lohnt sich überhaupt nicht.

Briehpump

die, Pl. Briehpumbe, ie betont, gew. für Zeitgenosse, der zu gar nichts taugt; eigentlich auch nicht zum Jauche pumpen.

Briesje

das, Pl. Briesjer, ie betont, gew. nur in Verbindungen wie empfindlich Briesje: empfind­liches Mädchen; schwul Briesje: andersartig veranlagter junger Mann. Niederdt. Briske: Bruder, Schwe­ster; jidd. berje: Geschöpf.

britzebraat

Adv., Verstärkung des Wortes breit. Vgl. graasegrie, gritzegroo, kwittegeel, ritzerot, schuggeschwazz.

broggele

gebroggelt, kurze Vokale, o betont, allg. für bröckeln, zu Brocken brechen, Das Ergebnis sind Brogge, Broggele oder Broggelcher. Wer sich das zu viel Genossene ‚noch mal durch den Kopf gehen lassen’ musste, der hot Broggelcher gelacht.

Broggele

die, auch Broggelcher, nur Pl., kurze Vokale, o betont, allg. für Gebrocktes, insbes. aber Rosenkohl, auch Rosebroggele (s.d.); frz. brocoli: Rosenkohl.

Broggerader

der, Pl. gleich, o kurz, a gelängt und betont, allg. Spottwort für einen Wortführer, Schwätzer, Angeber, Rechthaber. Der Prokurator war ein Amt der Rechtspflege bis in die 1870er Jahre und stammt aus der napoleonischen Zeit: in Frankreich ist der Procureur de l'Etat oder de la République der Staatsanwalt.

broggeradern

broggeradert, a lang und betont, gew. für widersprechen, be­harrlich dem Missfallen Ausdruck ge­ben. Die Amtsbezeichnung Prokura­tor hat das Dialektwort geprägt.

brotzele

gebrotzelt, kurze Vokale, o betont, allg. für braten, schmoren, brutzeln, aber auch nörgeln, murren, schimpfen. Verbrotzele: anbrennen, aber auch verschwenden beim Braten. Du verbrotzelst abber viel Fett!. Auch der Fedderweise (s.d.) brotzelt, wenn er voll in Gärung ist; lautmalend. Brotzelsupp: Strafpre­digt; Brotzeldibbche: Spottname für einen Menschen, der schnell obbe-naus ist, also schnell aufgeregt bis ausfällig wird; vgl. Dibbe. Brotzelgeld: Bildwort für Überstunden­lohn. Das Essen, das auf dem Herd verbrotzelt is, weil der Mann wegen der Überstunden nicht pünktlich zur Mahlzeit kam, wurde ersetzt.

Brulljes

die, nur Pl., in dem Ausdruck Brulljes mache, kurze Vokale, u betont, gew. für Un­gelegenheiten bereiten. Wer sie bereitet, indem er sich aufspielt, ist ein Brulljee. Frz. brouille: Zwist, Aufhebens, brouillerie: Zwistigkeit.

Brummdopsch

der, kein Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für Kreisel, der beim Drehen summt. Auch für Leute, die ständig in hektischer Aktion sind.

Brummeldibbe

das, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für unzufriedene Person; vgl. brummele. Bildworte mit ‚-dibbe’ sind beliebt; vgl. Dibbe, Dunggedibbche.

Brunnebutzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, gew. nur noch in den Ausdrücken schaffe bzw. fresse wie en Brunnebutzer, d.h. harte Arbeit tun, nämlich Brunnen put­zen, und dann den Kalorienbedarf wieder ausgleichen. Der Karnevalsverein in MZ-Marienborn heißt so.

brunze

gebrunzt, vulgär für urinieren; Substantiv: die Brunz. Das irdene Nachtgeschirr heißt Brunzkachel. Abgeleitet von mhd. brunnezen: einen Brunnen machen.

Brussem

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für das Innere von Teigwaren, das, was an Brot, Brötchen oder Kuchen leicht zu zerbröseln ist. Das Wort gehört natür­lich zu Brosam und bröseln, hat sich aber in der Bedeutung speziali­siert.

Brutsch

die, Pl. Brudsche, kurzes u, gew. für unwillig ver­zogener Mund. E Brutsch mache: das Gesicht gekränkt verziehen. Als Verb brudsche: vor sich hin brummeln.

Bubbes

der, kein Pl., gew. für Haustrunk, durchaus nicht immer übel schmeckendes weinartiges Getränk, das aus ausgepressten, gewässerten und zum zweiten Mal gekelterten Trauben gewonnen wird. Der Nachmost wird dann gezuckert, um auch bei ihm die alkoholische Gärung zu ermöglichen. Das Getränk ist zum Verkauf weder bestimmt noch zugelassen. Vor den ersten deutschen Weingesetzen von 1892 und 1901 war das allerdings noch nicht geregelt. Bis dahin konnten auch allerlei Mischgetränke als Wein vermarktet werden; neben dem Nachgekelterten und dem Drusewein (s.d.) auch aus Obst oder Rosinen hergestellter. Bubbes wird auch gern als abwertendes Urteil über einen Wein gebraucht.

Bube-rolzern

die, Pl. selten, u lang und betont, gew. für Mädchen, das sich an den Spielen der Buben beteiligt; vgl. Bobbe-rolzer.

Bubeschenkel

s. Bobbeschenkel.

Buchmadder

der, kurze Vokale, u betont, nur in dem Ausdruck schreit wie en Buchmadder. Die Wortbedeutung ‚Marder-Art’ ist völlig verloren gegangen. Der Aus­druck will sagen, dass es sich bei sol­chem Geschrei um besonders klägliche Töne handelt.

Budderscherr

s. Scherr.

Buddick

die, Pl. selten, kurze Vokale, u betont, allg. für heruntergekommenes Anwesen. Hat mit Boutique außer der Wortherkunft nicht das Mindeste zu tun.

Budellche

das, Pl. Budellcher, kurze Vokale, erstes e betont, für Weinflasche bzw. -fläschchen; frz. bouteille: Flasche. Das aus dem Niederdeutschen in die Umgangs­sprache gekommene Buddel ist hier nicht heimisch geworden; vgl. Bull.

Buggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, allg. für Rücken. Spruchweisheit: Lieber en Bauch vum Fresse als wie en Buggel vum Schaffe.Wann nor mein Buggel aach en Bauch weer mag man sich bei einem guten Essen wünschen, damit noch mehr hineinginge. Steih mer de Buggel enuff oder rutsch mer de Buggel enunner (un brems met de Zung, un wann de unne bist, klingelst-de): gew. Aufforderung, in Ruhe gelassen zu werden, Ausdruck der Ableh­nung, Ersatz für die vulgäre Leck-mich-Einladung. Handwerker werden nach dem benannt, was sie auf dem Buckel tragen können; Blechbuggel: Klempner, Speisbuggel: Maurer.

Bull

die, Pl. Bulle, kurze Vokale, u betont, gew. für filzummantelte Feldflasche aus Blech mit Henkel für den Tages­vorrat an Getränken, die früher die Winzer oder Arbeiter auf die Arbeit mitnahmen. Enthielt meist Tee oder Muckefuck (Malzkaffee), man konnte aber auch gut Alkoholisches drin verstecken. Griech. amphora: Hohlmaß, lat. ampulla: Fläschchen (woraus übrigens auch Ampel wurde); niederdt. Pulle.

Bullewitsch

s. Butze.

Bumbes

der, Pl. Bumbese, auch Bumbesje, kurze Vokale, u betont, lautmalend für Furz. So wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, micht aan Bumbes noch lang kãã Bloosmussigg. Und wenn er dann draußen ist: Lieber im freie Feld als wie im enge Bauch! Wann die Aaschkrodde pienze, dann hat einer nur einen leisen Ton von sich gegeben; vgl. pienze. Bei einem fleißigen Pupser geht die Peffermiehl wie geschmiert.

Bumbezeenes

der, kein Pl., u betont, in dem Ausdruck So en klaane Bumbezeenes: so ein klei­ner Kerl. Geht auf den hl. Johannes Nepomuk zurück, der um 1350 in Pomuk, Westböhmen geboren wurde. 1393 wurde er auf Veranlassung König Wenzels gefes­selt und in der Moldau ertränkt, weil er als Beichtvater der Königin nicht bereit war, dem König unter Bruch des Beichtgeheimnisses zu verraten, was seine Gemahlin gebeichtet hatte. Er gilt als Schutzheiliger gegen alle Gefahren, die vom Wasser ausgehen. Deshalb gibt es an vielen Orten Statuen, unter anderem in Rüdesheim, Geisenheim, Eltville, Erbach, Rauenthal und Walluf. Der Ausdruck mag aus lat. Ioannis pomuciensis oder frz. Népo­mucien entstanden sein.

bumsche

gebumscht, kurzes u betont, gew. für kraftvoll draufhauen.

Bundekuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, allg. für Napfku­chen aus einer typischen Form. In der Pfalz hat sich auch die Bezeichnung Tergisch Bund erhal­ten. Das gibt den Hinweis auf die Form: die Wand der Kuchenform hat schräg laufende, flache Rillen, im Boden ist ein konisches Rohr, durch das die Backhitze auch auf die Mitte des Teigs wirken kann. Gebacken sieht der Ku­chen dann wie ein Türkenbund (Turban) aus. In Holland heißt der Kuchen Tulbend (Turban). Bei der Blumensorte Türkenbund, einer Lilienart, hat sich der Begriff schrspr. erhalten. Raddahn-Kuche ist u.a. in Wiesbaden, Frankfurt, Mainz und Rheinhessen Konkurrenzwort für Bund.

bundich

Adj., kurze Vokale, u betont, allg. für bunt.

Bunz

die, Pl. Bunze, kurzes u, vulgär für weibliches Ge­schlechtsorgan, auch zwielichtiges Frauenzimmer. Mhd. punze: Stichel, aus lat. punctio: Stich.

Bunzel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für Bündel. En Bunzel Rebe is for Feier ãnsemache.

Burem

das, ohne Pl., u lang und betont, für Lärm, Aufsehen, laute Festlichkeit. Hebr. und jidd. Purim: Freudenfest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert und ausgelassen gefeiert wird.

Busem

der, Pl. gleich, u lang und betont, gew. für Busen. Zum Endungs-m vgl. Besem, Boddem, Faddem.

Butt

die, Pl. Budde, allg. für Rückentrage, in der bei der Weinlese die Trauben aus den Lese­büttchen eingesammelt und anschließend zum Wagen getragen werden. Lat. butina: Flasche, Gefäß; vgl. Leejel, Bidd.

Butz

der, Pl. Butze, kurzes u, gew. für die Hunderasse Rat­tenpinscher. Vgl. Fleebutz.

butze

gebutzt, kurze Vokale, u betont, gew. für bezahlen. Anschließend konnten die Kreidenotizen auf der Merktafel des Wirts ewegg gebutzt werden.

Butze

der, Pl. gleich, kurzes u, gew. für Polizist, Schutzmann. Mhd. butze: Schreck­gestalt liegt zugrunde. Der Verdelsbutze, modern-amtlich: Kontakt­bereichsbeamter, war der im 19. J­h. in jedem Stadtvier­tel vorhandene Polizeibeamte, der hier für Ruhe und Ordnung zuständig war. Eine weitere Bezeichnung für Polizeidiener ist Bullewitsch.

Butzemann

der, Pl. Butzemänner, kurze Vokale, u betont, gew. für Nasenunreinlichkeit. Im Südwesten ist das Wort Butze in zweiter Bedeutung Klumpen, Un­reinlichkeit, Schlacke, Kernhaus des Obstes; Grundbedeutung: abge­schnittenes Stück, auch angebranntes Ende des Lampendochtes. Der zweite Wortteil hat die Bedeutung klein, wie bei Karlemann, Hannemann.

Butze-Scher

die, Pl. Butze-Schere, kurzes u betont, zweites e gelängt, in der Zeit der Petroleum­lampen für Schere besonderer Kon­struktion, mit der man den verbrann­ten Docht der Petroleumlampe schön rund abschneiden konnte; daher nicht mehr im Gebrauch.

Butzlumbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, allg. für Aufnehmer, Putzlappen. Ich bin doch nit eiern Butzlumbe wehrt sich einer, der sich ausgenutzt fühlt.

Butzlumbezuggeler

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, gew. für läppischer Mensch, der es zu nichts bringt; vgl. zuggele.

Zum Seitenanfang

C

Chrisskinnche

das, Pl. Chrisskinncher, kurze Vokale, erstes i betont, gew. für einfältige, unbeholfene, auch temperamentlose Person; schrspr. Christkindchen.

Zum Seitenanfang

D

daab

Adj., gew. Schimpfwort für lang­sam reagierend, langweilig, hohl, auch betrunken; schrspr. taub. Häufig in Verbindungen wie daab Dibbe, daab Hinggel, daab Nuss oder daab Schneck. Der Volltrunkene ist dibbedaab; vgl. besoffe.

Daachblättche

das, Pl. selten, langes a betont, allg. für schwatzhafte Person, die Nachrich­ten unkontrolliert und meist noch schneller als die Tageszeitung verbreitet.

Daachleenerwei

der, ohne Pl., a lang und betont, ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., gew. für Drusenwein (s.d.); schrspr. Taglöhnerwein.

daafe

gedaaft, schrspr. taufen, im weitesten Sinne wässern. Regional bedeutend in der Grund­­­regel Mer derf alles daafe, nur de Wei nit.

daale

gedaalt, allg. für teilen, regional in der Frage an die Nachkommen eines Verstorbenen: Seid-er eich noch aanich (a nach o gefärbt) , odder habd-er schunt gedaalt?

Daascher

der, Pl. gleich, a lang und betont, gew. für Bäcker. Auch Daaschbãã, Daaschknaadscher; ferner Daasch-aff, dem rotw. Deigaff für Bäcker zugrunde liegen dürfte.

Dabbes

der, Pl. Dabbese, kurze Vokale, a betont; schrspr. Taps. Wenn sich einer fortwäh­rend dumm anstellt, heißt es Heit steht Dabbes im Kalenner oderIch glaab, heit is Dabbes: heute ist Namenstag für alle Dabbese – als wenn es einen Heiligen dieses Namens gäbe; vgl. Batschel. Weibliche Form: dabbich Dier, dabbich Oos oder dabbich Hinggel. So eme richdiche Dabbes is grad in die Hänn geschisse.

dabbich

Adj., kurze Vokale, a betont, allg. für ungeschickt. Die dabbich Hand ist die linke. In dem Ausdruck dabbich Neijohr drückt es gesteigerte Ungeschicklichkeit aus. Wörtlich übersetzt hieße der Ausdruck ‚täppisches Neujahr’: so unbeholfen wie das neue Jahr.

dabsche

gedabscht, kurze Vokale, a betont, schrspr. tapsen; gew. für ungeschickt gehen. Schimpfworte Pidschedabscher und Ärmeldabscher (s.d.); vgl. sabsche.

dachdele

gedachdelt, kurze Vokale, a betont, gew. für Ohrfeige geben, eine herunterhauen. Wann-de dich nit benimmst, kriehst-de aa gedachdelt. Griech. dactylos: Finger.

Dadderich

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Tremor, Zittern; das kann alters-, krankheits- oder alkoholbedingt sein. Die Titelfigur von Ernst Elias Niebergalls Darmstädter Lokalposse heißt Datterich.

dagguff

Adj., kurzeVokale, a betont, nicht mehr überall verstanden für ‚in Ordnung’, ‚auf der Höhe’, allg. Ausdruck der Aner­kennung. Der Alde is noch schwer dagguff! Jidd. und rotw. takif: einflussrei­ch, angesehen, mächtig.

dakor

adj., o gelängt und betont, gehoben für einverstanden. In der Wendung do simmer dakor: da sind wir einer Meinung; frz. d’accord; vgl. kondand.

Dalbe

der, Pl. gleich, a kurz und betont, gew. für geistig unbeweglicher, törichter Mensch; als (Selbst-) Verspottung der Eltviller gebraucht. Könnte als Bildwort vom Dalben stammen, der, unbeweglich in Fluss- oder Meeresgrund gerammt, Schiffen zum Festmachen dient; gehört aber etymologisch eher zu Tolpatsch, Tölpel; vgl. Dollo.

Dalles

der, nur Singular, kurze Vokale, a betont, gew. für Un­glück, Pechsträhne, Bankrott, Geld­knappheit. Jidd. daless: Armut, Elend. Bruch, Dalles & Co.: völlig verfahrene Angelegenheit oder Handwerker, der nichts taugt. Dallesbruder: armer Schlucker, Dalles­­labbe: billiger Mantel.

Dambnudel

die, Pl. Dambnudele, a kurz und betont, u gelängt, allg. für Hefekloß, der in Milch, Öl oder Fett im Krobbe (s.d.) ge­dämpft und gebacken wird. Mir geht’s Herz uff wie e Dambnudel steht für großes Wohlgefühl. Vgl. Krobbe-Dambnudel.

Dauch

der, kein Pl., regionaltypische Substantivierung des Verbs taugen. Des hot kaan Dauch: Das taugt nichts, das führt zu nichts.

debbele

gedebbelt, kurze e, erstes betont, gew. für unsicher, mit kleinen Schrittchen gehen, be­sonders in der Kinderstube. Schrspr. tippeln.

debbern

gedebbert, kurze e, erstes betont, gew. für zornig schnell trampeln, wie Kinder beim Wutanfall.

debbeschiern

debbeschiert, kurze e, ie betont, veraltend für telegrafieren, Senden einer Depesche; dann und wann noch bei älteren Leuten für beeilen: Debbeschier dich!

Deez

der, kein Pl., gew. für Kopf. Das Wort ist ugs., aber hier heimisch. Sonstige Wör­ter für Kopf: Banatzel (s.d.), Dach, Dubbee (s.d.), Schwelles, Tabbernaggel, Wersching (s.d.). Frz. tête: Kopf.

Dehaambleiber Kerb

die, ohne Pl., a lang, nach o gefärbt und betont, allg. für zu Hause bleiben. Mir gehn uff die Dehaambleiber Kerb: wir feiern, indem wir zu Hause bleiben. Das dehaam bleibe wird scherzhaft wie ein Ortsname gebraucht. Vergleichbar mit ‚Urlaub auf Balkonien’.

Deibel

der, Pl. gleich, auch Deiwel, schrspr. Teufel, hier gängig in Redensarten wie em Deibel aus de Keetz gehibbd, vgl. Keetz; der hot de Deibel im Ranse (s.d.); oder do werd jo kaan Deibel draus schlau: das ist völlig unverständlich. De Deibel micht seĩ Spiel: Es kann ganz anders kommen als erwartet. Deibelsbrode ist der Teufelsbraten, also einer, der so gewieft ist, das überlebt zu haben.

Deibelskobb

der, Pl. Deibelskebb, ei beton­t, gew. für ausgehöhlte Futterrübe oder Kürbis mit eingeschnitte­ner Gesichts­maske, der von innen beleuchtet eine gespenstische Erscheinung ab­gibt und beim Maddinszuuch mitgeführt wird; vgl. Klumbe.

Deichel

die, Pl. Deichele, ei betont, für Tonröhre zum Entwässern, Wasserleitungsrohr; vgl. Andau.

Dell

die, Pl. Delle, allg. für Vertie­fung in jedem formbaren Material. Ein Hut, ein Blechtopf, ein Klumpen Butter, Ackerbo­den, alles kann e Dell  haben. Ne­ben Tal und Tül­le stehen germ. dalja, got. ib-dalja: Berglehne, mhd. delle.

dembich

Adj., kurze Vokale, e betont, allg. für dampfend, erhitzt, verschwitzt, gern auch sarkastisch über einen, der sich gerade nicht besonders anzustrengen pflegt. En dembiche Gaul ist asthmatisch.

demmern

gedemmert, kurze e, erstes betont, gew. für zornig schnell trampeln. In der Kinderstube ge­bräuchlich; vgl. debbern.

deneber

s. neber de Kabb.

dengele

gedengelt, 1. gew. für heftig prügeln;

2. derb für koitieren;

3. allg. für das Schärfen der Sense bzw. Sichel mit dem Hammer (insoweit auch schrspr.); ahd. tangil: Dengelhammer, mhd. tengelen.

Derf

die, kein Pl., kurzes e, Substantivierung des Verbs dürfen, gew. für Erlaubnis. Ich nemme mer die Derf. Ich komm bei dich, wann ich derf? – Komm nur, du derfst. Eine behördliche Erlaubnis ist en Derfschein; vgl. mugge, dort Muggpass.

derr

Adj., wie schrspr. dürr, im Dialekt vor allem in abwertenden Zusammensetzungen wie derr Gaas, derr Gestegg, derrer Hecht, derrer Hering oder derrer Knoche gebräuchlich; Leute, die halt so derr sin wie e Ãnmachhelzje (Holzspan zum Feuer anmachen).

Derrabbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, be­zeichnet einen Menschen, der nie dick wird; der so dürr ist, dass er rappelt. So ããner is aarich vum Flaasch gefalle; an dem seine Knoche kannst-de dei Kapp uffhengge. Noch verstärkt als derrabbelich Gestell.Derrabbels Heine ist wie Aadeggels Nannche eine scherzhafte Bezeichnung für beliebige anekdotische Figuren, zu denen bei Bedarf noch de aal Derrverreckt (s.d.) stoßen kann.

derrabbelich

Adj., kurze Vokale, erstes e betont, gew. für dürr, knochig. Entspricht dem ugs. rappel­dürr.

Derrebächer

der, Pl. gleich, kurzes e der ersten Silbe tontragend, gew. für dürren Menschen; für einen, der aus Derrebach: Dürrbach stammt. Wie vielfach wird eine Eigenschaft zum Taufpaten für einen angenomme­nen Ort.

derrn

gederrt, gew. für quengeln. Se hot mich so lang gederrt, bis ich’s er gebbe hab; schrspr. dörren.

Derrverreckt

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes e betont, gew. Schimpfwort ohne besondere Bedeutung, entspricht einem gutmüti­gen Verächtlichmachen; de aal Derrverreckt. Könnte von schrspr. dürr und verreckt stammen, wird aber auf Lebende angewandt.

Detz

die, Pl. von Dotz (entrundetes ö), Singular physiologisch selten, derb für weibliche Brust. Wenn sie recht voluminös ist, dann sind’s Detz wie e Backmaan (vgl. Maan).

Dibbcher

die, nur Pl., alter Uzname der Oestricher wegen ihres Markts, vgl. Dibbemack.

Dibbe

das, Pl. gleich, i kurz und betont, gew. für Topf. Das Dibbche ist ein kleiner Topf, steht aber auch für Nachttopf, der indes ebensogut Nacht- oder vulgär Pissdibbche heißen kann. Pissdibbchefrisur ist eine stufenlos geschnttene, die aussieht, als habe man ein solches Töpfchen über den Kopf gestülpt und alles, was herausguckt, abgeschnitten. Klaane Dibbcher hon große Ohrn: Kinder kriegen vieles mit, auch wenn es nicht für sie bestimmt ist. Aam es Dibbche uffdecke: jemandes Familiengeheimnis ausplaudern. Vgl. daab Dibbe, doll Dibbe. Scherzreim: Die Linse, wo sin-se, im Dibbe, se hibbe, se koche drei Woche, sin hadd wie die Knoche.

Dibbegass

die, ohne Pl., kurze Vokale, i betont, für irgendwo. Redewendung Dibbegass Num­me­ro Deggel: irgendwo im Ort.

Dibbegugger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, gew. für Topfgucker; auch Dibbenaas.

dibbelich

Adj., kurze Vokale, i betont, gew. für über­genau, pedantisch. E dibbelich Aabed: eine Arbeit, die größte Ge­nauigkeit erfordert. Schrspr. Entsprechung: Tüpfel­chen auf dem i.

Dibbelschisser

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes i betont, für Kleinigkeitskrämer, Pfennig­fuchser; schrspr. Tüpfelscheißer; vgl. Korindekagger.

Dibbemack

der, ohne Pl., kurze Vokale, i betont, gew. für Topfmarkt, wie er früher in vielen Orten regelmäßig stattfand; heutzutage nur noch in Oestrich, dort seit 1554.

Dibbescheißer

die, nur Pl., war der unfreundliche Uzname der Aulhauser, nur weil das Dorf vor langer Zeit ein Zentrum der Töpferei war.

dick Daal

das, ohne Pl., a lang und beton­t, gew. für Hintern; schrspr. dickes Teil.

Dickkobb

der, Pl. Dickkebb, kurze Vokale, i betont, schrspr. Dickkopf, auch Bubensprache für Kaulquappe. Die konnte aber auch als Grunnelche bezeichnet werden; biologisch nicht ganz korrekt, weil die Grundel ein Seefisch ist.

Dickworzknoorze

die, Pl. gleich, kurzes i betont, Spottwort für dicke Mädchenwaden. Dickworz ist im Rheingau die Futter­rübe; vgl. Knoorze.

Dickworzkobb

der, Pl. Dickworzkebb, kurze Vokale, i betont, gew. für Sturkopf.

Diddelidd

der, ohne Pl., kurze Vokale, letztes i betont, gew. für Säuferwahn, wann aaner Männercher sieht orre weiße Mais.

Dier

das, Pl. Diern, abwertende Bezeichnung für Frau, meist mit Adjektiven garniert: digg Dier, doll Dier, dumm Dier, Dusseldier, Tränedier (vgl. Guggugg), freundlich goldich Dier oder mitleidig arm Dier (des kammer nit krieje odder habbe, des kammer nor sein); vgl. aber arm Dier.

digge Mann

der, ohne Pl., kurze Vokale, a nach o gefärbt und beton­t, gew. für eine Art Higgelches (s.d.). Auf das Pflaster wird mit Kreide eine Zeichnung aufge­tragen, die in ihren Umrissen (Hut, Kopf, Hals, Bauch, zwei oder drei Qua­drate als Beine) einem dicken Mann gleicht. Die Zeichnung ist in Ab­schnitte unterteilt, deren Linien man weder mit dem Wurfgegen­stand (Stein oder kleine Schachtel) noch mit den Füßen beim Higgele (s.d.) berühren darf.

Dilldapp

der, kein Pl., kurze Vokale, i betont, gew. für ungeschickter Mensch, Dummkopf.

Dinnschiss

der, kein Pl., kurze i, erstes betont, gew. für Durchfall. Wenn es ganz schlimm kommt, dann kann einer sibbe Meeder dorch e Gebund Rebe in e Flasch zielen. Verwün­schung: De Dinnschiss sollst-de krieje, sibbe Meeder lang!

dischbediern

dischbediert, letzte Silbe lang und betont, allg. für lebhaft gegeneinander reden, mit Worten streiten, disputieren. Abdischbediern: etwas abstreiten, in Abrede stellen. Uffdischbediern: beeinflussen, aufschwätzen.

dischbisch

Adj., kurze i, erstes betont, allg. für stark dunstig, sehr dämmrig; schrspr. diesig. Zwische Daach un dischbisch oder zwische Daach un siehschd-mich-nit sind Bezeichnungen für die Tageszeit, in der keiner so genau sehen soll, was geschieht.

dischgeriern

dischgeriert, letzte Silbe lang und betont, allg. für diskutieren.

Ditze

die, Singular physiologisch selten, kurze Vokale, i betont, derb für weibliche Brust.

Ditzel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, gew. für Beule jeglicher Art, Bluterguss oder Furunkel; vgl. Knibbel. In zweiter Bedeutung wird Ditzel auch für Scheitelkissen zum Korbtragen verwendet, vgl. Kitzel.

ditzele

geditzelt, kurze Vokale, i betont, oft in der Form hieditzele, allg. für zurechtmachen, formen. Einem Metzger, der gerade ein Stück Fleisch hübsch in Form bringen will, mag von der Kundin entgegengehalten werden Ich will nit geditzelt, ich will en ããstennich Stick Flaasch!

do

Umstandswort, langes o, allg. für da, hier; charakterisiert, be­sonders in seiner reduplizierten Form, den einheimischen Dialekt sehr stark. Dodebei: dabei, dodefor: dafür, hierfür; dodegeje: dagegen, dodemet: damit, hiermit; dodenoo: danach, seither; dodevun: davon, dodeweje, auch desdeweje: deswegen, dodezu: dazu, dodezwische: dazwischen, inzwischen; dodrãã: daran, dodribber: darüber; dodrin: hier bzw. dort drinnen; dodrobbe: dort oben; dodruff:darauf, dodruff­hie: daraufhin, dodrum: darum, deshalb; dodrunne: dort unten, dodrunner: darunter. Komm mer nit dodemet, dass ich der’s dodefor versproche hätt; dodenoo is vill Zeit vegange. Ohne Verdoppelung: do hause: da bzw. hier draußen; do hin: da bzw. hier drin, do hobbe: da bzw. hier oben; do hunne: da bzw. hier unten.

Dochdermann

der, Pl. Dochdermänner, kurze Vokale, o betont, selten werdend für Schwiegersohn; Gegen­stück: Sohnsfraa, s.d.

Dohl

die, Pl. Dohle, langes o, allg. für bedeckter Abzugsgraben, Kanal. Ahd. dola: Röhre, Abzugskanal, Rinne; vgl. Ãndau, Floß, Duhl.

Dohlche

das, Pl. selten, allg. für Haarteil, Toupet. Vermutlich kommt die kleine Dohle auf dieselbe Weise zu dieser Bedeutung wie die Atzel (s.d.).

doll

Adj., allg. für überdreht. Das kann eine Schraube sein, ein Bohrer oder ein Mensch. En Dollbohrer ist jedenfalls ein überdrehter Mensch. Und das kam so: Dollen sind Pflöcke bzw. Zapfen. Zum Bohren der passenden Löcher benutzte man Dollenbohrer. Das Wort nahm dann den Weg vom Werkzeug über untalentierte Benutzer zur jetzigen Bedeutung.

doll Dibbe, doll Dier, doll Mott

zweites Wort jeweils betont, gutmütige Beschimpfungen, bei denen es weniger auf die Wortbedeutung als auf den skandie­renden Charakter des verächtlichen Ausrufs ankommt. Toller Topf, Tol­les Tier oder Tolle Motte, die kon­sequenten schrspr. Übersetzungen, wären grotesk. Die Kombinationsmöglichkeiten des Adj. doll sind, ebenso wie beim gleichbedeutenden narrisch, nahezu unbegrenzt: wahlweise Bichs, Tutt, Gescherr, Hinggel, Kuh, Muck, Reff oder Kwetsch. Geht alles natürlich auch mit dumm.

Dollo

der, Pl. Dollos, erstes o kurz und betont, gew. für Tölpel, Tolpatsch. Das Wort kommt meist in der Anrede­form vor, ist weit über unser Dialektgebiet hinaus verbreitet, aber charakte­ristisch. Das Wort soll aus magyarisch talp: Sohle herkommen, Adj. talpas: breitfüßig, da die ungarischen Fußsoldaten statt der Schuhe breite, mit Schnü­ren befestigte Sohlen trugen. So ist tol-batz seit 1698 im Deutschen belegt. Von da wird es zu ‚öster­reichischer Soldat, der (als Ungar oder Slawe) nur unbeholfen deutsch spricht’. Diesen Tolbatsch haben die Mainzer in der Bundesfestungszeit zwischen 1816 und 1866 kennen ge­lernt, als Österreicher und Preußen in der Festung gemeinsam garnisonierten. In die Deutungsver­suche sollte aber auch jidd. tipesch: Dumm­kopf, Einfaltspinsel, ebenso einbezogen wer­den wie der Gedanke, dass es sich einfach um eine spielerische Substantivierung von doll handelt.

Dood

der, kein Pl., wie schrspr. Tod, hier in den Redewendungen umsunscht is de Dood, un der koscht’s Lebe als Antwort für jemand, der sich über etwasTeures beschwert; und der hot emol en leichde Dood, der hot nit vill Geischt uffsegebbe. Wenn einer ganz miserabel aussieht, dann vielleicht wie de Dood uff Reeder oder wie em Dood sein Derrflaaschreisende oder auch wie vum Galje geschnidde und dem kannst-de jo en Vadderunser dorch die Bagge bloose. Wenn man in einem Gespräch über eine Person darauf hinweist, dass die doch schon sehr lange tot ist, dann vielleicht mit den Worten der kimmt jo schun ball widder oder met dem seine Knoche kannst-de jo schun die Ebbel vun de Beem hole.

Dooges

der, Pl. gleich, langes o betont, allg. für Gesäß; jidd. und rotw. toches: Hintern. Ein Doogesmagajer, von jidd. toches und makeinen: schlagen ist ein prü­gelnder Erzieher, ein ‚Steißtrommler’ oder Aaschplatscher (s.d.).

Dopsch

der, Pl. Debsch, kurzer Vokal, im übertragenen Sinn für kleines Kind. Früher, und inzwischen ganz aus der Mode gekommen, Kinderspielzeug in Kegelform, dasvon der Peitsche ge­trieben und in drehender Bewegung gehalten wird, an­derwärts Kreisel genannt. Wenn der Dopsch tanzen sollte, dann musste erãngemacht werden. Es gab ver­schiedene Techniken, den Dopsch anzumachen: aus’m Loch, aus de Hand und met de Beidsch. Man trieb den in einem Loch oder einer Pflasterritze steckenden Dopsch durch die Peitsche an, oder man gab ihm den Dreheffekt mit den Fingern beider Hände durch Andrehen des obe­ren Randes; eleganter und wesentlich schwieriger war, ihn mit sei­ner Spitze durch einen Fingerschnalz drehend aufs Pflaster zu werfen. Auch die Peitschenschnur, kurz um den Dopsch gewickelt und rasch gezogen, konnte bei guter Übung die Drehung bewirken. Zugehöriges Verb: dopsche; vgl. Brummdopsch. Wann sich ebbes uff-em Dopsch drehe kann, dann hat es einen Wendekreis von Null.

Dorchmascheer

die, Pl. Dorchmascheern, o kurz und betont, früher übliche Ehrenpforte bei Festzügen, durch die alle dorchmascheern mussten.

dorchriesele

dorchgerieselt, o kurz und betont, weinbaufachlich für das Niederfallen der Rebblüten bei ungün­stigem Wetter. Ahd. risan: abfallen, stürzen; mhd. risel: Niederschlag.

Dorenzele

die, nur Pl., alter Uzname der Ranseler, weil in der Umgebung des Dorfs, wahrscheinlich als Allmende, also der Allgemeinheit zugänglich, besondere Birnbäume mit ziemlich herben Birnen standen, eben die Dorenzeln.

Dormel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o beton­t,

1. gew. für dummer, verschlafener Mensch, weibl. Form Dormeldier. Miggedormel ist Beschimpfung für einen sehr leichtgewichtigen Dummkopf.

2. allg. für Schwin­delgefühl nach Drehungen im Kreis, leichter Schlaf, im erste Dormel. Am ehesten von Taumel herzuleiten, ahd. tumon, mhd. tumen: sich drehen, vielleicht aber auch mit lat. dormire bzw. frz. dormir: schlafen in Verbindung zu bringen, vgl. Hormel.

dormelich

Adj., kurze Vokale, o beton­t, gew. für taumelig, schwindlig. Schloofdormelich: schlaftrunken. Dumm un dormelich ist feststehende Wendung für völlig, bis zum Umfallen. Ich hon mich dumm un dormelich geschafft.

dorzele

gedorzelt, kurze Vokale, o betont, allg. für taumeln, dem borzele (s.d.) nachgebildet.

Dotz

der, Pl. Detz, kurze Vokale, allg. für Beule am Kopf, Kloß, Klumpen; auch scherzhaft für kleine Menschen, insbes. Kinder.

dotze

gedotzt, kurze Vokale, o beton­t, allg. für aufprallen, zurückpral­len. Aber auch transitiv ‚aufprallen lassen’, zum Beispiel ich hab de Balle gedotzd. Loss’ dotze: Gib’s verloren. Man spielt mit kleinen Kindern ham­mele, hammele Dotz, indem man unterdiesem Ausspruch die Stir­nen leicht an einander stößt. Das kann auch mit dem Ausruf Dotzhämmelche geschehen; zusammenhängend damit Dotzkebbche. Eier dotze: die Härte der Ostereier durch Stoßen erproben (fränkisch: pecken). Man kann auch die Trepp enunner dotze. Mhd. doz: Schall, Geräusch gibt die Verbindung zum Zusammenprall.

Dotzemer Halblange

die, nur Pl., gew. für unproportionierte Hosen; entweder zu kurz gewordene, ‚verwachsene’, deren Beine ‚Hochwasser’ haben, oder knielange, die ‚auf Zuwachs’ gekauft sind und ‚in der Gegend herumhängen’; ihren gewohnheitsmäßigen Gebrauch rechnen die Rheingauer freundlicherweise den östlichen Nachbarn zu.

Dotzert

der, Pl. gleich, auch Dotzerdche, kurze Vokale, o beton­t, in der Kindersprache für ganz kleinen, festen Gummi- oder Kunststoffball mit der Eigenschaft, be­sonders gut dotze zu können.

Dotzkligger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o beton­t, gew. für Kligger (s.d.), die durch ihr Material die Eigenschaft haben, zu dotze: nach dem Aufwurf zurückzuprallen. Auch als Bildwort gebräuchlich für Glotzaugen, große Augen; Dotzkligger sind große Kugeln.

Drachoner

der, Pl. gleich, o lang und betont, für strammes, derbes Weib, Mann­weib. Wasser­stãã-drachoner ist eine Frau, die zu Hause das Kom­mando führt. Ursprung mag der Kavalleriesoldat Dragoner sein, eher aber das Wort Drache, das in ähnlichem Sinn wie Dracho­ner angewandt wird; frz. dragon: Drache.

Drallje

die, nur Pl., a kurz und betont, gew. für Git­terwerk, Gefängnisgitter. Hinner die Drallje komme: ins Gefängnis kom­men. In der Pfalz gibt es den Ausdruck Drallje-Wert: Gitter-Wirt als Bildwort für Arrestverwal­ter. Das Wort ist auch Fachausdruck der Garten­kunst. Es kommt von lat. tralia bzw. frz. treillage: Git­terwerk.

Dreck-aasch

der, Pl. Dreck-ärsch, kurzes e betont, derbes Schimpfwort für körperlich oder cha­rakterlich schmutzigen Menschen.

Dreckbanggert

der, Pl. Dreckbanggerd(e), auch Drecksbanggert, kurze Vokale, erstes e betont, derbes, aber nicht grob beleidigendes Schimpfwort, vgl. Banggert.

Dreckbauer

der, Pl. Dreckbauern, kurze Vokale, e beton­t, früher allg. für Mann der Müllabfuhr, verächtlich ge­braucht, hat aber geschichtlichen Hintergrund: Die Bauern, die für ihre Landwirtschaft den Inhalt der Abort­gruben ausnutzen wollten, mussten sich als Gegenleistung für sol­che Bezugsrechte zum Abfahren des Mülls verpflichten.

Dreckbeele

die, Pl. gleich, erstes e kurz und beton­t, gew. Schimpfwort für schmut­ziges Kind, schmutzige Frau, vgl. Beele.

Dreckbiddel

der, Pl. gleich, auch Drecksbiddel, kurze Vokale, erstes e beton­t, allg. Schimpf­wort; vgl. Biddel. Wird nicht als verletzend oder beleidigend aufgefasst.

Dreckdeibel

der, Pl. gleich, erstes e kurz und beton­t, allg. Schimpfwort für körperlich oder cha­rakterlich schmutzigen Menschen; schrspr. Dreckteufel.

Dreckkasdefuscheler

s. fuschele.

Dreckmensch

das, Pl. Dreckmenscher, auch Drecksmensch, kurze e, erstes betont, für bös­ar­tige, niederträchtige Frau. Vgl. Mensch.

Dreckpänz

die, nur Pl., auch Drecks-pänz, kurze Vokale, e betont, Schimpfwort für unartige, lärmende Kinder; vgl. Balch, Panz.

Dreckpeere

der, Pl. gleich, auch Drecks-peere, erstes e kurz und betont, gew. für Dreckskerl. Der zweite Wortbestandteil ist Dialektform von Peter und wird in Zusammensetzungen häufig für Kerl gebraucht.

Drecksack

der, Pl. Dreckseck, gew. Schimpfwort für körperlich oder cha­rakterlich schmut­zigen Menschen; gelegentlich noch gesteigert durch den Zusatz dreggischer.

Dreckwibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, gew. für körperlich oder charakterlich unsauberen Menschen. Eigentlich Mistkäfer; mhd. wibel, schrspr. Wiebel: Käfer.

dredsche

gedredscht, kurze Vokale, allg. für stark regnen. Ohne Schutz wird man dredsch­nass; vgl. batschnass.

Drehpeere

der, Pl. gleich, erstes e und betont, gew. für umständlicher, langsam arbeitender Mensch; der kimmt noch am Jingsde Daach se speed; vgl. Dreckpeere.

Dreiboord

der, Pl. Dreiboorde, ei betont, in der Schiffersprache für flache Ruderboote aus drei Brettern; mhd. dribort: schmaler, aus drei Brettern gefügter Na­chen.

Dreimännerwei

der, kein Pl., letzte Silbe nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., abfällig für ein Getränk, das das Gegenteil von süffig darstellt. Nach dem Volksmund braucht man zum Trinken drei Männer: Außer dem Trinker einen, der ihn festhält und einen, der ihm den Wein einflößt. Wird boshaft von der Traminertraube abgeleitet; vgl. Apostelwein.

drein

ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., gew. für drinnen, hinein.

Dreizeh’

wenn es die schlägt, dann ist etwas oder jemand zu weit gegangen: Allewei schleet’s abber dreizeh’!

dribbele

gedribbelt, kurze Vokale, i betont, allg. für tröpfeln. Dribbeldincher ist Spottname für Tüncher.

druddele

gedruddelt, kurze Vokale, u betont, gew. für kleckern.

Drudsch

die, Pl. Drudsche, auch Drudschel, Drudschele, u kurz und betont, verächtlich für unbeholfene, dicke Frau. In der Pfalz in den Bedeutungen kleine Wagenla­dung, Wägelchen, kleines Frauen­zimmer.

druffjoche

druffgejocht, kurze Vokale, u betont, gew. für wild drauf- oder dreinschlagen. Ei der hot jo druffgejocht wie uff ald Eise.

Druggebreedche

das, Pl. Druggebreedcher, auch Druggebrot, u kurz und betont, gew. für trockener, humor­loser, gemüts­karger oder geiziger Mensch, alte Jungfer; also alle, denen man unterstellt, dess-se in de Keller geje for se lache.

Druse

die, nur Pl., u lang und betont, allg. in den Weinbaugebie­ten für Weinhefe, Bodensatz. Das Wort wird auch schrspr. benutzt. Mhd. drusen: Bodensatz. Man kann die Drusen in den Weinberg bringen oder zu Hefeschnaps brennen; vgl. Geiz.

Drusewei

der, Pl. gleich, u lang und betont, ei nach oi gefärbt und durch nicht gesprochenes n nas., allg. in den Weinbaugebieten für Taglöhnerwein. Er wurde einst durch Zusatz von Wasser, Zucker und Weinsteinsäure für die Taglöhner fabriziert, wird aber selbst für den Hausge­brauch der Winzer nicht mehr hergestellt; vgl. Bubbes.

Dubbe

der, Pl. gleich, u kurz und betont, schrspr. Tupfen, allg. in dem Ausdruck en Dubbe krieje: einen Dämpfer bekommen, bzw. en Dubbe habbe: im Kopf nicht ganz klar sein.

Dubbee

das, ohne Pl., u kurz und betont, gew. für Kopf. Ich haa der uff’s Dubbee. Frz. toupet, nach dem sich das Wort gebildet hat, kann Haar-Büschel,Schopf, Stirn­haar, Tolle und übertragen Dreistigkeit bedeuten. Wie bereits im Französischen der Teil für das Ganze treten kann, so geschieht das bei Dub­bee: aus Schopf wird Kopf. Freilich wird auch das schrspr. Toupet, Haarteil, frz. faux toupet: falscher Schopf, hier so ausgesprochen, dann auch mit Pl.: die Dubbees.

Dubbes

der, kein Pl., u kurz und beton­t, familiär für harmlose Unter­schlagung. Die Frau, die ihr Haushaltsgeld für eigene Zwecke mit verwendet, macht Dub­bes, ebenso das Kind, das nach einer Besorgung das Restgeld nicht abliefert, Dubbespenning. Was sich aus Dub­bes angesammelt hat, is Dubbesgeld, also des, was nebehie geleet werd. Wird der Fami­lienvater mit einem Geschenk über­rascht und fragt nach den Kosten, dann kann das Geständnis kommen: Des hab ich vum Dubbesgeld kaaft. Mhd. dübe: gestohlene Sache; aber auch frz. duper: betrügen, täuschen, könnte dem Wort zu­grunde liegen; vgl. bedubbe.

duddele

geduddelt, kurze Vokale, u beton­t, gew. für leiern, am Rad drehen, ein Glas nach dem andern trinken. Beduddele: betrinken, duddelig: betrunken; vgl. besoffe.

Duddeltee

der, ohne Pl., kurze Vokale, u beton­t, familiär, nicht sehr häufig, für schlaffördernder Tee, meist Fencheltee, ein Hausmittel für Säuglinge.

duddswidd

adv., kurze Vokale, u betont, gew. für schnell. Mach des emol duddswidd ferdich; jetz kimmste abber dudds­widd! oder anfeuernd duddswidd, duddswidd, trawalljee! Die frz. Ausgangswörter ‚tout de suite’: sofort, und travailler: arbeiten sind leicht zu erken­nen.

du-e

gedãã, im Perfekt a betont und durch ungesprochenes n nas., wie schrspr. tun, aber hier besonders gebräuchlich als Hilfsverb in Zusammensetzungen wie ãndu-e (s.d.), drãndu-e, hĩedu-e, fortdu-e und als gew. Zusatz bei Verben aller Art: Wann ich haamkumm, dann gehn ich erst-emol in de Keller un du mer was ze dringge hole oder besser (beim Soßen-Andicken): des is, wo mer Budder dezudu-e duht.

Duft

der, kein Pl., u kurz, in den gew. Ausdrücken de Duft krieje oder habbe für Unglück, Vernichtung, Tod, Krankheit bei Mensch, Tier und Pflanze. In unserer Weingegend ist Duft außerdem Nebel, Erd­dunst, Rauhreif, hat also nicht die Be­deutung Geruch. Schrspr. Duft: Geruch entstammt einer Wurzel, die ursprünglich mehr die Be­deutung rauchen als riechen hat.

Duhl

die, die Duhle, allg. für Unterführung. Manch liederliches Frauenzimmer mochte sich dort herumtreiben und Duhlewutz genannt werden. Ahd. dola: Röhre, Rinne; vgl. Dohl.

dumm

Adj., ist natürlich kein Dialektwort. Es gibt aber etliche regionaltypische Beschreibungen, wie dumm einer sein kann: Der is so dumm, dess-er brummt; Der is so dumm, dess-en die Gens beiße; Der is ze dumm for en Aamer Wasser umsetrede; Wann Dummheit weh deet, misst der de ganze Daach kreische; Wann der so lang wär wie er dumm is, kennd-er aus-em (Kerche-) Dachkennel saufe und schließlich Dumm geborn, infellich geschoggelt, nix dezugelernt un aach des noch vegesse.

dumm Dibbe, dumm Dier

zweites Wort jeweils betont, gutmütige Beschimpfungen, bei denen es weniger auf die Wortbedeutung als auf den skandie­renden Charakter des verächtlichen Ausrufs ankommt; vgl. doll Dibbe.

Dummbabbeler

s. babbele.

Dummbach

der, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, gew. für Dummkopf. Wieder eine Wendung aus Niebergalls Datterich. Ich bin doch nit vun Dummbach: Ich bindoch nicht blöd. Wie vielfach wird eine Eigenschaft zum Taufpaten für einen angenomme­nen Ort. Minderwertige Gegenstände, die nichts taugen, sind dumm­bachen.

Dummbrebeler

s. brebele.

Dummeschul

die, Pl. Dummeschule, erstes u kurz und betont, zweites gelängt, gew. für Hilfsschule, geprägt zu Zeiten, in denen es auf ‚political correctness’ noch nicht so ankam. Auch spöttisch Brettergymnasium.

dungge

gedunkt, kurze Vokale, u betont, allg. für tunken, tauchen, eintauchen; insbe­sondere Kuchen eintauchen, je­manden mit dem Kopf unter Wasser bringen. Das Dungge beim Schwim­men ist ein viel geübtes Bubenspiel.

Dunggedibbche

das, Pl. Dunggedibbcher, kurze Vokale, u betont, Weihwasserbehälter in Kirchen und manchmal noch in Haushalten, in die man die Finger dunkt.

Dungges

der, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für nicht mehr ganz frischen Kuchen, den man zum besseren Genuss gegen die gute Sitte dunggt. Bringt man Kerbekuche mit nach Hause, dann wird er, weil über einen Tag alt geworden, zum Dungges. So heißt aber auch ein Gericht aus kleingeschnittenem frischem Schweinebauch, der mit viel Zwiebeln ausgebraten in der Pfanne auf den Tisch kam, in die dann alle ihre zuvor geschälten Kwellmänner dungge dorfde; ferner angemachter Quark oder eine dicke Soße, in die man Brot dunkt, bis alles uffgedunkt is.

Dunnerkeil

der, kein Pl., u kurz und betont, gew. für Teufelsbraten, Schlitzohr, bösartige Person, die einen ärgert, auch Kind. Dunnerkeils-Oos vgl. Oos.

Dunsel

die, Pl. Dunsele, u kurz und beton­t, allg. für eingebildetes, auffallend gekleidetes Frauenzimmer, aufgeblasene Person. Ein Frauenzimmer, das angibt, wird verächtlich e dumm Dunsel genannt. Lat. dominicella: kleine Herrin, ital. donzella, frz. donzelle, engl. damsel. Nähdunsel für Nähmädchen ist nicht mehr gebräuchlich.

Dunseldeinche

das, Pl. Dunseldeincher, u kurz und betont, ei durch nicht gesprochenes n nasaliert, familiär für verwöhntes, weinerliches Kind. Die Verbindung mit -deinche auch in Ammedeinche, s.d.

dusman

Adv., u kurz und betont, a durch ungesprochenes n nasaliert, allg., im Gebrauch schwindend, für langsam, auch leise. Mach emol e bissje dusman: Mach halblang. Frz. doucement: sachte, leise, behutsam.

Dusseldier

das, Pl. Dusseldiern, u kurz und betont, weibliche Form des ugs. Dussel; Adj. dusselich.

dussele

gedusselt, kurze Vokale, u betont, gew. für leicht schlafen, oft in der Form indussele: vorübergehend einschlafen.

Dutzel

der, Pl. gleich, u kurz und betont, allg. für kleiner Haarkno­ten, Bestandteil einer altmodischen Frauenfrisur. Auch hier wirkt die Urbe­deutung von Tüte.

Duudschlä-er

die, nur Pl., Spottname für die Kiedricher, weil dort niemand dood geschlãã wird sondern eben duud; vgl. Priamel.

Zum Seitenanfang

E

Ebbelbuff

der, kein Pl., kurze Vokale, er­stes e betont, Scherzbezeichnung für Ap­felmost, wohl wegen der bekannten Wirkung: Ebbelbuff macht die Hose uff. Buff von frz. buver: trinken.

Ebbelkrotze

der, Pl. gleich, kurze Vokale, er­stes e betont, ge­w. für Kerngehäuse des Apfels, Grieb; vgl. Krotze.

Ebbelränzje

das, Pl. Ebbelränzjer, kurze Vokale, er­stes e betont, allg. für Apfeltasche; familiär auch Bauch bei Kindern. Do werst-de jo zum Ebbelränzje: hier musst du warten, bis du schwarz wirst.

ebbes

unbestimmtes Fürwort, kurze e, er­stes betont, allg. für etwas; ebbes is besser wie nix. Ebbes doher mache: Aufhebens machen. Ebbes for die Hebbes, was die Gaas nit frisst: Antwort auf eine als lästig empfundene Frage, etwa von Kindern, was es zum Essen gibt. Jidd. epess in gleicher Bedeutung.

ebe

erstes e gelängt und betont, allg. für eben, jetzt. Vor allem Ebe langt’s!: Jetzt reicht’s aber!  Ich such’ schon widder mein Stibbel, ebe war-er doch noch do.

ebei, ebei!

e kurz, ei betont, allg. für herbei; Sammelruf, z.B. bei Alarm oder Kinderspielen.

Eddascheer

die, Pl. Eddascheern, langes e betont, zurückgehend im Ge­brauch für Gestell, Regal, Bücherbrett. Eine Eddascheer war Ende des 19. Jahrhunderts modisches Möbelstück und Bestandteil der Wohnzimmereinrichtung; frz. étagère. Ein klei­nes Regal is en Eddascheersche. So vornehme Sachen wie das drei­stöckige Geschirrstück, das heute noch so genannt wird, waren im Rheingau nicht weit genug verbreitet, um den Dialekt zu prägen.

Eebern

die, nur Pl., allg. für Erdbeeren. Eebern ausgrase: Unkraut aus dem Erdbeerfeld entfernen. Und weil Erdbeeren auch sonst so viel Arbeit machen, gilt der Grundsatz E Fraa brauch vier Kinner un zwaa Morje Eebern (½ ha), for dess-se nit uff dumme Gedangge kimmt. En Eebernkarrnche war ein kleiner, zweirädriger Handkarren, auf dem die geernteten Erdbeeren vom Feld nach Hause gefahren wurden, soweit sie nicht im Korb auf dem Ditzel (s.d.) getragen wurden.

eebsch

Adj., ge­wöhnlich für schlecht gelaunt, ungeschickt, verkehrt. Auch in der Bedeutung links: eebsch erum. Ah­d. abuh bzw. ibuks, mhd. ebich, schrspr. äbich: abgewandt, verkehrt. Bei uns heißt das linksrheini­sche Ufer folgerichtig die eebsch Seit. Umgekehrt nehmen sich die Kölner heraus, das rechtsrheinische Ufer Schääl Sick zu nennen; vgl. scheel.

Eeh

die, Pl. Eeje, allg. für Egge; als Verb eeje, ge-eet. Wann aaner die Eeh gebroche hot, is des noch lang kaan Verstoß geje’s sechsde Gebott!

Eelche

das, kein Pl., Anlaut-e lang und betont, nur in dem Ausdruck e Weĩ’che wie e Eelche. Der Wein wird zu seinem Lob mit ei­nem guten Öl verglichen, wenn er infolge seines Extraktgehalts Glyzerin bildet, das am Glas über dem Flüssigkeits­spiegel ölige Schlieren in Form von Kirchen­fenstern zeichnet.

Eelefunsel

die, Pl. Eelefunsele, Anlaut-e lang und betont, allg. in der Zeit vor Einführung der Gas- und später der elektrischen Beleuchtung für die schlecht bren­nenden Öl- bzw. Petroleum­lampen zu Hause und auf den Straßen; vgl. Tranfunsel.

Eeme

die, kein Pl., Anlaut-e lang und betont, ge­w. für Furcht. Eeme habbe: fürchten, sich nichts zutrauen, Respekt haben. Verb: eeme, geehmt; jidd. emo: Angst.

Eepsch

der, kein Pl., allg. für Efeu, ahd. ebah. Eine alte Bau­ernregel sagt, dass er die Ertragsaus­sichten der Winzer für den Herbst anzeigt, je nachdem, wie viel Beeren er trägt

Eeschtreicher

die, nur Pl., langes e betont, frühere Bezeichnung der Rebsorte Silvaner, die aus Österreich stammt. Gespräch vor der Weinlese: Wie werd de Herbscht? – Die Eescht­reicher sein faul un die Preise schleecht (Wortspiel mit Österreichern und Preußen).

Eff

die, Pl. Effe, selten für Ulme, Rüster. Besonders in Rheinhessen (die Schermsemer Eff) für die alten, mächtigen Dorfplatz-Ulmen, wie sie sich hier und da erhalten haben. Im 16. Jh. hatte auch Rüdesheim so einen stattlichen Baum, der im Hengrahts- (Haingerichts-) Buch als Yff (Ulmus campestris, Feldulme) erwähnt wird und hin und wieder Stürmen zum Opfer fiel.

egal

adv. Ergänzung, a gelängt und betont, allg. für 1. gleich­gültig, Steigerung: worschd­egal;
2. eben, plan, bündig; Des Plasder is un­egal. Das weit verbreitete Wort wird bei uns besonders gern benutzt. Waaßt-de, was egal is? Egal is, ob de in Pforzem erumdotzt oder in Dotzem erumforzt; lat. equalis: gleich.

Eggebrunzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, vulgäres Schimpfwort mit der Unter­stellung, der Beschimpfte sei so ordinär, seine Notdurft in jede beliebige Ecke zu verrichten.

eggegugge

um die Eck geguggt, kurze Vokale, erstes e betont, Fachausdruck bei dem Kin­der­­­spiel Versteckelches für um die Ecke spionieren. Egge­gugge gilt nit. Auch Eggeglotze.

Eggestejer

der, Pl. gleich, erstes e kurz und betont. Während der Eckensteher Nante aus Berlin ein Solokommentator aller mög­lichen Begebenheiten war, sind die Eggestejer bei uns an bestimmten Ecken jedes Orts tagsü­ber und bis spät in die Nacht zu finden gewesen. Ein personell ziemlich gleich­ bleibender Stehkonvent mit oft die Nacht­ruhe störendem Dauer­geschwätz von Leuten, die nicht gerade im Ruf stan­den, übertrieben fleißig zu sein. Vgl. Rhei-adel, Rhei-Schnooge.

Ehm

der, veraltend für Onkel. Entstanden aus Oheim, Ohm; vgl. Pedder.

ehnder

Umstandswort, erstes e lang und betont, gewöhnlich für eher, früher. Ehn­der werd e Fass voll als wie dei Gorjel! – Ehnder wie nit ist eine Wahrscheinlichkeitseinschätzung: eher ja als nein.

ehretweje

auch ehrethalwer, Umstands­wort, erstes e lang und betont, gew. für: um der Ehre willen; vgl. schannewee.

ei

Ausruf, allg. im Deutschen bei Überraschung, Mahnung, Staunen. Im Rheingauer Dialekt ist die häufige Anwendung als Auftakt zu fast jedem Satz kennzeichnend:

1. Ei do gehn Se erst grad-aus, dann rechts-erum; ei ich hab gedenkt; ei gugge-Se-mo; ei horch-emo;

2. Gruß, Aussprache oft gelängt, wie Aaj, und ergänzt zu Ei gude, wie, wo machst-de’n hie: Guten Tag, wie geht’s, wo geht’s hin, vgl. Gude; Antwort: Wieh duht mer nix, abber krääsche könnt’ ich: Es tut mir nichts weh, aber es ist zum Schreien;

3. in der Verbindung ei-jo in gedehnter Aussprache: zögerliche Zustimmung, wenn aber beherzt geäußert: nachdrückliche Bejahung. Eine solche kann man auch äußern mit ei, was dann!: was denn sonst, oder mit des glaabe Leit, was soviel heißt wie ‚darauf kannst du Gift nehmen’. Bei großer Verwunderung heißt es auch eijeijei (s.d.).

Ei

das, Pl. Eier, aus physiologischen Gründen meist in der Mehrzahl, derb für Hoden. Diese Form-Metapher ist keine Rheingauer Erfindung; lat. testa kann Eierschale bedeuten, die Verkleinerungsform testiculum ist der Hoden. Auch die Russen benutzen insoweit die Verkleinerungsform. Hühnereier sind Aajer, vgl. Aaj.

Eibche

das, Pl. Eibcher, ei beton­t, gew. für traniges Mäd­chen, geistig trägen Menschen.

eich

Personalpronomen, allg. sowohl für ich als auch für euch. In beiden Fällen kommt örtlich Färbung des Diphthongs nach ää vor. Wenn der Satzbeginn ei mit ich zusammentrifft, wird auch eich draus.

Eier kibbe

gekippt, ei betont, Aussprache eher wie Aajer, aus dem Gebrauch gekommen, früher allg. für ein Kinderspiel zur Osterzeit. Jeweils zwei Kinder probieren, wer das härteste Ei besitzt. Man stößt die Eier mit den Spitzen zusammen. Der Besit­zer des Eis, das sich als härter erweist, erhält das zersprungene. Ein Ei, das gut Widerstand leistet, ist ein Tukei. Betrug, etwa mit bemalten Gipseiern, war streng verpönt.

eier, eiern, eiersch

besitzanzeigende Fürwörter: eier Meedche, eiern Bub, eier Kinner; des Karrnche do is eiersch; vgl. unser.

Eierbisch

s. Aajerbisch.

Eijeiche

s. Eujeuche.

eijeijei

Ausruf, gleichmäßig betont, leicht nas., allg. Ausdruck des Bedauerns oder der Verwunderung. Anekdote aus dem Gerichtssaal, Klage wegen Körper­verletzung;der Richter fragt den Zeugen: Was haben Sie denn gedacht, als der Beklagte auf den Kläger losging? –Was ich gedenkt hab? Ei, ich hab gedenkt: eijeijei. Bei den Mainzer Fassenachtssitzungen werden besondere Pointen mit dem Singsang ui-juijui-juijui-juijui, au-auau-auau kommentiert. Scherzhafter Kommentar, wenn jemand eijeijei sagt: … un noch en Ei gibt en Pannekuche. Vgl. Oarj.

Einfalt

die, kein Pl., ei nach oi gefärbt, betont und durch ungesprochenes n nas., bei uns als Bezeichnung einer einfältigen Person, besonders in tadelnder Anrede: Du Einfalt!

Eingeplackte

s. Ingeplackte.

Eiser

der, Pl. gleich, ei betont, außer Gebrauch gekommen, seit man die Herstellung von künstlichem Eis be­herrscht. Vorher war Eiser die allge­meine Bezeichnung eines Saisonbe­rufs, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, das Eis von Weihern oder aus dem Rhein zu stückeln, an Land zu ziehen und in die Eiskeller oder zu den Abnehmern, wie Metzgern und Schankwirt­schaften, zu transportieren; vgl. Färcher, Scheich.

ejerschd

erstes e betont, gewöhnlich für ehest, äußerst, höchstens. Der geht ejerschd ibber­morje fort: im äu­ßersten Fall geht der übermorgen weg.

Elwedridsch

die, Pl. Elwedridsche, erstes e kurz und betont, schwindend im Gebrauch für sagen­haftes Wesen, Tier, das man zur Nacht­zeit mit Sack und Licht fangen kann; übertragen: ungeschickte Person, al­berner Mensch, den man zum Fangen solcher Chimären los­­schicken kann; vgl. Rasselbock. Die rheinhessischen Ortsnamen Ilbesheim, Uelversheim sowie in Oberhessen Ilbeshausen haben den ersten Wortbe­standteil Ilb, der Alb und Elfe entspricht, -dridsch entspricht Trude, Drud: das Gespenst, das Albdrücken erzeugt.

embern

geembert, erstes e kurz und betont, allg. für: sa­gen, mitteilen, äußern, auch widersprechen. Er hot nix / sich nit geemberd. Vielleicht von frz. impartir: mitteilen, könnte aber auch zu empören gehören.

emo

s. mo.

Ems

die, Pl. Emse, allg. für Ameisen; daher auch das Wort emsig; vgl. Oomuzze.

en Enn

zweites e betont, allg. für ein bisschen; schrspr. ein Endchen.

enãã

a lang, betont und wegen Wegfalls des n nas., gew. für wiederholte und endgültige Verneinung.

enaus, eraus

Umstandsworte, au betont, auch enauszus, erauszus, allg. für hinaus, heraus. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung. Do-enauszus gew. für ungefähr, darauf geht es hinaus; vgl. ewegg.

ene dene dorz

de Deibel lässt en ... Drache steije, die Kordel war zu korz. Kinder­abzählvers, von Carl Zuckmayer im Fröhlichen Weinberg überliefert.

enibber, eribber

Umstandsworte, i betont, auch enibberzus, eribberzus, allg. für hinüber, herüber. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung; vgl. ewegg.

eninn, erinn

Umstandsworte, i betont, auch eninnzus, erinnzus, allg. für hinein, herein. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung; vgl. ewegg.

enuff(er) eruff(er)

Umstandsworte, u betont, auch enuff(er)zus, eruff(er)zus, allg. für hinauf, herauf. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung; vgl. ewegg.

enunner, erunner

Umstandsworte, u tontragend, auch enunnerzus, erunnerzus, allg. für hinunter, herunter. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung; vgl. ewegg.

Erbs

die, kein Pl., gew. für Oberstübchen. In der Re­densart Der (oder die) hot's an de Erbs: Der (oder die) ist nicht ganz klar im Kopf oder bildet sich eine Krankheit nur ein. Erbs ist evtl. die Zirbeldrüse.

Erdal

die, kein Pl., e kurz und betont, allg. für die Erdal-Werke auf der Ingelheimer Aue in Mainz. Die Fabrik, in der inzwischen weit mehr als Schuhcreme hergestellt wird, befand sich zuerst in der nach dem früheren Erzbischof Erthal benannten Straße. Der Fabrikname wurde bewusst aus dem Dialekt genommen,der statt Erthal natürlich Erdal sagt. Vulgärer Witz: Wer is die greest Sau vun Meenz? – De Erdal-Frosch, der hockt uff de Bichs un micht Reklame for’s Wichse.

Erdbeerzingge

der, Pl. gleich, anlautendes e betont, gew. für dicke, großporige, rote Nase; vgl. Kubbertutt.

ere

kurze e, erstes betont, allg. für ihrer, deren, welche. Vielleicht fragen Leute auf dem Weinfest, ob’s hier noch Brezel gibt, und erhalten zur Antwort:Do unne sin-ere, die hon-ere. Am Brezelstand dann die Frage: Krie-m-ere?: Kriegen wir welche?, und wenn sie vorübergehendall-all sind, die Antwort: Es kumm-ere noch: es kommen noch welche. Wenn dann die Menge nicht genügt, wird ermuntert: Dun-ere noch e paar debei.

erinnleje

erinngeleed, auch eninn-, i kurz und betont, allg. für ver­raten, hereinlegen.

erjern

ge-erjert, auch eijern, wie schrspr. für ärgern. Regionaltypisch sind die empfohlenen Reaktionen, wann aan aaner erjern will:An-eme roschdiche Kessel reibt mer sich nit oder Eme beese Hund gibt mer zwaa Stigger Worschd (statt eins). Außerdem gilt: Eh ich mich erjer, is mer’s lieber egal und Ich erjer mich nit, un wann ich vor Zorn platze!

erleje

erleed, allg. für Zusammenschmieden von Eisenteilen, die bis zur Weißglut erhitzt und dann mit kräftigen Schlägen aneinander geheftet werden; vgl. bumsche. Früher eine häufige Arbeit: Wenn der Kaarscht (s.d.) vom Hacken abgenutzt war, musste er erleed wern, indem zwei neue Spitzen aufgeschmiedet wurden. Schrspr. (auf)erlegen.

err

Adv., oft in der Form Ei bist-de dann err? bedeutet irren, irre gehen, verwirrt sein, aber nicht ernsthaft geistig krank. Wenn einer den Wochentag verwechselt: Ei-ich bin jo ganz err in de Woch.

erum

kurze Vokale, u betont, steht für vorbei; schrspr. herum. Um sibbe war die ganz Sach erum, do war de Kees gesse.

es

sachliches Pronomen, e kurz und stimmlos, meist zu ’s verkürzt, allg. für das. Es Schibbche, es Meedche, ’s Klärche, aber auch für Feminina ohne Verkleinerung wie ’s Rosa, ’s Marrie. Gelängt steht es schlicht für ein weibliches Wesen: Do guck, ees. Außerdem Teil der Umschrei­bung für den Genitiv: ’S Müllers ihrn Schorsch.

esdimiern

esdimiert, langes i der letzten Silbe betont, gehoben für achten, schätzen; von lat. aestimare: schätzen über frz. estimer: achten, wertschätzen.

Eselstreiber

die, nur Pl., alter Uzname für die Assmannshäuser, weil Touristen sich vor dem Bau der Zahnrads- und später der Sesselbahn dort vom Rhein bis zum Jagdschloss Niederwald auf dem Rücken der Grautiere gemütlich hochschaukeln lassen konnten.

Espessje

das, Pl. Espessjer, kurze Vokale, zweites e betont, gehoben und abwertend für leicht­sinniges Mädchen; frz. espèce: Art, Gattung.

Esse

das, Pl. gleich, erstes e betont, allg. für Mahlzeit, Speise: Middach-esse, Obend­-esse und Nachd-esse, wobei Obend- und Nachd-Esse dasselbe sind. Wenn Kinder ihre Mutter nerven, weil sie alsfort fragen Mamaaa, was gibt’s-n zu Esse?, dann gibtes mehrere passende Antworten: Supp, Gemies un Hinggelsfieß; Ingemachde Kellertrebbe; Kald Kich, Dier un Fensder uff; Ingebatzt Kellerdeer: angemachte Kellertür und als Krönung Kaddoffele, Gans un Has, jedenfalls sollen die Kinder das so verstehen, in Wirklichkeit sind es nur Kartoffeln, und zwar ganz und haaß, also heiß; vgl. Kwellmänner. Wenn man um die Mittagszeit jemanden, insbes. Kinder, loswerden will, heißt es Geh haam esse, dei Mudder hot schunt uff-em Kochleffel gepiffe.

Eujeuche

das, Pl. Eũjeũcher, auch Eĩjeĩche, erste Silbe betont, die Diph­thonge nas., familiär für empfindliches Kind, empfindliche weibliche Person. Lautmalerisch für die weinerlichen Klagelaute solcher Personen. Kann auch Wasdannche heißen (Ei, was is dann ...).

eujeujeu

s. eijeijei.

evor

Umstandswort, o gelängt und betont, allg. für hervor.

ewegg

auch ewech, Umstandswort, kurze e, zweites betont, gew. für weg, hinweg. Zusammen mit den anderen richtungweisenden Umstandswörtern enaus, enibber usw. erklärt sich eine Eisenbahn­anekdote. Ein Reisender fragt den Kontrolleur nach dem Zug Richtung Kaub. Da der gleich ab­fährt und auf einem Bahnsteig steht, den man nur durch die Unterführung erreichen kann, lautet die Auskunft: Nix wie enaus, enunner, enibber, enuff un eninn, sunst is er ewegg.

eweggbutze

eweggebutzt, kurze Vokale, zweites e betont, gew. für: bis zum letzten Rest aufessen, heim­lich wegnehmen.

Ewwerschem

kurze e, erstes betont, Dialektwort für den Vorort Mainz-Ebersheim.

expree

Adverb, langes e betont, gehoben für ausdrücklich, willent­lich, mit beson­derer Absicht; frz. exprès: ausdrück­lich.

Zum Seitenanfang

F

Faaz

die, Pl. Faaze, gew. für Kindertrompete, Fast­nachts­trom­pete, Flöte aus Weiden­rinde, die einen langen Quietschton gibt. Auch Gummiblasen mit ähnli­chem Toneffekt werden so genannt. Geräts, gibts e Peif, verderbts, gibts e Faaz: Es wird schon nicht ganz fehlschlagen. Ausgangswort mh­d. farzen, umlautend ferzen, dazu mhd. vurz, aus lautmalender id­g. Wur­zel.

fachiern

fachierd, langes i betont, allg. für fuchteln, met Hend un Fieß in de Luft erum. Lat. vagari: umherschweifen.

Faddem

der, Pl. Feddem, erste Silbe betont, gew. für Faden. Zum Endungs-m vgl. Besem, Borrem. Ahd. fadam, mhd. fadem: Faden, Schnur. Ursprünglich Maßeinheit derausgebreiteten Arme (6 Fuß), später auf das Gemessene übertragen. Verben: abfäddeme für das Entfernen der seitlichen Fäden an Bohnen; uff-fäddeme ist das Auffädeln z.B. von Perlen.

falliern

falliert, langes i betont, allg. für Konkurs machen, misslingen, verenden (von Tieren). Frz. faillir in gleicher Bedeutung; vgl. um.

falsch

adv., 1. allg. für zornig. Wann de so ebbes doher reddst, do wern ich abber ganz falsch;

2. Außerdem kammer ebbes in de falsche Hals krieje, dann nimmt man etwas übel, was ein anderer (angeblich) nicht so gemeint hat, oder man hat sich verschluckt.

Fäng

die, nur Pl., kurzes ä, gew. für Schläge. Wer Schlee bezieht oder fängt, krieht sei Fäng.

Färcher

der, Pl. gleich, kurzes ä betont, historisch für die Fährschiffer, wie sie allenthalben Personen und Waren eribber un enibber, also quer über den Rhein beförderten; deswegen konnten sie auch Zwerchfärcher heißen. Sandfärcher baggerten, transportierten und verkauften Rheinsand und -Kies; vgl. Eiser, Scheich.

Fass

das, Pl. Fässer, kein Dialektwort, aber Gegenstand fachlicher Tätigkeiten. E Fass werd uffgesetzt oder uffgeschlãã, indem der Küfer die Dauben aufstellt, um sie zu binden; deshalb heißen die Küfer auch Fassbinder oder -bender. E Fass werd ausgebrennt, indem der Kellermeister einen glimmenden Schwefelspan durchs Spundloch hineinhängt, damit das leere Fass sauber bleibt; vgl. schwengge, weigrie.

Fassberscht

die, Pl. Fassberschde, kellerfachlich eine an den Enden mit längeren, schrägen Borsten versehene und zum Reinigen von Fässer, Bidde, Brengge (vgl. Bitt, Brenk) und sonstigem Kellergerät geeignete Bürste.

Fassenachder

der, Pl. gleich, erstes a kurz und betont, sind alle die an Fast­nacht aktiv sind, sei es mit Masken, im Zug oder auf Veranstaltungen. Die Bezeichnung gilt ganzjährig.

Fassenacht

die, Pl. Fassenachde, erstes a kurz und betont, allg. für Fastnacht, Karneval in der hiesigen Ausprägung dieses Festes. Fasching wäre hier ein ganz unmöglicher Aus­druck. Ich hon sovill ze du-e wie die Pann an Fassenacht: Ich bin so beschäftigt wie der Topf zum Krebbelbagge, eine Klage, die Frau Aja Goethe zugeschrieben wird, der Ehefrau des kaiserlichen Rats Johann Caspar Goethe und Mutter des berühmten Dichters. Mhd. vastnaht, vasenaht: Vorabend der Fastenzeit.

Fassenachtsgesicht

das, Pl. Fassenachtsgesichder, erstes a kurz und betont, all­g. für Mas­ke, Gesichtslarve.

Fatze

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Fetzen, großes Stück.

Fedder

die, Pl. Feddern, kurze e, erstes betont, wie schrspr. für Feder; regional in dem Spruch Wann ich dem sei Geld hätt, kennt ich aach e Fedder in die Luft bloose.

Fedderweise

der, kein Pl., erstes e kurz und betont, allg. für durch Gärungs­kohlensäure-Bläschen weiß wie Federn verfärbten Traubenmost. Wegen seiner Wirkung wird erauch Hoseschisser genannt. Fedder-Rode gibt es so wenig wie rote Federn. Zum Fedderweise basst guud Zwibbelkuche, un noch besser frische Walniss. Abber Obacht: Fedderweise werft! Auf hochdeutsch: die alkoholische Wirkung will ebenso bedacht sein wie die purgierende; vgl. Pitzeler, Rauscher.

Für die Deklination ist wichtig, dass der F. so heißt, weil er weiß ist, nicht weil er weiß macht.

Feierbichs

die, Pl. Feierbichse, ei betont, gew. für wildes, feuriges Mädchen; vgl. Bichs.

Feierbumscher

der, Pl. gleich, ei betont, Spottwort für Schmied, der Mann, der ins Feuer schlägt; vgl. bumsche.

Felseritscher

die, nur Pl., alter Uzname der Geroldsteiner (Gerstãã, heute Ortsteil von Heidenrod), weil sich die Einwohner des Dorfs an den steilen Schieferhängen abmühen mussten, zwischen denen es quasi eingeklemmt ist.

Fermgoodche

das, Pl. Fermgeedcher, erstes e kurz und betont, o lang, allg. für Firm­patin.

Fermpedder

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Firmpate.

fern

Adj., e kurz, allg. für firn. Wein erfährt oft durch lange Fasslagerung, aber auch auf der Flasche einen Geschmacksumschlag, der ihm die Spitze nimmt, ihn milder macht. Viele lieben die­sen Fern-Geschmack, der aber nur bei einem guten, reifen Wein Vorteil bringt. Ein minderer Wein, der seinen Duft und Geschmack abgebaut hat, ist nur fernsich. Mh­d. verne, virne: zeitlich fern bzw. alt; Schweizer firn, fern: vorjährig; schrspr. Firn, Firne: Alt­schnee.

Fernsel

das, Pl. gleich, kurze e, er­stes betont, allg., aber im Ge­brauch zurückgegangen für Frucht­maß. Heute nur noch zu hören als Aus­druck für Kopf, en Kobb wie e Fernsel, das beschreibt, dass man dem Gefühl nach einen Kopf im Volumen dieses alten Hohlmaßes hat. Das Fernsel oder Virnsel war bis zur Vereinheitlichung des Maßwesens für das Deutsche Reich nach 1871 ein allgemeines Fruchtmaß. Ein Malter hatte vier Virnsel, ein Virnsel hatte vier Kümpfe (vgl. Kumbe), ein Kumpf vier Gescheid, ein Ge­scheid hatte vier Mäßchen. Das Mäßchen ist etwa einem halben Liter gleichzusetzen. Diese Maßordnung galt für Schüttgut wie Hülsenfrüchte, Samen, Zwiebeln, Kohlen, Getreide oder Kartoffeln. Mhd. vier(n)zal; vgl. Hollefernes.

fernvoll

Adv., kurze Vokale, e betont, gew. für ‚vom gestern genossenen Alkohol noch be­nebelt’.

Ferz

die, nur Pl., kurzes e, derb für Umstände, dumme Streiche, unbe­gründete Einbildungen. Der hot lauder Ferz im Hern (s.d.). Ferz met Krigge sind Sachen, die nicht funktionieren. Schrspr. Fürze; vgl. Faaz, Reicheleitsferz.

Fickmiehl

die, Pl. Fickmiehle, erstes i kurz und betont, gew. für Zwick­mühle. Zugrunde liegt das Wort ficken in der Be­deutung ‚schnell hin und her bewegen’.

Fingergibb

die, Pl. Fingergibbe, kurze Vokale, er­stes i betont, gew. für Fingerkuppe. Vgl. Gibb.

Fissemadende

die, nur Pl., kurze Vokale, vorletzte Silbe betont, wird immer wieder für den Dialekt rekla­miert, ist auch stark heimisch für ‚Um­stände machen’. Aber nicht nur Fritz Reuters Gedicht über das Wort, son­dern vor allem seine Aufnahme in den Wortschatz von Duden bezeugen seine allgemeine Verbreitung. Nach Kluge sind Fisimatenten Ausflüchte, Winkelzüge; vermutlich Streckform zu frühnhd. fisiment: bedeutungsloser Zierat an Wappen, aus mhd. visieren: die Wappenfiguren ordnen und beschreiben. Etwas weiter hergeholt erscheint die Interpretation, wonach der Ursprung in einer Verballhornung von Begriffen aus der Kanzleisprache der Barockzeit stamme (etwa ‚visae patentes’). Daneben halten sich beharrlich zwei volkstümliche Ableitungen aus dem Französischen. Entweder „Visite ma tente“: Besuche mein Zelt! Mit die­ser Aufforderung sollen französische Besatzungssoldaten die einheimischen Mädchen zu sich eingeladen haben. Oder „Visite ma Tante“: meine Tante besuchen als Ausrede dieser Mädchen, wenn sie der Einladung nachgeben wollten, oder als Ausrede der Soldaten,wenn sie Ausgang haben wollten. Besorgte Mütter pflegten auch noch in jüngerer Zeit ihre allein ausgehenden Töchter davor zu warnen, Fissema­dende zu mache: leichtsinnig mit Männern ãnzubennele (s.d.).

Flaatsche

der, Pl. gleich, a lang und beton­t, gew. für Fladen, Hau­fen von Schlamm oder Kot, so Kuhflaatsche für Rinderkot.

Flabbes

der, Pl. Flabbese, kurze Vokale, a betont, allg. für ungezogener Mensch, Flegel. Flabbe ist die herabhängende Unterlippe; lose Segel flappen im Wind; engl. to flap.

Fladduse

die, nur Pl., u gelängt und betont, gehoben für Schmeichelei. Die Fladduse mache: schmeicheln; von frz. flatter: beschönigen, jemandem schmei­cheln.

flamme

geflammt, a kurz und betont, gew. für herunterhauen, Ohrfeigen austeilen.

flatsche

geflatscht, a kurz und betont, gew. für herunterhauen, Ohrfeigen austeilen; lautmalend.

flatschern

geflatschert, kurze Vokale, a betont, gew. für schwach flattern, kraftlos bewegen. So ein Zischlaut wird gern mal eingebaut; vgl. abflatschern.

Flebb

die, Pl. Flebbe, kurzes e, gew. für Ausweispapier, insbes. Führerschein; aus dem Rot­w. Ausweispapiere aller Art können auch geringschätzig Labbe heißen.

fleeze

gefleezt, e lang und betont, allg. für sich hinlümmeln, sich in ungehöriger Haltung hinsetzen oder hinlegen, sich räkeln; aber auch Abschwemmen von Erde nach Starkregen. Für Anlieger des Flusses, wo der Beruf der Flößer stark vertreten war, ergibt sich eine Bezie­hung zu dem Zeitwort flößen, flözen von mhd. vloetzen: fließen machen, Holz flößen. Man sagt an der Rhein-Main-Ecke fleeze für flößen, und das Stamm­holz wurde, solange die Floßfahrt rheinabwärts noch im Gange war, im Kostheimer Floßhafen bis zum Weiter­transport hiegefleezt.

Flehbutz

der, Pl. Flehbutze, e lang und beton­t, gew. für unsauberes, hässliches Hundevieh, auch übertragen als Schimpfwort für einen unsauberen, abstoßenden Kerl. Kompositum aus Flöhe und Butz; vgl. Butz, Butze.

Flehhaub

die, Pl. Flehhaube, e lang und beton­t, vulgäres Schimpfwort für einen trägen, be­schränkten Menschen, der Flöhe unter seiner Haube duldet.

Flehlabbe

der, Pl. gleich, e lang und beton­t, allg. für

1. Aufnehmerlappen für Ungeziefer, wird auch als Schimpfwort gebraucht;

2. Zunge,

3. Unterlage fürs Knie beim Beten oder Umhüllung der Knie, wenn bei Wall­fahrten das letzte Stück vor oder in der Kirche auf den Knien rutschend zu­rückzulegen war.

Bei der zweiten und dritten Bedeu­tung dürfte das Zeitwort flehen für die Zusammensetzung maßgeblich sein. Die erste Bedeu­tung spricht eine alte Methode an, sich vom Ungeziefer, besonders von Flöhen, zu befreien. Vor Erfindung des Bohner­wachses, Erzfeind der Flöhe, legten die Hausfrauen nasse Lappen über die Dielenritzen der Fußböden, weil dort die Flöhe gerne nisteten. Die Nässe zog die Flöhe an, man konnte sie in den Lappen dann im Feuer oder in heißem Wasser vernichten.

flemmse

geflemmst, auch flemme, kurze e, erstes betont, allg., aber im Gebrauch zurück­gegangen für das Säubern einer Oberfläche durch Abbrennen, z.B. Geflügel nach dem Rupfen, Stoppelfelder nach der Mahd; aber auch bla­ken, schwelen.

Flennes

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes e betont, für Leichenschmaus, do, wo die Haut versoffe werd. Flenne ist ein im Dialekt weit verbreitetes Synonym für weinen. Ahd. flannen: den Mund verziehen; vgl. Bleibes, Schloofes.

Flerr

die, kein Pl., schwindend, ärgerlich für Anfall von Verstörtheit; do kriehste jo grad die Flerr; vielleicht von flirren.

fleude

gefleudt, schwindend im Gebrauch für das ‚Flöten’ der Schiffe, wenn ihr Horn tutet. Mhd. vloite: Flöte.

Flier

der, Pl. gleich, langes i, Sprache der Rheinschiffer für Eisennachen. Evtl. Beziehung zu niederdt. Flieboot: kleines Fischerboot, Beiboot. Flierhooge ist ein Bootshaken.

Flitschel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Flügel. Der Zischlaut ist vielleicht vom Fittich hierher geraten.

flohe

gefloht, o lang und betont, gew. für belästigen, quälen, aus­nutzen, betteln, um (Geld-­) Spenden an­gehen.

Flohpeere

der, kein Pl., o lang und betont, gew. für 1. von Ungeziefer befallener Mann;

2. einen, der sich das Flohen zur Gewohnheit gemacht hat; vgl. Dreckpeere.

Floß

das, die Floße, o lang, allg. für gepflasterte Entwässerungsrinne am Straßenrand oder in der Straßen­mitte. Mhd. floz: Abfluß; vgl. Andau, Dohl.

fobbe

gefoppt, allg. für veräppeln, auf den Arm nehmen; vgl. Priamel und uze.

for Spass

adv., kurzes a betont, allg. für ‚zum Spaß’, als ob. Mer habbe for Spass so gedahn, als wie wann: wir haben so getan als ob.

Forch

die, Pl. Forche, o kurz und betont, allg. für Grenzfurche längs zwischen Grundstücken. Ein wichtiges Merkmal, auf dessen ordnungsgemäßen Bestand neben den Eigen­tümern auch die Behörden besonderes Augenmerk haben. Ebenso besondere Beachtung genoss die Forchzeil nahe am Grundstücksrand. Wehe, wenn die Nachbarn nicht einen gut halbzeiligen Abstand von der Grenze hielten oder es an vorzeigbarer Bearbeitung fehlen ließen. Kriehn mer’n nit uff de Forch, kriehn mer’n in de Gewann: Spruch mit der Bedeutung ‚Wenn’s nicht gleich klappt, klappt’s später’. Vgl. Angewann, Gewann.

fort mache

fort gemacht, kurze Vokale, o beton­t, gew. für weggehen, verreisen, sterben. Ich hab mich fort gemacht: ich bin weg­gegangen. De ald Begger hot sich abber hordich fort gemacht: der alte Bäcker ist überraschend verstorben. Vgl. ab mache, all mache, per mache.

Forzkaschde

der, Pl. selten, kurze Vokale, o betont, derb für Bett.

Forzklobberche

das, Pl. Forzklobbercher, kurze Vokale, erstes o betont, derbes Spottwort für dreiviertellange Jacke, Paletot. Die Zusammensetzung aus Forz: Furz und Klopfer er­klärt sich selbst. Rheinisch: Furzfän­ger. Eine Jacke, die genau über dem Gesäß endet, is en Forzvedaaler (-verteiler) oder auch abgeforzt.

Forzmajor

der, Pl. selten, erstes o kurz und betont, gew. für Angeber.

Fraa

die, Pl. Weiber, auch Weibsleit. In den Dialekten des Rhein-Main-Gebiets und der Pfalz ist das Wort Frau nur im Singular ge­bräuchlich. Der Plural wird meist mit dem Wort Weib gebildet; hin und wieder findet sich auch die Fraaleit: die Frauenleute, so wie die Männer Mannsleit heißen. Des Weiteren ist ‚die Fraa’ die immer noch vielfach gebrauchte Bezeichnung der eigenen Ehefrau, statt ‚mei Fraa’.

Frankedaler Sunn

die, erstes a kurz und nach o gefärbt, u betont: Frankenthaler Sonne. Die Zuckerfabriken von Fran­kenthal in der Pfalz liefern gewissermaßen nachträglich die Sonne für den Most, wenn sie in der Rei­fezeit zu spärlich schien, und er deshalb einer Verbes­serung bedarf. Die Methode wurde 1801 von dem französischen Chemiker Jean-Antoine Chaptal aus Montpellier entwickelt; sie wird deshalb international Chaptalisation genannt.

Fransele

die, nur Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Fransen. Wer sich es Maul franselich babbelt, der redet so viel vergeblich, dass er Fransen an den Mund bekommt. Ein nicht ordentlich besäumter Stoff ist mit der Zeit ausgefranselt.

Fratzereißer

s. Bosse.

Frengges

der, auch Frenggesje, kurze e, erstes betont, gew. für Oberbekleidung bis hin zum Ornat.

Frierhotzel

die, Pl. Frierhotzele, langes i betont, allg. für kälteempfindliche Person(en).

Frippche

das, Pl. Frippcher, i kurz und betont, gew. für Spitzbube, Gauner; fr­z. fripon.

Frucht

die, kein Pl., allg. für Korn, Getreide aller Art. Früchte heißen hier Obst: Obscht.

fuchsich

Adj., kurze Vokale, u betont, 1. fachliche Bezeichnung für den Geschmack von Trauben, die im unreifen Zustand gefroren waren: so unangenehm, wie der Fuchs riecht; 2. allg. für zornig.

Fuddel

der, Pl. Fuddele, auch Fuddelche, kurze Vokale, u betont, gew. für Kleidungs­stück für Frauen und Mädchen, das ins Auge fallen soll, aber nicht viel wert ist; frz. futile: wertlos, leicht­fertig.

fuddele

gefuddeld, kurze Vokale, u betont, gew. für 1. nachlässig arbeiten, auch mogeln; 2. Frauen betatschen. Loss dei babbiche Finger weg, du alder Fuddeler! Frz. futile: wertlos, leicht­fertig.

fuddelig

Adj., kurze Vokale, u betont, gew. für unsauber, unordentlich.

Fuddelstaat

der, ohne Plural, für ärmliche Ausstattung. Beleg bei Friedrich Lennig (1796-1838) in „Jerjels Rückkehr“. Im Karrnche des heimgekehrten Seiltänzers Jerjel findet sich unter anderem wertlosen Zeug aach seiner Fraa ihrn Fuddelstaat, e quittegeel verrisse seide Klaad.

Fuffzeh'

s. korze Fuffzeh’.

Fulder

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für ungehobelter Mensch. Die Verbrei­tung des Wortes deckt sich fast mit den ehemals kurmainzischen Gebieten: Odenwald, Rheingau, Rheinhes­sen und Taunus. Es stammt aus der Zeit, in der aus der Gegend von Fulda, wahrscheinlich aus den armen Gebieten der Rhön, Erntearbeiter in das Rhein-Main-Gebiet kamen. Diese Schnitter und Drescher brachten Sitten mit, die als nicht fein empfunden wurden. Der saift, frisst un kloppt sich wie ein Fulder mussten sie sich nachsagen lassen; vgl. Krufder. Wie nennt man aber heute die respektablen Einwohner von Fulda? Fulder ist nicht ‚political correct’, Fulda-er klemmt irgendwie im Rachen, deshalb einfach Fuldarer.

Fullaa-che

das, Pl. Fullaa-cher, langes a betont, ch ist ich-Laut, allg. für Halstuch, foulardseidenes Tuch; frz. foulard: leichtes, seidenes Tuch.

Furi

der, ohne Plural, u gelängt und betont, allg. für Durcheinander; frz. fourbi: Krempel, Wust.

fuschber

adv., kurze Vokale, u betont, nur negativ gebraucht in der Wendung: des bzw. der is mer nit ganz fuschber: das bzw. der ist mir nicht geheuer.

fuschele

gefuschelt, u kurz und betont, gew. für blind etwas er­tasten, Frauen betatschen, im Dunkeln suchen, im Dreck wühlen. Dreckkasdefuscheler: Schimpfwort beleidigenden Sinns, das unterstellt, der Beschimpfte durchsu­che nach Pennerart die Mülltonnen und sei auf die Verwertung des Gefun­denen angewiesen. Frz. fouiller: aufgraben, aufwühlen, durch­su­chen; vgl. fuddele.

fussele

gefusselt, u kurz und betont, allg. für in feinen Fäden regnen. Wie Fissel und fisseln sind Fussel und fusseln eigent­lich ugs. Während die Umgangsspra­che fisseln für fein regnen kennt, vielleicht von frz. ficelle: Bindfaden, hat sich diese Bedeutung bei fussele of­fenbar nur in unserer Gegend ausgebil­det. Immerhin ist es ja vom Bindfaden zum Fussel nicht weit.

Futt

die, Pl. Futte, vulgär für das weibliche Geschlechtsteil. Vulgär-herabsetzendes Schimpfwort: Dumm Futt. Auch gegenüber Männern: Futtkopp. Wenn einer seiner Aufgabe überhaupt nicht gewachsen ist, dann stelld-er sich ãã wie e Futt beim Haairobbe (Heurupfen). Wenn einer nur dumme Ideen hat, heißt es Nix im Kopp wie Futt un griene Bohne. Mhd. vut: Scheide, aber auch Gesäß; Verwandtschaft mit Futteral.

Zum Seitenanfang

G

Gaaber

der, ohne Pl., a lang und betont, gew. für Speichelfluss; schrspr. Geifer.

Gaaberlätzje

das, Pl. Gaaberlätzjer, langes a beto­nt, gew. für Sabber­latz der Kleinkinder.

gaabern

gegaabert, a lang und betont, gew. für Speichelfluss haben; schrspr. geifern, wird aber nicht in dessen erweitertem Sinn ‚wütend reden’ gebraucht.

Gaab-loch

das, Pl. Gaab-lecher, langes a betont, gew. für Dachluke, genauer: die Fenster­öffnung des ‚spitzgiebligen Seitendächleins’, wie Duden das Wort Gaupe definiert. Mhd. gupe: Giebelvorbau, Erker.

Gaadeworscht

die, Pl. Gaadewerscht, a lang und betont, allg. für Gemüsesülze.

gaagelich

Adj., langes a betont, gew. für ausgeleiert, nicht sicher stehend. Des Gestell is gaagelich. Bei Pflanzen: hochgeschossener, schwankender Trieb. Aber nur keine Angst: En Kuhschwanz waggelt aach un fällt nit erunner.

gaagse

gegaagst, 1. langes a betont, allg. für knarren bei Türen und Brettern,

2. langes a betont und nach o getönt, auch galbse, derb für aufstoßen; lautmalerisch. Mhd. gagen: schreien wie die Gans.

gaalern

gegaalert, langes a betont, gewöhnlich für herumalbern, lautes, lustiges Wesen treiben, auch lange Gespräche führen, faulenzen, lungern, nichts tun. Schrspr. geilern, von geil: mut­willig.

Gaas

die, Pl. Gaase, auch Gääs, a lang und betont, allg. für Geiß, Ziege. Die Gaas for die Kniddele hiede: ertrag­lose Arbeit verrichten.Warum dann gleich e Gaas kaafe, wann mer nor emol Millich tringge will? mag sich jemand fragen, der voreheliche Freuden genießen will. Mach dich nit grien, sunst fresse dich die Gaase wird jemand gewarnt, der aus der Reihe tanzen will. Ener Gaas geheerd kaan lange Schwanz lautet der Kommentar, wenn sich jemand etwas Unpassendes zulegt. Met Gewalt hebt mer e Gaas hinnerum: Ja, mit Gewalt lässt sich alles erreichen. Ehnder hebst-de e Gaas hinnerum: Damit wirst du es sehr schwer haben. Nobel soll die Gaas krebiern: Vers für jemand, der über seine Verhältnisse lebt, literarisch verewigt in Carl Zuckmayers Fröhlichem Weinberg im Lied des Weinhändlers Hahnesand. Dehaam verregge die Gaase heißt soviel wie im Bett sterben die Leute. Dann gibt es noch den Spott über verheiratete Dorfcasanovas: Was? Der will fremdgeje? Der hot doch for die ãã Gaas dehaam kãã Fudder! Ahd. geiz. Früher war für Gaase auch der Begriff Eisebähnerkieh (-kühe) geläufig, weil die einfachen Beamten sich natürlich keine Kuh halten konnten und so doch günstig an Milch kamen.

Gaaschel

die, Pl. Gaaschele, langes a betont, veraltet für Peitsche, schrspr. Geißel. Gänsgaaschel war die Hüterin der Schnattertiere.

Gaasegichdere

die, nur Pl., a lang und betont, eine imaginäre Krankheit: die Gicht, an der die Ziegen lei­den. Gewöhnlich als frustrierter Ausruf:Ei do kriehste doch glatt die Gaasegichtere! oder als Verwünschung, vor allem über Dinge, die nicht gut laufen: Ei hättste nor die Gaase­gichdere.

Gaasekloo

die, Pl. Gaasekloo-e, langes a betont, allg. für Geißfuß (Geißenklaue).

Gaasekniddelskreemer

der, Pl. gleich, langes a betont, gew. für einen, dessen Geschäfte nichts eintragen.

Gaase-Reff

das, kein Pl., langes a betont, gew. Spottwort für lange, dürre weibliche Gestalt. Ahd. und mhd. ref: Holzgestell; vgl. Gaas.

Gabbel

die, kurze Vokale, a betont, ohne Pl., in den Redensarten uff die Gabbel nemme, die Gabbel hebe: vor Ge­richt beschwören, die eidesstattliche Versicherung zur Vermögens­offenbarung ablegen; bildlich von der ga­belähnlichen Form der Schwurhand. Der Mandant hat zum Anwaltsge­spräch einen Zeugen mitgebracht, der seine Unschuld bestätigen soll. Auf die insistierende Frage des Rechtsanwalts antwortet der Zeuge: Ei, aussaa kann ich des, abber uff die Gabbel nemme du ich des nit.

Gabbelung

die, kein Pl., kurze Vokale, a betont, vom 12. bis 18. Jh. historischer Koppelgeschäfts-Brauch beim Weinverkauf: Wer ein begehrtes Fass Wein erwerben wollte, musste auch ein minderes dazunehmen.

gabsche

gegabscht, a kurz und betont, allg. für hecheln, japsen.

Gack-Ei

das, Pl. Gack-Eier, kurzes a betont, Kindersprache für Ei; im übertragenen Sinn kindischer, einfältiger Mensch.

Gadd

die, Pl. Gadde, a kurz und betont, allg. für zusammengehörige Gruppe, äußerlich kenntliche Gemeinschaft. Verächtlich in dem Ausdruck was e Gadd! Die Gadde sind vor allem in Mainz kurzweg der Begriff für die Fastnachtsgarden; vgl. Bennelgadd, Ransegadd.

Gaggel

die, Pl. Gaggele, a kurz und betont, allg. für Samenzapfen von Nadelbäumen. Gaggelbauer: Hinterwäldler. Über die Formen Ackel (Rheinhessen), nhd. Achel (Ährenspitze), süd­hessisch Agen (Granne) und Ähre ge­hört es zur idg. Wurzel ak-: scharf, spitz, hat sich jedoch auf dem Weg hierher mit dem einleitenden G geschmückt.

Galoppstãã

der, Pl. gleich, o kurz und betont, langes a durch weggefallenes n nas., allg für Hohlblocksteine, weil man mit denen die Rohbauwände ‚im Galopp’ hochziehen kann.

ganz

Adv., a nach o gefärbt, wird meist an Stelle von ‚sehr’ gebraucht. De Kwedschekuche war ganz voll Wesbe: Der Zwetschgenkuchen war von Wespen übersät. Die ganze steht für ‚alle’, ganz schee für ‚ziemlich’: Die ganze Leit sein nass worn, weil’s ganz schee gerejent hot.

Garscht

der, kein Pl., a kurz, gewöhnlich für: frecher, unartiger Kerl; eine schr­spr. nicht existierende Substanti­vierung von garstig. Die manchmal vermutete Herleitung von rotw. Gascht: Betteljude ist unnötig.

Gass

die, Pl. Gasse, a kurz und betont, allg. für Straßen und Gassen jeder Art, außer Landstraßen, die heißen Schossee (s.d.). Gassebube und Gassemeedcher sin die Kinner, die wo als uff de Gass sin; vgl. abschließe.

Gasseglänzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für Angeber, Blender; draußen Hui und drinnen Pfui.

Gaul

der, Pl. Gail, Aussprache variiert bis zu einem nach o gefärbten a, im Pl. zu ä, allg. für Pferd. Mach nor die Gail nit schei: Verbreite bloß keine Panik; lat. caballus: Pferd.

gauze

gegauzt, au betont, Aussprache variiert bis zu einem nach o gefärbten a, gew. für

1. Bellen des Hundes. So schnell wie de Hund gauzt: so schnell wie möglich.

2. Schimpfen. Lautmalend; vgl. angauze.

Gebabbel

s. babbele.

gebbe

Part. Perf. gleich, allg. für geben. Mit dem Wort verbindet sich Grundsätzliches: Was uff de Disch kimmt, gebbe mer velore zeigt großzügige Rheingauer Gastfreundschaft, die beim Bewirten nicht spart; Wenn mer gebbe, gebbe mer gern, abber mer gebbe nix eher das Gegenteil. Das bringt es mit sich, dass manche den Rheingauer in eine Schachtel zu Schotten und Schwaben stecken. Gebb met warme Händ rät zur frühzeitigen und auch Steuer sparenden Aufteilung des Erbes; Mer zieht’s Hemd nit aus, bevor mer sich schloofe leht drückt die Verweigerung dieses Ratschlags aus.

Gebennels

das, kein Pl., kurze e, zweites betont, abwertend für Poussage, Liebesverhältnis, das weder fest ist, noch fest zu werden verspricht; vgl. ãnbennele.

gebschnitzig

Adj., kurzes e der ersten Silbe betont, gewöhnlich für gei­zig. Kurhessisch: gebschnippisch.

Gebück, Rheingauer

das, ohne Pl., ü nach i gefärbt, kurz und betont, war eine aus immer wieder zu Boden gebogenen und miteinander verflochtenen, ‚gebückten’ Hain-, später Rotbuchen bestehende Landwehr­befestigung, die den Rheingau 600 Jahre lang bis zum Ende des 18. Jh. umschloss. Das bis zu 100 m breite Gestrüpp wurde zunehmend undurchlässiger; schließlich sind ja die Hainbuchen auch Ursprung des Wortes hanebüchen. Den Durchgang ermöglichten nur vereinzelte bewehrte Tore. Das Gebück verlief von Niederwalluf über Oberwalluf, Neudorf (heute Martinsthal) und Tiefenthal, vor Schlangenbad westlich den Taunushang entlang, unter Hausen und über Presberg hinweg, bei Obersdorf wieder südwestlich und endete bei Lorch. Von seiner Fertigstellung im 12. Jh. an hat das Gebück die in ihm gelegene Landschaft rund 600 Jahre lang effektiv vor fremder Fron und Leibherrschaft geschützt. 1771 wurde es auf Befehl des Mainzer Erzbischofs Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774) aufgegeben und weitgehend gerodet. Heute sind nur noch vereinzelte alte Buchen und von den steinernen Bollwerken nur Reste der so genannten Mapper Schanze im Wald über Hallgarten erhalten. Die übrigen Wehranlagen wurden nach der Aufgabe des Gebücks noch einige Zeit zivil genutzt, aber schließlich als Baumaterial nahezu restlos abgetragen. Nur ihre Namen sind erhalten: Back-ofe, Bosenhahn und Weißenthurm.
Nach der Sage hieß das Losungswort zum Eintritt in den Schutzbereich „E feĩ Weĩche“, Diph­thonge örtlich nach oi gefärbt und durch ungesprochenes n nas.; etwas, was den Messfremden (s.d.) nicht leicht gelang. Hedwig Witte hat ein sehr schönes Gedicht über „Das Losungswort“ verfasst. Angeblich konnten die schwedischen Truppen im dreißigjährigen Krieg die Grenze bei Walluf überwinden, weil der Widerstand der dortigen Besatzung alkoholbedingt nur wenig ausgeprägt war.

gedaucht

adv. Part. Perf., au betont, gewöhnlich für: in schlechter Haltung, mit krummem Rücken. Der geht gedaucht: der hält sich nicht gerade.

Gedeeds

das, ohne Pl., langes e betont, gewöhn­lich für Getue, viel Lärm um nichts. Das Nas­sauische hat die Formen Gedeez, Gethäts und bestätigt da­mit, dass das Verb tun mit seinen Ausformungen in dem Wort steckt. Gleichbedeutend sind Geduh, schrspr. Getue, und Gedöns.

gedengge

hier nur Präsens, kurze e, zweites betont, allg. für erinnern, speziell in Wendungen wie Des gedenggt mer ewich: das werde ich nie vergessen, oder Es gedenggt mer gar nix mehr: ich bin sehr vergesslich.

gederft

auch gedorft, kurze Vokale, Stammvokal betont, für gedurft. Das Verb wird gemischt konjugiert: derfe, dorfde, gederft (gedorft); vgl. Derf.

Geedche

s. Good.

Geelerieb

die, die Geeleriebe, langes e betont, gew. für Möhre; auch Spottwort für Rothaarige. Gelbe Rübe für Möhre ist süddeutsch. Babbich Geelerieb ist eine ungepflegte Person.

Geerschdche

das, ohne Pl., langes e betont, ge­wöhnlich für Güt­chen, Besitz jeder Art. Man verdepansiert (s.d.) sei Geerschdche oder macht es ganz Geerschd­­che enei, wenn man verschwende­risch lebt. Friebertshäuser bringt das Wort in Verbindung zu Karst im Sinne von ausgelaugter Gebirgslandschaft; vgl. Kreemche.

geggich

Adj., kurze Vokale, e betont, allg. für verrückt, närrisch; schrspr. geckig.

Gehannsbeern, Gehannstraube

die, nur Pl., a kurz und betont, allg. für Johannisbeeren mit ihrem traubenförmigen Fruchtstand.

Gehannsberch

allg. für Johannisberg.

Gehannsbrot

das, ohne Pl., a kur­z und betont, gewöhnlich für: Frucht des Johannisbrotbaums, dessen trockene Hülsen süßes Fruchtmark enthal­ten. Mittelmeerimport, bei südeuropäischen Obsthändlern erhältlich.

Gehannskewwer

der, Pl. gleich, a kur­z und betont, gewöhnlich für Johanniskäfer, Juni­käfer; vgl. Gliggskewwer, Herrgottsdierche.

Gehengges

das, kein Pl., gew. für Liebesverhältnis: eingehängt gehen.

gehling

Adv., auch gehlinge, e lang und betont, für jäh, plötzlich. Er is gehling gestorbe. Mhd. gaehe, gach: jäh; schrspr. jählings.

Geiz

der, ohne Pl., allg. für: kältebedingte schmerzhafte Gefühllosigkeit bzw. Steifheit in Händen und Gliedern. Ich hon de Geiz in de Finger klagen die Kinder, wenn sie zu viele Schnee­balle (s.d.) geworfen haben oder die Winzer nach stundenlangem Rebschnitt im Winter, vor allem aber, wenn sie Drusesegg auswaschen mussten. Vor Erfindung der modernen Filtertechnik wurden die Druse (s.d.) in schmale, längliche Säcke aus festem, eng gewebtem Leinen gefüllt und zum Abtropfen aufgehängt, damit auch die letzte Spur Wein genutzt werden konnte. Anschließend wurden sie geleert, gewendet und die zäh haftende Hefe musste mühsam abgewaschen werden. Das geschah nach dem Abstich (s.d.) im tiefsten Winter, und natürlich gab es nur kaltes Wasser.

Geize

nur Pl., allg. für Blattwinkeltriebe an Reben, Tomaten und Obstgehölzen. Abgeleitet von ahd., mhd. git: Habsucht, Gier, mit der die Triebe die Kraft der Pflanze an sich saugen; vgl. ausgeize.

Geiztraub

die, Pl. Geiztraube, allg. für Trauben, die höher am Trieb sitzen, spät geblüht haben und nicht rechtzeitig reifen. Sie bleiben deshalb bei der Weinlese hängen und sind nachgereift oft ein Genuss für Spaziergänger, die dann immer denken, die Leser hätten es an Sorgfalt fehlen lassen.

Geje-Hunger, Geje-Brand

(Auch Geje-Dorscht), der, ohne Pl., kurze Vokale, erstes e betont, allg. für plötzlichen, starken, unstillbaren jähen Hunger oder Durst, Mhd. gaehe, gach: jäh, vgl. gehling. Beide Gefühle werden auch als ,dagegen’ interpretiert. Beim Brand hat das insofern einen Sinn, als der morgendliche Nachdurst nicht ganz zu Unrecht im Zusammenhang oder eben im Gegensatz zu überreichlichen alkoholischen Genüssen am Vorabend gesehen wird.

Gekrisch

das, kein Pl., kurze Vokale, i betont, allg. für Geschrei, schreiendes Lachen. Wann bei de Weinles oder in de Heggewerdschaft (s.d.) deftiche Stiggelcher (s.d.) vezehlt wern, dann mache die Weibsleit als e mords Gekrisch; vgl. kreische, Krisch.

Gelerch

das, kein Pl., kurze e, zweites betont, gew. für: Gerümpel, alter Kram, auch Bauwerk; vgl. Gescherr, Krembel.

gell, gelle, gä

allg. für ‚nicht wahr?’ In gering abwei­chenden Formen ist das Wort im gan­zen Süden zu treffen und geht etwa im 14. Jh. von gelten aus. Bekanntes Mainzer Fassenachtslied von Margit Sponheimer, 1970er Jahre: „Gell, du host mich gelle gern, gelle, ich dich aach, gell un wann ich lache du, gell do lachst-de aach“. Bei gellese ist das -se die Anrede Sie. In der Pfalz ist gellener anzutreffen, also gelle-Ihr. Wer Bestätigung für etwas Verneinendes sucht, sagt genãã.

Gemãã

die, kein Pl., a lang und durch weggefallenes n nas., allg. für Gemeinde, Gemeindeverwaltung, Rathaus. Wer dort zu tun hat, geht uff die Gemãã. Und wer in den politischen Gremien mitwirkt, sitz im Gemaanerood (a nach o gefärbt); vgl. Roodes.

Gemack

die, kein Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Gemarkung. Wenn jemand ungebührlich laut über Privates räsoniert, wird er ermahnt: Ei willst-de dann die ganz Gemack samme­kreische?

Gemiesdieb

der, ohne Pl., erstes langes i betont, Schimpfwort gutmütiger Art.

Gemiesraup

die, Pl. Gemiesraube, langes i betont, Schimpfwort gutmütiger Art für Frauen, insbes. wenn sie gern im Garten wirken; schrspr. Gemüseraupe.

Gemilber

das, kein Pl., allg. für verrotteter Kram, Durcheinander.

gemisst

kurze Vokale, i betont, gew. für: gemusst. Hier wird das u wie das Infinitiv-ü zu i.

gemobbelt

nur Part. Perf., o kurz und betont, in der Verbindung dobbelt gemob­belt: doppelt genäht hält besser.

genosse

kurze Vokale, o betont, allg. für geniest. Das Verb wird wie genießen konjugiert; eine Imperfektform existiert nicht.

Genussworzel

die, kein Pl., kurze Vokale, u betont, verniedlichende Bezeichnung für das männliche Geschlechtsteil.

gepickt

nur Part. Perf., i kurz und betont, gew. für leicht verrückt, nicht normal. Du bist ins Hern gepickt: du hast ’n Vogel.

gepiffe

nur Part. Perf., derbe Hüll­form für geschissen, wird trotzdem bis in den gehobenen Dialekt benutzt, insbesondere zur Kennzeichnung eines Fehlschlags oder einer abwegigen Idee: gepiffe, Herr Parre.

gerde

gegerd, kurze e, Stamm-e betont, allg. für das Anbinden der im Winter freigeschnittenen Boochrebe (s.d.). Wie der Name sagt, werden sie merklich gebogen, damit der Austrieb über die Aache (s.d.) gleichmäßig erfolgt und nicht nur zur Spitze hin, wie es die Reben von Natur aus tun. Die Arbeit muss im zeitigen Frühjahr erfolgen, damit die Podde (vgl. Pott) nicht schon zu groß sind und beim Biegen abspringen; schrspr. gürten.

Gerebsch

das, kein Pl., auch Gerebsel, gew. für etwas, das nicht viel taugt. Könnte von Raps abgeleitet sein.

Gereesde

die, nur Pl., langes e betont, auch Gereeschde, allg. für Röstkartoffeln, auch Bratkartoffeln. Die gerösteten kommen roh in de Krobbe (s.d.) und sind schwierig zu garen, weil sie viel eher schwarz werden als sie gar sind; die gebratenen werden vorher gekocht.

Geriss

das, ohne Pl., i kurz und betont, allg. für Beliebtheit. Der hot’s Geriss: um den reißt man sich, oder Die hott abber e Geriss: die findet Anklang bei Männern. Umgekehrt kann es heißen die hott’s Geriss wie em Berrelmann sei Hose: Um die reißt man sich wie um die Hose eines Bettlers.

Gerjel

die, Pl. Gerjele, kurze e, erstes betont, handwerklich für Rinne der Fassdaube, in die der Boden eingesetzt wird. Das Verb gerjele steht für ‚den Hals zuschnüren’ und ist außerdem Handwerkerausdruck für ‚eine Nute fräsen’; geht auf Gurgel zurück.

Germania

s. Madonna, preißisch.

Gernreich

der, kein Pl., kurzes e betont, allg. für einen, der sich ständig unüberhörbar seines Besitzes rühmt, ungeachtet ob er etwas hat.

Geschãã

die, nur Pl., langes a betont und durch weggefallenes n nas., sind die Blütenansätze der Reben; schrspr. Gescheine, Zusammenhang mit er-scheinen.

Gescherr

das, kein Pl., kurze e, zweites betont, allg. für Zeug, Haushalts- oder Pferdegeschirr; Redd so kãã dumm Gescherr; vgl. Gelerch, Krembel.

Geschiss

das, ohne Pl., kurzes i betont, derb für ‚unnötig Aufhebens’; Mach so kãã Geschiss! und Wann’s Geschiss zu groß werd, nimmt’s e stinggich End.

geschisse

Adj., derb 1. in Ver­bindung mit Familienpersonen ver­wendet, um eine besonders hervorste­chende Ähnlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Der Bub is de geschisse Alt: Der Junge sieht seinem Vater sehr ähnlich; insoweit kommt auch gespuckt vor.

Aber auch 2. zur Kennzeichnung eines Fehlschlags oder einer abwegigen Idee: Geschisse, Herr Dogder.

Geseier

das, kein Pl., ei betont, eigentlich übermäßiges Klagen; meist aber für überflüssige, als unangenehm empfundene Rede; jidd. gesejre: böses Verhängnis, schlimme Vorschrift.

Gesocks

das, nur Pl., kurze Vokale, o betont, gew. für minderwertige Gesellschaft, Gesindel. Die abwertende Bezeichnung von Personen als Socke liegt zugrunde.

gesotze

kurze Vokale, o betont, gew. für gesessen. Als Konjugation müsste man sich sitze, satz, gesotze vorstellen, was ziemlich abwegig wäre; allerdings gibt es keinen Imperfekt.

Gesteck

das, Pl. Gestegger, e der zweiten Silbe kurz und betont, abwertend für Mensch. Was e lang Ge­steck: was für eine groß gewachsene Person. Derr Gesteck: dürre Person; narrisch Gesteck: närrische Person.

gestoche

kurze Vokale, o betont, gew. für gesteckt; stecken wird hier wie stechen konjugiert; auch hier kein Imperfekt.

Gewann

die, kein Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Flurstück, an dessen oberem und unterem Rand der Pflug wendet. Ironischer Rat an einen Eigensinnigen: Vun meer aus kannscht-de die Langgewann aach zwerch zaggere; vgl. Ãngewann, Forch.

geweiht

nur Part. Perf., ei betont, allg. für quitt. Nur im Satz­zusammenhang den simmer ge­weiht: den sind wir los. Möglicherweise Zusammenhang mit dem Opfer, das man weiht und anschließend eben los ist, was allerdings eine im Laufe der Zeit stark fortgeschrittene Banalisierung voraussetzt.

Gewerch

das, kein Pl., kurze e, zweites betont, auch Geworch, gew. für Durcheinander; schrspr. Gewürge; vgl. worche.

gewerfelt

nur Part. Perf., kurze e, zweites betont, allg. für klug, gewieft, gewitzt; schrspr. gewürfelt. Meedche, wärst-de nor halb so gewerfelt wie dein Rock. Wenn jemand dagegen ‚kariert’ denkt, guckt oder redet, ist das eher wirr, ratlos, verdutzt oder unverständig.

Gewerre-noch-emol

zorniger, aber harmloser Fluch; schrspr. Gewitter-noch-einmal.

Gewerre-oos

das, auch Gewidder-oos, vgl. Oos.

Gewerzel

das, ohne Pl., zweite Silbe betont, gewöhnlich für zappelige, durcheinander ‚wur­zelnde’ Kinder.

gewungge

kurze Vokale, u betont, allg. für gewinkt. Das Verb winken wird hier wie ein starkes (z.B. trinken, sinken) konjugiert; ein Imperfekt existiert nicht.

gewunsche

kurze Vokale, u betont, allg. für gewünscht. Das Verb wünschen wird hier wie ein starkes konjugiert; ein Imperfekt existiert nicht.

Gezassel

das, kein Pl., gew. für lockerbeerige Trauben mit vielen unbefruchteten Beeren.

Gezebbel

das, ohne Pl., zweite Silbe betont, familiär für: Horde unruhiger Kinder. Beziehungswort ist zappeln.

Gibb

die, Pl. Gibbe, i kurz und betont, gewöhnlich für Spitze. Fingergibb, Bleistiftgibb, Berchgibb, Baumgibb; die Beziehung zu Gipfel ist deutlich.

gibbele

gegibbelt, kurze Vokale, i betont, allg. für gipfeln, das Abschneiden der hochgeschossenen Spitzen der Rebtriebe im August, um eine bessere Durchlüftung der Rebzeilen zu erreichen und mehr Kraft in die Traubenreife zu lenken.

Gichdere

die, auch Gichdern, nur Pl., i kurz und betont, allg. für: nervöse Unge­duld, nervöse Angst. Die Gichdere krieje: einen meist nur gefühlten Nervenanfall bekom­men; vgl. Gaase­gichdere.

giegse

gegiegst, langes i der ersten Silbe trägt den Ton, gewöhnlich für: stechen, auch kitzeln; vgl. Kroddegiegser.

Gießkann vebie-e

vebo-e, Hüllwort für ‚Geschlechtskrankheit zuziehen’.

Giftmichel

der, Pl. gleich, auch Giftnickel, kurze Vokale, erstes i betont, allg. für neidischen, jäh­zornigen Menschen. Entspricht ugs. Giftnudel, verbunden mit den Vornamen Michael bzw. Nikolaus.

Giggel

der, Pl. gleich, i kurz und betont, allg. für Hahn, Gockel; vgl. Hinggel, Zornegiggel.

giggele

gegiggeld, i kurz und betont, allg. für: kichern. Gegiggel un Gegaggel ist ein Ausdruck für das Be­nehmen junger Mädchen; vgl. gaalern.

Gipskopp

der, Pl. Gipskebb, kurze Vokale, i betont, Schimpfwort für einen, dem man unterstellt, den Hohlraum oberhalb des Halses entsprechend gefüllt zu haben.

Glaskligger

der, Pl. gleich, a gelängt und betont, auch Glasert, allg. für gläserne Murmel. Besonders be­gehrte Sorte: die Glasklicker mit bun­ten Einschmelzungen; vgl. Kligger.

Glasse

die, nur Pl., a kurz und betont, auch Fahrglasse, Fuhrglasse, allg. für tiefe Fahrspuren in den Feld- und Waldwegen.

glehm

Adj., langes e, gew. für feucht, weich, geschmeidig. Glyzerin macht die Haut glehm. Mhd. glimen: leuchten, glän­zen.

Gliehkobb

s. Deibelskobb, Klumbe.

gliehnisch

Adj., gew. für glühend. Wann e Katz ins Licht guckt, hot se gliehnische Aa.

Gliggskewwer

der, Pl. gleich, eine der Bezeichnungen für Herrgottskewwer bzw. Herrgottsdierche (s.d.) Der Siebenpunkt aus der Familie der Coccinellidae wird als Glücksbringer angesehen.

Gloggebatschel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, Steigerung von Batschel (s.d.).

gohrn

gegohrd, o lang und betont, ge­w. für rumoren im Leib. Vielleicht besteht Zusammen­hang mit gären.

Goil

die, Pl. Goile, gew. für Gurgel; verkürzt aus Gorjel.

googele

gegoogelt, o lang und betont, gew. für trinken starker geistiger Getränke. Googeler ist der Trinker; in Tübingen Winzer-Spitzname. Nach getaner Tat ist er begoogelt. Im Wortsinn liegt die Aussage gewohnheitsmäßigen Tuns. In Zeiten des world-wide web wichtig: Hat mit „Google“ (sprich: Gugel) und dem daraus gebildeten neudeutschen Verb ‚googeln’ (sprich: gugeln) nichts zu tun.

Googs

der, Pl. selten, o lang, gew. für steifer, schwarzer Hut. Graf Googs: eingebildeter Mensch; schrspr. Koks.

Goolmer

die, Pl. Goolmern, o lang und betont, in dem Ausdruck So geel wie e Gool­mer. Gemeint war damit z.B. vergilbte Weißwä­sche oder die Hautfarbe eines Leberkranken; schrspr. Gold­ammer.

Goot

die, Pl. Goode, auch Geedche, o bzw. e lang und betont, allg. für Patin. Vgl. Fermgoot, Kerzegeedche. Pate und Patin gelten als geistliche Eltern ihrer Patenkinder. Demgemäß heißen sie ‚Vater’ bzw. ‚Mutter in Gott’: ahd. gotfater, -muoter. Im Angelsächsischen und Alt­nordischen finden sich entsprechende Wortformen. Mhd. göte und gote.

Gori

der, kein Pl., o gelängt und betont, abfällig für Sachgesamtheit, Vermögen, Habe, Kram. Aus dem Rotwelschen, vgl. Gelerch, Berl. 

Gorjelknebbche

das, Pl. Gorjelknebbcher, kurze Vokale, o betont, ge­w. für Kehlkopf, Adamsapfel. Zur Bezeichnung großer Wut: Mer kennt sich de Bauch uffreiße bis ans Gorjelknebbche; schrspr. Gurgelknöpfchen.

graasegrie,

Adj., a lang und betont, i durch Wegfall von n nas., Verstärkung des Wortes grün; vgl. blitzebloo, gritze­groo, kwittegeel, ritzerot, schuggeschwazz.

grabe

gegrabe, a gelängt und betont, historisch für den ersten Bau, das erste Umgraben der Weinberge im Jahreslauf, wie es in § 4 der herzoglich-nassauischen Instruktionen für die in den Weinbergen arbeitenden Hofleute festgelegt ist; vgl. laudern, riehrn.

grabsche

gegrabscht, a kurz und betont, allg. für greifen, (zusammen-) raffen. Frz. grapiller: aufschnappen, einheimsen.

Graf Bibi

der, kein Pl., erstes i kurz und betont, gew. ausweichende Antwort auf neugierig-zudringliche Frage: Wer war dann des, met dem de ebe geredd host? - Ei, mem Graf Bibi!. Der Karnevalist Herbert Bonewitz feierte als Prinz Bibi in den 1960er Jahren bei der Meenzer Fassenacht große Erfolge.

Graffame

die, nur Pl., langes a der zweiten Silbe betont, gehoben für Schwierigkeiten. Mach so kaa Graf­fame; spätlat. gravamen: drückende Last, Beschwerlichkeit.

grammele

gegrammelt, kurze Vokale, a betont, allg. für klagen, jammern, in sich hinein protestieren; mh­d. gramen: gram sein, frz. grommeler: brummeln. Siehe auch brebele.

greebsch

Adj., langes e betont, gew. für schlecht gelaunt. Greebsch Oos sagt man zu jemand in solcher Stimmung. Grebel, schrspr. Kröpel, be­deutet kleines, verkrüppeltes Lebewesen; zur idg. Wur­zel greub: gekrümmt; vgl. Kribbel.

Greffche

das, Pl. Greffcher, e der ersten Silbe kurz und betont, seltener werdend für Schreiber, Schreibgehilfe. Er micht em Bollemaaster es Greffche: er unterstützt den Bürger­meister in seinen Amtsge­schäften. Frz. greffier: Schreiber, Gerichts­schreiber.

gribbelich

Adj., kur­zes i betont, allg. für grippig, fiebrig. Es is mer so gribbelich. Weder ist der Zusammenhang mit kribbeln auszuschließen, noch mit Grippe, einer Krankheitsbezeich­nung, die Mitte des 18. Jh. über Frankreich in Europa Mode wurde.

gribbse

gegribbst, kurzes i betont, allg. für: rasch und unbeobachtet an sich bringen, rasch greifen. Man gribbst sich ein Bonbon, einen Apfel o. dgl. zum Naschen; frz. grip­per: greifen. Es gab nach der Beset­zung des linken Rheinufers 1797 eine Kommission, die sich mit Eigentums­fragen, Beschlagnahmen u. ä. befasste. Sie wurde Gribbs-Kommission genannt.

Grie Soß

die, kein Pl., eine Art Nationalgericht unserer Region, das die Frankfurter ganz zu Unrecht nur für sich reklamieren. Es gibt zahllose Rezepte, von denen viele behaupten, das Original zu sein; aber das kann keiner beweisen, weil dieses erfrischende und gesunde Gericht so uralt ist. Wichtig ist: Sieben Kräuter, nicht mit Salat oder Spinat fälschen oder verlängern; mit Messer oder Kräuterhexe zerkleinern, damit man die Bestandteile noch ahnt; mit dem Mixer wird alles graasegrie (s.d.). Seit Gärtnereien und Handel die Kräuter im Gewächshaus ziehen und fertig sortiert anbieten, ist die Zubereitung sehr erleichtert und fast ganzjährig möglich.

griegeel

Adj., i lang und betont, allg. für neidisch, bösartig, tückisch. Griegeeler Hund ist ein be­leidigendes Schimpfwort; schrspr. grüngelb.

griene Gustav

der, ohne Pl., u kurz und betont, veraltet für Gefängnistransportwa­gen. Früher pfer­debespannt, dunkelgrün angestrichen, mit kleinen Gitterfenstern, besorgten sol­che Wagen den Gefangenentransport bis nach dem Ersten Weltkrieg. Mit ihrem Verschwinden kam auch der Ausdruck außer Ge­brauch; von Berlin kam dafür die Grüne Minna.

Grießmehlvekeefer

der, Pl. gleich, Spottwort für Lebensmiitel-Einzelhändler; schrspr. Grießverkäufer.

Grindkopp

der, kein Pl., in der Redens­art Ich hab mer en Grindkopp ge-erjert: Ich habe mich fürchter­lich geärgert. Aber auch Bezeich­nung für einen unverträglichen, streit­süchtigen Menschen.

Grindschnuut

die, Pl. selten, i kurz und betont, gew. für Lippen-Herpes.

grissele

gegrisselt, kurzes i betont, allg. für schaudern, Gänsehaut bekommen. Wenn in feinen Soßen das Eigelb gerinnt, sind sie grisselicch. Über gries und grau besteht Zusammen­hang mit grausen.

gritzegroo

Adj., i kurz und betont, Verstärkung des Wortes grau; vgl. blitzebloo, graasegrie, kwittegeel, ritzerot, schuggeschwazz.

Groschebube

s. Bommelochie.

Grumbeer

die, Pl. Grumbeere bzw. Grumbeern, u kurz und betont, allg. für Kartoffel(n); schrspr. Grundbirne, vgl. Beer.

Grunnelche

s. Dickkobb.

Gruschel

die, Pl. Gruschele, u kurz und betont, gew. für Stachel­beeren, die auch Klosterbiern (s.d.) ge­nannt werden. Frz. groseille be­deutet eigentlich Johannisbeere. Gro­seille verte oder groseille à maquereau heißt aber Stachelbeere. Gru­schel  bzw. goldig Gruschel  ist auch Kosewort für Kinder, aal Gruschel gutmütiges Spottwort für (alte) Frau.

Gruusch

der, auch Gruuscht, kein Pl., allg. für Gerümpel, Plunder. Ahd. girusta: Ausrüstung.

Gude

allg. Grußform der Einheimischen für jede Tageszeit, deren Nennung eingespart wird; allenfalls mal Gemorje oder Genacht. Antwort: Aach Gude oder Gude is besser wie Bubbes (s.d.). In den 1930er Jahren brachte die NS-Organisation KdF (Kraft durch Freude) viele Urlauber in den Rheingau. Wenn es sächsische Mädchen waren, antworteten sie auf Gude begeistert mit „ach, mei Guudschder“. Die Schnorrer (vgl. schnorre) grüßen herkömmlich mit verstellter Stimme: Gude-gude und sagen damit das Gleiche wie die ‚Nordlichter’, wenn sie mit „Mojn-Mojn“ grüßen. Das hat nämlich mit dem frühen Tag nichts zu tun, sondern mit dem friesisch-niederl. mooj, was gut oder schön bedeutet; vgl. ei.

gugge

geguckt, allg. für sehen, schauen, ganz gleich ob es flüchtig ist oder genau, streng oder lieb. Guck! ist dem entsprechend auch der einzige Imperativ für alle diese Varianten, erweiterbar zu Gummodoo: Sieh mal da. Die Guck, Pl. Gugge, ist etwas zum Durchgucken, etwa ein Refraktometer, also ein Gerät zur einfachen Bestimmung des Mostgewichts, sprich des Zuckergehalts im Saft der Trauben. Die lang Guck ist die auf sehr langer Strecke schnurgerade verlaufende Schossee von Rüdesheim nach Presberg etwa ab Aulhausen.

Guggelhaisje

das, Pl. Guggelhaisjer, u kurz und betont, allg. beim Spiel mit Kleinkindern: Komm in mei Guggelhaisje. Das Kind wird nicht all­zu weit weggestellt, in Hockstellung werden die Arme ausgebreitet, dann kommt die Aufforderung; eine kleine Übung beim Laufen lernen.

Guggugg

der, kein Pl., kurze u, erstes betont, Spottbezeichnung für das Pfandsiegel des Gerichtsvollziehers (vgl. Hussje), das früher einen Adler als Hoheitszeichen aufwies. Im Übrigen wie ugs. Hüllwort für Teufel, den man nicht beim richtigen Namen nennen wollte, damit er sich nicht etwa herbeigerufen fühlen möge; etwa Hol’s de Guggugg! oder (Geh) Zum Guggugg! – En Träneguggugg ist eine armselige, geistig träge Person.

Guggugger

die, nur Pl., alter Uzname der Lorchhäuser, was vermutlich damit zusammenhängt, dass die Kerb dort recht früh, nämlich schon am 5. Juni (Bonifaz) gefeiert wird, eine Jahreszeit, in der der Kuckuck ruft; vielleicht aber auch, weil man dort das Vieh zum Fressen in den Wald trieb, sobald der Kuckuck im Frühjahr zu rufen begann.

Gummischees

die, Pl. Gummischeese, u kurz und betont, im Gebrauch zu­rückgehend für Kutsche oder Kinder­wagen mit Gummibereifung. Aus der Zeit, in der solches noch vor­nehmer Luxus war; vgl. Schees.

Gunn

ohne Pl., u kurz, gew. in dem Ausdruck die Gunn ãndu-e: je­mand die Ehre antun, die er erwartet; schrspr. Gunst.

Gunsenum

kurze Vokale, erstes u betont, Dialektform für den Namen des Mainzer Voror­tes Gonsenheim. Gunsenumer Fieß un Pariser Stibbelcher ist einSpottausdruck für zu kleine Schuhe, vgl. Beermesens. Vulgärer Reim: Ich wär so gern e Genseblumm un ständ am Strand vun Gunsenum, do kennt ich mo von unne seh’, wie die Meedcher brunze geh’.

Guutsje

das, Pl. Guutsjer, langes u betont, allg. für: Süßigkeit, Ge­bäck, Bonbons, Weihnachtskonfekt. Ein Mensch, der sich allzu beflissen um die Gunst eines anderen bemüht und durch seine klebrige Liebenswürdigkeit unange­nehm wird, kann neben Ãnbabber (s.d.) auch babbich Guutsje genannt werden.

Zum Seitenanfang

H

H

hä?

ist ein außerordentlich vielseitiges Wort, das ganze Sätze ersetzt. Klassisch z.B. „Ich habe dich nicht verstanden, kannst du das bitte noch einmal wiederholen?“ oder, indem es ganz lang zum häää? gedehnt wird: „Wie bitte, was soll denn das nun wieder?“.

Haabche

das, Pl. Haabcher, langes a betont, gew. für Häupt­chen, Köpfchen in der Sprache der Wochen­märkte. E Haabche Blummekohl, e Haabche Rotkraut, aber e Stämm­che Salat.

Haabfehler

der, Pl. gleich, a lang und betont, schrspr. Hauptfehler, allg. für Todsünde. Wer charakterlich gar nichts taugt, der hot die sibbe Haabfehler alle acht.

Hããbiche

die, nur Pl., langes a betont und durch Wegfall von n nas., alter Uzname der Presberger, abgeleitet von den Hainbuchen, die wesentlicher Bestandteil des in der Nähe des Dorfs verlaufenden Gebücks (s.d.) waren.

Haafe

der, Pl. gleich, langes a betont, allg. für Aufgeschüt­tetes, große Menge; derb für Exkrement. En ganze Haafe Zeich, en Haafe Geld, aber ibber de Haufe renne: umwerfen.

Haai

das, kein Pl., allg. für Heu. Die Aussprache geht von Heu über Hei zur Dehnung des ersten Teils im Diphthong, vgl. Aai. Ein besonders begriffsstutziger Mensch is en Haai-ochs.

haal

Adj., allg. für trocken. En haale Wind micht Dorscht, weil er velechent (s.d.) und sorgt daher auch beim gerde (s.d.) dafür, dass die Podde (vgl. Pott) oder gar die Boochrebe (s.d.) abbrechen.

Haalebiern

die, nur Pl., gew. für Heidelbeeren. Haalebierweiber: Frauen, die aus dem Oden­wald oder Spessart kamen, um Heidelbeeren zu verkaufen.

Haalebiernbube

die, nur Pl., einer der alten Uznamen der Hallgarter, weil die Bube met de bloo-e Knie die im Wald gesammelten Heidelbeeren in den Nachbarorten verkauften; vgl. Zwibbeldabscher.

Haalgans

die, Pl. Haalgens, a lang und betont, Schimpfwort für ein albernes Mäd­chen. Schrspr. Hagelgans (Wildgans, Schneegans).

haam, haamzus

a nach o gefärbt und betont, allg. für heim, nach Hause. Der Anhang -zus, mit langem u, steht verstärkend für die Richtung.

Haambudde

die, nur Pl., a gelängt, nach o gefärbt und betont, gew. für Hagebutten.

Haamdigger

der, Pl. gleich, a lang, nach o gefärbt und betont, allg. für Heim­tücker, hinter­listiger Kerl. Met so aam kannst-de sibbe Seck Salz esse un kennst-en immer noch nit. Für die zum Beispiel bei Hans Sachs beliebten For­meln „heimliche, hemische duck“ (hämisch und Tücke) treten nh­d. Heimtücke und heimtückisch ein. Noch Lessing schreibt hämtückisch. Mhd. tuc: schnelle Bewegung, böser Streich.

haamgeie

a lang, nach o gefärbt und betont, in loss dich haamgeie: lass dich heimgeigen, mach, dass du fortkommst, aber auch: du kannst mit deiner Ansicht nicht an­kommen.

Haamichbloo

weder Genus noch Numerus, langes a betont: eine virtuelle Ware, die einzukaufen man am 1. April die Kinder in die Geschäfte oder in die Apotheke schickt.Geh’ mol enibber und kaaf mer e Pund Haamichbloo. Während Haumichblau auch in anderen Mundarten zu finden ist, scheint es sich bei den Syn­onymenAamoos (Augenmaß), Böschungshobbel, Krabbel-die-Wand-enuff, Lamberielaader, Stecknodelsame, Gewichtsstaa for die Wasserwoo und für Buchhaltungslehrlinge Scheckspalter um hiesige Spezialitäten zu han­deln, zu deren Besorgung die einst jeweils am 1. April eingeschulten Kinder und neu eingestellten Lehrlinge ‚in den April geschickt’ wurden. In Bayern taugten dazu auch ‚Oxtradium’ das aus der Apotheke zu holen war, auf gut deutsch ‚Ochs dreh dich um’, und ‚Binisodum’ (bin-i-so-dumm).

Haamschrurer

die, nur Pl., a nach o gefärbt und betont, Uzname für die Rauenthaler, weil diesen angeblich von der Bubenhäuser Höhe in die Weinberge zugerufen wurde: „Haam, schrure!“ (Heimkommen, schrötern!), wenn Wein verkauft war und wie damals üblich im Fass aus dem Keller geschafft werden musste; vgl. Scherzebauern.

Haare

die, nur Pl., a lang und betont, gew. für Zigeuner; schrspr. Heiden. En Haare-Geld: ein Heidengeld. Unordnung wird gerügt und ihre Beseitigung nahe gelegt mit dem Ausruf: Mer sin doch hier nit bei de Haare!

Haaresen

die, auch Haarefraa, Pl. Haareweiber: Zigeunerin.

Haargeloffene

der und die, Pl. gleich, langes a betont, abwertend für Zugereiste; schrspr. Hergelaufene, vgl. Ingeplaggde.

haaße

gehaaße, allg. für heißen (mit Vornamen). Der Mann heeßt Karl; vgl. schreibe.

Haawittche

das, Pl. Haawittcher, a lang und betont, gew. für Hau-Wittchen, also ein Wittche (s.d.) zum Schlagen.

Habbch

der, Pl. Hebbch bzw. Habbche, allg. für Habicht, auch gieriger Mensch. Ahd. habuh; das auslautende t kam erst gegen 1500 dazu, so dass unser Dialekt wie so oft der Urform näher ist.

Habpde

auch es Haubde, bedeutet soviel wie ’die Hauptsache.

Hack

die, kein Pl., gew. für Kredit, Geborgtes. Bei dem geht alles uff die Hack: der lebt nur auf Pump; schrspr. Haken.

Haddekuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für hartes flaches Gewürzgebäck in Rautenform. Die Operation, bei der zur Straffung der weiblichen Brust ein rautenförmiges Hautstück entnommen wird, wird in Mainz Haddekuche-OP genannt.

Haftche

das, Pl. Haftcher, kurze Vokale, a betont, allg. für U-förmige Krampen, mit denen die Drähte im Weinberg an den Stickeln (Pfählen) befestigt werden. Ahd., mhd. haft: Fessel; vgl. Keftche.

haggele

gehaggelt, kurze Vokale, a betont, allg. für hacken mit kleiner Hacke. Die Verklei­ne­rung wurde in das Verb eingebaut.

Haggesje

das, Pl. Haggesjer, a kurz und betont, Kinder­sprache für Milchzahn.

Halbe

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Viertelliter Wein. In den Weinbaugebieten wurde der Wein oft auch in Schobbegläsern vorgesetzt, das waren Stangengläser, die einen Schoppen (½ Liter) fas­sen. Halbe bedeutet also vor allem halber Schoppen Wein. Inzwischen ist der Halbe im Rheingau zum einen die standardmäßig ausgeschenkte Portion, zum anderen aber auf 0,2 l geschrumpft. Auch wenn man en Schobbe bestellt, wird man nichts anderes erhalten. Die winzige Menge von 0,1 l is e Piffche (s.d.).

halber

allg. bei der Uhrzeit für halb. Es is halber neun: Es ist 8.30 / 20.30 Uhr.

Halbscheid

die, kein Pl., a kurz und betont, veraltet für Halbteilung, Hälfte; ahd. halpisceit.

haldersch

kurze Vokale, a betont, gew. für halt, nun eben. Es werd haldersch nix.

Halfe

der, Pl. gleich, historisch für Vorspannfuhrmann, schrspr. Halfen; vgl. Leinereider.

Halles

der, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für Lärm, Getöse, Aufhebens. Mach so kaan Halles; jidd. halass: Lärm, Geschrei, Trubel.

Halsgnick

das, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, schwindend im Ge­brauch für Genick; dialekttypische Verdoppelung; vgl. Ank.

Hambel

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für dumm-gutmüti­ger Kerl, ein Mensch, der sich gängeln lässt, der keinen eigenen Willen hat; Kurzform für Hampelmann.

hammele Dotz

s. dotze.

Hammelmeisje

das, Pl. Hammelmeisjer, a kurz und betont, gew. für Grille. Deutsches Wör­terbuch: „Am Rhein die Hausgrille, Heimchen, auch Schmeichel­wort für Kinder; die schweizer Form hammemauch zeigt die ursprüngliche Form des zwei­ten Teils des Namens, geworden aus ahd. müh: heimlich“. Es wird vielfach angenommen, die Grille trüge diesen Namen wegen ihrer Springfüße, denn das Deutsche Wörterbuch nennt als 4. Bedeutung von hammeln: sprin­gen, hüpfen und bringt dieses Wort in Zusammenhang mit hampeln. Es gibt weitere Zusam­mensetzungen mit -hammel: Podhammel (s.d.) und Petzhämmel (Ameisen), auch Heimchen, Grillen, Mücken.

Handkees

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Mainzer bzw. Harzer Käse, Sauermilch-Magerkäse. 1689 definiert Stieler Quarkkäse als ‚caseus in formam melae manu pressus’: Käse in Handflächenform gepresst. En gude Handkees muss guud dorch sein, also durchgereift, innen glasig im Aussehen und weich, meintsweje aach so laafisch, dess mer’n zu zwatt esse muss – aaner issd-en un de anner held-en hinne fescht, dess-er nit fordleeft; wann-er noch drugge is odder am-End inne noch waaß vum Kwack, kimmt aam jo beim Esse de Staab zum Hals-eraus .

Handkees met Mussigg

u kurz und betont, allg. für Hand­käse, der mit Essig, Öl, Zwiebeln und Kümmel zubereitet ist, was bei der Verdauung zu ‚Musik’ führen kann.

hänge

s. hengge.

hanggele

gehanggelt, a kurz und betont, allg. für: Kinder auf der Schulter tragen.

Hanjer

der, Pl. gleich, auch Hanjee, a kurz und betont, gewöhnlich für 1. Handlanger, nicht sonderlich geschickter Mensch, 2. Kurzform von Hans-Georg, Hans-Jörg.

Hannebambel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, beide a nach o gefärbt, erstes betont, allg. für gutmütig-energieloser Mann, dem die Hand bambelt (hängt); einer, dessen Frau die Hosen anhat; vgl. Labbeduddel.

Hasebrot

das, Pl. Hasebrode, a und o gelängt, a betont, allg. für Frühstücksbrot, das vom Weinberg wieder mit nach Hause genommen wurde und über das angeblich der Hase gesprungen war, was das eher trockene Teil den Kindern schmackhaft machen sollte.

hasseliere

hasseliert, langes i betont, schwindend für stören, ärgern. Frz. harceler.

Hatzi

in der Kindersprache kommentierend zu einem Nieser, scherzhaft auch beim Schnuppern an Blumen.

Hauderer

der, Pl. gleich, au betont, allg. für Lohn-, Mietfuhrmann. Das Wort ist seit 1600 literarisch belegt und mit Heuer und Hure stammverwandt. Mozart traf es in Mannheim 1778: „Es giebt hier so Leute, die man Hauderer nennt, welche die Leute wohlfeil fahren“.

hause, do hause

allg. für draußen, da draußen, hier draußen.

Hausgang

der, Pl. Hausgäng, erste Silbe betont, allg. für Hausflur. Kann auch nur einfach Gang heißen. Wo is dann bei eich de Klo? – Ei do, de Gang lang. Das Wort Flur, und erst recht so etwas kompliziertes wie Korridor, kennt der Rheingauer Dia­lekt nicht.

hausmacher

Adj., Ton auf der ersten Silbe, allg. für im Haus hergestellte Ware, neuerdings eingeschränkt auf die Hausschlach­tung. Wurst aus einer solchen ist hausmacher. Wenn sie vom Metzger kommt, muss sie korrekt ‚Hausmacher Art’ heißen. Früher gab es den Begriff auch für selbst gewebtes Tuch oder selbst­gesponnenes Garn. Zum Gattungsbegriff Hausmacher Worscht gehören Lebberworscht, Blutworscht un Presskopp, also Kochwürste, bei deren Herstellung Worschtsupp entsteht (s.d.). Sie war besonders begehrt, wenn einige Würste geplatzt waren, deren Inhalt die Suppe anreicherte. Wenn es sich nicht um eine Hausschlachtung handelte, wurden die Kinder am Schlachttag mit einer Milchkanne zum Metzger geschickt, um die Suppe für das Abendessen abzuholen.

Hebammefinger

die, nur Pl., allg. für schlanke, zarte und sehr reinliche Finger, die natürlich zu Zeiten, als die meisten Leute grobe Arbeit verrichteten, besonders auffielen.

hebbele

gehebbelt, kurze e, das erste betont, allg. für Lachen in kurzen Rhythmen, meckernd lachen. Das Meckern weist auf den Zusammen­hang mit Hebbes hin.

Hebbes

die, Pl. Hebbese, kurze e, das erste betont,

1. allg. für Ziege. Mei Hebbesje: Zärtlicher Ausdruck der Mutter zum Kind. Ebbes for die Hebbes, was die Gaas nit frisst, vgl. ebbes;
2. Dialektabkürzung für die Namen Hedwig und Josef. Das Wort ist idg. verwurzelt und begegnet uns noch in dem oberdeutschen Haber­geiß.

Hechelgass

die, ohne Pl., kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Bank­reihe in Grünanlagen oder am Rheinufer, von der aus Vorübergehende dorchgehechelt wern. Hier wirkt das Gerät Hechel: Werkzeug zum Auskämmen von Flachs, übertragen auf spitze Rede.

Heeb

die, Pl. Heebe, allg. für Hippe, gebogenes, axtartiges Haumesser, mit dem Holzpfähle, etwa Bohnenstangen, angespitzt wurden; ähnlich einer Machete.

Heef

die, ohne Pl., langes e, in dem Ausdruck er hot die Heef: er ist betrunken.

heern

geheert, allg. nicht nur für hören, sondern auch für gehorchen. Ihr misst eierm Lehre heern.

hefde

geheft, kurze e, erstes betont, allg. für das Anheften der grünen Rebtriebe an die Spanndrähte im Sommer, damit sie weniger dem Wind und mehr der Sonne ausgesetzt sind und nicht zuletzt, damit die Rebzeile gut durchlüftet wird, was Krankheiten entgegenwirkt.

Heggebanggert

der, Pl. gleich, kur­ze Vokale, erstes e betont, beleidigendes Schimpf­wort, das unter­stellt, dass der Beschimpfte heimlich hinter der Hecke, also unehelich gezeugt sei; vgl. Banggert.

Heggebeck

die, nur Pl., alter Uzname der Wollmerschieder, die im Frühjahr von diesen Quälgeistern besonders belästigt waren.

Heggebock

der, Pl. Heggebeck, kurze Vokale, erstes e betont, gew. für Zecke. Heggebockshause ist eine ironisch-abwertende Bezeichnung für Keffer im Hinterland; vgl. Kaff.

Heggewertschaft

die, Pl. Heggewertschafde, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Haus­aus­schank der Winzer. Gleichbedeutend sind die Bezeichnungen Straußwertschaft (s.d.)und Zabb­wert­schaft, wo der Wein gezabbt: verzapft wird. Früher, als die Absatzmöglichkeiten schlechter waren, gab es häufiger Straußwirtschaften; für die zahlreichen Nebenerwerbswinzer stellte das oft den einzigen Absatzweg dar. Der vor dem Haus an langer Stange aufgesteckte Strauß, die Hecke, meist von Nadelbäumen, ist das gewöhnliche Zeichen; seltener ein Kranz (dann genau genommen Kranzwertschaft; im Badischen und am Bodensee Rädlewirtschaft; in Württemberg wird ein Besen aus Birkenreisern herausgehängt, deshalb dort Besenwirtschaft; in Österreich Buschenwirtschaft). Der Begriff des Unzünftigen, nicht privilegierten, der dem Wort Heggewertschaft und Heggewert beigemischt ist, hat geschicht­lichen Grund. Privilegierte Wirte waren nämlich nur die Schildwirte als Inhaber von Einkehr­häusern. Heckenwirte durften nur selbst erzeugten Wein ver­abreichen. Diese Gerecht­same ist schon sehr alt. Nach einem Bericht des Vizedomamtes, der kurfürs­tlichen Verwaltung, an die Regierung vom 14.07.1787 „Über die bürgerlichen Freiheiten, Vorzüge und Nutzbar­keiten“ werden bei jeder Huldigung an einen neuen Kurfürsten die Privilegien der Bürgerschaft „konfirmiert“, darunter: „darf ein jeder Bürger, derselbe mag von einer Profession sein, von welcher er wolle, gegen Erlegung des Akzises mit dem öffentlichen Weinzapf sich abgeben und neben seiner treibenden Profession auch davon Nahrung verschaffen“. Die Straußwirte dürfen keinen Fremdwein, sondern nur Wein aus eigenem Anbau ausschenken und die Wirtschaft nur wenige Monate im Jahr öffnen.

Hehleforscher

der, Pl. gleich, erstes e lang und betont, gew. für Frauenarzt; schrspr. Höhlenforscher; vgl. Schneck, dort Schneggedogder.

Heiermann

der, Pl. Heiermänner, gew. für Fünf­markstück. Aus dem Rotw., jidd. hej: fünf. Nach Einführung des Euro nicht mehr gebräuchlich – es gibt keine Fünf-Euro-Münzen.

Hemb

das, Pl. Hember, auch Himb, gew. für Hemd. Früher konnte man hören Was brauch eich Babeir, eich butze de Arsch mem Himb ab, aber diese Zeiten sind lange vorbei.

Hemdschisser

der, Pl. gleich, er­stes e betont, gew. Spottwort für Maler und Tüncher wegen der langen weißen Arbeitskit­tel.

Hemm

die, Pl. Hemme, gew. für Bremsklotz, Handbremse beim Fuhrwerk. Substantivierung des Verbs hemmen. Kommt auch als Hemm-sreck vor, vgl. dazu hufe.

Hengel

der, Pl. gleich, erstes e kurz und betont, allg. für 1. Weintraube.

2. Menge von Sachen oder Menschen auf kleinem Raum. En Hengel Leit: eine Menge Leute. Eigentlich der Begriff für zusammen Aufgehängtes.

hengge

gehangge, auch gehongge, Stammvokal kurz und betont, allg. für hängen, zum Beispiel früher der Aus­hang im Kasten des Standesamtes bei Heiratsaufgeboten. Die Uffgebode hengge im Kästche. Die Wesch werd an de Lein uff- un abgehenkt. Wer ein Liebespaar während der Vereinigung überrascht hat, kann derb berichten: Se hon unne samme­gehongge.

Hensche

die, nur Pl., kurze e, erstes betont, gewöhnlich für Handschuhe; mhd. hentsche.

Herbscht

der, kein Pl., allg. für Weinlese. Wie war de Herbscht?: Wie gut war eure Ernte?

Herbscht-muck

die, kein Pl., kurze Vokale, e betont, allg. für die Person, die die letzte Traube geerntet hatte, wozu man gern hübsche Leserinnen aussuchte, und mit Weinlaub bekränzt auf dem Traubenwagen nach Hause zur Herbstschlussfeier gefahren wurde; vgl. Muck.

Heringsbändicher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, allg. Spottname für Kolonialwaren­händler und insbesondere ihre Lehrlinge.

Hern

das, kein Pl., e kurz, allg. für Kopf, Hirn. Ich haa der widder’s Hern: Ich hau dir gegen den Kopf. Der Kerl hot jo kaa Hern: Er ist sehr unvernünftig. Dir hon-se jo ins Hern geschisse oder Du bist jo hernstinggisch: Vulgärer Vorwurf bei Dummheit. Der hot Ferz im Hern: Der spinnt. Do kannst-de lang pigge, bis-de ans Hern kimmst: Der wird so schnell nichts begreifen.

Hernche

das, Pl. Herncher, erste Silbe betont, allg. für Gebäck in Hörnerform; vgl. Merwesje.

Herrgottsdierche

das, Pl. Hergottsdiercher, auch Herrgottskewwer, erstes e kurz und betont, allg. für Marienkäfer. Woher das Tier aus der Familie der Coccinellidae den Bezug zur christlichen Religion hat, ist unklar; vgl. Gehannskewwer, Gliggskewwer.

Herrschaftsbosse

die, nur Pl., kurze Vokale, erstes e betont, allg. für überkandideltes Benehmen, Vorhaben, die man sich nicht leisten kann; vgl. Bosse, Reicheleitsferz.

Herzbennel

der, kein Pl., kurze e, erstes betont, allg. in dem Ausdruck sich de Herzbennel ab­renne: sich beim Herumlaufen überanstren­gen. Dem Ausdruck liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Herz an einem Bändel hängt, das reißen kann, wenn man es überbeansprucht.

Herzkaschber

der, Pl. selten, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Herzprobleme aller Art, auch vermeintliche.

Hexe

die, nur Pl., einer der Uznamen der Erbacher; so heißt auch der dortige Frauen-Fassenachtsverein. Die Herkunft des Namens ist dunkel; vgl. Stifderabbeler.

hibbe

gehippt, i kurz und betont, allg. für hüpfen, springen. Hibb enei in de Rhei, wann de nass willst sei ist ein Spottwort auf allzu badefreudige Leute.

hibbe un dribbe

adv., allg. für hüben und drüben.

Hibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Hügel; ahd. hubil.

Hibbsaal

das, Pl. selten, i kurz und betont, gew. für Hüpfseil; vgl. Saalhibbe.

hieblodsche

s. blodsche.

Hietraabrettche

das, langes i betont, gew. für Tablett; schrspr. Hintragebrettchen.

Higgelches

ohne Genus, kurze Vokale, i betont, gew. für Hickelspiel. Dazu wird mit Kreide jeweils eines von verschiedenen Higgelheisjer auf die Straße gemalt, in denen nach bestimmten Regeln herumzuhüpfen ist.

higgele

gehiggelt, kurze Vokale, i betont, allg. für ‚auf einem Bein hüpfen’. Auch in der Bedeutung hinken, so wie es im Wortverzeichnis von Lennigs Ge­dichten übersetzt wird. Bereits mhd. bedeutet hickeln hüpfen, springen.

Hinggel

das, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Huhn. Kurz vor dem Eier legen / Brüten sein die Hinggel briehich. Wenn es heißtIch laaf erum wie e briehich Hinggel, dann ist jemand fiebrig, nervös, evtl. mit einer Grippe ‚im Anzug’. Im Unterschied dazu istHinggelsbrieh die Hühnersuppe oder Geflügelbrühe. Hinggelslaader ist die Hühnerleiter oder eine enge, steile Treppe; Hinggelsperch ein Hühnerstall. Hinggel für Huhn ist im ganzen süddeut­schen Raum verbreitet. Es beruht auf ahd. huoni-klin, der Verkleinerungsform von Huhn. Perch, schrspr. Pferch, von lat. parricus: Gehege; vgl. Giggel.

hinne wie vorne

nur in der Verneinung der is aach nit hinne wie vorne: der ist unaufrichtig.

hinne-naus

hinten hinaus bzw. heraus.

hinnerscht-de-verderscht

adv., erste und vierte Silbe betont, allg. für rücklings, verkehrt herum, das Hinter­ste zuvorderst; vgl. unnerscht-dribberscht.

hinne-vorne wie hööcher

und ähnliche Kombinationen allg. für völlig gleichgültig, einerlei.

hinnewidder

bis hinnewidder, kurze Vokale, Kombination von ’hinten’ und ’wider’ (gegen), also etwa ’bis zum Anschlag’. Man kann es Maul uffreiße, die Heizung odder des Radio uffdrehe, un e lang Schlang an de Security im Airport geht aach bis hinnewidder,

Hochsaascher

der, Pl. gleich, o gelängt und betont, derb für Großmaul, Angeber, aaner der met de große Hund pisse will, abber’s Baa nit hebe kann. Als Oskar Lafontaine in der Politik noch eine Rolle spielte, haben böse Leute behauptet, sein Familienname wäre die frz. Übersetzung.

hogge

gehockt, o kurz und betont, gew. für sitzen. Das Wort ist alt und allgemeindeutsch, im Rheingau aber sehr beheimatet, auch wenn seine An­wendung für sitzen nicht als fein gilt. Vielleicht aber auch gerade deshalb, denn die Abwertung von Wörtern ist ja ein Symptom für Alter. Hock dich hie: setz dich hin, beisamme hogge: beieinander sitzen, Hoggebleiber: Sitzenbleiber und er hot gehockt: er war im Gefäng­nis; es sei denn, ein anderer Ort wird genannt: Wo war dann de Kall so lang? Ei der hot uffem Klo gehockt.

Hogge

die, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für Händlerin auf dem Markt, Marktfrau, oder besser Mackfraa (s.d.). Die Mackweiber hö­rten die Bezeichnung Hogge nicht gern. Dass es sich um eine alte, sogar amtliche Berufsbezeichnung handelt, zeigen die Mainzer Schatzungsma­nuale (Steuerlisten) von 1784 / 97: Hock, Hocker, Obsthock, Dörrgemüsehock sind häu­fig anzutreffen. Die Hockerei galt im kurfürstlichen Mainz und im kurmainzischen Rheingau als minder be­trächtliche Handelschaft, die man Beisassen und Tolerierten, das heißt Nichtbürgern ‚per con­ventiam’: mit zugedrückten Augen er­laubt, da sie als nicht Eingebürgerte eine ‚öffentliche Nahrung’ nicht betreiben dürfen (aus einem Be­richt des Vizedomamtes an die kurfürstliche Regie­rung vom 14. Juli 1787).

Hoggebleiber

s. hogge.

hoggele

gehoggelt, kurze Vokale, o betont, derb für koitieren, so auch in Zuckmayers Fröhlichem Weinberg. Manche sagen auch verhüllend die Ent bade oder de Hering wässern.

Hohl

die, kein Pl., langes o, allg. für eine ansteigende, in einen Berg­- oder Hügelrücken eingeschnittene Straße, nach altem Begriff schlecht oder gar nicht zu befahren. Beliebte Stra­ßenbezeichnungen z.B. Kühhohl, Waldhohl, Weinhohl. Der schrspr. Hohlweg hat eine ähnliche Bedeutung.

Holländerflooß

das, Pl. Holländerfleeß, litera­risch überliefert für große Flöße, die vor Mainz-Kastel vor „seichtem Rheinbette“ aus kleineren Flößen vom Main und Oberrhein zur Weiterfahrt nach Hol­land zusammengesetzt wurden und dann durch die gefährliche Mittelrheinstrecke mussten.

Hollefernes

der, Pl. Hollefernese, kurze Vokale, dritte Silbe betont, allg., aber selten geworden, für dicken Kopf. Das Spottwort Was hot ’n der for’n Holle­fernes bezieht sich wohl auf die Passage im biblischen Buch Judith (K 13, V 15), wo sich die Heldin während der Belagerung von Betulia ins feindliche Lager von Holofernes, General des babylonischen Königs Nebukadnezar II. einschleicht, ihn betrunken macht und ihm anschließend den Kopf abschlägt. Vielleicht spielt auch der Vergleich eines großen Kopfes mit einem hohlen Fernsel (s.d.) eine Rolle.

Honigfass

das, Pl. Honigfässer, außer Gebrauch gekommenes Hüllwort für Jauchefass, mit dem die Bauern den Inhalt der Abortgruben ab­führten. Ende des 19. Jh. begann man damit, die Entleerung durch dampfbetriebene Absaugvorrichtun­gen mit entsprechend fassungskräfti­gen Tonnenwagen zu erledigen, die ihrerseits mit dem Ausbau der Ka­nalisation allmählich verschwanden.

Hoordieb

der, langes o betont, Spitzname für Friseur.

Hoor-eil

die, Pl. Hoor-eile, a lang und betont, verächtlich für unsauberes, schlecht frisiertes, auch gesellschaftlich und moralisch nicht schätzenswertes Frauen­zimmer; schrspr. Haar-Eule.

Hormel

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für Rausch. Man unterschei­det leichte und schwere. Ein Hormel kann aber auch ein unbelehrbarer Mensch sein; vgl. Dormel.

Horn

ins H. petze, allg. für vergebliches Mühen um Ver­ständ­nis, um Folgsam­keit. Des is grad wie wammer-eme Ochs ins Horn petzd.

Hoschbes

der, Pl. Hoschbese, kurzes o betont, gew. für 1. zappeli­ger Mensch, närri­scher Kerl; 2. Wirt. Aus lat. hospitium über jidd. oschpis: Wirts­haus.

Hose wenne

gewennt, o gelängt und betont, Hüllwort, wenn man sich bei der Wingertsarbeit mangels sanitärer Einrichtungen hinter die nächste Hecke hockt, um sich zu erleichtern.

Hosebrunzer, Hosepisser, Hosesaascher

der, Pl. jeweils gleich, gelängtes o betont, vulgäre Be­schimpfungen, die unterstellen, dass der Be­schimpfte bei Angst seine Bedürfnisse nicht beherrscht.

Hosefligger

der, Pl. gleich, o gelängt und betont, allg. für

1. das korrekterweise Schnake genannte Insekt mit den langen Beinen, das nicht sticht (Gattung Tipulidae);

2. auch Schneidergaas, Spinnentiere mit ebenso langen Beinen (Weberknechte, Gattung Opiliones). Beide heißen so nach den armen Flickschneidern, die (und deren Geißen) mangels Sport und guter Nahrung auch immer dünne Beine hatten.

Zur Stechmücke (Aedes vexans) vgl. Schnook.

Hoseschisser

der, Pl. gleich, gelängtes o betont, gew. für ängstlichen Menschen. Aber auch für Fedderweise (s.d.) wegen seiner Wir­kung.

Hubbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, 1. allg. für Erhöhung, Hügel, 2. derb für Scham­hügel.

hudsche

gehutscht, auch hudschele, u kurz und betont, allg. für kuscheln. Kleine Kinder hudsche gern bei ihrer Mama im Bett. Daher auch: warm halten.

Hudsimbel

der, Pl. gleich, u lang und betont, allg. Steigerungsform für Sim­pel, Einfaltspinsel. Mhd. hut oder hud: Wacht gehörte bis ins ausgehende Mittelalter zu den Alltags­begriffen und wurde auch in der Kanzleisprache angewendet als Bezeichnung der bürgerlichen Wachtpflicht an Toren, auf Mauern und Türmen und bei den Landwehren. Hudsimbel hat also nichts mit der Kopfbedeckung zu tun, sondern bezeichnet ei­nen einfältigen Menschen, der für die anderen Bürger den Wachtdienst leisten muss, wobei dem Wortteil -simbel das lat. simplex: einfach zugrunde liegt.

hufe

gehuft, auch serickhufe, u lang und betont, Ge­meingut des deutschen Wortschatzes in der Bedeutung ‚einen bespannten Pferdewagen zurückbewegen’. Die bild­liche Bedeutung ‚etwas zu kühn Be­hauptetes zurücknehmen’ ist lokal. Serickhufe, Imperativ Huf serick! ist die im Dialekt häufige verdeutlichende Verdoppelung. Kann man auch ohne Fuhrwerk sagen, so wie schrspr. im übertragenen Sinne vom Zurückrudern gesprochen wird.

Humbeschnut

die, Pl. Humbeschnude, erstes u betont, ge­w. für Mund mit dicken, vorge­schobenen Lippen. E Humbeschnut mache ist Ausdruck des Un­willens. DieRheingauer schaffen sich gern Bild­worte für auffallende Mundformen: Briefkasteschnut, Lebbergosch, Portmanneeschniedche, Selderswasserklicker­fläschje­schnudche (s.d.).

Hund

der, Pl. gleich, kein Dialektwort, aber wichtiger Bestandteil eines Spruchs, der einem ‚aber wenn’-Zweifler entgegengehalten wird: Ei wann de Hund nit geschisse hätt, härre de Has krieht.

Hundsforze

die, nur Pl., kurze Vokale, u betont, vulgär für entschiedene Ablehnung bzw. zur Kennzeichnung eines Fehlschlags oder einer abwegigen Idee. Wegen des beleidigend-ge­meinen Sinns manchmal auch als Umschrei­bung hv (Havau) oder hv im Tüttche (ü betont). Vulgäre Beendigung der Diskussion, wenn jemand trotz intensiver Aufforderung badduh nix esse will: Do fress halt Hundsforze, do werd-der aach ’s Maul nit fett.

Hundskopp

der, Pl. Hundskebb, in der Kellerwirtschaft für gebogenes Rohrstück aus Messing. Es wird nach dem Anstich uff de Krane (s.d.) geschraubt, um den Weinstrahl nach unten in die Brenk (s.d.) zu lenken; heute nur noch wenig gebräuchlich.

Hurra-die-Gei

allg. für schnell, überstürzt; Wortherkunft unklar.

Husdeklumbe

der, Pl. gleich, auch Husdeguutsje, erstes u lang und betont, allg. für Hustenbonbon, aber auch für Kleinwagen.

Hussje

das, Pl. Hussjer, kurze Vokale, u betont, allg. für Ge­richtsvollzieher, wobei -je als Verkleinerungs­silbe aufgefasst wird; frz. huissier.

Hutsch

die, Pl. Hudsche, allg. für Haut der Traubenbeere, insbesondere wenn sie beim Trauben essen ausgespuckt wird, was als ungehörig gilt.

Hutschebebbes

der, kurze Vokale, u betont, in dieser Form überliefert Carl Zuck­mayer in seinem Fröhlichen Weinberg das Wort Udschebebbes, s.d.

Hutzel

die, Pl. Hutzele, u kurz und betont, auch Hotzel, allg. für Falte einer gewachsenen Oberfläche, vertrocknete Frucht, faltige Frau,. Daab (taube) Hutzel ist ein verächtlicher Schimpfausdruck. Mhd. hutzel: gedörrte Frucht; Adj.: hutzelich; vgl. schrumbelich.

Zum Seitenanfang

I

ibber

Verhältniswort, kurze Vokale, i betont, allg. für über. In der loka­len Verwendung

1. geographisch ibberhöhisch: hinter den Bergen, ibberrheiner: jenseits des Rheins;

2. übergenug, zuwider: Allewei bin oder hab ich’s ibber;

3. an Stelle von ‚zu’ oder ‚von’. Er hott ibber mich gesaat: er hat zu mir gesagt. Ich hon ibber des-un-des geredd: ich habe von dem-und-dem gesprochen.

ibberdem

i kurz und betont, allg. für inzwischen, währenddessen; schrspr. über dem.

ibber-ecks

Adj., kurze Vokale, i betont, allg. für ‚im Winkel zueinander’, aber auch schief, quer, verkehrt; schrspr. über Eck.

ibber-enzig

Adj., kurze Vokale, i betont, gew. für überflüssig, übergenug. Aus Darmstadt durch Niebergalls Datterich belegt. Aus einer Handwerker­rechnung für das Domstift in Mainz vom 16.03.1684 wegen der Her­richtung einer Bestattung im „Creitzgangk“: „Den überrentzigen Grunt wieder hinausgeschaft, den Grabstein gelegt“; mhd. uberenzec.

ibberhibbele

ibberhibbelt, kurze Vokale, zweites i betont, allg. für über­springen, in der Reihenfolge überge­hen; schrspr. überhüpfen; vgl. Hibbel.

ibberleern

ibberleert, langes e betont, kellerfachlich für Ausleeren eines Fasses über das Spundloch. Das funktioniert natürlich nur, wenn das Fass nur noch einen Rest enthält, damit das Spundloch nicht nur nach unten gedreht, sondern das Fass zum Aufnehmen des Rests auch uff e Biddche oder Brenkche bugsiert werden kann; vgl. Bidd, Brenk.

ibberschd-dribberschd

gleichbedeutend mit unnerschd-dribberschd, s.d.

ibberzwerch

s. zwerch.

Iddi

der, Pl. Iddis, erstes i betont, verharmlosende Abkürzung von Idiot.

ierische

ge-ierischt, langes i betont, allg. für wiederkäuen. Das dazu gehörige Adjektiv erhält den Sinn von widerwillig, wenn man den Ausdruck auf das menschliche Essen anwendet: des Kind kaut ierisch. Idg. Wurzel reug, lat. e-ructare: rülpsen, ausspeien, ahd. itarucken.

iggele

ge-iggelt, kurze Vokale, i betont, allg. für zum Streit reizen, her­ausfordern, Streit suchen, streiten.

Ihne

Anredeform, i lang und betont, gew. für: Sie. Ich kenn Ihne, ich hab Ihne lang nit mehr gesehe. Ihne dient auch als Erweiterung des besitzanzeigenden ‚ihr’ auf derselben entwerteten Anwendungsebene: Ihne ihrn Hut, Ihne ihr Fraa, Ihne ihr Kinner.

Ilwedridsch

s. Elwedridsch.

Imbs

der, Pl. selten, allg. für Im­biss, Mahlzeit. Ahd. enbizan: essend oder trinkend ge­nießen; mhd. ze imbiz nehmen.

indeierlich

Adv., i der ersten Silbe betont, für treuherzig, aber auch herzzerrei­ßend beim kindlichen Weinen. Des Kind guckt so indeierlich; es hot indeierlich geflennt.

indja

kurze Vokale, i betont, gew. für betonte Beja­hung, etwa ‚Ja, so ist es’. Die Form enthält in der Betonung etwas wie Trotz; vgl. enãã.

infällich

Adj., auch infäldich, kurze Vokale, erstes i betont, gew. für einfältig. Kommt auch in der Variante ããfällich, ããfäldich vor, s.d..

Ingeflehde

der und die, Pl. gleich, schrspr. eingeflöht, d. h. unversehens, wie ein Floh, hierher gera­ten, historisch für Flüchtlinge, die sich in Notzei­ten in den freien Rheingau gerettet hatten. Heute allg. für Zugereiste; vgl. Haargeloffene.

ingeje

ingange, i kurz und betont, über die ugs. Bedeutungen hinaus, wonach ein Stoff oder ein Tier eingehen kann, bei uns auch für enttäuschte Erwartungen: Do bist-de abber met deim Plan schee ingange.

Ingeplaggde

der und die, Pl. gleich, kurze Vokale, allg. für Zugezogene, mit Rheingauer Dingen Unvertraute; gutmütiges Spottwort. Schrspr. eingeflickt, vgl. Plagge, Hargeloffene.

inkrache

ingekracht, kurze Vokale, i betont, gew. für zusammenstürzen.

inmache

ingemacht, kurze Vokale, i betont, allg. für einkochen, durch Kochen unter Luftabschluss in Gläsern oder Dosen sterilisieren. Nach den führenden Firmen Weck und Rex für Einmachgläser auch inrexe und inwegge genannt.

innewennich

kurze Vokale, erstes i betont, allg. für innen, inwendig.

insaafe

ingesaaft, i kurz und betont, 1. allg. für Gesicht mit Schnee einreiben; 2. gew. für betrügen; 2 hat im Gegensatz zu 1 nichts mit schrspr. einseifen zu tun, sondern mit rotw. beseiweln: bescheißen, jidd. sewel: Dreck.

Inschel

der und das, ohne Pl., i kurz und betont, allg. für Unschlltt, Talg.

inseggele

ingeseggelt, kurze Vokale, i betont, allg. für einstreichen, an sich nehmen; meist abwertend gebraucht; vgl. Seggel.

inwiggele

ingewiggelt, gew. für belügen, in die Irre führen; schrspr. einwickeln.

Ische

die, Pl. gleich, i kurz und betont, im Gebrauch zurückgehend für Judenfrau, abfällig für Frau; rotw. und jid­d. ische: Weib, Ehefrau.

Ische-Beele

die, kein Pl., i kurz und betont, gleichfalls zurück­gegangen im Gebrauch für Ische. Beele heißt in jüdi­schen Kartenspielen die Dame im Trumpf; jidd. beele: Herrin.

Zum Seitenanfang

J

jachdern

gejachdert, kurz und betont, allg. für sehr rasch laufen, auch in höchster Geschwin­digkeit fahren.

jachele

gejachelt, a kurz und betont, allg. für hecheln, Atmen mit heraushängender Zunge, kurz und stoßweise atmen.

jaunern

gejaunert, au betont, allg. für jammern, quengeln. Jaunerkatz ist ein weinerliches Kind; lautmalend.

jetzert

Adv., kurze e, erstes betont, gewöhnlich für jetzt, besonders in betonter Stellung. Abber jetzert! leitet nach vergeblichen Mü­hen den erneuten Versuch ein, der Erfolg bringen soll.

joger

adv., o gelängt und betont, allg. für teuer, heikel, gewagt. Also des is mer zu joger. Jidd. joker: kostbar, selten.

Joges

der, ohne Pl., o gelängt und betont, allg. für Jux, lautes Vergnügen. Es war en Mords-Joges; lat. iokus: Scherz, Spaß.

Josdes

verdutzter Ausruf, entspr. ugs. Jesses bzw. schrspr. Jesus. In der Verneinung Josdes nãã bagatellisierend.

Juchee

die, kein Pl., u kurz und betont, e lang, allg. für die oberste Galerie im Theater, auch für höchsten Punkt in einem Raum, im Ge­lände oder auf bzw. unter dem Dach.

Judde-aldar, Engel am

Ausdruck für falsch platziert, unangebrachtes Auftreten. Sieht aus wie en Engel am Judde-aldar.

Juddeferz

die, auch Juddeferzjer, kurze Vokale, u betont, gew. für sehr kleine Kra­cher (Feuer­werkskörperchen) zu Silvester. Der Singular ist nicht gebräuchlich, weil die winzigen Dinger nur kettenweise gehandelt werden; auch Nonneferz, s.d.

Juddekerchof

der, in der Redensart e Gebiss wie en Juddekerchof für schief und einzeln stehende Zähne. Gläubigen Juden ist es durch ihre Reli­gion verboten, Grabsteine, die sich abgesenkt haben, wie­der gerade zu richten. Auf älteren Judenfriedhöfen sieht man daher viele schiefe Grabsteine. So in Mainz noch heute auf dem weitgehend erhalten gebliebenen jüdischen Friedhof an der Mombacher Straße und ebenso in Worms auf dem großen alten Friedhof Im Judensand zu besichtigen.

Juddeknechelche

das, Pl. selten, u kurz und betont, allg. für innerer Knochen am Ellenbogenge­lenk; schrspr. Musikantenknochen.

juggele

gejuggelt, auch erumjuggele, u kurz und betont, gew. für unruhig hin und her bewegen, hin und her rutschen: Juggel doch nit so uff deim Stuhl erum; auch für langsam fahren: do simmer gemiedlich noo Wissbade gejuggelt. Auch derb für onanieren, koitieren.

Jule

u gelängt, Dia­lektabkürzung des Namens Julia. Babbjule ist eine ungepflegte Frau.

Zum Seitenanfang

K

Kaade blotsche

geblotscht, lan­ges a betont, gew. für Kar­ten spielen. Die Spieler sind Kaa­de­­­blotscher, weibliche Form Kaadeblotsch bzw. Kaadeblodschern; bedeutet auch Kar­ten­le­gerin.

Kaarscht

der, Pl. Keerscht, allg. für Karst, schwere Hacke mit zwei flachen Zinken zur Boden­be­ar­beitung. Wenn sie vorn zwischen den Zinken einen Steg (Brücke) hat, isses en Briggekaarscht. Die Stammsilbe kar bedeutet hart, steinig. Mhd. karst; vgl. erleje, verlechene, Geerschdche.

Kaarschthelm

die, nur Pl., alter Uzname der Mittelheimer, wobei offen bleibt, ob die sich oft auf die Stiele ihrer Hacken gestützt haben oder ob diese dort früher in besonderem Maße hergestellt oder gehandelt wurden.

Kabb

neber de K. sein, s. neber.

kabbele

gekabbelt, a kurz und betont, allg. für streiten unter Nahestehenden. Schrspr. ist Kabbeln das Gegeneinanderlaufen von Wellen.

Kabbes

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Kohl, aber auch Unsinn. Kabbeskopp ist dementsprechend sowohl der Kohlkopf wie auch ein Mensch, der Unsinn im Kopf hat. Im Pl. Kabbeskebb, hängen sie – traditionell mit Wurzelstrunk – bei der Eltviller Kabbeskerb Ende Oktober an vielen Häusern. Lat. caput, ahd. kabuz, mhd. kabez: Haupt; frz. cabus: Kohlkopf.

kabores

adv., o gelängt und betont, allg. für kaputt. Wahrscheinlich eher ein Spiel mit der Lautähnlichkeit zwischen schrspr. kaputt und jidd. kapore und weniger eine Bedeutungs­ver­bindung: Sühneopfer, für das am Vorabend des Versöhnungstages ein Huhn geschlachtet wurde; später übertragen auf lästige und unangenehme Menschen oder Dinge.

Kabottche

das, Pl. Kabottcher, o kurz und betont, allg. für unmoderner Hut. Kapotthüte waren in den 1880er Jah­ren modern, wurden aber von älteren Frauen weiter getragen. Frz. capote: Regenumhang mit Kapuze. Wahrscheinlich gehörte zum Kapotthut ein Schulter­umhang.

Kadoffel

die, kein Pl., kurze Vokale, o betont, 1. Schimpfwort für alte oder ältere, verblühte Frau: aal schrumbelisch Kadoffel; 2. gew. für großes Loch in der Ferse des Strumpfs.

Kadoffelkeefer

s. Schlaafsaal.

Kaff

das, Pl. Keffer, elendes Nest, abwertend für Dorf. Rotw. vom hebr. Buchstaben k, gesprochen kaph, als Abkürzung von jidd. kephar: Dorf; vgl. Heggebock.

Kaffeebube

die, nur Pl., alter Uzname der Hattenheimer, weil die angeblich in ihrer Bull (s.d.) immer nur Kaffee mit in die Wingerte nahmen.

Kaffer

der, Pl. Kaffern, meist als Schimpfwort für Dummkopf, Bauer; jidd. und rotw. kapher: Bauer, Dummkopf, auch Bube im Kartenspiel. Die Bezeichnung für die Bantu in Deutsch-Südwest-Afrika zur Zeit Kaiser Wilhelms II. ist davon unabhängig, sie kommt von span., port. cafre: Barbar, dies wiederum von arab. kafir: Ungläubiger. Beide Bedeutungen wurden aber vermischt.

Kafrus

die, Pl. Kafruse, u gelängt und betont, gew. für Gesell­schaft, Zusammen­gehörende im wegwer­fenden Sinn. Die ganz Kafrus: alle die, deren Einzelbenennung zu lästig ist. Mer mache kippe-kafrus: wir teilen die Beute. Jidd. chawrus in gleicher Bedeutung; Kippe machen: Gewinn teilen.

Kaftan

der, Pl. selten, erstes a kurz und betont, scherzhaft für schwarze Roben aller Art, sei es für Pfarrer, Juristen oder feine Damen. Jidd. kaftn: Galakleid, aus persisch haftan: unter dem Panzer zu tragendes Gewand.

Kahme

der, auch Kahne, kein Pl., a lang und betont, kellerfachlich für weißflockige obergärige Hefeart (Mycoderma vini) auf dem Wein bei nicht ganz gefülltem Fass. In Symbiose mit ihr siedeln Essigbakterien und andere Weinparasiten, sie verursacht daher unangenehmen Geschmack. In Zeiten, als Wein noch in kleinen Fässern an die Kunden versandt wurde, galt trotzdem: Lieber aane met Kahne als gar kaane. Lat. cana: grau, mhd. kam bzw. kann; Adj.: kaanig.

kajaggern

kajaggert, kurze Vokale, zweites a betont, gew. für sehr rasch laufen, mit Fuhr­werk sehr rasch fahren, dahinjagen.

Kalb Moses

das, kein Pl., o betont, gew. für begriffsstutzige Person.

Kamuff Kamuffel

s. Kanuff.

Kannalljevool

der, auch Kanalljevuul, Pl. Kannalljeveel, zweites a betont, allg. für Kana­ri­­en­vogel.

Kannebee

das, Pl. selten, a kurz und betont, allg. für Sofa; frz. canapé, was freilich auch Schnittchen heißen kann.

Kanuff

der, Pl. Kanuffe, kurze Vokale, u betont, allg. für durchtriebener Kerl. Hebr. chanaph: Heuchler, Schmeichler. Die Nebenfor­men Kamuff und Kamuffel sind of­fenbar unter Einwir­kung von frz. camoufler: vermummen, kränken, zustande gekommen.

Kanzelschwalb

die, Pl. Kanzelschwalbe, kurze Vokale, erstes a nach o gefärbt und betont, gew. für Frömmlerin, Betschwester.

karich

Adj., langes a betont, allg. für engherzig, geizig, abweisend. Mhd. karc: schlau, zäh im Hergeben. Schrspr karg; vgl. arich.

kariert

s. gewerfelt.

Kaschneh

das, Pl. gleich, kurzes a betont, gehoben für Hals­tuch; frz. cache-nez: gro­ßes Halstuch, in dem man die Nase verbergen kann.

Kascho

das, kein Pl., a kurz und betont, o gelängt, selten ge­worden für Bett, Lagerstätte. Ich gehn ins Kascho: ich gehe zu Bett; frz. cachot: Gefäng­nis.

Kaschpo

der, kein Pl., a kurz und betont, o gelängt, geho­ben für Blumen-Übertopf; frz. cachepot: Topfhülle.

Kasore

die, nur Pl., o gelängt und betont, nicht allg. für Krankheit, Gebrechen. Met de Johre kumme die Kasore. He­br. chasorem: Fehler, Mangel; frz. cassure: (Zusammen-) Bruch.

Katzekopp

der, Pl. Katzekebb, kurze Vokale, a betont, allg. für kleiner Mörser zum Salut schießen.

Katzuff

der, Pl. Katzuffs, kurze Vokale, a betont, allg. Spottwort für Metzger; jidd. kazew: Flei­scher, Metzger.

Kaut

die, Pl. Kaude, auch Kaitche, 1. allg. für flache Gru­be. Äschekaut: Asche- und Abfallgrube, Aulekaut / Lahmekaut / Letschkaut:Lehm­grube, Mischtkaut: Misthaufen, Puddelkaut: Jauche­grube, Rummelkaut: Silo bzw. Miete zum Einwintern von Rübenfutter, Schindkaut: Grube für verendetes Vieh;

2. gew. für Bett. Ich gehn in moi Kaut: ich gehe in mein Bett. Schrspr. Kaute, Kute: Vertiefung, Grube, Loch; mhd. kute, nieder­l. Kot: Loch, Hütte; englisch cot: Bett­chen, cottage: Hütte.

Keeskwande

s. Kwande.

Keetz

die, Pl. Keetze, allg. für auf dem Rücken getragener Weidenkorb. Der is em Deibel aus de Keetz gehippt: Er ist durchtrieben, sonst wäre er dem Teufel nicht entkommen. Nach Kluge ist Kietz, mhd. koetze, mdal. Synonym für Kiepe.

Keftche

Pl. Keftcher, kurze e, erstes betont, allg. für C-förmige Drahtklammern zum Zusammenhalten von Weinbergsdrähten; vgl. Haftche.

Kelder abreiße

abgerisse, kellerfachlich für das Öffnen des Kelterkorbs der hydraulischen Keltern und das Entfernen der Trestern nach dem Pressvorgang. Manchmal wurde der Tresterkuchen zur Erhöhung der Ausbeute met de Ribbelmiehl aufgelockert und ein zweites Mal ausgepresst, anders als beim Bubbes (s.d.) aber ohne Zusatz von Wasser und Zucker.

Kellerlins

die, auch Kellerlinsje, kurze Vokale, erstes e betont, gew. für Probiergläschen, durch welches der Kellermeister auch die Farbe prüft; vgl. linse.

Kennel

der, auch Dachkennel, Pl. gleich, allg. für Dachrinne. Lat. canalis: Röhre, mhd. und schrspr. Kandel; vgl. Boordekennel.

Kennelbrunzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, weibl. Form Kennelbrunzern, vulgär für hoch aufgeschossene, langbeinige Menschen, die ihre Notdurft in der Dachrinne verrichten könnten. Vulgäre Beschimpfung: Wann de so lang wärst wie de bleed bist, kenntst-de in de (Kerche-) Dachkennel brunze.

Kerb

die, Pl. Kerbe, e kurz, im Pl. ge­längt, allg. für Kirchweihfest. Früher als Verbin­dung von Frömmigkeit und Ausgelassenheit ein wichtiges Ereignis im Jahresfestkreis, nimmt heute die Bedeutung ab; eine Kerb gibt es nicht mehr in jedem Ort. Der feiert aach nit frieher Kerb wie mir: Abschätzige Bemerkung, wenn einer sich bei der Arbeit besonders anstrengt. Wenn ein Kind versohlt wird: Jetz feiert de Hinnern Kerb. - Uff die Kerb inlade hat dagegen mit der Kirchweih nichts zu tun, sondern mit der Kerbe am Gesäß und also mit dem Götz-Zitat. Ah­d. kirihwihi: Kirchweihe.

Kerbeborsch

der, Pl. Kerbeborsch(e), ertes e gelängt und betont, allg. für An­gehörige des Jahrgangs, meist der 20-jährigen, der die Kerb ausrichtet.Wem geheert die Kerb? ru­fen die Kerbeborsch, Antwort: Unser! Vum Loch bis an de Brunzer! Inzwischen gibt es längst auch Kerbemeedcher; vgl. Dehaambleiber Kerb.

Kerbekuche

s. Dungges.

Kerchefenster

die, hier nur im Pl., kurze e, erstes betont, Bezeichnung dafür, wenn Wein infolge seines Extraktgehalts Glyzerin bildet, das am Glas über dem Flüssigkeits­spiegel ölige Schlieren in Form von Kirchen­fenstern bildet; vgl. Eelche.

Kerchoof

der, Pl. Kercheef, kurzes e betont, allg. für Kirchhof, Friedhof. Verwünschung: Wann de noor uff-em Kerchoof leie deedst, oft statt des Wortes Kerchoof mit der Flurbezeich­nung versehen, die der Lage des Friedhofs entspricht; in Assmannshausen z.B. uff-em Den­zert.

Kerschehooge

die, nur Pl., einer der alten Uznamen der Geisenheimer, die zum Ernten der Kirschen die Äste der Bäume mit Haken herabzogen; das taten andere beim Kirschen ernten allerdings auch, bevor das Spalierobst kam; vgl. Spätzert.

Kerschel

der, kein Pl., kurze e, erstes betont. allg. für Gerümpel, vgl. Gelerch. Kerschel­bauer: Müllentsorger, vgl. Dreckbauer.

Kerwes

der, Pl. gleich, gelängtes e der ersten Silbe betont, allg. für 1. Kürbis, 2. Kopf; Hab ich en Kerwes: was hab ich für ein Kopfweh, oder ‚dicken Kopf’.

Kerzegeedche

das, Pl. Kerzegeedcher, erstes e kurz und betont, mit dem Brauch verschwun­den. Der Brauch bestand darin, der Kommuni­kantin eine jüngere, noch nicht zur Kommunion zugelassene Freundin oder Verwandte beizugeben, die die Aufgabe hatte, ihr beim Kommu­nions­­gottesdienst zur Seite zu sein und ihr in allen Fällen, die das notwendig machten, die Kerze zu halten; vgl. Good.

Kerzepedder

der, Pl. gleich, kurze e, erstes beto­nt, männliches Pen­dant zu Kerze­geedche. Die Kerze im Gottesdienst zu übernehmen, wenn der Kommunikant die Hände frei ha­ben musste, war nicht die einzige Auf­gabe. Kommunikant und Kerzepedder terminierten auch miteinan­der, das heißt, sie übten nach der Erst­kommunion einen Heischebrauch, in­dem sie von Haus zu Haus zogen und sangen Kerze-Kerzepedder, morje gibts schee Wedder, wofür eine Spende aus dem angesunge­nen Haus erwartet wurde.

Keschde

die, nur Pl., kurze e, erstes betont, allg. für Esskastanien; mhd. kesten, engl. chestnut.

Kesselfligger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, gew. für Spengler, Klempner. Die Bezeichnung geht auf die reisenden Handwerker zurück. Bis Mitte des 19. Jh. zogen Berschdebinner (Bürstenbinder), Kessel- bzw. Panneflicker, Löffelgießer (Zinn), Mühlärzte (Mühlenbauer und -Tech­niker), Siebmacher und Scheernschlaafer umher. Die Indu­strialisierung hat unter diesen Wander­berufen aufgeräumt, kaum dass noch Scherenschleifer übrig sind. Insbesondere die Kessel­flicker, Scherenschleifer und Zinngießer waren oft Zigeuner und genossen kein hohes Ansehen. Vermutlich damit hängt es zusammen, wenn gesagt wird Die habbe sich gekloppt wie die Kesselfligger.

ketzern

geketzert, kurze e, in der Stammsilbe betont, allg. für lästig fallen, aufhetzen, nicht Ruhe geben. Wer verketzert wird, mag glauben, er werde wie ein Ketzer behandelt.

Kibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für kleiner Berg, Hügel, Anhöhe; schrspr. Giebel.

Kichespritzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes i betont, gew. Spottname für Tüncher.

Kiddebarie

der, Pl. Kiddebarie-e, ie betont, veraltet für cul de Paris; frz. cul: Steiß. Unter cul de Paris verstand man einen fal­schen Steiß, ein Polster in Gesäßhöhe bei Damenkleidern, das um 1880 in Mode kam. Gegenstand und Wort sind in­zwischen außer Gebrauch. Ich haa der uff die Badderie könnte sich daraus entwickelt haben; vgl. Badderie.

Kimbche

das, Pl. Kimbcher, i kurz und betont, gew. für Tasse; Verkleinerung des alten Maßes Kumpf, vgl. Kumbe.

Kimmel reibe

geribbe, i kurz und betont, allg. für die Meinung sagen, den Kopf zurechtsetzen.

Kindskopp

der, Pl. Kindskepp, kurze Vokale, i betont, allg. für kindischen, unbedachten Menschen; vgl. Knäulkopp.

Kinnerschees

die, Pl. Kinnerscheese, i kurz und betont, allg. für Kinderwagen; vgl. Schees.

Kinnerschul

die, Pl. Kinnerschule, i kurz und betont, allg. für Kinder­garten.

Kinnerwille

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes i betont, wie schrspr. Kinderwillen. Mit dem ist es, wie alle Eltern wissen, nicht ganz einfach. Deswegen galt lange Kinnerwille hot die Katz gefresse: Aus dem, was du dir wünschst, werd erscht-emo nix. Wenn das nichts nützte, mussten Drohreden weiter helfen: Ich gebb der gleich …, Ich helf der gleich …, Ich wern dich … lehrn.

Kipp

die, Pl. Kibbe, i kurz und betont, allg. für Gemeinschaft, Mannschaft, Freundeskreis. Ähnlich wie Gard (s.d.). Die gonz Kibb hot metgemacht; unser Kibb war aach debei. Jidd. und rotw. Kippe: Gemein­schaft, in Wendungen wie Kippe machen (bei Handel oder Spiel): gemeinsame Sache machen; vgl. Kafrus.

Kipp-Ei

das, Pl. Kipp-Eier, i kurz und betont, nicht mehr allg. verstanden für das Ei, das zum kibbe benutzt wird; vgl. Eier kibbe.

kissele

gekisselt, i kurz und betont, allg. für hageln. Hagelkörner sind Kissele. Schrspr. Kiesel(n); vgl. Schlooß.

Kitsch

die, Pl. Kitsche, Holzbrettchen an langer Stange zum Verteilen der Traubenmaische oder zum Ordnen des Brotes im Bagges.

Kitzel

der und das, Pl. gleich, i kurz und betont, aus dem Gebrauch verschwunden, für Schei­telkissen. Es war rund, abgesteppt, in der Mitte vertieft, passte auf den Scheitel und ermöglichte den Frauen das Tragen von Lasten auf dem Kopf, so, wie man es heute noch z.B. in Afrika findet. Auch Ditzel (s.d.).

klãã Gewalt

die, kein Pl., langes a durch weggefallenes n nas., ironisch für herrschsüchtige Person.

klängse

geklängst, kurze Vokale, ä betont, allg. für: eine Glocke mit dem Klöppel nur einseitig anschlagen. Das mussten Messdiener (s.d.) an bestimmten Stellen der Messe beherrschen; vgl. beiern.

Klara

die, erstes a gelängt und betont, Kosename der Rheingauer Winzer für die Sonne. Wenn sie kräftig scheint, dann steje sibbe Sunne am Himmel.

Klebber

die, Pl. Klebbern, kurze e, erstes betont, allg. für Karfreitagsklapper. Diese besteht in ihrer einfachsten Form aus zwei schmalen Hartholzbrettchen, die durch leichtes Ansengen besonders brauch­bar gemacht werden. Nebeneinander werden sie zwischen die Finger einer Hand geklemmt, so dass ein Finger zwi­schen den beiden Brettchen liegt. Die längeren Enden liegen nach dem Inne­ren der hohlen Hand zu. Geklebbert wird durch rhythmische Bewegung derlockeren Hand, wodurch die Brettchen zum Zusammenschlagen und Tönen gebracht werden. Schallverstärkend wirkt die hohle Hand, besonders gute Klebberer können durch Verände­rung des Schallraums den Klapperton sogar variieren. Eine leichter zu handhabende Klebber besteht aus einem Hartholzbrettchen, an dessen beiden Seiten zwei an Metallfedern schwingende Bleikügelchen ange­bracht sind. Das Klebbern war früher üblich, um die Gläubigen von Karfreitag bis Ostersamstag zu den Gottesdiensten zu rufen, weil an diesen Tagen die Glocken schweigen. Den Kindern wurde gesagt, dass sie zum Papst nach Rom flögen, um Buttermilch zu trinken.

klebbern

geklebbert, kurze e, erstes betont, allg. für verrühren, schla­gen, zum Beispiel ein Ei zu Rührei, ein Eiweiß zu Schnee. Rotwe in met em geklebberde Ei un Traubezugger ist ein besonderes Stärkungsmittel für Kranke. Auch: mit der Klebber klappern; vgl. radsche.

Klebroth

der, kein Pl., gelängte Vokale, e betont, historisch für Blauer Spätburgunder, als Cleb­roit 1470 erstmals für Hattenheim erwähnt. In jüngerer Zeit ist vor allem der Assmannshäuser berühmt, nach dem natürlich auch Niebergalls Datterich verlangt, wenn er einen schnorren kann.

Kleebche

das, Pl. Kleebcher, langes e betont, gew. für kurze Tabakpfeife, schrspr. Klöbchen; vgl. Klobe.

Kleesbrieh

die, kein Pl., in dem Ausdruck des is doch klar wie Kleesbrieh ironisch verwendet, wenn etwas wirklich klar ist; Kloßbrühe ist ja bekanntlich ziemlich trüb.

Kleeskobb

der, Pl. Klees­kebb, langes e betont, gew. für Dickkopf, auch Dummkopf; schrspr. Klößkopf.

Kletschbagge

die, nur Pl., kurze Vokale, e betont, gew. für Hänge­backen.

Kliftche

s. Klufft.

Kligger

der, Pl. gleich, i kurz und betont, allg. für Murmeln, kleine Kugeln aus Ton, Stein, Glas oder Metall, die für ver­schiedene Sorten Geschicklichkeits­spiele verwendet werden. Solche Spiele wurden nicht nur von Kindern, für die sie sehr wichtig waren, sondern auch von Erwachsenen gespielt. Das Wort Klicker ist nach Kluge lautmalend. Wie man in Wien marbene Marbsen und lahmerne Marbsen unterscheidet, je nachdem ob sie aus Stein oder Lehm sind, so macht man bei uns einen Unterschied zwischen Mehlert aus Lehm, en schlechde Mehlert is en Mehlforz, Glasert ausGlas und Schassert aus Stein. Ahd. findet sich clucli, worin lat. globulus: kleine Kugel stecken dürfte. Übertragen und vulgä­r bedeutet Kligger Hoden. Kosaggekligger: Russische Eier. For ’n Knobb un en Kligger: Billig oder gar umsonst; vgl. Spitzkligger.

Kliggerbambeler

der, Pl. gleich, alle Vokale kurz, i betont, gew. für einen, der Klicker fort­nimmt, ohne sie gewonnen zu haben.

Kliggerbedaurer

der, Pl. gleich, i kurz und betont, gew. für einen, der beim (Klicker-) Spiel ungern verliert und mit viel Bedauern seinen Be­sitz in andere Hände wechseln sieht.

Kliggerwasser

das, ohne Pl., kurze Vokale, i betont, allg. für Mineral­wasser mit Kohlensäure.

Kliggerwasserfläschje

das, Pl. Kliggerwasserfläschjer, kurze Vokale, i betont, gew. für Mineralwasserflasche mit Kugel­verschluss. Noch vor dem ersten Weltkrieg waren Keramikflaschen für Mineralwasser und Limo­nade mit Glaskugelverschluss, Kligger, im Ge­brauch. Die Kugel wurde von unten-innen durch den Überdruck in der Fla­sche an den Flaschenmund gepresst und durch Druck mit einem schmalen Holzstöpsel so gelöst, dass sie in eine Rillenhalterung des weiteren Fla­schenhalses zurückfiel. Dann konnte man den Inhalt ausgießen. Wahr­scheinlich haben hygienische Überle­gungen diese Art Flaschen zum Ver­schwinden gebracht.

Kliggerwasserfläschjeschnutche

das, Pl. selten, allg. für kokett gespitztes Mündchen bei Mädchen, dem Verschluss der o. a. Flasche ähnelnd.

klobbe

gekloppt, o kurz und betont, gew. für aufschneiden, lügen. Klobb nit: gib nicht so an.

Klobber

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für 1. Teppichausklopfer, 2. Aufschneider, Lügner. Dem Sprichklob­ber glaab ich nix; Nemm-em de Hammer ab, er klobbt!

Klobe

der, Pl. gleich, gelängtes o betont, gew. für 1. ungehobelter Mensch, entspricht etwa Olbel, s.d.; 2. ein Eisenha­ken zum Einlassen in Mauerwerk und Wände; 3. kurze Pfeife, vgl. Kleebche. Das Wort gehört in die Verwandtschaft von klieben (spalten).

Kloberscht

die, Pl. Kloberschde, o gelängt und betont, allg. für Toilettenbürste; vgl. Berscht.

kloor

Adj., langes o, gew. für fein, gut, schön; Ausdruck restloser Zustimmung. En kloore Kerl: ein feiner Kerl; schrspr. klar.

Klosterbiern

die, nur Pl., gelängtes o betont, nicht mehr allg. für Stachelbeeren. Der Ausdruck wird damit erklärt, dass die Beeren zuerst in Klostergärten gezo­gen worden seien; vgl. Gruschele.

Klotzkopp

der, Pl. Klotz­kebb, kurze Vokale, o betont, gew. für Dickkopf, Sturkopf.

Klufft

die, Pl. Kluffde, u kurz und betont, gew. für Zange, Ofenzan­ge, Feuerzange. Die Verkleinerung Kliftche bedeutet Haar- oder Wäscheklammer. Hier wirkt wieder die Verwandtschaft mit klieben (spal­ten).

Klumbatsch

der, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für altes Zeug, Durcheinander, unordentlicher Hau­fen. Immer im verächtlichen Sinn: Der ganze Klumbatsch is nix wert.

Klumbe

der, Pl. gleich, u kurz und betont, gew. für 1. Mengenbegriff: En Klumbe Budder; die Leit habbe uff aam Klumbe gestanne;

2. Naschwerk, Süßigkeit, Bonbon; vgl. Bombo; auch Zuggerklumbe und Husteklumbe, s.d.;

3. Fütterrübe(n), aus denen man auch Klumbemännerherstellen konnte, indem man sie aushöhlte und ein Gesicht hineinschnitzte, um sie, von einer Kerze erleuchtet, auf einem Besenstiel im Maddinszuuch mitzuführen; vgl. Deibelskopp, Gliehkopp.

Klumbewutz

die, Pl. Klumbewutze, kurze Vokale, erstes u betont, gew. für dickes Schwein; auch derbes Schimpfwort für dicke bzw. derbe Person.

knaatsche

geknaatscht, langes a betont, gew. für 1. kneten, knaut­schen. Der knaatscht de Lahme: der knetet den Lehm; mein Anzug is verknaatscht: mein Anzug ist ver­drückt;

2. Unzufriedenheit äußern, besonders bei Kindern; Knaatsch nit so: Hör auf zu nörgeln.

knabbe

geknappt, a kurz und betont, allg. für schnappen, nicht ganz zubeißen. De Hund hot noo seim Herrche geknappt.

knackse

geknackst, a kurz und betont, allg. für knicken, zerbre­chen; verknackse: verstau­chen. Ich hab mer de Fuß verknackst.

Knall-aach

das, Pl. Knall-aache, kurzes a betont, allg. für angeschlagenes, ge­schwollenes Auge; auch Knebb-aach (Knopfauge).

Knallkopp

der, Pl. Knallkebb, kurze Vokale, a betont, allg. für Spinner mit explosiven Ideen.

Knäulkopp

der, Pl. Knäulkebb, äu betont, gew. für Wirrkopf, bei dem eben alles zum Knäuel verwirrt ist; allerdings mit dem Unterton, dass er darauf beharrt. Dem misse mer en annere Kopp uffsetze: den Kopf zurechtsetzen; vgl. Kindskopp.

Knebberer,

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, örtlich für Wilderer.

Kneerzje

das, Pl. Knerzjer, kurze e, das er­ste betont, gew. für Brot­kruste, End­stück; auch kleine Beule; vgl. Knoorze.

Kneet

die, nur Pl., gew. für die Zapfen, die bei der entsprechenden Erziehungsart beim Rebschnitt übrig bleiben; schrspr. Knoten, vgl. Kordõõ.

Kneibche

das, Pl. Kneibcher, ei betont, gew. für Messer mit klei­ner Klinge, Küchenmesser, Messer der Schuhmacher und Winzer. Wenn ein Messer ganz stumpf ist, hört man: Des schneid grad noch kald Wasser, ungewärmt oder drastisch Uff dem kannst-de jo mem nag­gische Aasch bis noo Rom reide. Engl. knife: Messer, frz. canif: Taschenmes­ser. Unsere Familien-Namen Kneip(p) und Kniep sind mit­telbare Berufsnamen des Schuhma­chers. Die nächst ver­wandten deutschen Wörter sind kneifen und Kniff.

knerschele

geknerschelt, e der ersten Silbe kurz und betont, allg., aber zurückgehend im Gebrauch, für mit den Zähnen knirschen. Auch verschütteter Zucker knerschelt, wenn man drauf tritt.

Knibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für 1. Beule, Klumpen, Knoten. Ich hab en Knibbel am Hals; mein Schuhbennel hot en Knibbel; 2. Prügel: Der krieht noch sei Knibbel! Schrspr. Knüppel.

knibbele

geknibbelt, kurze Vokale, i betont, allg. für knüpfen, knoten, mit den Fingern(ägeln) an etwas herumkratzen; vgl. piddele, pligge.

Kniddel

der, Pl. Kniddele, i kurz und betont, gew. für Tierkot in Ballen­form. Gails­kniddel, Hasekniddel, Gaasekniddel, Schoofskniddel:vom Pferd, vom Hasen, von der Ziege, vom Schaf. Die Gaas for die Kniddele hiede: ertrag­lose Arbeit verrichten. Wie de Spatz in de Kniddele: Ausdruck großen Wohl­beha­gens. Kniddelkarrn: abfällige Bezeichnung für Handkarren von Kleingärtnern, mit denen diese früher Pferdeäpfel zum Düngen aufsammelten; Verb: kniddele, gekniddelt.

Knoddel

die, Pl. Knoddele, auch Knoddelche, kurze Vokale, o betont, gew. und scherzhaft für Mädchen im Kindesalter, auch bis zur Heiratsfähigkeit. Schebb Knod­del: körperlich oder charakterlich krumme Frauensperson.

knoddele

geknoddelt, auch horwele, kurze Vokale, o betont, allg. für nesteln, mühsam arbei­ten, wobei der Erfolg nicht garantiert ist; aufnesteln heißtuffknoddele. Was host-de dann do sammegeknoddelt: Was hast du da für ein Durcheinander angerichtet. Die Adjektive knoddelich und horwelich kennzeichnen eine Arbeit als mühsam.

Knoddellies

die, kein Pl., o kurz und betont, allg. für Kind oder Mädchen, das mit seiner Be­schäftigung nicht recht vorankommt; vulgär auch Knoddelbichs.

Knoddelpeere

der, kein Pl., o kurz und betont, zweites e gelängt, allg. für langweiliger Kerl, der mit seinem Werk nicht fertig wird. Der zweite Wortbestandteil ist Dialektform von Peter und wird in Zusammensetzungen häufig für Kerl gebraucht.

knoddern

geknoddert, kurze Vokale, o betont, allg. für vor sich hin brum­meln, unter­drückte Äußerungen des Unwillens von sich geben. Knodderkobb, weibl. Form Knodderdibbe, vulgär Knod­der­bichs: Meckerer.

Knodeforz

der, Pl. Knodeferz, erstes o gelängt und betont, derb für Kleiner Bub.

Knolle

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für: Verwarnungs- bzw. Bußgeld. Knollebobb bzw. Knolle­bebbche sind gutmütige Spottworte für die Politessen. Weniger wohlwol­lend: Knollebichs. Mhd. knolle, ahd. knollo, gehört zu den mit kn- beginnenden Wörtern für verdickte Gegenstände.

Knoorz

der, kein Pl., langes o, allg. für Pfusch. Des hält noch nit von zwölf bis’s läut. Weil damit das Mittagsläuten gemeint ist, ist die Haltbarkeitsdauer denkbar gering.

Knoorze

der, Pl. gleich, o lang und betont, eigentlich Auswuchs, Knoten; Wingerts-Knoorze sind die Wurzelstöcke der Wein­rebe. Hochdeitsch met Knoorze: dialektgefärbtes Hoch­deutsch; das, was der Einheimische spricht, wann er bei de feine Leit is . Auf Menschen angewandt ist ein Knoorze ein knorriger Mann, ein kleiner Knoorze is e Kneerzje, s.d.

knoorze

geknoorzt, o lang und betont, allg. für erfolgloses Erumknoorze: Herumwursteln, bei dem eben nur Knoorz herauskommt. Der Verursacher is en Knoorzer. Könnte sich aus der Arbeit an einem Knoorze aus hartem, astigem Holz erklären.

knorrn

geknorrt, o kurz und betont, gew. für widersprechen, nicht folgsam sein. Dem gebb ich for’s Knorrn ist die ärgerliche Reaktion auf solches Verhalten; schrspr. knurren.

Knorzels

virtueller Familienname. Bei ’s Knorzels unnerm Sofa ist es genau so unor­dent­lich wie sonst nur bei Hempels.

Knoschder

der, kein Pl., kurze Vokale, o betont, gew. für steifen Dreck an Körper, Kleidung, Tabakspfeife oder sonstigem Gerät. Wenn eine Hose verknoschderd ist, steht sie von selbst. Gehört zu den Ausdrücken für verdickte Gegenstände mit kn-Anlaut.

Knuddelkitt

der, kein Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für wertloses Zeug, verhunzte Arbeit, abwegige Meinung.

knuschber

Adv., kurze Vokale, u betont, gew. für: bei Trost. Nur in der Verneinung ge­braucht: Der is nit ganz knuschber.

Kobbert

der, Pl. gleich, o kurz und betont, Sportsprache für Kopf­sprung ins Wasser; vgl. Aaschert, Bauchert, Rutschert.

Kobbeziech

die, nur Pl., o kurz und betont, gew. für Kopfkis­senbezüge. Vgl. Bettziech, Ziech.

Kochem

der, Pl. Kocheme, o gelängt und betont, gew. für: fast krimi­nell listiger Kerl; ein ganz Schlauer. Das Wort kam über das Rotw. in Gebrauch. Hebr. chacham: weise ergibt das gleichbedeutende jidd. Adj. chochem, dessen Substantiv rotw. als Schelm erscheint. Kochemer Bajes ist ein Haus, in dem sich das Gesindel trifft; vgl. Bajes.

Kochend

das, kein Pl., kurze Vokale, o betont, gew. für ‚so viel, wie man für das Zubereiten einer Mahlzeit benötigt’; z.B. e Kochend Gemies.

Kohlekrobbe

der, Pl. gleich, erstes o geläng­t und betont, gew. für Koh­lenbehälter, der unter dem Küchenherd Platz findet; vgl. Krobbe.

Komidee

das, Pl. Kommidees, Vokale kurz bis auf das betonte e, allg. für Elferrat des Mainzer Carneval-Vereins. Die Gründungsurkunde von 1838 gibt ei­nen „Bestand des Comités“. Seitdem hat sich der Begriff eingebürgert und wird auf die Elferräte aller Karneval-Vereine übertragen. Scherzhaft heißen die Mitglieder Kommideeder; frz. comité: Ausschuss.

Kommie

der, Pl. Kommies, langes i betont, allg. für Jungkellner, Handlungsgehilfe, sei es ein Laden- oder Büroschwengel; frz. commis.

komprie

unflektiert, kurzes o betont, schwindend für verstanden. Je nach Situation in Aussageform als Antwort nach einem Auftrag; oder in Frage­form, dann war zu antworten: wui! (frz. oui: Ja). Frz. compris: verstanden.

kondand

adv., kurze Vokale, a betont, schwindend für zufrieden; frz. content, vgl. dakor.

Kondenanz

die, ohne Pl., o kurz und betont, gehoben für Haltung, Fassung. Frz. contenance: Inhalt, Gehalt; figürlich: Haltung, Fas­sung.

Kopp + Aasch

in den Redewendungen Aan Kopp un aan Aasch derb für unzertrennlich; An Kopp un Aasch pagge un enauswerfe ebenso derb für grob hinauskomplimentieren.

Kordel

die, Pl. Kordele, o kurz und betont, allg. für Schnur, Bindfa­den. Mhd. Entlehnung aus frz. corde: gedrehte Schnur, Verklei­nerung cordelle; vgl. verkordele. Kordelbadent ist das Ergebnis einer behelfsmäßigen Bastelei. Kordelflaasch ist der Rollbraten. E gaasehoorich Kordel ist eine Schnur aus festem Garn, das ein bisschen stachelig aufgespleißt ist, so dass es Ziegenhaar ähnelt; gut geeignet als Sackbennel, vgl. sackbennelswert.

Kordõõ

der, Pl. gleich, kurzes o betont, langes durch Wegfall des n nas., eine Art des Rebschnitts, bei dem keine Boochrebe (s.d.) stehen bleiben, sondern mehrere Zabbe (s.d.) mit je zwei bis drei Aache (s.d.) auf dem langgezogenen Hauptstock, eben dem Kordõõ. Frz. cordon: Schnur, Reihe.

Korindekagger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, derb für Kleinigkeitskrämer, Pfen­nig­fuchser; schrspr. Trockenbeerenausscheider. Wenn man das abgekürzt als TBA jemandem entgegenhält, fühlt der sich vielleicht nicht mal beleidigt.

Korze

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für das übliche Trinkmaß Schnaps, der kurze Trunk; vgl. Werfche. Korze petze oder pitsche: Branntwein trinken. Auch elektrischer Kurz­schluss.

korze Fuffzeh'

mache, ge­macht, u kurz und betont, allg. für kurz angebun­den sein, ohne Zögern handeln. Es gibt den Ausdruck auch ugs. Die Herkunft ist unsicher; evtl. von den 15 Minuten, die Sol­da­ten zur Verrichtung ihrer Notdurft zugestanden wurden.

koscher

Adj., o gelängt und betont, gew. für sauber, geheuer. Meist in der Verneinung gebraucht: Des (oder der) is mer nit ganz koscher. Das jiddische Wort bezeichnet die rituelle Reinheit der Speisen.

kotzele

gekotzelt, kurze Vokale, o betont, allg., vor allem in der Jugendsprache, für tauschen von kleinen Besitztümern.

Krabb

die, Pl. Krabbe, a kurz und betont, allg. für 1. Haken als Gegenstück zur Öse. Krabb und Schlink: Haken und Öse. Der Reißver­schluss drängt Anwendung und Wort zurück.  Ah­d. krapfo, mh­d. krap(f)e: Haken, gebogene Klaue, Kralle; ita­l. grappa: Klammer, Kralle, frz. grappin: Enter­haken. Verwandt mit Krapfen und Kräppel, vgl. Krebbel.

2. streitsüchtige Person oder Kind, abgeleitet von Krabbe.

Krabbel-die-Wand-enuff

-wand betont, Gegenstand eines Aprilscherzes wie Haamichbloo, s.d.

krabbisch

Adj., kurze Vokale, a betont, gew. für unwirsch, zänkisch. Abgeleitet von Krabbe; lat. carabus: Meerkrebs.

Krachelche

das, Pl. Krachelcher, kurze Vokale, a betont, allg. für gerö­stete Brot- oder Weckwürfel in Suppen, in Kartoffelklößen oder auf Nudelgerichten; lautmalend.

Kracher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für kleine Feuerwerkskörper, die sich durch Reibung entzünden lassen und danach mit kleinen, krachenden Explosionen ausbrennen. In runder Form: Krachdahler (Krachtaler); vgl. Juddeferz, Nonneferz.

Krail

die, Pl. Kraile, auch Krailche, allg. für kleine Harke mit drei krummen Krallen.

Kram

der, in der Redensart de Kram habbe Umschreibung für die periodischen Tage haben.

Kramp

Pl. Krambe, kurzes a, allg. für kleine Harke mit vier krummen Krallen.

Krane

der, Pl. gleich, a nach o gefärbt, allg. für Flüssigkeitsventil. Wasserkrane ist der Wasserhahn im Haushalt, aus dem Kraneberjer fließt, womit das Trinkwasser schönfärbend wie eine Weinlage bezeichnet wird (frz. chateau robinet). Im Keller ist der Krane ein Messinghahn mit eingepasstem Kegelventil (Küken), vorn mit Gewinde für den Weinschlauch, hinten konisch zulaufend und offen, der in den unteren Auslauf des Weinfasses gesteckt wird, nachdem dessen Verschluss geöffnet wurde; vgl. Brenk, Zwiggel.

Kränk

die, ohne Pl., gew. für Krankheit, Übel. In der Beschimp­fung Du sollst-der doch die Kränk kriehe!; Wann de noor die Kränk kreeschst!: du sollst krank werden, dir soll es schlecht erge­hen; du sollst kaputt gehen; häufiger zu widerspenstigen Gegenständen als zu Menschen. An Stelle von Kränk kann auch Laad (s.d.) treten. Wann ebbes die Kränk hot, dann ist es hinüber. Jidd. krenk: Krankheit, Übel, Elend. Steigerung: Die puddelnaggisch Kränk, s.d.

Kranzekuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für einen großen Hefezopf mit Mandeln und Rosinen, der auf einem großen Backblech in O-Form gelegt wird. Früher wurde er zum Bäcker gebracht, der ihn mit der Restwärme seines Brotbackofens backen konnte.

Kranzwertschaft

s. Heggewertschaft.

Kratzberscht

die, Pl. Kratzberschde, kurze Vokale, a betont, Schimpfname für eine wider­spenstige oder streitsüchtige Frau; vgl. Berscht, Worzelberscht.

Krätzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, ä betont, allg. für schlechter, saurer Wein, der die Kehle kratzt. Lange Zeit auch 88er genannt wegen des schlechten Jahrgangs 1888.

Krauderer

der, Pl. gleich, au betont, allg. für Mensch, der plan- und erfolglos arbeitet; meist für nicht sehr gewinnbringende Geschäfts- oder Handwerksbetriebe. Hängt mit der wenig angesehenen Tätigkeit der Krautanbauer bzw. -zubereiter zusammen.

Krawallschachdel

die, Pl. Krawallschachdele, kurze Vokale, zweites a betont, gew. für zank­süchtiges Weib, bellenden kleinen Hund. Das Bild des umschlossenen Raums steht für das weiliche Genital, vgl. Bichs.

Krawaugelche

das, Pl. Krawaugelcher, allg. für aufgeweckte, aber im Auftreten aus der Reihe fallende Person.

Krebbel

der, Pl. Krebbel(e), e kurz und betont, allg. für

1. Krapfen, Schmalzgebäck aus Hefeteig. Früher walzen- oder rhombenförmig, sind sie heute fast nur noch in Ballenform gebräuchlich, mit Marme­lade gefüllt oder ungefüllt und in Zucker gewanselt, vgl. wansele. Die Krebbel gibt es hauptsächlich, früher ausschließlich zur Fastnachtszeit. Das Wort ist Nebenform von Krapfen in Hessen und am Mittelrhein. Frz. crêpe meint zwar einen dünnen Eierpfannkuchen, dennoch ist die Verwandtschaft offensichtlich;

2. Rankfinger der Reben und anderer Kletterpflanzen, mit denen sie um­schlin­gend an allem Halt suchen, was erreichbar ist. Krebbelworm ist die einheimische Bezeichnung für die Raupe des Rhombenspanners, eines Rebschädlings.

Krebbsack

s. Kribbsack.

Krech

der, Pl. gleich, e kurz, allg. für Bügelfalte, Papierfalte, Bruch. Als Verb: kreche, allg. für knicken, falten, Falte bü­geln. Eich sein jo ganz gekrecht: ich bin schlagkaputt, geknickt. Krech-Eier sind ange­knickte Eier.

kreckse

gekreckst, Stamm-e kurz und betont, gew. für klagen, jam­mern. Das schrspr. Krächzen des Raben wird übertragen auf das müh­same Sprechen von Erschöpften oder Kranken. Er kreckst mit Koppweh erum: er klagt über dauerndes Kopfweh. Merke aber: De Kreckser is reicher als wie de Strunzer.

kreebisch

e lang und betont, gew. für übel gelaunt, verärgert, unleidlich; vgl. krabbisch.

Kreem

die, nur Pl., allg. für Sachen (die schrspr. nicht existierende Mehrzahl von Kram), vor allem in der Wendung des sein doch kãã Kreem: das ist unordentlich, untauglich, ungehörig.

Kreemche

das, ohne Pl., langes e betont, allg. für Gesamtbesitz, vor allem von Liegen­schaften; Verkleinerungsform von Kram, vgl. Geerschdche. Wenn der Winzer alleine in den Wingert zum Arbeiten geht, dann bleibt sei Fraa dehaam un micht ’s Kreemche in die Reih’.

kreische

gekrische, ei betont und örtlich zu langem ä gefärbt, allg. für schrei­en, sehr laut reden oder weinen. Verwandt mit Kranich und kreißen; vgl. Krisch und Krischer.

Kreizgenaalde

die, nur Pl., gew. für die derben Weinbergsschuhe, die vor der Einführung moderner profilierter Gummisohlen mit Kreuznägeln rutschfest gemacht wurden.

Kreizje abhebe

abgehobe, ei betont, gew. für zeremonielle Wahr­heitsbekräftigung; die kreuz­weise übereinander gelegten beiden Zeige­finger werden mit der Aufforderung Heb’s Kreizje ab dem Zweifler ent­gegengehalten.

Krembel

der, ohne Pl., kurze e, erstes betont, allg. für Trödelkram, Gerümpel, altes Zeug. Mhd. grempeler: Trödler, Kleinhändler; grempen: Kleinhan­del treiben, trödeln.

Krembelmack

der, ohne Pl., kurze Vokale, e der ersten Silbe betont, allg. für Gerümpel­markt, Gebrauchtwaren- und Antiquitätenmarkt, Flohmarkt.

Kretz

die, kein Pl., wie schrspr. Krätze, eine von Milben verursachte und stark juckende Hautkrankheit; hier vor allem in der Verwünschung Du sollst die Kretz an de Aasch krieje un sooo korze Ärm! wobei mit den Fingern einer Hand eine Spanne angedeutet wird, die es unmöglich machen würde, sich zu kratzen.

Kribb

die, Pl. Kribbe, allg. für Steindamm im Fluss. Wenn er quer zur Fließrichtung steht, sammelt sich im Stillwasser unterhalb sogenanntes Geschiebe, also Sand und Kies an und erspart Baggerarbeit im Fahrwasser.

Kribbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, gew. für Spitzbube, Geisteskrüppel. Hat mit körperlicher Behin­derung nichts zu tun. Allerdings wird der Versehrte abwertend auch so bezeichnet.

Kribbelbisser

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes i betont, allg. für Nörgler, Pedant, Neider, schlecht gelaunter Men­sch, einer, mit dem man es nicht gern zu tun hat. Für eine Verbindung zu Krippenbisser: bösarti­ges Pferd, das in die Krippe beißt, spricht wenig, eher kommt Krüppelbeißer in Betracht.

Kribbsack

der, Pl. Kribbseck, kurze Vokale, i betont, gew. für: unange­nehmen, bissigen, scharfen Menschen. Auch Krebbsack, Krobbsack, ent­spricht wohl schrspr. Grob­sack.

krieje

krieht, i lang und betont, allg. für 1. bekom­men, erhalten, erreichen, vollbringen: Krieh ich en Grosche?;Wann de nit brav bist, kriehst-de se (Schläge); ich krieh grad was an mich, wann ich des heer;ich krieh die Dos nit uff, die Hos nit aus; oder als Ausdruck großer Verwunderung kriehst die Deer nit zu;

2. (refle­xiv) heiraten: Se habbe sich krieht. Vermutlich ist kriegen aus dem einst häufigen erkriegen ge­kürzt. Da­nach wäre es ur­sprünglich ein Erstreiten; damit verwandt: kregel, urspr. kampfbereit.

Krigg

die, Pl. Krigge, verstärkt: Salatkrigg, i kurz und betont, gew. für Schwächling, Krücke. Schrspr. Krücke kann ugs. ebenfalls Schwächling bedeuten.

Krimmel

der, Pl. Krimmele, i kurz und betont, allg. für Krume, Brosame. In de Krimmele suche: übergenau, klein­lich sein.

Krisch

der, Pl. gleich, i kurz, gew. für (Freuden-) Schrei. Krisch du-e: Schreie ausstoßen. Vgl. Gekrisch, kreische.

Krischer

der, Pl. gleich, i kurz und betont, gew. für Schreihals. Stell doch emol den Krischer ab! Vgl. kreische.

Kristche

das, Pl. Kristcher, i kurz und betont, allg. für 1. Brotkante, Brotkruste, Endstück; neben Kneerzje und Knoorze, s.d.;

2. Schorf auf heilender Wunde. Manchmal juckt’s beim Heilen, dann werden die Kinder ermahnt: Piddel doch nit so drãã-erum!, vgl. piddele.

Krobbe

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für eiserner Schmortopf. In ihm wird u. a. der Krobbekuche (Kartoffelauflauf) gegart. Zungenbrecher: Meiner Mudder ihrn Krobbe-Dibbe-Deckel trobst (tropft); mehrmals schnell gesprochen, soll dieser Satz zum Verhaspeln führen. Mhd. grope: weiter, eiser­ner Kochtopf; vgl. Kohle­krobbe.

Krobbedambnudel

die, Pl. Krobbedambnudele, kurze Vo­kale, o betont, allg. für Hefeteigge­bäck, das in runden Einzelstücken in de Krobbe gesetzt und mit Milch, Öl oder Fett gedämpft wird. Die Kunst dabei ist, den Boden des Gebäcks nicht schwarz werden zu lassen, sondern glasig-braun und durchgebacken zu er­halten. Sie können wie Hefeklöße mit Kwetscheschmeer (s.d.) gefüllt sein und werden warm mit Vanille­- oder Weinsoße oder zu Kaffee verzehrt.

Krobbhusde

der, ohne Pl., o kurz und betont, gew. für Keuchhu­sten (Krupphusten).

Krobbsack

der, s. Kribbsack.

Kroddegiegser

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für schlechtes Messer; vgl. giegse.

Kroddepetzer

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für klei­ner Lausbub, einer, der die Krodde kneift; vgl. Krott.

Krollekopp

der, Pl. Krollekebb, kurze Vokale, erstes o betont, allg. für Lockenkopf. Krolle: Locke, gekräu­seltes Haar. Zur Wortsippe von mhd. krol gehören kraus und Gekröse.

Krott

die, Pl. Krodde, o kurz und betont, allg. für 1. freches Kind, freches Mäd­chen, gutmütig gemeint: klãã Krott; goldig Krott ist sogar eine Schmeichelei. 2. wie schrspr. Kröte, dann auch Kroddert für das männliche Amphibium.

Krotze

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für 1. Stein beliebiger Größe, vgl. Bachkrotze;
2. Gurgel, Kehlkopf. Der hot sich de Krotze abgesoffe: der ist durchs Trinken zugrun­de gegangen; 3. Gehäuse des Kernobsts, z.B. Abbel­krotze, s.d.

krotze

gekrotzt, auch verkrotze, o kurz und betont, gew. für 1. stümpern, 2. mit stumpfem Messer schneiden, 3. nicht vorankommen mit einer Arbeit. Schlechte Arbeit: Gekrotz. Was krotzt-de dann do so erum: was hantierst (oder schneidest) du denn da so unge­schickt; Jetz isses ganz verkrotzt: jetzt ist es zugrunde gerichtet bzw. zerschnippelt.

krotzele

gekrotzelt, kurze Vokale, o betont, allg. für kritzeln. Das entstehende Produkt, die Kritzelei, ist dann Gekrotzel.

Krufder

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für armseliger Mensch. Die Bürger des Eifeldorfs Kruft gelobten während oder nach der großen Pestwelle 1666, jedes Jahr am ersten September eine dreitägige Fußwallfahrt in das 87 Kilometer entfernte ehemalige Kapuzinerkloster Nothgottes oberhalb von Rüdesheim zu unternehmen. Die nachweislich früheste Wallfahrt war 1674. Es leuchtet ein, dass die Pilger bedürftig waren, was sie in den durchwanderten Ortschaften des unteren Rheingaus nicht eben beliebt machte.

Krumbel

der, kein Pl., u kurz und betont, allg. für Krach, Streit; auch handgreiflich. Ich hon Krumbel met em: ich habe Streit mit ihm.Do hots Krum­bel gebbe: da gab es erhebliche Differenzen. Streitlustige fragen schon mal: Suchst-de Krumbel?Ei, ich wusst garnit, dess der vemisst werd, ist die nicht gerade de-eskalierende Antwort; vgl. verkrumbele.

krumbele

gekrumbeld, kurze Vokale, u betont, gew. für knautschen, knittern; vgl. verkrum­bele. In den idg. Sprachen verbreiteter Wort­stamm; engl. crimple: Falte.

Kubbee

das, Pl. Kubbees, u kurz und betont, allg. für Eisen­bahnabteil. Von frz. coupé: Halbkutsche war das Wort wie viele andere Begriffe aus dem Eisenbahn­wesen die gebräuch­liche Bezeichnung, bis es spätestens mit der Franzosenfresserei des Ersten Weltkriegs der „Sprachreinigung“ zum Opfer fiel. Kubbee bleibt in der Sprechge­wohnheit vieler Rheingauer. Vgl. Barrier, Billjett, Perrong.

Kubbertutt

Pl. Kubbertudde, kurze Vo­kale, erstes u betont, gew. für rote Nase, schrspr. Kupfertüte. Wenn sie dick und großporig ist, mag sie auch Erdbeerzingge heißen, s.d.

Kuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, neben schrspr. Kuchen auch Schimpfwort pubertierender Jünglinge gegenüber noch nicht zu ihrer vollen Schönheit erblühten jungen Damen. Wenn sie an Akne leiden, sind’s Ribbelkuche. Blasphemisches Stoßgebet solcher Jünglinge, auch wenn sie selbst nicht schöner sind: Herr, loss Kaffee rejene, Kuche hammer genuch.

Kuh

die, Pl. Kieh, spielt eine Rolle in den Sätzen Du kannst jo ’ner Kuh es Kalb abfro-e zur Abwehr zu weit gehender Fragen, und Steh nit do wie die Kuh vorm neie Scheierdor zur Verspottung eines Ratlosen. Kuhflaatsche ist der Rinderkotfladen.

kujeniern

kujenierd, i lang und betont, allg. für quälen, triezen, andau­ernd um etwas betteln. Ich hab so lang kujenierd, bis ich’s krieht hab. Kujonieren ist ugs., bei uns jedoch sichtlich seit langem ein­gebürgert. Aus vulgärlat. coleone: Entmannter wird ital. coglione: Dummkopf, frz. couillon, das als Kujon 1567 in West­deutschland eindringt. 1638 erscheint kujonieren: jemanden einen Schuft schelten. Während des 30-jährigen Krieges wird die Bedeutung schlecht behandeln, plagen eingebürgert.

kulche

gekulcht, kurzes u, gew. für glimmen.

Kult

die, Pl. Kulde, u kurz und betont, gew. für Wolldecke. Sonst im Südwesten ist Kolder das gebräuchlichste Wort. Lat. culcita: Polster, Matratze, frz. coultre: Decke, mhd. culter.

Kumbe

der, Pl. gleich, u kurz und betont, allg. für weites Blechgefäß der Waagen alten Systems zum Aus­wiegen von Feldfrucht und Brennstoff: en Kumbe Kaddoffele, en Kumbe Kohle. Allgemein en Kumbe voll: sehr viel, eine ganze Menge. Auch große Tasse oder anderes Ge­fäß mit weiter Öffnung, ferner tiefere Auswaschung in einem Bachbett. Örtlich wird Kumbe auch als Synonym für Straßenabwasser-Kanaleinläufe gebraucht, passend dazu der Kumbedeggel. Kumpf ist ein altes Hohlmaß, vgl. Fernsel.

Kumbeer

der, Pl. Kumbeern, u kurz und betont, gew. für Kumpan, Genosse. Frz. compère: Pate, Ge­vatter, Mitwisser.

Kummer

die, Pl. Kummern, u kurz und betont, allg. für Gurke. Lat. cucumer, frz. concombre; übertragene Bedeutung: Große Nase.

Kunne

der, Pl. gleich, neben der schrspr. Bedeutung ‚Kunde’ auch einfach ‚Person’, meist mit Zusatz wie en kloore (vgl. kloor) oder en komische Kunne.

Kur

die, in dem Ausdruck die Kur mache: den Hof machen. Frz. cour: Hof; vgl. bekuurn.

Kuraasch

die, ohne Pl., u kurz, langes a betont, allg. für Mut, Schneid; frz.: courage.

Kurfremde

s. Messfremde.

Kusseng

der, Pl. Kussengs, Betonung auf der ersten Silbe, allg. für Vetter; frz. cousin.

Kutt

die, u kurz und betont, spöttisch für Jacke, Mantel, Ornat, Robe, Fell. Die Kutt ve-rolle, ve-rollt,  versoh­len, verhauen. Du kriehst glei die Kutt ve-rollt ist eine Drohung kurz vor Beginn der Schläge­rei. Kutt vollsaufe, vollgesoffe, gew. für Kutte, Jacke, Fell vollsaufen, sich betrinken. Kuddebrunzer: vulgäre Beschimpfung für kirchliche Würdenträger.

Kwadraadlaadsche

die, nur Pl., zweites a gelängt und betont, gew. für große Füße bzw. Schuhe.

Kwadudder

der, Pl. gleich, kurze Vo­kale, u betont, allg. für kleiner, lebhafter, tüchtiger, lusti­ger oder energischer Kerl. In dem Wort liegt Spott, aber auch Anerkennung, es hat den Sinn von ‚klein, aber oho’. Herleitung aus Koadjutor, dem Vertreter des Erzbischofs und Landesherrn im Kurfürstentum Mainz. Soweit das Wort über unser Territorium und die Mainzer Di­özese hinausreicht (von Eifel, Taunus und Wetterau nach Süden bis ins Elsass) spricht das nicht dagegen: Auch anderen Bischöfen kann der Papst bis heute Koadjutoren beiordnen; lat. coadiutor: Beistand, Gehilfe.

Kwande

die, nur Pl., a kurz und nach o gefärbt, gew. für Füße bzw. Schuhe. Wann se stingge, sin’s Keeskwande; lat. quantum: wie viel, wie groß.

kweck

Adj., e kurz, allg. für lebhaft, reaktionsschnell, aufgeweckt. Ein gemeinsamer germanischer Wortstamm liegt zugrunde, den wir in dem deutschen Wort quicklebendig und im engl. quick: schnell wiederfinden. Die Lautverschiebung findet sich auch zwischen engl. quick­silver und unserem flüchtigen Quecksilber. Auch die Kwegge (Quecken), die sich mittels ihrer lebenskräftigen, zähen Wurzel schnell verbreiten und kaum auszurotten sind, gehören hierher.

Kwellmänner

die, nur Pl., auch Kwellkadoffel(e) bzw. Gekwellde, e kurz und betont, allg. für Pellkartoffel(n). Das Verb quellen: sieden ist alter Besitz der deutschen Sprache, ahd. quellan. Die schrspr. Umlautung zu Pellkartoffel hat nichts mit dem Garvorgang zu tun, sondern damit, dass man sie eben danach pellen kann.

kwengele

gekwengelt, e der ersten Silbe kurz und betont, allgemein für klagen, nörgeln, nörgelnd lästig fallen. Mhd. twengen: drücken lautet mit ostmhd. qu für tw quengeln.

Kwetsch

die, Pl. Kwetsche, e kurz und be­tont, 1. allg. für Zwetschge, die im September reifende klassische Art, spitzoval mit einer Längsnaht;

2. gew. für Kopf. Ich hon mer die Kwetsch verbellt: Ich habe mir den Kopf gestoßen;

3. vulgäre Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsorgan und übertragen fürweib­liche Person: schebb Kwetsch;

4. eine ungewöhnliche, aber althergebrachte Art, kleine Men­gen zu zählen, z.B. Geld auf die Hand: aamo Kwetsche, zwaamo Kwetsche (usw.).

Kwetschederr

die, ohne Pl., kurze e, erstes betont, vulgär für kleiner, meist holzkohle­befeuerter Ofen, den die Marktweiber im Winter unter ihrem Hocker stehen hatten, um Unterkörper und Füße warm zu halten. Ofen und Wort nicht mehr im Ge­brauch; schrspr. Zwetschgendarre.

Kwetschekuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Zwetschgen­kuchen, der auf großen, flachen Blechen gebacken wird. Wenn für den Kuche echte, reif geerntete Kwetsche genommen werden, dann zieht er keinen roten Saft, vielmehr karamellisiert der Fruchtzucker und verleiht ihm ohne jedes Nachzuckern einen unnachahmlichen Geschmack. Früher wurde der Kuchen zum Backhaus oder zum Bäcker gebracht, damit die Restwärme des Brotbackofens genutzt werden konnte. Hintragen war oft eine Aufgabe für die größeren Kinder.Wann die Kwetsche reif sin, is Kerbezeit, un do hadde die Alde genuuch anneres se du-e. Sie haben aber gemahnt, den Kuchen nicht fallen zu lassen: Wann des Blech im Schlambes lieht, host-de ’s Kerbegeld schunt krieht!

Kwetschemännche

das, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für schmächtiger Mann, halbe Portion.

Kwetscheschmeer

die, kein Pl., erstes e be­tont, allg. für Zwetschgenmus; vgl. Lattwerch, Weschkessel.

Kwissel

die, Pl. Kwissele, kurze Vokale, i be­tont, gew. für schwatzhafte alte Frau. Eine scheinheilige alte Frau is e Betkwissel, so ãã, die wo em Herrgott die Fieß abbede kann. Verwandt mit niederl. kwezel in der Bedeutung Scheinheilige.

kwittegeel

Adj., i kurz und betont, all­g. für intensives Gelb, die Farbe der Quitte; vgl. blitzebloo, grasegrie, gritzegroo, ritzerot, schuggeschwazz.

Zum Seitenanfang

L

Laad

das, kein Pl., gew. für Übel, Leiden, insbes. in der Verwünschung: ’s Laad sollst-de krieje! Mhd. leit: das Betrübende, Beleidigung; nach Kluge nicht verwandt mit leiden, das aus einer anderen idg. Wurzel stamme und ‚weggehen, sterben’ bedeute; vgl. Kränk.

Laaderbeem

die, nur Pl., langes a betont, fachlich für kräftige Stangen, vorn mit Eisenhaken zum Einhängen und teilweise leiterartig mit Querstreben versehen, mit denen die Fässer aus dem Keller und auf die Fuhrwerke gerollt wurden; vgl. Ladfass, Schrotlaadern.

laafe

geloffe, allg. für ge­hen. Das Dialektwort für schrspr. laufen heißt renne, gerennt.Die annern sin gerennt wie verrickt, abber mir sin ganz gemiedlich geloffe. – Wammer aam im Laafe die Schuh besohle kann, dann isser aarich lahm; vgl. vorlaafe.

Laaje

der, Pl. gleich, langes a betont, allg. für Schiefersteine, Dachschiefer. Laajedegger ist die Berufsbe­zeichnung für Dachdecker, nicht selten auch in Familiennamen wie Leydecker. Andere Materialien wie etwa Ziegel waren hier, am Rande des rheinischen Schiefergebirges, nicht üblich. Das Wort geht auf den keltischen Wort­stamm ley: Stein, Felsen, zurück. Zahlreiche Felsen sind in Wortverbindungen vertreten: Erpe­ler Ley, Klosterlay, Loreley, vgl. lu-ern.

Laamesieder

der, Pl. gleich, langes a betont, allg. für langsamen Menschen, einen, der sich träge bewegt. Der Ausdruck hat aber nichts mit schrspr. lahm zu tun, sondern entspricht Leimsieder.

Labbeduddel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gutmütiges Schimpf­wort in der Bedeutung Trottel. Labbedudd müsste eine Lumpentüte sein, der Labbeduddel also ähnlich schlaff.

Labbeng

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. für Kaninchen, Stallhase. De Lab­beng mache: schnell weglaufen, abhauen, so wie die Wild­kaninchen bei Gefahr in ihren Gängen und Löchern verschwinden; frz. lapin: Kaninchen.

Labbes

der, Pl. Labbese, kurze Vokale, a betont, gew. für schlappe Figur, Mensch ohne Rückgrat.

Lach

die, kein Pl., kurzes a, allg. für verlandender Arm eines Flusses. Der Rhein war vor der Regulierung Mitte bis Ende des 19. Jhdt. nicht nur im Bereich des Rheingaus recht breit und flach. Regelmäßig bildeten sich neue Inseln, andere verschwanden; ein Thema ständigen Streits zwischen Kurmainz und Kurpfalz. In Geisenheim und Rüdesheim lebt der Begriff als Katasterbezeichnung Lachacker und Auf der Lach weiter. Die Rüdesheimer Lach hieß früher auch Ããbau, weil dort der Aushub des Eishafens und bis Mitte des 20. Jh. auch der anfallende Müll ‚angebaut’ wurde. Das Wort Lach hat eine ausgedehnte Verwandtschaft in den idg. Sprachen, zum Beispiel Wasserlache, Maria Laach und Loch Ness. Lat. lacus, frz. lac: See, mhd. lache: Pfütze; vgl. Aa.

Ladfass

das, Pl. Ladfesser, gelängtes a betont, allg. für Halbstückfässer zum Maischetransport, bei denen am Spund­loch ein hölzerner Trichter angebaut war, um das Befüllen zu erleichtern, wenn anders ein Schroten ganzer Fässer mit Laaderbeem (s.d.) nicht mög­­lich war; vgl. Schrotlaadern.

Lagges

der, Pl. Laggese, kurze Vokale, a betont, allg. für un­feiner Mensch. Hauptsächlich in der Verbindung langer Lagges: langer Kerl. Schwäbisch, bayerisch Lackel: Grober, un­ge­schlachter, auch unbeholfener, töl­pelhafter Mensch.

Lahme

der, kein Pl., a lang, nach o gefärbt und betont, allg. für Lehm; vgl. Letsch.

Lahmehemd

Spottname, verhüllend für Hosenscheißer.

Lahmetreeder

der, Pl. gleich, a lang, nach o gefärbt und betont, allg. für langsamen Menschen, einen, der sich träge bewegt. Der Ausdruck hat aber nichts mit schrspr. ‚lahm treten’ zu tun, sondern entspricht Lehmtreter. Lehmtreten gehörte zu den Verrichtungen der Arbeiter, die Häuser und Scheunen aus Lehm bauten. Man findet heute noch vereinzelt alte Häuser, deren Maue­rung aus Lahmestaa (Lehmstei­nen) besteht. Aus Lehm und Wasser wurde ein steifer Brei gemacht und durch Treten geknetet, eine weder beliebte noch geachtete Arbeit, die zudem Rheumatismus zur Folge haben konnte. Auch das Füllmaterial für Fachwerk wurde aus Lehm bereitet, indem man dem Brei klein gehacktes Stroh beigab, das ihm größere Bindig­keit verlieh. Dieser Verputz wurde ebenfalls getreten.

Laisallee

die, kein Pl., ai betont, gew. für Scheitel; schrspr. Läuse-allee.

Laisert

der, Pl. Laiserde, auch Laiszibbel, ai betont, allg. für Laus­bube; schrspr. Läusert.

Laisknigger

der, Pl. gleich, ai betont, gew. für Pedant, Geizhals, der die Läuse knickt.

Laisreche

der, Pl. gleich, ai betont, gew. für Kamm; schrspr. Läuserechen.

Laisschwester

die, Pl. Laisschwestere, ai betont, gutmütiges Spottwort für die weiblichen Abge­­sandten des Gesundheitsamtes, die frü­her in den Kindergärten und Grundschulen die Köpfe der Kleinen auf Läusebefall zu kon­trollieren hatten.

Lamberie

die, Pl. Lamberie-e, langes i betont, allg. für Schutz- und Stoßleiste am unteren Rand der Wand, aber auch Wandbe­kleidung aus Holz, wenn sie halbhoch durchgeführt ist. Frz. lambris: Täfelwerk. Zur Lamberielaader vgl. Haamichbloo.

Lameng

die, kein Pl., kurze Vokale, e betont, in dem Ausdruck Aus de Lameng: mit leichter Hand, ‚mit links’; frz. la main: die Hand. Der französische Artikel ist mit dem Wort verbunden, ein neuer wird hinzugesetzt.

Ländche, blaues

s. bloo-e Ländche.

Landebrick

die, Pl. Landebrigge, a nach o gefärbt, kurz und betont, allg. für Schiffsanleger, heutzutage ‚Steiger’; vgl. Bock, Weschbrick.

lange

gelangt, a kurz, nach o gefärbt und betont, allg. für 1. ausreichen, ge­nug haben: Ebe langt’s!; Jetz langt mersch abber!: jetzt ist es genug. 2. herrei­chen: Lang mer mol de Hammer ribber. 3. eine Ohrfeige verabreichen: Glei kriehst-de ãã gelangt!

länne

geländt, allg. für anlanden; das geschieht mit allerlei Treibgut und gar nicht selten, wenn auch weniger erfreulich, mit Wasserleichen. Wenn en Amboss geländt werd, vgl. Liener.

Lattwerch

die, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Zwetschenmus, zu Brotauf­strich steif gekoch­t und gewürzt. Latwerge ist ein Wort der mittel­alterlichen Heilkunde. Das spät­lat. electuarium wird mhd. elec­tuarje und dann Latwerge; vgl. Kwetscheschmeer, Weschkessel.

lauder

adv., au betont, allg. für nur, nichts als. Das Wort lauter ist zwar schrspr., aber in sei­ner vielfältigen Verwen­dung hier sehr eingebürgert:for lauder Engst, for lauder Spass; lauder Gemies, lauder Dreck, lauder Narrn. Vor allem aber: for lauder lauder, womit ausgedrückt wird, dass man vor lauter Stress, Hetze, Durcheinander etwas vergessen, versäumt, unterlassen, schusselig vollbracht hat.

laudern

gelaudert, au betont, historisch für den dritten Bau, das dritte Umgraben der Weinberge im Jahreslauf, wie es in § 8 der herzoglich-nassauischen Instruktionen für die in den Weinbergen arbeitenden Hofleute als ‚Lauterrühren’ festgelegt ist. Schrspr. läutern, vom Unkraut reinigen; vgl. grabe, riehrn.

Lay

s. Laaje.

lebbern

gelebbert, kurze e, Stamm-e betont, allg. für langsam trinken, plätschern, läppern. Er lebbert an seiner Supp erum: er isst seine Suppe ohne Begeisterung. Der lebbert aach de ganze Daach: einer versorgt seine durstige Kehle fortlaufend mit Alkohol. Es lebbert sich: es setzt sich aus klei­nen Quantitäten zusammen. Strenge Frage des Polizisten: Was, weje drei Mack host-de die ald Fraa ibberfalle? Antwort: No ja, hier drei Mack un do drei Mack, es lebbert sich. Wenn Kinder spielerisch mit Wasser umgehen, lebbern sie auch; vgl. ledsche.

Lebberschnut

die, Pl. Lebberschnude kurze Vokale, erstes e betont, ge­wöhnlich für Mund mit starken Lip­pen; frz. levre: Lippe.

Lebberworscht, beleidicht

die, kein Pl., allg. für empfindliche, nachtragende Person.

lebbsch

Adj., e kurz, allg. für fade, ungesalzen. Gehört wie lebbern zu läppisch, die Beziehung zu seiner Bedeutung ist aber vergessen. Lappe erscheint zu­erst in Straßburg 1341 als Über­nahme und wird als oberdeutsch Läpp allgemein zur Schelte des äußerlich oder sittlich Haltlosen. In die Schrift­sprache dringt nur das hierzu gebil­dete Adjektiv. Hier gerät es unter den Einfluss von Lappen, Fetzen und wird zum Tadel weich­licher Haltung, Sinnesart und Rede. Läppisch hat breiten Rückhalt an den Mundarten von Tirol bis zur Küste.

Lebemied

der, ohne Pl., erstes e lang und betont, für verdrießlicher Mensch. Guck emol de Lebemied, wie er sei Gesicht vezieht; schrspr. lebensmüde.

Leches

die, nur Pl., erstes e kurz und betont, in dem Ausdruck Er gibt em Leches: wenn zwei etwas ausgefressen haben und einer gibt dem anderen Verhal­tensmaßregeln, wie sie sich herausre­den wollen. Hebr. lekach: Lehre, Überredung, jidd. lekes: Losung.

Lee-er

der, Pl. gleich, ö gelängt und betont, historisch für Lohgerber, die Tierhäute und Felle in einem Sud von Eichenrinde einweichten und dann zu Leder verarbeiteten. Heute erinnern an sie Straßennamen wie Löhrstraße oder Leergasse, wo sie früher ansässig waren; immer an einem Gewässer; schrspr. Löher.

Leejel

das, Pl. gleich, allg. für Rückentrage, in der bei der Weinlese die Trauben aus den Lesebüttchen eingesammelt und anschließend zum Wagen getragen werden. Lat. lagoena: Gefäß, Flasche; schrspr. Legel; vgl. Butt, Bidd.

lehne

gelehnt, erstes e lang und betont, allg. sowohl für ausleihen als auch für verleihen. Ich hab mer’s gelehnt; ich hab’s em gelehnt. Ein Leihhaus ist aber e Pandhaus; mhd. lehenen: ausleihen.

Lei

s. Laaje.

leie

geleje, im Part. Perf. zweites e betont, allg. für liegen. Spott­weise wird als Arbeiterwunsch kolportiert: Mer wolle jo gern beim Fresse hogge, wann mer nor beim Schaffe leie kenne. Die melodisch wie ein Wort gesprochene Wendung ei-do-leire-jo heißt ganz einfach: ach da liegt er ja, z.B. der lange gesuchte Schlüssel. Ei deedst-de nor im Rhei leie!: Verwünschung, meist von widerspenstigen Gegenständen. Do wisse-se wo Mosgau leit, un in de Ortsgemaggung kaan Bescheid: Spott über heimat-unkundige Neu-, Jung- und sonstige Bürger. Schließlich als Lebensphilosophie der Senioren: Wann der Rentner will gedeie, muss er middaachs zwaa Stund leie.

leime

geleimt, gew. für über den Durst trinken. No, habd-er aane geleimt?

Leimpännche

ei nach oi gefärbt und betont, Spitzname der Schreiner.

Leinereider

der, Pl. gleich, erstes ei nach oi gefärbt und betont, histori­scher Begriff für die Gespann­führer, die von den Leinpfaden am Rheinufer aus die Lastschiffe zogen. Der Leinereider ‚ritt’ das Schiff; zu diesem Zweck stand er auf dem großen flachen Sattel des letzten seiner sechs bis acht Pferde und dirigierte von dort aus mit Zügel und Peitsche sein Gespann. Der uralte Lein­pfad ist im Rheingau weitestgehend erhalten und soll als Teil eines Fernradweges ausgebaut werden; vgl. Halfe.

lennelahm

Adj., erstes e kurz und betont, allg. für einen durch und durch lahmen Menschen; schrspr. lendenlahm, die ursprüngliche Bedeutung ‚zeugungsunfähig’ ist vergessen.

lerne

gelernt, Stamm-e kurz und betont, gew. für lehren. Den hon ich Mores gelernt; de Lehre lernt uns rechene. Schon im 14. Jh. er­scheint mhd. lernen in der Bedeutung lehren, ohne dass man bestimmte Dialekte für diesen Ge­brauch bezeichnen könnte. Natürlich wird auch ‚lernen’ so gesprochen.

lessmõki

Ausruf, i betont, o durch Wegfall des n nas., vulgär für die bekannte Aufforde­rung zu einer unzumutbaren Würdi­gung der Kehrseite, die klassisches Zi­tat geworden ist; frz. lechez mon cul.

Letsch

der, ohne Pl., e kurz, gewöhnlich für Lehm, Tonerde; schrspr. Letten, vgl. Lahme.

letsche

geletscht, kurze e, erstes beton­t, allg. für anfeuchten, benetzen. Man letscht die Wäsche vor dem Bügeln, den staubigen Boden vor dem Kehren. Kinder, die spielerisch mit Wasser umgehen, letsche auch; vgl. lebbern, lebbsch.

Letschkaut

die, Pl. Letschkaude, e kurz und betont, gew. für Lehm­grube, wie es sie früher in jedem Ort gab, als die Wände noch aus Lehm waren. Später wurden die Gruben oft mit Abfall aufgefüllt; vgl. Kaut.

Letschknaatscher

der, auch Letschkondidder, Pl. gleich, erstes e kurz und betont, gew. für Lehm­former, Modelleur, Stukkateur; vgl. Lahmetreeder.

letscht

adv., kurzes e, auch de-letscht und se-letscht, allg. für letztens, jüngst, zuletzt.

Liejebeidel

der, Pl. gleich, i lang und betont, gew. für Lüg­ner; kein bösartiges Schimpfwort. In der Form Liehbeitel Name des Wallufer Karnevalsvereins; schrspr. Lügenbeutel.

Liejemaul

das, Pl. Liejemailer, auch Liejebaron oder Liejemajor, i lang und betont, gew. für Lüg­ner, enthält mehr Vorwurf.

Liener

der, Pl. gleich, i lang und betont, gew. für Aufschneider, Lüg­ner, ohne besonderen Vorwurf, meist ergänzt zu alder Liener. So einer mag dann auch engagiert erzählen wie mer emo en Amboss geländt hon; vgl. länne.

Liesch

die, kein Pl., langes i, kellerfachlich für Dichtmaterial aus Riedgras (Segge) für Fassdauben.

link

Adj., gewöhnlich für falsch, hinterlistig. En lingge Bruder: ein falscher Kerl; auch im Rotw.

Linkmichel

der, Pl. gleich, kurze i, erstes be­tont, gew. für ungeschickter Mensch, einer, der sich dumm anstellt. Hängt mit der generationenlangen Abwertung der Linkshändigkeit zusammen. Wann aaner zwaa lingge Hend hot, dann kann-er nit-emo en Naal in e Pund Budder schlãã.

Linkspood

die, auch Linksdootsch, kein Pl., i kurz und betont, gew. für Links­händer. Das Wort wird sowohl für weibliche als auch männ­liche Personen angewendet. Kann auch ungeschickte Person bedeuten. Enthält Pfote, bzw. bei -dootsch entweder fränkisch Tötsch: Hand oder fr­z. toucher: berühren oder doigt: Finger.

linse

gelinst, i kurz und betont, allg. für heimlich einen Blick tun, lau­ern, in die Karten sehen. Guck emol, der linst um die Eck beim Kinder­spiel, wenn sich noch nicht alle ver­steckt haben und der Suchende sich durch linse Vorteil verschaffen will. Auch die Lins spitze: besonders genau aufpassen, mit allen Sinnen aufmerken. Aus dem Rotw.; zu der Hülsenfrucht Linsen vgl. Dibbe.

Lisbeth

die, kurze Vokale, i betont, Kosename der Rheingauer Winzer für die Sonne. Wenn sie kräftig scheint, dann steje sibbe Sunne am Himmel.

liwwern

geliwwert, kurze Vokale, i betont, allg. für kaputt machen, zugrunde richten; schrspr. liefern.

Loch, versoffe

das, Pl. selten, derb für Säufer(in).

Lochstick

das, Pl. Lochstigger, kurze Vokale, o betont, allg. für be­sonders gute Stücke Ochsenfleisch. Zwischen Brust und Siegelstück, der Verlängerung vom Hals, werden die Rippen, die unter dem Bug oder der Schulter sind, als naggisch Lochstick, die daran anschließenden als lang Lochstick und dann das weiche Bauchstück als ibberzwerch Lochstick bezeichnet. In Naggisch Loch­stick ist gut das Nacken-Lochstück zu erkennen.

Lode

die, nur Pl., kurze Vokale, o betont, weinbaufachlich für Rebtriebe im frühen Wachstumsstadium, wenn sie sehr leicht abbrechen. Man muss deshalb bei der Arbeit im Weinberg, insbes. beim Hefde (s.d.) recht sorgsam sein. Ahd. lota: Weinranke, Buschwerk.

loo

o lang, in dem Ausdruck for loo, gew. für umsonst, für nichts, ohne Lohn, ohne Gewinn. Krämer­sprache aus jidd. loj: nein, nicht; ugs. ‚für lau’.

Lorenzerot

erstes e kurz und betont, einheimische Bezeichnung der Rotwein-Rebsorte St. Laurent.

Lubbermaus

die, Spottname für eine(n) Neugierige(n), auch Schnüffler.

lubbern

gelubbert, kurze Vokale, u betont, gew. für belau­schen, nachspüren, ungesehen beob­­achten. Des muss ich emol belubbern: das muss ich mir genauer ansehen. Auch ‚Liebespaare heimlich beobachten’, Substantiv: Lubberer; vgl. lu-ern.

lubsche

gelubscht, kurze Vokale, u betont, gew. für unerlaubt gucken; vgl. linse.

luck

Adj., u kurz, allg., be­sonders in der Küche für locker. Ein gut gebackener Kuchen muss luck sein.

lu-ern

gelu-ert, u lang und betont, gew. für lauern, wartend Aufmerksam­keit üben; mhd. luren. Die Lorelei ist denn auch keine Lore, die auf dem Felsen sitzt (vgl. Laaje), sondern eine Lure-lei, d. h. der Schieferfelsen eignet sich zum Spähen; vgl. belu-ern.

Lumbe

der, Pl. gleich, u kurz und betont, allg. für Lappen. Der danzt wie de Lumbe am Stegge: Er schwingt sich wild herum; vgl. Butzlumbe, Stegge.

Lumbekrämer

der, Pl. gleich, u kurz und betont, Schimpfwort für einen ehrlosen Men­schen. Das Wort hat seinen Ursprung in dem früher häufi­gen, wenig angesehenen Beruf des Lumpensammlers.

Lumbes

der, Pl. Lumbese, kurze Vokale, u betont, allg. für körperlich oder charakterlich haltloser, verwahrloster Mensch.

Lumbe-Straasch

kurzes u betont, gew. für unmoalisches Verhalten; schrspr. Lumpenstreiche.

lummerig

Adj., kurze Vokale, u betont, allg. für schlaff, locker, weich, kno­chenlos. Das Wort wird besonders beim Fleisch benutzt. Es ist vom älteren lummer: weich, locker, lose abgeleitet.

lunsele

gelunselt, u kurz und betont, allg. für leise schlafen, einer leichten Schläfrigkeit nachgeben. Ich hab e bissje gelunselt: ich bin eingenickt. Substantiv: Lunselche. Mhd. lunz: Schläfrigkeit, lunzen: leicht schlummern, schlummernd verweilen.

Zum Seitenanfang

M

Mãã

der, kein Pl., a lang und durch nicht gesprochenes n nas., allg. für Main. Mããboodcher, nur Pl., Spottwort für übergroße Schuhe.

Maachespitz

die, Pl. selten, auch Maachespitzje, a lang und betont, allg. für Blutwurst oder Presskopf in Schweinsmagen gefüllt, wovon besonders die Spitze mit der dicken Haut gefragt ist. Auch Blutmaache, Schwaademaache.

Maad

die, Pl. Määd, gew. für Magd, Mä(g)dchen, oft mit warnendem Unterton: Mei lieb Maad(che); vgl. Berschje.

Maaikewwer

der, Pl. gleich, wie schrspr. Maikäfer (Melolontha vulgaris); hier wird aber je nach Färbung unterschieden in Terge mit rotem Rückenschild und roten Beinen, Mohre mit schwarzem Rückenschild und schwarzen Beinen und Judde mit rotem Rückenschild und schwarzen Beinen.

Maaje

die, nur Pl., allg. für Birkenstämmchen, -zweige, -laub. Mit ihnen wurden an den Feiertagen Christi Himmelfahrt und Fronleichnam, also meist im Mai, Straßen und Häuser für die vorbeiziehende Prozession geschmückt.

Maan

die, Pl. Maane, a lang und nach o gefärbt, allg. für: Korb mit zwei Henkeln. Das Wort ist idg. verwurzelt, hat in seiner Verwandtschaft Bedeu­tungen wie Hand, Schutz, Vor­mund­schaft und schließlich Korb. Es ist mit -mund in Vormund ver­wandt. Weschmaan: Wäschekorb; Backmaan: flacher Binsenkorb, in dem das Brot zum Bagges (s.d.) gebracht wurde. En Aasch wie e Backmaan ist ungefähr so groß wie em Brauereigaul seiner.

mach Bosse, mach Dinger

kurze Vokale, a betont, gew. Wendungen für unglaublich, nicht möglich, ist das wahr; schrspr. mach Possen, mach Dinge; vgl. Bosse.

mach dich ab, mach dich fort

kurze Vokale, jeweils letztes Wort betont, derbe Aufforderung zum Verschwinden: Hau ab! Vgl. ab mache, fort mache, per mache.

mach emol halblang

Ausdruck des Zweifels oder Versuch, zu beruhigen.

mach Sache, mach nor, jo mach, jetz abber

a kurz, ‚mach’ betont, gew. Wendungen für unglaub­lich, nicht möglich, ist das wahr; schrspr. mach’ Sachen, mach’ nur.

mach’s gut

ist der klassische Abschiedsgruß, Antwort: Mach’s besser.

mach’s korz

gew. Wendung wenn einer zu lange schwafelt.

mache

gemacht, a kurz und betont, hat einen viel breiteren Anwendungsbereich als in der Schriftsprache; so z.B. allg. für

1. einen größeren Weg gehen, reisen. Mir mache noo bzw. uff Ame­riga,

2. sich darstellen als, markieren: Ebe michd-er aan uff vornehm;

3. machen in der üblichen Bedeutung: tun, handeln, verrichten, anfertigen gibt es im Rheingau auch. Mer kann’s Licht odder e Feier ãã- odder ausmache, en Vorhang ãã- odder abmache, Obscht abmache, en Hannel abmache, de Wehrdinscht odder e Haftstroof abmache, Kaddoffele odder Rummele ausmache, Obscht un Gemies inmache, e Deer uff- un zu- odder beimache (wann mer se beimacht, dann isse gekläfft), aam ebbes vormache . Ewegg mache: aufessen, verschwinden lassen; Dick mache derb für schwängern; In die Reih’ mache: in Ordnung bringen; Noomache kann nachahmen sein oder (mit Dativ) hinterherjagen; Um mache: bankrott gehen; Mach vorãã! ist die Vorgabe, wenn’s schneller gehen soll; vgl. ããmache, ausmache, inmache.

Mächer

der, Pl. gleich, ä kurz und betont, allg. für Angeber; entspricht dem schrspr. Macher. Obbermächer: Mann mit leitender Funktion, auch ironisch. Für die weibliche Form wird, wie auch sonst oft, ein n angehängt.

machulle

Adj., kurze Vokale, u betont, gew. für erschöpft, bankrott. Über Rotw. aus jidd. mechulle: zugrunde­ gerichtet, krank.

Mack

der, ohne Pl., a kurz, gewöhnlich für Markt, wobei der Platz dieses Namens und der Wo­chenmarkt, der ggf. dort stattfindet, ge­meint sind. Der Andreasmarkt in Wiesbaden heißt Andreesemack. Wenn einer zu spät dran ist, dann is de Mack verloffe: der Markt verlaufen.

Madonna, preißisch

die, kein Pl., gutmütiger Spottname für die Germania auf dem Niederwald bei Rüdesheim. In Riddesum is jeden Mittwoch Feierdaach. – Ei, warum dann? – Ei weil do die Woch gedaalt un die Germania uffs Dibbche gehockt werd.

Magges

die, nur Pl., kurze Vokale, a be­tont, schwindend für Schläge, Prügel. Re­densart Magges un faule Fisch: doppeltes Unglück. Jidd. make, Pl. makess: Schlag, Stock, Geschwür; Plage, Elend.

Mainz

s. Meenz.

Makron

die, hier ohne Pl., ist ein virtueller Körperteil. Du gehst mer uff die Makron: Du fällst mir auf die Nerven.

Maleede

die, nur Pl., langes e betont, allg. für Aprikosen; lat. malus armeniacum.

Maleerche

das, kein Pl., langes e betont, umschreibend für uneheliches Kind. Ich sin jo bloß ’s Mallärche vun de Tande, heißt es in dem Gedicht „’s Mallärche“ von Rudolf Dietz.

Mammekindche

das, Pl. Mammekindcher, kurze Vokale, a betont, gew. für Muttersöhn­chen, verzogenes Kind, das wo als am Scherzebennel henggt.

mandeniern

mandeniert, i lang und be­tont, nicht mehr allg. verstanden für bewerkstelligen, sich leisten können. Bei Lennig, Die Standeswahl: „Ãnmol for allemol, eich kanns jo mandeniere, eich sein en schwere Mann, mein Jerjel (Jörg) muss studiere“; frz. maintenir: aufrechterhalten, behaupten.

mange

gemangt, früher allg. für das Mangeln der Wäsche. Könnte mangele heißen, aber hier ist seltsamerweise das -le weggelassen, das sonst so oft angehängt wird; vgl. haggele.

Manneewer

das, Pl. gleich, langes e betont, allg. für Aufenthalt, Ungemach, Lärm um nichts. Mach kaa Manneewer un fang met deiner Arbet ãã; frz. manoeuvre: Handhabung.

Mannemer Wach

die, kurze Vokale, erstes a nach o gefärbt, Wach betont, erhalten in dem Aus­druck zieht uff wie die Mannemer Wach: ist unordentlich, ja schlampig angezogen. Die Mannheimer Wache, das kurpfälzische Wachregiment, hatte nur wenige Soldaten und war sehr sparsam ausgestattet.

Mannsleit

s. Fraa.

Mansardeschleicher

der, Pl. gleich, zweites a kurz und betont, gut­mütiges Schimpfwort, das dem Beschimpften unterstellt, er schleiche sich in Mansar­den ein. Deshalb ‚verwerflich’, weil bei den besseren Leuten das weibliche Hausper­sonal in den Mansarden untergebracht war.

mansche

gemanscht, a nach o gefärbt und betont, gew. für unma­nierlich essen, alles durch­einander mengen. Mansch doch nit so wird das Kind ermahnt, wenn es sich beim Essen nicht richtig verhält; frz. manger: essen, das hier einen Bedeutungswandel erfährt.

Manscheddebauer

der, Pl. Manschedde­bauern, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Bauern, die so wohlhabend sind, dass sie nicht mehr selbst Feldarbeit verrichten, also Manschet­ten tragen können. Manschedde­gärtner sind Kleingärtner.

Marandjoseb

auch Manjoseb, gelängtes o betont, annähernd verzweifelter Ausruf bei größerem Missgeschick; die verkürzte Anrufung von Maria und Josef. Wenn die Verzweiflung nicht ganz ernst ist, sagen Freche auch schon mal Jesses, Marja-’n’-Seppel.

Marizzebill

die, auch Marizzebillche, Matzebillche, kurze Vo­kale, erstes i betont, launige Kennzeichnung einer empfindliche Person. Wahrscheinlich Beziehung zu dem kölschen Frauennamen Marizzebill: Maria Sybilla.

Marklubch

der, Pl. Marklubche, auch Markluff, kurze Vokale, a betont, allg. für Eichelhäher. In Goethes Reineke Fuchs heißt er Markolf.

masdich

Adj., allg. für schwere, stark sättigende Speisen; verwandt mit Mast, mästen.

Massik

der, Pl. Massiks, kurze Vokale, a betont, gewöhnlich für störrisches Pferd, verrückter Kerl, einer, der über­schnappt vor Zorn. Als Schimpfwort oft in dem Ausdruck scheeler Massik; jidd. masik: Schädling.

Matschores

der, Pl. gleich, o lang und betont, allg. für Rädelsführer, einer, der etwas zu befehlen hat. Obbermatschores kann Spottwort sein. Wohl von lat. maiordomus: Hausvorstand; kann aber auch aus der frz. Militärsprache kommen, wo es stets ver­schiedene Dienstgrade mit dem Wortbestandteil -major gab: sergeant-major, état-major, tambour-major etc., oder in ironisch umgekehrter Bedeutung aus jidd. meschores: Knecht.

Mattche

das, Pl. Mattcher, a kurz und be­tont, gew. für Handel, Geschäft, unehrliche Erwerbung. Jidd. masematten: Handel, Ge­schäfte; Hüllwort für Einbruchdieb­stahl. Die Rheinschif­fer nannten Mattche alles, was bei Verladearbeiten von Lebensmitteln oder Kohlen im eigenen Sack verschwand. Heute könnte man all das so nennen, was ‚vum Laster gefalle’ ist.

Matzel-aach

das, Pl. Matzel-aache, erstes a kurz und betont, gew. für kranke, buttrige Au­gen, entzündete Augenränder. Eine Verbindung zu jidd. mazze: rundes, flaches, un­gesäu­er­tes Osterbrot ist nur so herzustellen, dass man sich das Ganze getrocknet denkt.

Maul dabbeziern

scherzhaftes Lob für ei­nen guten Wein: er tapeziert das Maul, kleidet den Mund aus; fachlich: er reißt nicht ab, eines der wichtigsten Qua­li­täts­merkmale des Weins.

Maus

die, hier ohne Pl., familiär für Daumenballen. Aus la­t. musculus in der Doppelbe­deutung Mäus­chen und Muskel.

Mausefallekrämer

der, Pl. gleich, Spott­wort für Italiener. Aus dem 19. Jh., als vielfach italie­nische Hausierer nach Deutschland ka­men.

Mauskniddel, uffgestellder

kurze Vokale, au betont, abwertendes Spottwort für kleinen Menschen, Gernegroß; vgl. Kniddel.

Meedchejejer

der, auch Meedchejeecher, Pl. gleich, beide lange e betont, des is aaner, der wo jedem Scherzebennel hinneher renne duut.

Meedche-rolzer

s. Bobbe-rolzer.

Meenz

Mainz. Wort­geschichte: Römisch Moguntiacum (mit div. Varianten, mag mit keltisch Mogon für den Main zu tun haben); im Mittelalter Mogontia, Maguncia, Maginze (jidd. Magenza); rotw. Serwisch-Mokum: die französische Stadt, und ‚Miau’; die Mainzer Kanzlisten schreiben 1568 Meyntz, 1594 und 1644 Maintz, 1657 Mäintz, Maintz, Mayntz, 1785/86 und in der Folge: Mainz. Die Stadtpläne haben 1575 Maintz, 1625 Meintz, Merian 1637 Maintz, 1755 Mayntz, 1784 und in der Folge Mainz. Der e-Laut des Dialektwortes Meenz ist ein entrundetes ä, dessen Entwicklung sich so darstellt: Maginze, Majinze, Mäjnze, und für die Mainzer: Määnz.

meer

pers. Fürwort, kann für ‚wir’ und ‚mir’ in betonter Form stehen; vgl. mer, mir.

Mees

das, ohne Pl., gew. für Geld. Jidd. moo: Pfennig, daher Moos, Pl. mejess: Geld.

Meggel

die, auch Meggeltasch, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Markttasche, Einkaufstasche, Handtasche; Etymologie unklar.

Megges

die, nur Pl., auch Meggesjer, kurze e, das erste betont, für Ausflüchte. Der micht Meg­ges: der macht Ausflüchte, der flun­kert, der gibt an. Ursprünglich ‚Mäkler machen’, also viel reden, viele Worte machen, einerseits Ausflüchte machen, andererseits flunkern, prahlen.

Mehlbajazz

der, Pl. Mehlbajazze, kurze Vo­kale, e Silbe betont, allg. für die Fastnachtskostümierung ‚weißer Pierrot’. Ein reinweißes Kostüm, weite Jacke, weite, lange Ärmel, weite Hose, aus dickem Stoff. Höchstens die großen Knöpfe und die Aufschläge an Ärmeln und Hosen dürfen schwarz sein. Dazu ein hoher, spitzer, weißer Hut.

Mehlert

der, Pl. gleich, erstes e lang und be­tont, beim Klickerspiel für Klicker aus Lehm. Schlechte Lehmklicker heißen derb Mehlforz; vgl. Kligger.

Mehlwammes, Mehlworm

allg. Spottnamen der Müller.

mehrn

gemehrt, allg. für herumwursteln: Was mehrst-de’n so lang erum? ist die ungeduldige Frage, wenn der Fragende die Gefragte (oder sie ihn usw.) lieber etwas Anderes tun sähe. Im Zusammenhang damit Host-de ball ausgemehrt? und Mehr dich aus, dess de ferdich wersd. Mhd. meren: Brot eintauchen und essen.

meintsweje

allg. für meinetwegen.

Meisje

das, Pl. Meisjer, erste Silbe be­tont, allg. für 1. Kosewort mei Meisje; 2. Reflex eines Taschenspie­gels. Meisjer mache ist ein beliebter Bubenspaß; man fängt mit einem Ta­schen­spiegel Sonnenlicht oder über­haupt den Strahl einer sehr hellen Lichtquelle und reflektiert sie indunk­lere Bezirke, um sie dort wie ein Mäus-­chen huschen zu lassen; das macht einer verspielten Katze viel Spaß. Eine andere Art von Meisjer mache: flache Steine so über eine Wasserfläche wer­fen, dass sie wiederholt aus dem Wasser aufhüpfen und weiterflutschen. 3. Kartoffelsorte, auch Salatkaddoffele genannt; schrspr. Mäus-chen.

Memm

die, Pl. Memme, kurze e, das erste betont, derb für Frauenbrust; lat. mamma. Em Kind die Memm gebbe: stillen.

Menggengges

die, nur Pl., kurze e, zweites betont, allg. für unnötige Umstände. Mach so kaa Menggengges un saa, was de willst! Wohl aus jidd. mechanne: weitschweifig. In Berlin: Menkenke; vgl. Amberaasch.

Mensch

das, Pl. Menscher, abwertend für Frau, Frauenzimmer. Verstärkung: Dreck­mensch, Saumensch, Rabbaljemensch (s.d.). Die Pluralbildung mit -er ist im Rheingau häufig anzutref­fen, z.B. Hemd / Hemder, Bett / Bedder, Meedche / Meedcher.

mer

kurzes e, kann sowohl ‚man’ als auch ‚wir’ und ‚mir’ bedeuten, wenn letztere nicht besonders betont sind; vgl. mir.

merb

Adj., kurzes e, allg. für mürb, z.B. bei Gebäck, vgl. Merwes, aber auch elend, matt, zerschlagen bei erkrankten Menschen; vgl. Brezel.

merrsie-aach

kurzes e betont, allg. für danke auch; frz. merci: danke.

Merwes

der, Pl. gleich, kurze e, erstes be­tont, allg. für mürbes Gebäck, wie Wickelcher, Herncher oder Roseweck. Auch Merwesje, womit die Kleinheit des Backwerks angesprochen wird; vgl. Brezel.

Messbub

der, Pl. Messbube, e kurz und betont, allg. für Ministrant.

Messdiener

der, Pl. gleich, allg. für Ministrant. Strubbischer Messdiener: gutmütiges Schimpf­wort für einen frechen Buben. In der Tat waren nicht nur fromme Buben Messdiener, und so wurde beim Gottesdienst auch mancherlei Schabernack getrieben. Das fing an mit gemurmelten Scherzsprüchen statt der vorgesehenen Gebete und ging weiter mit vorgetäuscht ungeschicktem Hantieren mit, und Verschütten von, Wasser und Wein. In den Zeiten, als der Orgelbalg noch nicht elektrisch betrieben wurde, konnte man durch übereifriges Aufpumpen bei leisen und ebenso durch versäumtes bei festlich-lauten Passagen Pfarrer wie Organisten zur Verzweiflung bringen. Einen Spitzenplatz wird man dem langjährigen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm zubilligen müssen, der in den Weihrauchvorrat Schwarzpulver mischte, was, als der Pfarrer wieder etwas auf die glühende Kohle im Rauchfass gab, zu einem Aufsehen erregenden Effekt führte und Blüms Messdienerkarriere sicher bald beendete.

Messfremde

der und die, auch Kurfremde, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Fremde, Durchreisende, mit Rheingauer Dingen Unvertraute. Gutmütiges Spottwort; vgl. Hargeloffene, Ingeplaggte.

Mick

die, Pl. Migge, allg. für Fliege, Mücke; Verkleinerungsform, doppelt, wie so oft: Miggelche. Manch aaner gibt ãã wie e Tutt voll Migge; vgl. Aabeemick, Schnook.

Miggeferz

die, nur Pl., kurze Vokale, i betont, gew. für Nich­tigkeit(en), Bagatelle(n).

Miggeplatsch

die, Pl. Miggeplatsche, kurze Vokale, i betont, allg. für Fliegenklatsche.

mir

i gelängt, steht für betontes ‚mir’ und ‚wir’; vgl. meer, mer.

Mischpooch

die, kein Pl., o lang und betont, gewöhnlich für Familie, Verwandtschaft, Sipp­schaft. Jidd. mischpoche.

Mistbien

die, Pl. Mistbiene, kurzes i betont, abwertendes Schimpfwort für weibliche Person. Eigentlich Name der Schlammfliege (Eristalomyia); äußerlich ähnelt sie der Biene, aber es fehlt ihr deren Nützlichkeit.

mo

Hauptform der div. Verkürzungen von mal bzw. einmal; Gebb mer mo die Zeidung. Kann auch mol lauten, oder, vor allem wenn das vorherige Wort mit einem anderen Konsonanten als m endet, emo (kurzes e, gelängtes und betontes o), etwa zeich-emo, oder fast völlig verschwinden wie in kommelä! oder noch knapper mlä! (familiär-kommandierend für komm mal her, mit extrem kurzem ä).

mobbele

kurze Vokale, o betont, fast nur als Part. Per­f. gemobbelt, s.d.

mobse

gemobst, kurze Vokale, o betont, allg. für kleine Dinge an sich neh­men bzw. stehlen. Ich hab dein Blei(stift) gemobst. Frz. mobiliser: mobil ma­chen, flüssig machen liegt zugrunde. Das Wort wird auch im Sinne von ugs. mopsen: sich langweilen gebraucht.

möbsele

gemöbselt, kurze Vokale, ö betont, 1. wie ugs. ‚schlecht riechen’; 2. Beim Klickerspiel und mit ihm allmählich verschwindend: An­schieben des Klickers, den Klicker ge­zielt in Bewegung setzen. Es geschieht mit gekrümmtem Zeigefinger. Möb­sele ist umgelautet als Verkleine­rungsform von mobse, auch hier liegt also frz. mobiliser zugrunde.

Modde

die, nur Pl., in dem Ausdruck do kriehst-de jo die Modde: da kannst du ja verrückt werden. Vielleicht aus jidd. motje: verdorben, eher aber von Motten, die ja auch einiges verderben. ‚Die Motten’ war auch Hüllwort für Tuberkulose, weil die im fortgeschrittenen Stadium die Lungen zerfrisst.

moddele

gemoddelt, kurze Vokale, o betont, allg. für kneten, modellie­ren, aber auch zeichnen. Nohgemoddelt: nachgemacht. Die Ableitung von lat. modus: Art, Weise, wie Mode, Modell, modellieren ist klar; vgl. ummoddele.

Moldruff

der, Pl. Moldruffs, kurze Vokale, o betont, allg. für Maulwurf. Hat nichts mit dem Maul zu tun, wie es schon seit dem 16. Jh. fehlinterpretiert wird; vielmehr mit Haufen oder Erde, die er wirft. Ein tapsiger, phlegmatischer Mensch, auch Kind, leeft erum wie en Moldruff; das kann Tadel beinhalten.

Monatsplätzje

das, Pl. Monatsplätzjer, o gelängt und betont, vulgär und in Männergesellschaft für Ausweichver­hältnis bei natürlicher Verhinderung der Ehefrau.

Monder

das, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, gewöhnlich für Schaufenster. Monder geje: einen Schaufensterbummel machen. Monderscheib: Schaufensterscheibe. Frz. montrer: zei­gen, montre: Schaufensterkasten.

Mondjee

o kurz und betont, überraschter Ausruf; frz. mon dieu: Mein Gott.

Monte Preso

ist der italianisierte Uzname für Presberg; vgl. Hããbiche.

Moosrösje

das, Pl. Moosrösjer, o lang und betont, gew. für Mädchen, das gern und viel poussiert, das sich mit seinem Liebsten auch im Moos niederlässt.

Mordjee

langes e betont, ein Fluch, dem man die Gotteslästerung nicht anmerkt. Frz. mort de Dieu, oft entschärft zu morbleu: Tod Christi.

mords

allg. für herausragend, auffallend, mordsmäßig; vgl. staats, wels.

Morje

der, Pl. gleich, allg. für das Flächenmaß ¼ ha, also ein preußischer Morgen.

Morje

allg. für morgen; morgen früh: morje frieh, morgens: morjns. Der Morgen ist daneben Morjn oder Morche, auch beim Gruß(meist ohne ‚guten’, allenfalls Gemorje, sonst nur Morjn oder Gude, dann wie immer ohne Tgaeszeit); heute Morgen heißt de Morjnd.

morje bagge mer

kurze Vokale, o betont, familiär als Ausdruck der Abweisung. Etwa im Sinne von: Erst wenn wir morgen backen, werden Wünsche erfüllt, z.B. das Kind, das sich eben vom Vater en Schoggelgaul odder meintsweje e Playstation gewünscht hat, muss abwarten, ob es irgendwann eine(n) gebacken kriegt.

Moschderkolbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes o betont, allg. für Kolben, mit dem die Trauben im Lejel (s.d.) oder in de Herbschdbitt (vgl. Bitt) teil-eingemaischt werden, um das Fassungsvermögen zu vergrößern. E gut gemoschdert Lejel is orntlich schwer.

moschdern

gemoschdert, kurze Vokale, o betont, Dialektform von mosten, wird reflexiv im Sinne von ‚zusammengewürfelt kleiden’ gebraucht: Gugg-emo wie die sich gemoschdert hot. Es ist nicht auszuschließen, dass auch das Wort (Stoff-) Muster mitwirkt, wenngleich die Umlautung dabei ungewöhnlich wäre.

Mosche obbe

sein, kurze Vokale, beide o betont, allg. für fein heraus sein, Grund haben, stolz zu sein; jidd. Mojsche: Moses.

Moschtwoo

die, Pl. Moschtwoo-e, erstes o kurz und betont, allg. für Aräometer zur Bestimmung des Zuckergehaltes im Most anhand des spezifischen Gewichtes. Etwa seit 1820 in verschiedenen Ausführungen entwickelt, von denen schließlich die Oechsle‘sche Mostwaage amtlich anerkannt wurde.

Mott

die, ohne Pl., kurzes o, gew. für illegales Verhältnis. Der micht met de Millern die Mott; viel­leicht aus jidd. motje: verdor­ben.

Mottche

das, kein Pl., kurze Vokale, o betont, gewöhnlich für ‚lebensfrohes’, übermüti­ges Frauenzimmer; vielleicht aus jidd. motje: verdorben.

motze

gemotzt, o kurz, allgemein für schmollen, trotzen. Kobb motz, Bauch schadt’s wenn Kinder nicht folgsam essen wollen; entstanden aus mucken.

Motzkobb

der, Pl. Motzkebb, kurze o, erstes betont, allg. für Trotzkopf, der wo in de Motz-eck sitzt; schrspr. Schmollwinkel, vgl. motze, für das auch en Motzkobb uffsetze eintritt.

Muck

die, Pl. Mugge, u kurz, gewöhnlich für dickes Schwein, Zuchtsau; insoweit lautmalend nach dem Geräusch des Ferkel führenden Mutterschweins; vgl. Herbscht-muck. Auch derbes Schimpf­­wort für wohlbeleibte Frau. Nur im Pl. gebräuchlich bedeutet Mugge Grillen, Launen, Unarten (wie schrspr., dort allerdings auch Singular); vgl. Naube. Uff de Muck habbe: auf dem Kieker haben; dabei ist allerdings die Muck (Mücke) das Korn der Zieleinrichtung auf dem Gewehr.

Mudderches spiele

gespielt, allg. für Familie spielen.

Mudderstick

das, Pl. Mudderstigger, kurze Vokale, u betont, kellerfachlich für Überwurf aus Messing zur Verbindung von Weinschläuchen. Heute nicht mehr gebräuchlich, weil ähnlich wie bei Feuerwehrschläuchen Bajonettverschlüsse benutzt werden; vgl. Schabbel, Vadderstick.

Mudsch

die, Pl. Mudsche, u kurz und betont, gew. für dralles Mäd­chen. Familiär Kosename für kleines Mädchen. Dieses Wort entspricht nicht Mutsch als Kose-Anrede für Mutter; es ist älter. Die rotw. Bezeichnung der Töchter des Scharf­richters war Musche, eigentlich nur so­viel wie Mädchen, je­doch meist mit dem Nebenbegriff des Liederlichen. Daher wohl auch Muschi für das weibliche Geschlechtsteil; älteste Form: Mutze. Man darf annehmen, dass die Bezeichnung der fettgebackenen Mutzen und Mutzemandeln, eines typischen Fastnachtsgebäcks etwa in Frankfurt und im Rheinland, über die Form damit in Zusammenhang steht.

Muffel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für Bissen, Happen, Mundvoll.

muffele

gemuffelt, kurze Vokale, u betont, gew. für ‚den Mund voll­ stopfen’, mit voll gestopftem Mund es­sen. Muffel nit wird das Kind er­mahnt, wenn es sich den Mund zu voll­ stopft.

mugge

gemuckt, u betont, wie ugs. (auf)mucken. Regional bedeutsam ist, dass an Fassenacht in ihrer von Mainz geprägten Form vor allemMugger un Philisder, also Frömmler, Sektierer, Scheinheilige und Haamdigger (s.d.) bekämpft werden. Un sowieso brauch aaner, der wo mugge will, ersd-emo en Muggpass.

Muhl

die, Pl. Muhle, allg. für Mulde, vorzufinden als Flurname, als Backmuhl, in der der Brotteig angemacht wird, und als Saimuhl, ai betont, in der das geschlachtete Schwein heiß gebrüht wird, damit man es enthaaren kann.

Munzibalideed

die, ohne Pl., langes e der letzten Silbe betont, histo­risch für Stadtverwaltung. Munizipal-Behörden waren die städtischen Be­hörden in der Zeit der französischen Herrschaft 1797 bis 1814.

Mussigg

die, kein Pl., kurze Vokale, u betont, zum einen die regionaltypische Aussprache des Wortes Musik; vor allem aber übertragen für Marinade zum Handkees (s.d.) oder irgendeine Konstruktion: Die ganz Mussigg is sammegesterzt. Wenn es losgehen, eine Sache in Angriff genommen werden soll: Jetz loss-emo die Mussigg spille.

Mussjee

u kurz und betont, spöttisch für die Anrede Herr; frz. monsieur.

Mut habbe

u gelängt, schwindend für etwas vorhaben, Lust haben. Na, Kall, was hoscht-de ’n heit Mut? Ahd., mhd. muot: alles, was sich in Seele und Geist abspielt, also Gedanken, Einstellung, Ansicht und Absicht.

Zum Seitenanfang

N

Nabbelblaasch

die, kein Pl., erstes a kurz und betont, scherzhaft für Wiese zum Sonnen, zum Beispiel im Schwimmbad; dies, obwohl die Nabel im Unterschied zur Weißwäsche auf der Bleichwiese ja gerade nicht gebleicht werden sollen; schrspr. Nabelbleiche.

Nabbelfigger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, vulgär für introvertierter, mit sich beschäftigter Mensch; passt auf viele Romanciers, die nur Autobiographisches von sich geben.

Nabbelgezabbel

das, ohne Pl., kurze Vokale, erstes a betont, Scherz­wort für Unruhe im Leib, Schmetterlinge im Bauch. Es Nabbelgezabbel krieje: unru­hig werden, auf dem Stuhl hin und her rut­schen, auch verliebt sein.

Nabbelreiber

der, a kurz und betont, derb für Tanz, bei dem sich das Paar eng umschlun­gen hält.

Nache

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Nachen. Im Rheingau kann das ein Boot sein von der Größe eines Riemenruderboots bis zum Schlepp­kahn, zumBeispiel Kohle-nache, auch Kohle-kaschde. Ahd. nahho, mhd. nache: Schiff. Außerdem sind Scheich, Sandscheich und Dreiboord gebräuchlich, s.d.

Nacht-Eil

die, Pl. Nacht-Eile, a kurz und betont, gew. für jemanden, der nicht ins Bett findet; schrspr. Nachteule.

Nacht-Esse

das, Pl. gleich, allg. für Abend­essen; vgl. Esse.

Nachtgescherr

das, kein Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Nachttopf; vgl. Dibbe.

Nachtkapp

die, Pl. Nachtkabbe, kurze a, erstes betont, Schimpfwort für einen dummen, verpennten Menschen; vgl. Schloofhaub.

Nacht-rabe

die, auch Nachtsrabe, nur Pl., zweites a betont, familiär als Drohung für Kinder: Wann de nit beizeit haamkimmst, hole dich die Nachtsrabe. Wenn’s ganz und gar dunkel ist, dann isses rabenacht oder schuggerabenacht.

naggisch

Adj., kurze Vokale, a betont, allg. für nackt. Steigerungsformen: puddelnaggisch und puddelaaschnaggisch. Auch schrspr. wird ja gern gesteigert: splitternackt und splitterfasernackt. In Walluf findet sich für nackt auch klunggel. Das Wort, dessen Herkunft dunkel ist, dürfte von Schierstein her eingesickert sein.

naggisch Lochstick

das, Pl. selten, kurze Vokale, o betont, allg. für Nackenloch­stück, ein bevorzugtes Stück Ochsen­fleisch; vgl. Lochstick.

nangele

genangelt, a kurz, nach o gefärbt, und betont, vereinzelt auch nängele bzw. nengele, allg. für kind­liches Klagen, quengeln, weinerlich sein; Substantiv: Genangel. Mer kann des ewig Genangel nimmeh met ããheern.

Narrhalla

die, ohne Pl., zweites a be­tont, allg. Kunst­name für den Saal, in dem die Narren, auch Narrhalleese genannt, ihre Sit­zungen halten. Der spöttische Anklang an das Wort Walhalla und damit an Deutschtü­melei und Germanenkult ist sicher nicht zufällig.

Narrhallamarsch

der, ohne Pl., kurze a, zweites betont, allg. für den von Carl Zulehner nach einer Vorlage aus Adolphe Adams „Brauer von Preston“ 1844 geschaffenen Büttenmarsch; vgl. Ritzambãã.

narrisch

Adj., allg. für verrückt, schrspr. närrisch, regional in dem Spruch ich glaab, ich wer narrisch als Ausdruck freudiger oder auch ärgerlich-frustrierter Überraschung; vgl. doll Dibbe.

nassauern

genassauert, a kurz und betont, allg. für schnorren, auf Kosten anderer leben; vgl. schnorre. Es ist ganz wichtig, festzuhalten, dass nicht die Nassauer schnorren, sondern die Anderen! Und das kam so: Der Herzog von Nassau hatte in seinem Land keine Universität. Um diesen Nachteil für seine Landeskinder (von 1806 – 1866 auch die Rheingauer) auszugleichen, stiftete er an verschiedenen Universitäten, vor allem in Göttingen, Freitische. Das lockte natürlich auch fremde Studenten an. Wie Günther Leicher richtig feststellt, gab es damals noch keine Studentenausweise; die Berechtigung zum Freitisch ergab sich aus dem Dialekt. Den machten die Unberechtigten nach: sie nassauerten. Soweit diese Herleitung eine Legende sein sollte, könnte der Begriff sich auch von jidd. nossenen, rotw. nassenen: schenken ableiten.

Naube

die, nur Pl., allg. für Marotten, Mucken, Launen, Schrullen, Fehler. Jeder hot sei Naube heißt auf neudeutsch ‚nobody is perfect’; vgl. Muck.

nebe-naus geje

gange, allg. für fremdgehen.

neber de Kabb sein

a kurz und betont, auch einfach deneber, gew. für geistig oder körperlich nicht auf der Höhe sein. ‚Neber’ statt ‚neben’ ist eine der ganz charakteristischen Abwandlungen im Rheingauer Dialekt, an der man oft auch Einheimische erkennt, die Hochdeutsch reden (wollen). Abber mer muss doch zugebbe, dess des sprachlich gut zu ibber, unner, vorder un hinner basst, odder?

neckse

geneckst, kurze e, erstes betont, allg. für necken, reizen, verspotten. Intensivbildung zu necken; vgl. Bibbelnecksern.

Nee

die, kein Pl., allg. für Nähe, regional verwendet in der Formulierung de Nee noo: oberflächlich, nicht sorgfältig. Ich hon’s nor de Nee noo gemacht, halt dinn dribber.

neegscht

auch neegst, langes e, allg. für beinahe. Do hot en Staa geleje, do wär ich neegscht dribbergefalle; schrspr. (dem-) nächst.

Neelcher

die, nur Pl., auch Neechelcher, langes e betont, allg. für ganze, ungemahlene Gewürznel­ken. Nägel­chen und Nelke sind stammver­wandte Wörter; die Gewürznelken sind ja auch ohne weiteres mit kleinen handgeschmiedeten Nägeln zu vergleichen. Sie enthalten beruhigende ätherische Öle, die man zur Schmerzstillung auf entzündetes Zahnfleisch reibt, und in dem Volkslied „Guten Abend, gut Nacht“ wird dem angesungenen Kind empfohlen „mit Näglein be-he-steckt, schlu-hupf u-hunter die Deck“.

nemmo-herr!

verdutzter Ausruf im Sinne von ‚also so ebbes!’, ‚jetz gugg-der des ãã!’ oder ‚isses dann meechlich?’ Schrspr. müsste es heißen ‚nimm mal her’.

Newwöö

der, Pl. Newwee, Endvokal lang und betont, scherzhaft für Neffe; frz. neveu.

nie nit

dialekttypische Verdoppelung für nie; im Unterschied zum Lat. führt sie aber keineswegs zur Bejahung.

Niederwald-Denkmal

s. Madonna, preißisch.

Ninive

alte Spottbezeichnung für Hattenheim und Walluf; vgl. Ninividde.

Ninividde

die, nur Pl., alter Uzname der Niederwallufer. Der biblische Prophet Jonas drohte Ninive mit dem Untergang binnen drei Tagen, wenn die Einwohner nicht Buße täten. Das wurde auf Hattenheim und Niederwalluf übertragen, deren tiefgelegene Teile bei den früher häufigen Rheinhochwassern oft überschwemmt waren. Angeblich sollen die Oberwallufer darauf beharrt haben, die wahren Niniviten zu sein und ihre Nachbarn deshalb als Liehbeitel verketzert haben (vgl. Liejebeidel). Ob Hochwasser des Wallufbachs dazu Anlass gaben, die ja beide Ortsteile in gleichem Maß getroffen hätten, bleibt offen.

nix for ungut

erstes u betont, allg. Entschuldigungsformel vor oder nach ei­ner offenen Aus­sprache. Schrspr. ‚Nichts für ungut’.

Nixje

das, ohne Pl., i kurz und be­tont, allg. in dem Ausdruck e silbern Nixje un e goldich Waad-e-Weilche (Wart-ein-Weilchen) als Antwort für Kinder, die neu­gierig nach Geschen­ken fragen, die an Geburtstag oder Weihnachten für sie bestimmt sind.

noggele

genoggelt, kurze Vokale, o betont, allg. für im Sitzen schlafen, auch bejahend nicken. Noggeler: kritikloser Mensch, Ja-Sager. Ich hab e Noggelche gemacht: Ich habe ein bisschen gedöst. Noggelcher waren aber auch die Figuren auf den Kästchen, mit denen noch in den1960er Jahren in den Kirchen um Spenden für die Mission in der dritten Welt geworben wurde. Sie hatten das Aussehen eines Negerkindes und noggelten dankbar nach einem Münzeinwurf.

Nomdedjeh

o kurz und betont, Ausruf, der Ärger, Frust oder Verzweiflung ausdrücken kann. Von frz. nom de Dieu: Name Gottes. Wieder ein Ausdruck, der einen unmittelbar gottes­lästerlichen Fluch umgeht. Nota bene hat er nichts mit dem eher gleichgültigen in Goddes Name zu tun.

Nonneferz

die, auch Nonneferzjer, kurze Vokale, o betont, gew. für sehr kleine Kra­cher (Feuerwerkskörperchen) zu Silvester. Der Singular ist nicht gebräuchlich, weil die winzigen Dinger nur kettenweise gehandelt werden. Der Ausdruck wird auch für das Gebäck Windbeutel bzw. für Baisers ver­wendet; vgl. Juddeferz.

Noolaaf

der, kein Pl., langes o betont, allg. bei Kindern für Nachlaufspiel. Ein Kind is oder hot de Schlaach, das heißt, es verfolgt die Mitspielenden so lange, bis es ihm gelingt, de Schlaach weiterzugeben, also ein anderes Kind zu berühren. Dann is das Kind, das der Handberührung nicht entlaufen konnte, und muss versuchen, sich auf gleiche Art frei zu machen. Vor dem Schlaach rettet man sich, wenn das Laufen nicht zureicht, dadurch, dass man einen vorher vereinbarten neutra­len Raum, die Ruh, erreicht. Do gilt de Schlaach nix. Wer sich zu lange in der Ruh aufhält, wird mit dem Spruch drei eiserne Stange, wer nit erausgeht, is gefange zum Weiterlau­fen gezwungen. Ein Lockvers für den Verfolger: Hier sitz ich un strick ich, wann de Wolf kimmt, dann laaf ich wird in Hockstellung mit Strickbewe­gung der Finger gerufen.

Nuddel

die, Pl. Nuddele, auch Nuggel, kurze Vokale, u be­tont, gew. für Schnuller, Lut­scher, Sauger. Auch Tabaks­pfeife. Ugs. Nuckel. Verb: nuddele, genuddeld, ugs. nuckeln.

Nuddelche

das, Pl. Nuddelcher, kurze Vokale, u be­tont, Verkleinerung von Nuddel. Mit dieser Wortform ver­bunden ist die Udschewach, eine Pa­rodie auf die Wachparade der Udschebebbes (s.d.). Zu der Melodie des Mar­schs, mit dem die Truppe aufzog, wurde gesungen: Gebb dem Kind soi Nuddelche, gebb dem Kind soi Nuddel, gebb dem Kind soi Nuddelche, gebb dem Kind soi Flasch, abber rasch, abber rasch, abber rasch . Mit dem charakteristischen Schwung der Clairon-Bläser wurde nach diesem Text eine leere Weinflasche an den Mund gesetzt und die Marschmelodie weiter ‚geblasen’.

Nuddelflasch

die, Pl. Nuddelflasche, kurze Vokale, u be­tont, Saugfläschchen für Kleinkinder.

Nuddelschobbegleesje

das, Pl. Nuddelschobbegleesjer, erste Silbe betont, Scherzwort für das gewohnte Schop­penglas des Weintrinkers bei Früh-, Dämmer- oder Spätschoppen.

Zum Seitenanfang

O

Oarj

auch oarj-che, die Vokale und das r werden zu einem Laut zwischen a und o; vielfach verwendbarer Ausruf, der Ersatunen, Verblüffung, Ver- oder Bewunderung ausdrücken kann, ggf. durch die Verkleinerungssilbe entdramatisiert.

obbe + unne

Normalerweise ist Norden oben und Süden unten, weil unsere Landkarten seit lan­gem genordet sind; früher waren sie ge-ostet, also orient-iert. Das führt zu einer logischen Zwickmühle: Der Rhein, unsere Lebensader, fließt zwar generell nach Norden, aber jedenfalls abwärts. Folglich muss alles, was im weitesten Sinne rheinabwärts ist, unten sein; erstmal alles den Fluss entlang bis Rotterdam. Aber damit nicht genug, wird gleich alles andere in nördlichen Breiten nach unten verlegt, sei es Kassel, Hamburg, London, Stockholm oder was auch immer. Zwischen Mainz und Mäuseturm fließt der Rhein ja bekanntlich nach Westen, aber das ändert nichts am Prinzip der Fließrichtung: Spätestens ab Rüdesheim beginnt der untere Rheingau, Walluf und Eltville sind zweifelsohne der obere (Höhengemeinden jeweils inbegriffen); wenn man dreiteilen will, liegt der mittlere dazwischen, sonst muss man sich entscheiden, wo Geisenheim und Oestrich-Winkel hin sollen. ‚Vorderer’ und ‚hinterer’ Rheingau sind Formulierungen, die nur ahnungslosen Großstädtern einfallen können (Namen werden nichtgenannt). – Nichtsnutzige Dinge und Menschen werden so charakterisiert: Obbe nix un unne nix un in de Mitt Hohlsaum oder un die Mitt kannst-de fortschmeiße.

obbe-naus, obbe-raus

oben hinaus bzw. heraus.

Obbermatschores

s. Matschores.

Obbermotz

der, Pl. selten, kurze Vokale, erstes o betont, allg. für Anführer, Chef.

Ochs

der, wie schrspr. Ochse, hier in Redensarten wie Eme Ochs ins Horn petze, allg. für vergebliches Mühen um Ver­ständ­nis, um Folgsam­keit; oder Steh nit do wie de Ochs vorm neie Scheierdor zur Verspottung eines Ratlosen.

Ochsekopp

der, Pl. Ochsekebb, kurze Vokale, Anlaut betont, grobes Schimpfwort für dummen Menschen.

Odecolonch

das, kein Pl., letztes o betont, allg. für Kölnisch Wasser; frz. Eau de Cologne. Nadierlich geheert en Odecolonch bei’s Weschlafor (s.d.). – Als ein Rhein­gauer beim Stadtbummel in Paris eine Szene beobachtet, bei der sich Passanten mit den Worten „oh, tout malade“ um jemanden kümmern, dem übel geworden ist, sagt er: Ja, duht mer aach laad, wann ich nor wisst was Odecolonch uff fran­zeesisch heeßt.

Offebach

der, kein Pl., kurze Vokale, o betont, in der Gaunerspra­che einer, der ein offenes Geständ­nis ablegt. Vgl. dazu die ähnlichen Bildun­gen Dummbach, Simbach, Zehbach (s.d.). Auch Bezeichnung für den früheren Offenbarungseid, heute eidesstattliche Versicherung zur Vermögensoffenbarung. Zu Offebach der Spruch: Krieh de Krach, Offebach! Die Stãã binne se ãã, un die Hund losse se laafe! Er soll folgende Grundlage haben: Früher waren die öffentlichen Plätze der Städte und größeren Orte häufig mit etwa meterhohen Steinsäulen eingegrenzt, die durch Eisenketten girlandenartig verbunden waren; nur an einzelnen Stellen konnte man durch. Weil ein Hund ihn anbellt, geht ein Rheingauer in Offenbach rück­wärts gegen eine solche Kette und fällt drüber. Darauf folgt erbost der Spruch. Variante: Es war Winter, und der Stein, mit dem der Mann nach dem Hund werfen wollte, war angefroren.

Ogdobertee

der, kein Pl., zweites o gelängt und betont, allg. Hüllwort für unser wichtigstes Getränk, den Wein; so benannt nach seinem früher gewohnten Haupt-Erntemonat. Als Mimikry vergleichbar mit dem ‚Pharisäer’ im Norden.

Ohm

das, Pl. Ohme, langes o, altes Flüssigkeitsmaß von ca. 150 Liter. Lat. ama: Gefäß, mhd. ame bzw.ome: Maß; vgl. Stigg.

Ohrschlitz

der, Pl. Ohrschlitze, auch Ohrschlingel oder Ohrschliwwer, o lang und betont, gewöhnlich für Ohr­wurm. Wie schrspr. ist auch im Dialektwort verges­sen, dass Ohr = Öhr ist und dass das In­sekt seinen Namen wegen der öhrförmigen Greifer am Hinterleib trägt. Ohrschliwwer enthält ‚schlüpfen’, aber es ist absolut nur ein Gerücht, dass die Tierchen sich für menschliche Ohren interessieren. Im Gegenteil sind sie sehr nützlich, weil sie Schadinsekten vertilgen, und man sollte ihnen deshalb Unterschlupf bieten, indem man einen Blumentopf mit Stroh o.ä. füllt und umgedreht im Garten aufhängt.

oijoijoi

s. eijeijei.

Oil

die, Pl. Oile, allg. für Orgel, Drehorgel, verkürzt über Orjel, Ojel.

Olbel

der, Pl. gleich, auch Olwel, kurze Vokale, o betont, allg. für ungeschickter, auch ungehobelter Mensch, Tolpatsch, einer, dem die Kinderstube fehlt. Vielleicht von mhd. alwaer: dumm, einfältig, albern, zu­mal man auch die Wen­dung redd nit so olwer gebrauchen kann. Es kommt aber auch ahd. olbenta, mhd. olbende, asächs. olbundeo: Kamel in Betracht. Jedenfalls gilt: En Olbel bleibt en Olbel, un wann er mem Zylinder ins Bett geht.

Olwedridsche

s. Elwedridsche.

Ooch

o nach a gefärbt, kann missmutige Ablehnung ausdrücken: Komm, geh met! – Ooch, loss mer mei Ruh!; aber auch Bewunderung: Ooch, was sin die Blumme schee!

Oomutz

die, Pl. Oomutze, auch Oometzele, örtlich für Ameisen. Ahd. ameiza zu germ. meitan: schneiden, also die Eingeschnittene, vergleichbar mit lat. insecare, insectum: eingeschnitten.

oore

geoort, o lang und betont, nicht mehr allg. verstan­den für beten (der Juden). Lat. orare, jidd. oren: beten. Die oore menanner: Die murmeln und haben Ge­heim­­nisse.

Oort

das, Pl. selten, allg. für die Anlandung des von Gewässern mitgeführten Geschiebes bzw. Gerölls, sei es bei Flussbiegungen des Rheins an der Kurven-Innenseite, sei es bei einmündenden Gewässern unterhalb am Rheinufer.

Oos

das, Pl. Eeser, langes o bzw. e, gutmütiges Schimpfwort. Die Bedeutung Aas, urspr. Fraß, Beute, verwandt mit atzen, ist verges­sen. Seine Färbung erhält das Wort durch Adjektive wie goldich, klaa, dumm, schebb; vgl. Schinn-oos. Einer honorigen Oestricher Familie blieb der Spott nicht erspart, wonach die Mehrzahl von Oos ‚Eser’ heißt.

Orschel

die, Pl. Orschele, o kurz und be­tont, gew. für dumme, unsau­bere weibliche Person, überhaupt ver­ächtlicher Ausdruck für Mädchen oder Frau. Orschel könnte von Ursula kommen; jedenfalls heißt die Ursulinenschule in Geisenheim die Orschele. Woher der negative Beiton kommt, ist ungewiss.

Ort

das, Pl. Erder, o bzw. e kurz, allg. für Dorf. Mer gehn ins Ort. Einheimische sind einfach aus-em Ort. Auch hier tauscht der Dialekt den Genus, vgl. Bach, Boot. Mhd. ort: Stelle, Winkel.

Zum Seitenanfang

P

Paarweck

der, Pl. gleich, a lang und betont, allg. für eine Sorte Brötchen, deren Teig mit Wasser angemacht wird und die daher auch Wasserweck (s.d.) genannt werden. Wie der Name sagt, werden die Brötchen paarweise zusammen geba­cken, so dass sich das Gebilde in der Mitte, beim Zusammenstoß, ver­engt. Der Paarweck figu­riert in der Dreiheit Weck, Worscht un Weĩ als der Inbegriff des Weck (s.d.) und ist quasi die Rheingauer Grundnahrung.

padderr

adv., kurze Vokale, e betont, allg. für niedergeschlagen, entkräftet. Eich sein jo ganz padderr; frz. parterre: ebenerdig.

Paffert

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für Klatschmohn.

pagge

gepaggt, a kurz und betont, allg. für erreichen, schaffen. Die Arbed pagge mer nimmeh bis heit Obend. Bei Bubenkämpfen: den oder die anderen überwinden.

Palme

die, nur Pl., a kurz und betont, allg. für die Buchsbaumbüschel, die am Palmsonntag in der Kirche ge­segnet und übers Jahr zu Hause aufbewahrt werden, je ein Sträußchen am Kruzifix, am Dunggedippche in de Schloofstubb, am Herd, unnerm Dach un im Stall schützte vor Unheil; eins diente dazu, Kranke oder Tote mit Weihwasser zu besprengen.

Palmketzjer

die, nur Pl., allg. für die Blüten von Salweide und Haselstrauch.

Palz

die, ohne Pl., a kurz, historisch für Rheinhessen und Pfalz; eigentlich alles, was jenseits von Mainz liegt. Der Begriff Palz ist bis Ende des 18. Jahrhunderts keines­wegs nur auf Kurpfalz und die Seiten­linien dieses Herrschaftsbereichs be­zogen, sondern Name der gesamten Landschaft gewesen. Palz ist hier der Gegensatz zum Gau; alle rheinhessisch-mainzischen katholischen Dörfer heißen Gau- (Bischofsheim, Bickelheim, Algesheim etc.); der Rest war die Palz, fast immer evangelisch und anderen Herren zugehörig. Konkret wird die Palz aber im Rheingau jenseits der Wisper, wo man seit dem frühen Mittelalter an das pfälzische Amt Kaub angrenzte und wo sich nach kurzem nassauischem und preußischem Intermezzo ab 1945 die Besatzungsgrenze und heute wieder die Landesgrenze zu (Rheinland-) Pfalz befindet. So wurde in Ransel jedem, der ebbes ããgestellt hot, geraten: „Schaff dich uff die Palz-Seit ".

Pannefligger

s. Kesselfligger.

Pannekuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, abwertend für Mädchen ohne sichtlichen Busen; freilich auch für schrspr. Pfannkuchen.

Pannestielche

das, Pl. Pannestielcher, a kurz und betont, nicht mehr allg. verstanden für männlicher Säugling, der noch nicht getauft ist; weibli­che Entsprechung: Rose­knespche.

Panz

der, Pl. Pänz, kurzer Vokal, abwertend für Kind; frz. panse: Wanst; vgl. Balch.

Pärmesenser

die, nur Pl., ä gelängt und betont, gew., seltener werdend für Pantoffeln, Schuhe, Turnschuhe aus Pirmasens. Die Stadt war früher für Schuhe so bekannt wie Pforzheim für Schmuck. Spottwort für aufgetakelte Landeier: Rheĩgauer Plattfieß in Permesenser Schuggelcher; statt Rheĩgauer natürlich meist mit dem Namen des Herkunftsorts der bespöttelten Person gewürzt. Die Plattfieß kenne nadierlich aach in Pariser Schuggelcher stegge. Paris ist zwar nicht speziell für Schuhherstellung bekannt, aber allgemein für schicke Mode.

Patschulles

der, Pl. selten, kurze Vokale, u beto­nt, außer Ge­brauch gekommenes, gutmütiges Spott­wort für älterer, meist allein stehender Herr. Wohl abgeleitet von Patchouli, einem Kraut, das sowohl für die Herstellung von Mottenpulver als auch als Herrenparfum Verwendung fand.

Pechbaron

Pechdraht, Pechhengst, Pechka­valier, der, e kurz und betont, ebenso wie der Beruf selten gewordene Spitznamen für Schuster, besonders Schusterlehrling.

Pedder

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, gewöhnlich für Pate, Vetter. Mhd. veter: Vaterbruder. Wird auch als kumpelhafte Anrede gebraucht. In regionaltypischer Verdoppelung gibt es auch Peddersch-Ehm für Patenonkel.

Peedches-treeder

der, Pl. gleich, erstes e lang und betont, gew. für einen mit so großen Füßen, dass er damit einen Pfad austreten kann; auch für plumpe und ebenso große Schuhe; schrspr. Pfädchentreter.

Pefferbichs

die, Pl. Pefferbichse, kurze Vokale, erstes e betont, vulgär für Arbeiterinnen in Gewürzmühlen, z.B. van Hees in Walluf, aber auch für eine besonders feurige Frau.

peife

gepiffe, schrspr. pfeifen, hier in dem Spruch Do langt’s nit, wammer nor ’s Maul spitzt, mer muss aach peife: Den Ankündigungen müssen auch Taten folgen.

Peifedeggel!

ei betont, sonst kurze Vokale, gew. Ausdruck der Schaden­freude, erfolglose Hand­lungen werden so quittiert; ungefähr wie: Ätsch! Schrspr. Pfeifendeckel; vgl. gepiffe.

Peifekopp

der, Pl. Peifekebb, ei betont, gew. für Dummkopf im Sinne von schrspr. Pfeife; auch Spottwort für Schiedsrichter.

Penning

der, Pl. gleich, kurze Vokale, e be­tont, allg. für Pfennig. Mittel­niederl. penninc und pennich, neuniederl. penning. Seit Einführung des Euro nicht mehr als Münze im Umlauf. Dann verschwinden auch so schöne Worte wie

Penningsribbeler

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e be­tont, gew. Schimpf­wort für Geizhals.

per

kurzes e, allg. für durch; Met dem bin ich per: Mit dem will ich nichts mehr zu tun haben.

per mache

gemacht, kurze Vokale, per betont, gewöhnlich für verschwinden. Ge­bräuchlichste Wendungen: Ich mach mich per, oder Imperativ Mach dich per: mach dich fort, verschwinde. In gleicher Bedeutung: ab mache, all mache, fort mache, s.d.

Perl

ve-kratze bzw. ve-ziehe, Perl betont, gew. für das Gesicht zerkrat­zen, das Gesicht verziehen. In Köln ‚Knaatschperlche’ für weinerli­ches Gesicht, wehleidiger Mensch.

Perlzwibbelche

das, Pl. Perlzwibbelcher, Perl betont, kurze Vokale, gleichmäßige Betonung, gew. für kleines patentes Mädchen.

Perrong

der, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, schwindend im Ge­brauch für Bahnsteig. Von frz. per­ron: Freitreppe war es wie viele andere Begriffe aus dem Eisenbahnwesen die gebräuchliche Bezeichnung, bis es der Sprachreinigung zum Opfer fällt: 1866 wird ‚Bahnsteig’ für Perron von O. Sarrazin (sic!) in der Kölnischen Zeitung vorgeschlagen, 1888 wird auf Berliner Bahnhöfen Perron durch Bahn­steig ersetzt. Die Franzosenfresserei des Ersten Weltkriegs setzt Bahn­steig endgültig durch. Das alte Perrong bleibt in der Schweiz – und in der Sprechge­wohnheit vieler Rheingauer. In Hattenheim gab es in Bahnhofsnähe ein Lokal dieses Namens. Vgl. Barrier, Billjett, Kubbee.

Persching

der, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, gew. für Pfirsich. Vor der ersten Lautverschiebung bürgert sich vulgär­lat. persica: Frucht aus Per­sien ein, wird aber erst seit dem 12. J­h., also nach der Lautverschie­bung, schriftlich als pfersich bezeugt. Das i in Pfirsich stammt aus dem Ostmitteldeutschen.

Petz

die, Pl. Petze, kurzes e, allg. für Kneifzange, ferner für Leute, die sich über vermeintliche Verfehlungen Anderer verbreiten. Substantivierung des Verbs petzen.

petze

gepetzt, kurze e, erstes betont, ge­wöhnlich für

1. kneifen. Lat. pinctiare, ital. pizzicare: kneifen, zup­fen liegen zugrunde; Pizzicato in der Musik.Obwohl der Rheingauer Dia­lekt zwicken so wenig wie kneifen kennt, wurde doch die Sehhilfe „Pincenez“ meist Zwicker genannt. Vgl. Ochs ins Horn petze: et­was Vergebliches tun;

2. familiär und in der Schülersprache: anzeigen, er hot mich verpetzt. Das Wort gelangt in der Bedeutung angeben im 18. Jahrhundert durch Theologiestudenten des Hallischen Waisenhauses in die Studentensprache. Es wird von hebr. pazah: den Mund auftun, hergeleitet;

3. trinken, auch pitsche. Dieses Wort lässt sich evtl. alternativ vom tschechi­schen Wortstamm pec herleiten, der auch Petschaft und petschieren (siegeln) ausbildet und etwa unter der gleichen Bildvorstel­lung wie verlöten zur Tätigkeit des Trinkens in Beziehung gesetzt wird.

pexiern

pexiert, i lang und betont, geho­ben für etwas falsch machen, wider Sitte, Moral oder Gesetz handeln; lat. peccare: sündigen.

piddele

gepiddelt, kurze Vokale, i betont, allg. für 1. pedantisch herumwerkeln, aber auch an kleinen Dingen nesteln, am End is alles uffgpiddelt; vgl. knibbele, pligge; 2. beim Fußball zu lange dribbeln, ohne abzugeben. Substantive: Gepiddel, Piddelei, Piddeler.

pienze

gepienzt, allg. für ‚hellen, dünnen, klagenden Ton abgeben’.

Pienzje

das, Pl. Pienzjer, langes i betont, gew. für schmächtiges Kind, überempfind­licher Mensch. Adjektiv: pienzig; Sei nit so pienzig. Zusammenhang mit Pein; vgl. Schmienzje.

Piffche

das, Pl. Piffcher, i kurz und betont, allg. für kleines Gemäß Wein. Das war frü­her ein Viertelliter, vgl. Verdelche. In­zwischen sind die Weingläser kleiner geworden, en Piffche ist nur noch ein Zehntelliter. Merke aber: Viele Piffcher gebbe aach en Aamer. Hat auf jeden Fall mit Pfeife(n) zu tun, vielleicht mit Pfeifchen, schließlich hat es kaum mehr Inhalt als dessen Köpfchen.

piffele

gepiffelt, kurze Vokale, i betont, allg. für fast tonloses Pfeifen.

Pilwe

der, Pl. gleich, i kurz und betont, nicht mehr allg. verstanden für großes Kopfkissen, zweischläfriges Kopfkissen, Paradekissen, Federbett. In einer Main­zer Quartierverordnung vom Oktober 1792 heißt es: Betten, bestehend aus einem Unterbett, oder Matraz, zwei Kopfkissen oder einem Pülfen. Das Dialektwort gehört in die Verwandtschaft von Pfühl, die bis englisch pillow: Kissen reicht. Lat. pulvinus: Polster, mhd. phülwe: Federkissen.

Pimbernellche

das, Pl. Pimbernellcher, kurze Vokale, i betont, gew. für empfindliche Person. Pimpernelle wurde früher auch Kräutchen Rührmichnichtan genannt und gehört in die grie Soß (s.d.). Auch in der Abwandlung Pimberlies gebräuchlich.

Pips

die, kein Pl., allg. für eine nicht allzu schwere Erkrankung, z.B. Erkältung. Schrspr. bezeichnet Pips eine Hühnerkrankheit; lat. pituita: Schleim, Schnupfen.

pischbern

gepischbert, kurze Vokale, i betont, allgemein für flüstern, wispern. Substantiv dazu: Gepischber, das, kein Pl.. Seit des Pischbern uffkomme is, ve-steht mer die Leit nit meh. Lautmalend, taucht im 15. Jh. am Mittelrhein auf. En Pischberer ist einer, der immer übertrieben leise daherredet, ein Geheimniskrämer.

Pissblumm

s. Aajerbisch.

Pissewaa

das, Pl. Pissewaas, kurzes i betont, vulgär für Urinal; frz. pissoir.

Pitsch

die, Pl. Pitsche, i kurz und betont, allg. für Pfütze; lat. puteus: Brunnen, ahd. buzza, puzze, mhd. phütze.

Pitschedabscher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, auch Pitschesabscher, Spottwort für einen, der zu ungeschickt ist, um Pfützen auszuweichen. Auch Neckwort für kleiner Bub; vgl. dabbsche.

Pitschedungger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, Spottwort für Gehrock, ein Ge­wand, das so lang ist, dass es in die Pfüt­zen tunkt; heute nicht mehr Mode.

pitzele

gepitzelt, kurze Vokale, i betont, allg. für prickeln. Mhd. bizen: beißen, stechen.

Pitzeler

der, ohne Pl., kurze Vokale, i betont, in allen Weinge­genden für in Gärung befindlichen Most, der über den Rauscher (s.d.) hinaus gediehen ist und stärker Kohlensäure entwickelt, so dass sich der ursprünglich bräunlich-grünliche Most weiß färbt. Er prickelt, deshalb heißt er Pitze­ler. Inzwischen ist Fedderweise (s.d.) gebräuchlicher.

Pitzelwasser

das, ohne Pl., kurze Vokale, i betont, allg. für Mineralwasser mit Kohlensäure; vgl. Klickerwasser.

Plagge

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Flicken bzw. Flecken; das kann ein Stück Land sein oder ein Flicken auf der Hose, dann isses e Plaggehos. Niederdt. ist Plagge weiblich und bezeichnet ein abgestochenes Rasen- oder Moorstück.

plaggisch

Adj., allg. für fleckig, insbes. im Gesicht, etwa bei Masern.

plärre

geplärrt, kurzes ä, das kaum zu e wird, verächtlich im vertrauten Umgang für laut und unge­hemmt weinen, schreien, unmelodisch singen.

plasdermied

Adj., a kurz und betont, auch plaschdermied, allg. für den Zustand des Rheingauers, aber auch der Rheingauerin nach ausgedehntem Einkaufsbummel in der Stadt. Ich bin-der so plaschdermied wie en aale Gaul.

Plasderschisser

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, auch Plaschderschisser, vulgärer Spottname für Städter.

Platsch

die, Pl. Platsche, kurzes a, gew. für Teppich-Ausklopfer; vgl. Miggeplatsch.

Platt butze

gebutzt, a kurz und betont, gew. für verschwinden. Nur äußerlich an schrspr. Platte angeglichen. Die Wendung könnte aber zurückgehen auf jid­d. palot: fliehen, Zuflucht su­chen, und hebr. puz: sich zer­streuen. Rotw. platt: vertraut, verlässlich; vgl. bleede.

Plattkopp

der, Pl. Plattkebb, kurze Vokale, a betont, allg. für Glatzkopf. Der Ausdruck Laaf em noo un schenn-en Plattkopp will sagen: was da ange­richtet wurde, ist nicht mehr zu ändern.

plesdern

geplesdert, kurze e, Stamm-e betont, auch pleschdern, allg. für 1. pflastern met Pleschderstãã; 2. im übertragenen Sinne ‚sich aufdringlich zu jemand dazusetzen’.

pligge

gepliggt, i kurz und betont, gewöhnlich für krat­zen, besonders an Poche oder verschorften Wunden. Schrspr. pflücken; vgl. knibbele, piddele.

Poch

die, Pl. Poche, o kurz, auch Pöchelche, gew. für kleines Hautge­schwür, Pickel, Pocke.

Podhammel

der, Pl. Podhämmel, o lang und betont, nicht allg. verbreitet, wahrscheinlich rheinhessischer Im­port, für Schnake, Stechmücke, auch Heimchen, Grille, Ameise. Das gewöhn­liche Wort für Stechmücke ist im Rheingau die Schnook (s.d.), vgl. Rhei-Schnooge. Der erste Wortteil wird mit Boden- in Verbindung gebracht, aber auch mit frz. bouton: Knopf, Pocke zu erklären versucht. Der zweite Wortteil begegnet in den Bezeichnungen Hammel­meisje für Grille und Petzhämmel für Ameisen wiederholt. Es gibt Meinungen, die den Wortbestand­teil -hammel der Bezeichnung des Insekts Hummel zuordnen und bei­des lautmalend erklären. Das Deut­sche Wörterbuch weist unter Ham­melmeisje auf die Bedeutung sprin­gen, hüpfen des ersten Wortbe­standteils hin. Vor allem wird man im Zusammenhang mit der Bedeutung Heimchen an einen Ursprung von heimlich: haamlich zu denken haben; vgl. Hammelmeisje.

Pohl

der, Pl. Pehl (entrundetes ö), allg. für Pfahl. Im Weinberg bei der heute üblichen Erziehung mit Drahtrahmen heißen die Pfähle Stiggel (s.d.). Pehl sin nor genumme worn, wie mer noch an jed aanzeln Reb aan gestelld hot, dann war’s en Pehlwingert. Pfähle sind aus Hartholz (Eiche oder Robinie) der Länge nach gerissen worden.

Polga-Ank

die, kein Pl., o kurz und betont, schwindend für ungeschorene, in das Ge­nick fallende, strähnige Haare; vgl. Ank.

Polga-Schnut

die, Pl. Polga-Schnude, langes u, gew. für unwillig vorgeschobene Lippen. Der micht e Schnut, dess mer Polga druff danze kann.

poliere

poliert, langes i betont, gew. in dem Ausdruck die Fress poliere für verprügeln.

Portmaneeschniedche

das, s. Humbeschnud.

Porzellanfuhr

die, Pl. Porzellanfuhre, a gelängt und betont: Fachausdruck der Droschkenkutscher für Fahr­ten, die besonders sorgfältig durchge­führt werden mussten. Die Droschkenkutscher kannten die Pikanterien und Geheimnisse der Gesell­schaft und – schwiegen. Kein Wunder, die Fahrgäste gaben gute Trinkgelder...

Pott

die, Pl. Podde, o kurz und be­tont, allg. für Knospen an Reben und Obstbäumen.

Pottschamber

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, früher allg., mit dem Fortschritt der Hygiene verschwin­dend, für Nachttopf; frz. pot de chambre.

Pree

das, kein Pl., allg. für Vorrecht. Er hot des Pree druff; lat. prae: vor.

preißisch in-gericht

adv., in- betont, gew., fast verschwunden, für karge Ein­richtung einer Wohnung, auch die Meebel an die Wand gemoolt. In solchen Behausungen wurde in de Kommodeschublad oder uff-em Barchent geschloofe. Barchent ist das besonders dichte Baumwoll-Leinen-Gewebe für Federbetten- und Kopfkissen-Inletts, d.h. die Bewohner hatten weder Geld für ein Bett noch für Bezüge, es Brod nit ibber Nacht.

preißisch Madonna

s. Madonna, preißisch.

press

Adv., gew. für eng anliegend.

Priamel

die, ist kein Dialektbegriff, sondern bezeichnet ein Spottgedicht. Meist vierzeilig werden Gegenstände, Handlungen oder Personen mit ersonnenen Eigenschaften aufgeführt, denen am Schluss kontrapunktisch ein Kommentar gegenübergestellt wird. Die Form gibt es seit der Antike, in Deutschland seit dem Mittelalter, im 16. Jh. vor allem in Nürnberg durch Hans Sachs. Der Begriff, von lat. prae-ambulum, ist neuzeitlich. Allgemein außer Gebrauch gekommen, spielt die Priamel im Dialekt noch eine Rolle. Nach dem Muster: Wer dorch (A) kimmt ohne gefoppt, dorch (B) ohne geroppt, un dorch (C) ohne dootgeschlaa, der kann vun Glick saa, existiert sie außer im Rheingau vor allem in Rheinhessen mit Bezug auf zahlreiche Orte.

Pritsch

die, Pl. Pritsche, i kurz und be­tont, allgemein für Schlaginstrument im Karneval, Narrenpritsche. Ah­d. britissa, mhd. brizelslahen, seit 1517 be­legt. Verb: pritsche.

probber

auch probberche, Adj., kurze Vokale, o betont, allg. für sauber, wohlgefällig; fr­z. propre: sauber, rein.

Profittche

das, Pl. Profittcher, kurze Vokale, i betont, allg. für

1. einer, der seinen Vorteil zu wahren weiß, berechnender Mensch;

2. Wachs-Auffänger aus Glas oder Perga­ment am Fuß von Kerzen;

3. abgewinkelte Holz- oder Blechrinne, um ein Verschütten beim Umschöpfen von Maische zu vermeiden, also ‚den Profit zu wahren’; auch rundgeformtes Schaufelblech zum Aufnehmen der Mostreste aus de Traubebitt; vgl. Bitt.

Puddel

der, kein Pl., u kurz und be­tont, auch Puhl, gew. für

1. Jauche, auch Sutter in der Tabakspfeife. Zieh Puddel ist eine derbe Aufforderung zum Weggehen; Puddel fahrn, auch puhle ist das Ausbringen von Jauche aufs Feld;

2. Fehlwurf beim Kegeln, d.h. wenn die Kugel in die Gasse rollt. Das Wort ist lautmalenden Ur­sprungs und seit 1240 bezeugt.

puddelaaschnaggisch

derb für pudelnackt, vgl. naggisch.

Puddelkraut

das, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, vereinzelt für schlecht riechenden Tabak.

puddelnaggisch Kränk

die, kurze Vokale, u betont, ärgerliche Verwünschung, mehr von Gegenständen als von Personen: Du sollst doch grad die puddelnaggisch Kränk krieje! ; eigener Ärger: do kann mer doch die puddelnaggisch Kränk krieje! Schrspr. das pudelnackte Elend; vgl. Laad, Kränk.

Puddelpump

die, Pl. Puddelpumbe, kurze Vokale, erstes u betont, gewöhnlich für 1. Jauchepumpe; der Säufer schluckt als wie e Puddelpump; 2. bildlich: un­sauber gehaltene Tabakpfeife.

Puhlschisser

der, Pl. gleich, langes u betont, vulgärer Spottname für die Einwohner des Rüdesheimer Stadtteils Eibingen; entstanden, als es dort noch an Toiletten fehlte.

Pulwer

das, ohne Pl., ohne Betonungs­eigenheit, gewöhnlich für Geld. Bild­wort.

Pulwertutt

die, Pl. Pulvertudde, kurze Vo­kale, erstes u betont, gewöhnlich für rote Trinkernase. Auch Kubbertutt, s.d.

Zum Seitenanfang

Q

Q

Alle Worte, die mit ‚Qu’ beginnen könnten, finden sich unter ‚Kw’. Diese Lautung ist im Rheingauer Dialekt noch ausgeprägter als im Hochdeutschen.

Zum Seitenanfang

R

raache

geraacht, a lang und betont, gew. in Aus­drücken wie Ebe raacht’s oder Wann ich dich krieh, dann hot’s abber geraacht. Sie bezeichnen die Grenze der Geduld gegenüber provozierender Frechheit oder herausfordernden Über­griffen, sind letzte Warnung vor Tätlichkeiten. Wann’s raacht, dann ‚brennt die Hütte’, wie es neudeutsch heißt; schrspr. rauchen.

Raachschwalb

die, Pl. Raachschwalbe, langes a betont, im übertragenen Sinn für ungepflegte Frau; schrspr. Rauchschwalbe.

Raaf ãntreibe

ãngetribbe, a durch nicht gesprochenes n nas. und betont, schrspr. ‚die Reifen antreiben’, kellerfachlich für das Festmachen der eisernen Fassreifen mit Setzhammer und Schlegel; übertragen auch für ‚sich satt essen’, in dessen Folge die Körperumhüllung ja auch strammer zu sitzen pflegt; vgl. ve-lechene.

Raasch

die, ohne Pl., a lang, allg. in dem Ausdruck in die Raasch komme: in Wut geraten, in Hitze kommen, Temperamentsaus­bruch haben; frz. rage: Tollwut, Wut, Grimm, Sucht.

Raballjemensch

das, Pl. Raballjemenscher, kurze Vokale, zweites a betont, gew. für lautes Frauenzimmer, energische Person; eine, die sich mit Lautstärke behaup­tet. Etwa die weibliche Entsprechung von Rabatzmacher oder Rabauke. Schrspr. außerdem ‚rabanzen’: geschäftig, unruhig sein. Vielleicht von frz. racaille: Gesindel oder reveil: Weck­ruf; vgl. Mensch.

Raballjevolk

das, ohne Pl., kurze Vokale, zweites a betont, gew. für Krachmacher. Zu laut spie­lende Kinder oder nächtliche Ruhestörer können so genannt werden.

Rabbe

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Trau­benkamm, Stielgerüst, Fruchtstand der Trauben. Die Traube gäre uff de Rabbe: die Trauben gären auf den Stielen. Dabei gerät viel Gerbsäure in den Wein, was unerwünscht ist. Beim Weißwein ohnehin; bei der Rotweinbereitung werden die Trauben vor der Maischegärung entrappt. Mhd. rapp, frz. râpe; vgl. Bergel, Druse.

Rabbel

der, kurze Vokale, a betont, allg. für Erregung, Verwirrung. Mer kann also de Rabbel habbe; abber wann mer’n übergange hot, geht’s aam aach nit besser.

Rabbelche

das, Pl. Rabbelcher, kurze Vokale, a betont, in der Kinderstube für Urin; Rabbelche mache: urinieren; lautmalerisch.

rabbele

gerabbelt, kurze Vokale, a betont, 1. allg. für rappeln, rütteln (wie schrspr.);

regional auch 2. für die Tätigkeit, die zum Rabbelche führt;

3. ähnliche Verwendung wie raache (s. d.), z.B. wann ich dich krieh, dann hotts abber gerabbelt;

4. Dir rabbelt’s im Kopp: du bist verrückt;

5. nur Part. Perf. in dem Ausdruck ge­rabbelde voll: Beim Rütteln rutscht der Inhalt zusammen, und wenn dann noch einmal nachgefüllt ist, passt wirklich nichts mehr hinein.

Rabe-Oos

das, Pl. Rabe-Eeser, a gelängt und betont, gew. Schimpfwort für bösartiges Weib; vgl. Oos.

Rabsch-hinggel

das, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für Rebhühner.

Rachebach

Spottname für Bacharach.

rack

Adv., a kurz, gew. für 1. steif, starr, lahm, durch Kälte oder Nässe, von langem Sitzen, Bücken, Stehen oder schwerer Arbeit; 2. rauh, hart, straff; mankann rack hieschlãã (hinschlagen); 3. roh, ungeschlacht (Mensch), störrisch (Pferd); 4. frisch, noch nicht abgehangen: des Flaasch is noch rack; mh­d. rac: straff, gespannt, steif.

Raddahnkuche

s. Bundekuche.

Raddeschwänzjer

die, kurze Vokale, a betont, über den Ohren zu „Schwänzchen“ zusammengebundene Haare bei Mädchen.

Raffel

die, Pl. Raffele, a kurz und betont, gew. für Gebiss. Dem haa' ich in die Raffel: dem hau’ ich in die Fresse. Schrspr. ist Raffel Reibeisen, Klapper, Plauder­maul; vgl. Zahnraffel.

Rambes

der, ohne Pl., kurze Vokale, a nach o gefärbt und betont, allg. für dünner, saurer Wein. Möglicherweise steht es mit ital. rombice: Sauerampfer in Verbindung. Dessen ungeachtet nannte man ein halbwüchsiges Rind auch Rambesje.

Ränftche

das, Pl. Ränftcher, ä kurz und betont, schwindend für Ziersaum am Kleid. Schrspr. ist Ranft die Rinde bzw. das Endstück vom Brot

Rangge

der, Pl. gleich, a kurz, nach o gefärbt und betont, gew. für mächtiges Stück Fleisch, dicke Scheibe Brot. Mh­d. ranc: schnelle, drehende Bewegung beim Abschneiden.

Ranse

der, Pl. gleich, a kurz, nach o gefärbt und betont, allg. für Bauch. De Ranse fligge: sich satt essen. Die hot de Deibel im Ranse: Sie ist durchtrieben bzw. wild. Ransegadd: Älteste Mainzer Fastnachtsgarde, zu der Männer mit Bäuchen gehören. Spruchweisheit: Lieber en Ranse vum Fresse als wie en Buggel vum Schaffe; schrspr. Ranzen.

raschbele

geraschbeld, kurzes a betont, allg. für rascheln; lautma­lerisch.

Rasselbock

der, Pl. Rasselbeck, kurze Vokale, a betont, Fabeltier, das einfältige Menschen fangen können sollen. Met mir kannst-de doch kaa Rasselbeck fange: Du glaubst doch nicht, dass ich so dumm bin, mir das gefallen zu lassen. Der is so bleed, des mer Rasselbeck met-em fange kennt.

ratsche

geratscht, a kurz und betont, all­g. für: 1. tratschen, Klatsch verbreiten, 2. mit der Ratsche Geräusch machen. Schrspr. ist Ratsche: Rassel, Klapper. Im Rheingau war sie ein Ge­rät der Fastenzeit: An einem Holzstiel sind wendelförmig Nocken angeordnet. Über diesen Nocken liegen Holzzungen, die in einem um den Nockenstiel schwenkbaren Rah­men federnd gehalten sind. Nocken und Federn ergeben beim Schwenken des Stiels das Geräusch des Ratschens. Große Ratschen ersetzten am Karfreitag und Ostersamstag die Glocken, die „nach Rom zum Papst ge­flogen sind, um Buttermilch zu trinken“; vgl. Klebber.

Ratschel

die, Pl. Ratschele, a kurz und be­tont, gew. für Klatschbase; lautmalend.

Ratt

die, hier ohne Pl., a kurz, allg. in dem Ausdruck er hott die Ratt für: er ist stockbetrunken, er hat einen Anfall von Verrücktheit. Der Zusammenhang mit mhd. razzen: rasen, toben ist gegeben, daher auch mit Rosenmontag: rasender Montag.

ratze

geratzt, a kurz und betont, gew. für fest schlafen, unter lauten Schnarchtönen schlafen; lautmalend.

Raube

die, nur Pl., Uzname der Lorcher, schrspr. Raupen; so heißt auch der dortige Fassenachtsverein. Das soll damit zusammenhängen, dass die Lorcher für ihre recht zahlreichen Kühe früher Gras und Laubheu aus Hecken und Wald brauchten, wo es dann wie abgefressen aussah.

Rauhbauz

der, Pl. Rauhbauze, erste Silbe betont, allg. für Rauhbein, Ra­bauke, ein Mensch mit lärmendem, gro­bem Benehmen; auch Rauhwatz.

Raul

die, Pl. Raule, auch Reul, Reil, Verkleinerungsform Räulche, allg. für schmaler Durchgang. In den Main­zer Stadtaufnahmen ab 1568 begegnet man häufig dem Begriff Reul. Es han­delt sich immer um ein Alment, et­was, das der allgemeinen Nutzung vor­behalten ist. In allen Fällen ist ein Durch­gang gemeint, der der Feuersicherheit dient oder als alte Wegegerechtigkeit respek­tiert wird. In Wiesbaden heißt der Durchgang zwischen Friedrich- und Luisenstraße entlang der Bonifatiuskirche Kercheräulche. Das Wort geht über lat. ruga: Straße, Weg auf rugella: Sträßchen, Gässchen, schmaler Weg zu­rück, wie frz. rue und ruelle. Es mag also aus dem Lateinischen kommen, näher liegt aber der Weg über das Französische.

Rauscher

der, ohne Pl., erste Silbe be­tont, allg. für Most, bei dem die Gärung begonnen hat. Er rauscht zwar, abber er is noch kaan Fedderweise, s. d.

Rawaasch

die, ohne Pl., zweites a lang und be­tont, gew. für geräuschvolle Auseinandersetzung; frz. ravage: Verwüstung.

Rech

der, Pl. gleich, e kurz, allg. für Abhang, Rain, Anhöhe an einem Acker; in alten Urkunden räch. Reck bedeutet für den Schiffer hohes Ufer, man denke an Skager-Rak. Es könnte Verwandtschaft mit recken bestehen.

rechder

adv., kurze e, erstes betont, gew. für besser. Hier wird recht im Sinne von richtig in die Steigerungsstufe erhoben. Du wärst rechder beizeit haamgange.

Rech-hinggel

das, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, humorvolle Bezeichnung für Hühner, die für das Stehen am Rech besonders geeignet sind, weil sie verschieden lange Beine haben. Man darf sie nicht von hinten anrufen, weil sie beim Umdrehen abstürzen würden. Zum Positionswechsel müssen sie von Hand umgesetzt werden. Vergleichbare Tiere sind die Deichschafe an der Waterkant; wenn sie das Ende des Deichs erreicht haben, muss der Schäfer sie auf die andere Deichseite umstellen. Der Rauenthaler Fassenachtsverein heißt „Die Reschhinkel“.

rechts + links

werden meist umschrieben mit rechder / lingger Hand. Des Haus, des Ihr sucht, is gleich lingger Hand hinner de Kerch.

redde

geredd, allg. für ernsthaftes Reden im Unterschied zum babbele (s.d.).

reduur

u lang und betont, allg. für zu­rück, ist zwar ugs., aber auch im Rheingau fest verwurzelter Dialektbestandteil. So verlangt ein alter Rheingauer niemals eine Rückfahrkarte, sondern immer e Faakaad noo Wissbade un reduur. Geh' als reduur: Geh' derweil schon mal zurück; frz. retour: zurück.

Reff

das, kein Pl., kurzes e, allg. für Futterraufe, auch abwertend für dürre Person. Der hot’s bei mir schwer im Reff leie: Der schuldet mir noch etwas. Mhd. und ahd. ref: Holzgestell; vgl. Gaas.

Regadd

die, ohne Pl., a kurz und betont, allg. in der Wendung Regadd habbe, für Respekt, auch Angst. Man hat Regadd vor Personen, aber noch mehr vor Tätigkeiten, denen man sich nicht gewachsen fühlt; frz. regard: Blick, Beachtung.

Reib-eise

das, Pl. gleich, erstes ei betont, gew. für Frau mit Haaren oder vielleicht sogar Stacheldraht auf den Zähnen.

Reicheleitsferz

die, nur Pl., dritte Silbe betont, allg. für extrava­ganten Aufwand Wohlhabender, aber auch derjenigen, die es ihnen nachtun wollen; vgl. Ferz, Herrschaftsbosse.

Reiderche

das, Pl. Reidercher, allg. für schmal geschnittene Streifen aus einer Scheibe Brot, so dass Kinder, Greise und Kau-faule nicht mühsam abzubeißen brauchen.

Reil

s. Raul.

reinewegg

adv., auch reinewech, ei betont, allg. für tatsächlich, wirklich.

Reißdeibel

der, Pl. gleich, gew. für Kinder, die oft und schnell Schuhe und Kleidung zuschanden machen.

Reitschul

die, Pl. Reitschule, ei betont, allg. für Karussell. Reitschulbremser: Spottname für einen einfältigen Hilfsarbeiter.

Rendebengel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes e betont, gew. für Krückstock, wie er von Rentnern benutzt wird. Bengel steht u­gs. für Stock, Knüppel.

Renjo

die, ohne Pl., e kurz und betont, o lang und durch weggefallenes n nas., veraltend für Tanzvergnü­gen; frz. réunion dansante.

renne

gerennt, neben dem schrspr. rennen vor allem stoßen. Ich bin widder de Disch gerennt; mein Bruder hot sich de Kopp gerennt.

Reul

s. Raul.

Rewes

der, ohne Pl., kurze e, das erste betont, auch Rabbes oder Rebbes, besonders in dem Ausdruck Rewes mache: Profit machen; von jid­d. rewach: Einkommen, Ge­winn, Profit.

Rewolwerschnuud

die, Pl. Rewolwerschnude, o kurz und betont, gew. für schwatzhafte Person, Schandmaul, das in schneller Folge scharfe Geschosse von sich gibt.

Rhei-Adel

der, ohne Pl., ei nach oi gefärbt, betont und durch weggefallenes n nas., allg. für Perso­nen, denen der Rhein Brot gibt. Das sind Schiffer, Ladepersonal, Fischer usw., die natürlich früher häufig am Ufer zu finden waren. Heute in übertragener Bedeutung für die Einheimischen, die dort ihre Zeit verbringen und Neuigkeiten austauschen.

Rhei-Schnooge

die, nur Pl., ei nach oi gefärbt, betont und durch weggefallenes n nas., allg. für Leute, die ihre Zeit, ob tätig oder müßig, am Rhein verbringen, also Men­schen, die am Rhein so häufig anzutref­fen sind wie die Stechmücken. Auch einer der Spottnamen für die Geisenheimer, die seit der Rheinregulierung im 19.Jh. verstärkt unter diesen Tieren zu leiden hatten; vgl. Spatz.

Ribbelkuche

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Hefeku­chen, der auf großen, flachen Blechen gebacken wird (früher wurde er zu diesem Zweck zum Bäcker gebracht, der damit die Restwärme seines Brotbackofens nutzen konnte), und der mit Ribbele (Streuseln) bestreut ist. Ribbele entste­hen dadurch, dass Zucker, Butter und Mehl verknetet und zu kleinen Teigklümpchen verribbelt werden. Wenn reichlich aufgetragen wird, wie es sich gehört, dann gibt’s annerthalb Morje Ribbelkuche (3/8 ha).

Riddche

das, Pl. Riddcher, man i kurz und betont, nicht überall verstanden für gute Geschäfts-Chance, günstiger Abschluss. Dazu die Wendung e Riddche zoddele: auf Gelegenheitsgeschäfte ausgehen.

Riddekiel

der, Pl. gleich, erstes i kurz und betont, nur noch Erinnerung, für Handtasche in Beutelform; frz. réticule in derselben Bedeu­tung. Ebenso volkstümlich wie unrichtig ist die Verbindung zu frz. ridicule: lächerlich, die empfunden wurde, als dieses Utensil unmodern geworden war.

Riddele

die, kein Singular, kurze Vokale, i betont, gew. für Fieber, Schüttelfrost, geistige Störung. Ich glaab du hosd die Riddele, dich muß mer emol schiddele wurde von den Kindern in melodischem Singsang gerufen, wenn sie einen Spielgefähr­ten wegen abweichender Meinung oder Handlungsweise bloßstellen wollen. Das Wort Ritten ist in der idg. Sprachfamilie in vielen For­men verbreitet und geht auf eine vor­germanische Wurzel kreit-, krit-: rütteln, zittern, sich wild bewegen zurück.

Rieb

die, Pl. Riebe, gutmütiges Spottwort für einfallsreiche, originelle, evtl. auch absonderliche Menschen. Du aal Rieb, schrspr. Rübe. Redensartlich können aus schmutzigen Ohren Riebe wachse.

riehrn

geriehrd, langes i betont, historisch für den zweiten Bau, das zweite Umgraben der Weinberge im Jahreslauf, wie es in § 7 der herzoglich-nassauischen Instruktionen für die in den Weinbergen arbeitenden Hofleute als Rühren festgelegt ist. Vgl. grabe, laudern.

rieje

gerieht, nicht mehr allg. für ‚ein Boot bzw. einen Nachen durch Ruderbewegung am Heck vorwärts treiben’, so wie es die Gondoliere in Venedig machen; schrspr. rojen bzw. wriggen.

Rilwes

der, Pl. Rilwese, kurze Vokale, i betont, gew. für unbeholfener Mensch.

Rindsbibbel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes i betont, gew. für Penis des Bullen, Ochsenziemer; auch derbes Schimpfwort; vgl. Bibbel.

Ringele ringele Rose

die Bube traache Hose, die Meedcher traache Reggelcher, do falle mer all in die Eggelcher . Früher allg. beim Spiel mit Kindern. Die Reime wurden gesungen bei einem kurzen Reigen, an dessen Ende alle umfallen. Der Sinn ist offenbar ins Harmlose verlagert; vgl. Ratt, Rosemondaach.

Ringklaue

die, besser Reiklaue, auch Ringelo-e, nur Pl., erste Silbe betont, allg. für die Baumfrucht ‚Reine-Claude’; Verballhornung des nicht verstandenen frz. Worts.

Ritzambaa

Klangwort, i kurz und betont, langes a nach o gefärbt oder durch unge­sprochenes n nas., un­über­setz­bare Laute der ersten Takte des Narrhalla-Marschs (s.d.). Der Komponist Carl Zuhlehner war österreichischer Militärkapellmeister in Mainz. In den Jahren 1838 - 1846 war er außerdem närrischer Musik­direktor und 1844 Prinz Carneval. In diesem Jahr wird auch sein Marsch zum ersten Mal gespielt. Schon die Vorlage aus Adolphe Adams Oper „Der Brauer von Preston“, nach der Zulehner seinen Marsch schrieb, unterlegt der Musik ähnliche Klang­worte. Es spricht für die Popularität des Wortes Ritzam­bãã, dass die Sage nicht ruht, die Mainzer und auch die Pfälzer hätten von einem General der Napoleonszeit oder der französischen Revolutionsar­mee namens Ressembeau (oder ähn­lich) ihre Fastnachtsrechte mit dem Ruf gefordert: Ressembeau, Ressem­beau, morje geht die Fassenacht oo. Geschichtliche Belege für diese beharr­liche mündliche Überlieferung fehlen ebenso wie für die Alternative, die von einigen Lokalhistorikern vertreten wird. Danach handele es sich bei dem Anfangswort um eine Verballhornung des Namens Jeanbon de St. André, des Präfekten des Départements Mont Tonnère (Donnersberg). Der Ur-ur-urgroßvater des Autors, Joh. Ignaz Weitzel aus Johannisberg, war dort Beamter, wurde aber nach kurzer Zeit entlassen, weil er für die Franzosen trop allemand, zu deutsch, war. – Der Text des Marschs lautet: „Ritzambãã, Ritzambãã, morje geht die Fassenacht ãã.“ Das an ist jeweils durch das ungesprochene n nas. oder nach o gefärbt. Der Text ist zu kurz und reicht für die musikalische Vor­lage nicht aus. Des­wegen wird er häufig ergänzt mit: Och, was habbe die Meenzer Meed­cher schebbe Bãã. Die unanstän­dige Version: Ritzambãã, Ritzambãã, Meedcher, losst die Bube drãã! Alle Meenzer Meedscher habbe en Ritz am Bãã. Auch: ... die Alde habbe en Schnorres drãã.

Ritzegugger

der, Pl. gleich, gew. für Buben, die in den Rhein-Badeanstalten unter die Kabinen der Damenabteilungen schwammen und dort dorch die Ritze guckten.

ritzerot

Adjektiv, i kurz und betont, o ge­längt, allg. für völlig rot, grellrot; vgl. blitzebloo, grasegrie, gritzegroo, kwittegeel, schuggeschwazz.

Robbdivool

der, Pl. nicht üblich, auch Robbdivuul, erstes o kurz und betont, gew. für unordentliche Person. Das Bild kommt vom Vogel, der in der Mauser zerrupft aussieht.

robbe

geroppt, allg. für rupfen, reißen. Ausenannerrobbe: auseinanderreißen; erunnerrobbe: herunterreißen; sammerobbe: zusammenreißen, also etwa eine Hütte abreißen, uffrobbe: aufreißen. Mit kleinen Kindern kann man Nas abrobbe spielen: Das Näschen wird zwischen die gekrümmten Zeige- und Mittelfinger genommen, die Finger werden weggezogen und die Daumenspitze durchgesteckt, um die ‚weggenommene’ Nase darzustellen.

Rock

der, hier ohne Pl., allg. für Jackett, Gehrock; den Plural gibt’s nur für Damenröcke.

rohrn

gerohrt, derbe Männersprache für koitieren.

Roll

die, Pl. Rolle, o kurz, 1. allg. für Lastenfuhrwerk, Roll­wagen. Das Wort verschwand mit dem Abkommen der Pferdefuhrwerke.

2. gehoben in dem Ausdruck des steht nit uff de Roll: das gehört nicht zur Sache. Die Tafel, auf der die Gerichtsverhandlungen angeschrieben wird, hieß lange Zeit Sitzungsrolle; frz. rôle: Liste, Register.

rolze

gerolzt, o kurz und betont, gew. für lustig raufen, balgen, aber auch schäkern, intim sein mit ei­nem Partner anderen Geschlechts; vgl. Bobbe-rolzer, Bube-rolzern.

Römischkehl

der, nur Pl., e lang und betont, allg. für Mangold. Wie in gut katholischen Gegenden allenthalben, werden auch hier in Glaubensdingen gern mal Witze gemacht, so lange sie nur nicht allzu blasphemisch sind. Deswegen musste dieses Gemüse für die Glau­bens­richtung römisch-kehlisch herhalten.

Roodes

das, kein Pl., allg. für Rathaus. Wer dort zu tun hat, geht aber nicht hinein, sondern uffs Roodes; vgl. Gemaa.

Rooges

der, ohne Pl., o lang und be­tont, allg. für Zorn, Wut; jidd. rojges: Zorn, Zwist, Hader.

Rosebroggele

die, auch Rosebroggelcher, nur Pl., erstes o gelängt und betont, allg. für Rosen­kohl; vgl. Broggele.

Roseknespche

das, Pl. Roseknespcher, o lang und betont, nicht mehr allg. verstanden für neugeborenes, noch ungetauftes Mädchen; männliches Pendant: Pannestiel­che.

Rosemoondaach

der, kein Pl., zweites o gelängt und betont, allg. für Fastnachts­montag, wie in allen Gegenden, die Fastnacht feiern. Nach Kluge ein niederrheinisches Wort aus ‚rasen(d) Montag’, in Köln ist rose: tollen; mhd. razzen: rasen, toben.

Roseweck

der, Pl. gleich, auch Roseweggelche, o lang und betont, allg. für eine Sorte mürber Wecke; oval, in der Mitte geritzt, beidseits davon je eine Reihe dornartiger Spitzen.

Rossel

die, Pl. Rossele, kurze Vokale, o betont, 1. allg. für Steindränage, von Natur aus oder künstlich mit groben Steinen gefüllter Flutgraben, durch den das Wasser abfließen kann. So heißen aber auch die in den Steilhängen des unteren Rheingaus über Jahrhunderte bei der Bodenkultivierung eingesammelten und an felsigen Stellen angehäuften Steine, die inzwischen alle zu Biotopen geworden sind. Mhd. raze: Scheiterhaufen.

2. Ebenso heißt die künstliche Wachturm-Ruine, die der barocke Graf Maximilian Amor Maria von Ostein auf seinem Niederwald an einem Felsenkopf oberhalb der Ehrenfels errichten ließ. Ob bei der Namensgebung französischer Einfluss obwaltete, man also an rochelle: kleiner Felsen dachte, ist ungewiss.

Rotzfahn

die, Pl. Rotzfahne, o kurz und betont, a nach o gefärbt, vulgär für Taschen­tuch; Bildwort.

Rotzkocher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes o betont, vulgär für Tabakspfeife.

Rotzleffel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, derb für frecher Lausbub. Der zweite Wortteil ist vom Germ. her mit lecken verwandt.

Rotznoos

die, Pl. Rotznoose, erstes o kurz und betont, gew. wie schrspr. verschmutzte Nase; über­tragen: unreifes, vorlautes Menschen­kind.

Ruggert

der, Pl. Ruggerde, kurze Vokale, u betont, allg. für männliche Taube; lautmalerisch.

Rummel

die, Pl. Rummele, u kurz und betont, gew. für Runkelrübe. Kann auch gutmütiger Spottname sein: Du aal Rummel; vgl. Rieb.

Rutschert

der, kein Pl., kurze Vokale, u betont, beim Schwimmsport für ‚über eine Rutschbahn ins Wasser gleiten’; vgl. Aaschert, Bauchert, Kobbert.

Zum Seitenanfang

S

Saalhibbe

das, ohne Pl., auch Säälhibbe, langes a bzw. ä betont, allg. für das Kinderspiel Seilspringen. Wenn nicht allein gespielt wird, wird das Seil von zwei Kindern geschlãã. Das dritte Kind hüpft im geschlagenen Seil und muss beim Schlagen ablösen, wenn es das Seil berührt hat.

saasche

gesaascht, auch sääsche, a bzw. ä lang und betont, vulgär für Wasser lassen, harnen; schrspr. und ebenso vulgär: seichen.

Sabbel

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für Mundwerk. Hall jetz endlich dein Sabbel. Das zugehörige Verb sabbele hängt mit schrspr. sabbern, geifern zusammen; vgl. gaabern, Schniss. Gesabbel ist nutzloses Geschwätz. Hall nit so’n Gesabbel.

Sach

die, hier ohne Pl., kurzes a, allg. für Grundbesitz, Vermögen. Es kann nicht schaden, wann mer e Fraa met Sach heirat, sofern denn die übrigen Voraussetzungen halbwegs stimmen. Noch besser isses, wann Sach zu Sach kimmt; vgl. Geerschdche, Kreemche.

Sack

der, Pl. Segg, kurz für Hodensack.

sackbennelswert

Adv., kurzes a be­tont, mit dem Zusatz noch nit emol gew. für ziemlich wertlos, wie das Bindegarn für Säcke; vgl. Kordel.

Sackduch

das, Pl. Sackdicher, kurze Vo­kale, a betont, gew. für Taschen­tuch; vgl. Seggel.

Sackradde

die, nur Pl., kurze Vokale, erstes a betont, vulgär für Filzläuse; schrspr. Sackratten. Du die Henn aus-em Seggel, dess der die S. nit die Fingerneel abfresse!

Sackzemend

kurze Vokale, a betont, entschärfte Form des Fluchs ‚Sakrament’, verwendet, um den Namen des Herrn nicht zu missbrauchen.

Saddellebreedche

das, Pl. Saddellebreedcher, erstes e kurz und betont, Spott­wort für lange Haare, die, sorgfältig gelegt, kahle Kopfstellen ver­decken sollen; schrspr. Sardellenbrötchen.

Saggerdjeh

erstes a kurz und betont, als Fluch wenig entschärfte Form des frz. Ausrufs ‚sacre Dieu’: heiliger Gott.

Saggerlot

auch Saggerlootchekopp, ist eine der vielen Umschreibungen, die zur Vermeidung einer Gotteslästerung geprägt wurden. Auch dieser Ausdruck kann flektiert werden: Du saggerlootser Karrn, wenn etwa das Auto nicht anspringt, oder Saggerloots-Kerl als manchmal halb anerkennende Beschimpfung. Entlehnt aus frz. sacrelot, das eine ebenso motivierte Entstellung von sacré nom (de dieu) ist. Ähnlich bemäntelnd ist es, wenn z. B. Niebergalls Datterich (ebenfalls flektiert) über sein schwerenoots-korz Gedechtnis klagt.

Sai-bisch

s. Aajerbisch.

Saibitt

die, Pl. Saibidde, ai betont, gew. für Schwei­nefuttertrog; schrspr. Säubütte.

Saibloos

die, Pl. Saibloose, ai betont, o lang, gew. für aufgeblasene Harnblase des Schweins. Sie wurde an einen Stock gebunden und diente als Schlaginstrument an Fassenacht; vgl. Pritsch.

Sakrament

erstes a kurz und betont, potenziert auch Herrgottsakrament-noch-emol, unheiliger Fluch, der deshalb bei frommen Leuten verpönt ist.

Saladschneck

die, Pl. Saladschnegge, zweites a gelängt und betont, Spottwort für eine nicht allzu aufgeweckte Dame, auch scherzhaft für Vegetarierin; vgl. Schneck 2.

Salatkrigg

s. Krigg.

samme

wie schrspr. zusammen, bei uns bedeutend in Wortverbindungen wie sammeleide: Vor dem Gottesdienst die Gläubigen zum Sammeln läuten; sammeklobbe: zusammenhauen; sammekreische, vgl. Gemagg.

Sapperlot

s. Saggerlot.

Sau-

bzw. Sai- (Säu-) ist als Vorsilbe geeignet, geradezu jedes Schimpfwort zu intensivieren oder neutrale Wörter zu Schimpfwörtern zu ‚befördern’, etwa Sau-Watz (vgl. Watz) oder Sau-Bande. Dagegen ist arm Sau eher mitleidig.

Saufnoos

die, Pl. Saufnoose, au betont, o gelängt, gew. für Trinker, Säufer, Alkoholiker.

Schabbel

die, die Schabbele, kurze Vokale, a betont, gew. für doppelte Überwurfmutter zur Verbindung zweier Weinschläuche. Heute nicht mehr gebräuchlich, weil ähnlich wie bei Feuerwehrschläuchen Bajonettverschlüsse benutzt werden; vgl. Mudderstick, Vadderstick.

Schabbes

der, kein Pl., kurze Vokale, a be­tont, allg. für Sabbat, Samstag, Ruhetag; jidd. schabbes. Der Schabbesgoj war ein Nichtjude, der Juden am Sabbat mit Arbeiten zur Hand gehen konnte, die sie selbst nicht verrichten durften; jidd. goj: Ungläubiger.

Schabbesdeggel

der, Pl. gleich, allg. für feierliche Kopf­be­deckung, sonndaachse Hut, auch alter Hut; meist spöttisch gebraucht. Aus der Beobachtung, dass strenggläubige Juden den Hut nie ablegen, ihn im Gegenteil gerade bei feierlichen Hand­lungen aufbehalten.

Schabbo-Klack

der, Pl. selten, kurze Vokale, letztes a betont, allg. für Zylinder mit einer Feder im Schaft zum Platz sparenden Zusammenklappen. Gegenstand und Wort fast verschwunden; frz. chapeau-claque.

Schaddeeg

die, kein Pl., e lang und betont, ein Schimpfwort, das in der Form aal Schaddeeg ge­braucht wird. Gemeint ist eine äl­tere, vernachlässigte oder hässliche Frau. Das Wort kommt von lat. charta: Buch über frz. charte und mndt. scharteke: Urkunde. Woher der negative Beiwert stammt, ist unklar.

schaffe

geschafft, a kurz und betont, gew. für arbeiten. Das starke Verb ‚schaffen, schuf, geschaffen’ fehlt im Rheingauer Dialekt. Wann de Rheingauer viel geschafft hot, dann is er aach geschafft. Wann-er viel se schaffe hot, dann hot-er sein Schaff. Wann-er immer viel schafft, dann is-er en Schaffer odder en Schaffische . Wann-er vun de Aabet nix hält, dann heeßt’s ‚der is aach nit em Schaffer sein Digge’. Beachte aber:Vum Schaffe is noch kaaner reich worn. Deshalb gelten als Traumberufe Werkdaachs Parre un sunndaachs Lehre oder’s ganz Johr Niggeloos, abber Ãnfang Dezember Urlaub: Werktags Pfarrer, sonntags Lehrer usw. Spruchweisheiten:Lieber en Bauch vum Fresse als wie en Buggel vum Schaffe, Wammer erschd-emo gesse hon: geschafft is hordich undWann de aan esse siehst, hock dich debei, wann de aan tringge siehst, trink met, un wann de aan schaffe siehst, loss-en schaffe, oder De ãã treet (trägt) rechts, de anner links, abber de Schlaue treet garnix.

Schagrille

die, nur Pl., kurze Vo­kale, i betont, allg. für Kummer, Grillen. Frz. chagrin: Kum­mer, vielleicht unter Einwirkung von ‚Grillen’: schwere Gedanken zu der Dialekt­form gekommen.

Schambes

kurze Vokale, a betont, Abkürzung des früher sehr verbreiteten Vorna­mens Jean-Baptist (Johann Baptist, d. h. Johannes der Täufer, Namenstag am 24. Juniund daher auch Summerhannes genannt. Der Namenstag des Jüngers und Evangelisten Johannes wird am 27. Dezember gefeiert, deswegen heißt der Winterhannes). Dazu der Scherz: All mei Kinner fange met-eme S ãã: de Schambes, de Schagg, es Schalodd, es Schanett, de Schorsch un ’s Schossefin, nor des arm Zoffieche (Sofie­) nit, des fängt met-eme Z ãã. Schambes kann auch als vertrauliche Anrede im Sinne von Kumbeer (s.d.) gebraucht werden, ebenso wie der gleichfalls früher weit verbreitete weibliche Vorname Minna als familiäre Anrede dienen kann. Da viele Minnas im 19. Jhdt. als Hausmädchen tätig waren, werden heute auch Hausgeräte wie Spül- oder Waschmaschinen spaßhaft so tituliert. Auch die im Mittelalter vorherrschenden, ehemals kaiserlichen Vornamen Heinrich und Konrad werden seit dem 13. Jh. bis heute als Hinz und Kunz abwertend für ‚jedermann’ gebraucht.

Schandamm

der, Pl. Schandamme, kurze Vokale, zweites a betont, allg. für Landpolizist. Frz. gendarme in gleicher Bedeutung; ursprünglich gens d’armes, also Bewaffnete; vgl. Butze.

schannewee

for, adv., a kurz und betont, allg. für völlig nutzlos, vergeblich; schrspr. der Schande we­gen.

schasse

geschasst, a kurz und betont, allg. für 1. verjagen; 2. beim Klickerspiel: Spielen mit dem Schassert oder Schasskligger. Schasse meint: den Klicker des Gegners so treffen, dass ent­weder dessen Schassert oder der ei­gene dabei zertrümmert wird. Frz. chasser: jagen. Früher,als die Hinggel (s.d.) noch hinter jedem Haus Mist kratzen durften, war von Elsass-Loth­ringen bis hierher immer mal zu hören Schass-emo de Giggel aus-em Schaddeng-Gaade, dess er mer die Geeleriebe nit vewiehlt.

Schassert

der, Pl. gleich, a kurz und betont, auch Schasskligger, all­g. beim Klickerspiel für Kugel aus einer steinartigen Masse, die nach dem Aufprall stark zurückspringt, bzw. dotzt; vgl. dotze; frz. chasser: jagen.

Schawell

die, auch Schawellche, das, kurze Vokale, e der zweiten Silbe betont, all­g. für Fußbänkchenl. Ald Schawell: Spottwort für aufge­putzte alte Frau; lat. scabellum, frz escabelle: Schemel.

schebbe

gescheppt, gew. für Ohrfeige geben, mit der Hand hauen. Ich habb-em ãã gescheppt, oft mit dem Gestus halb erhobener Hand, im Sinne eines ein­maligen Hiebs, sonst: Ich habb-em e paar gescheppt; uffschebbe bedeutet ‚auf den Teller geben’; schrspr. schöpfen.

Schebbe

der und die, Pl. gleich, Substantiv zu dem Adj. schepp. Dazu der Spruch: Wann eiern Schebbe unsern Scheb­be nochemol Schebber schennt, schennt unsern Schebbe eiern Scheb­be so long Schebber, bis eiern Scheb­be unsern Schebbe nit mehr Scheb­ber schennt . Die früher oft vorkommende Rachitis bringt sich hier in Erinnerung: in vielen Familien, die in den armen Dörfern in engen Häusern wohnten, gab es schebbe Kinner; schrspr. schief.

Schebbel

der, Pl. gleich, auch Schebber, kurze e, erstes betont, allg. für Schöpfkelle.

scheel

Adj., eigentlich fehlsichtig, schielend, dient überwiegend als Verstärkung für allerlei Schimpfworte (z.B. Ammerell, Atzel, Dier, Hinggel, s.d.). Die scheel Seit, auf Kölsch Schääl Sick, hat mit dem Treideln zu tun, spätlat. tragulare: schleppen. Die Treidelpferde trugen Scheuklappen, damit sie nicht von der Spiegelung der Sonne im Rhein geblendet wurden, und schielten nach der Landseite; vgl. eebsch. Wenn einer nur flüchtig sucht und nichts findet, wird er aufgefordert: Setz-emo die Stadtbrill uff!

Scheer

die, Pl. Scheere, langes e betont, gew. für Wagendeichsel.

Schees

die, Pl. Scheese, e lang und betont, allg. für Pferdekutsche, als diese noch nicht vom Kraftwagen abge­löst war, heute aber auch auf diesen übertragen. Frz. chaise: Stuhl, Sessel, Wagen mit Halbverdeck. Besonders in Kinnerschees und Bobbe­schees (s.d.) ist das Wort bis heute lebendig.

scheese

gescheest, langes e betont, spöttisch für schnell gehen. Do scheesd-er hie.

Scheesegaul

der, Pl. Scheesegail, e lang und betont, allg. für Droschkenpferd. Die hot en Aasch wie en Scheesegaul: die hat ein brei­tes Gesäß.

Scheggel

die, Pl. selten, kurze e, erstes betont, all­g. Rufname für gescheckte Pferde oder Kat­zen. Aal Scheggel: Spottname für alte Frau.

Scheich

der, Pl. Scheiche, allg. für großen Nachen zum Trans­port von Sand. Auch Eis wurde mit dem Scheich transportiert, solange das Fluss-eis im Winter gewonnen wer­den musste, um die Kühlhäuser der Brauer und Metzger zu versorgen; vgl. Eiser, Färcher.

Scheierbambeler

der, kein Pl., ei betont, sonst kurze Vokale, a nach o ge­färbt, Erinnerung an schlechte Zeiten, in denen Ta­bak im Eigenbau gezogen und in der Scheuer hängend getrocknet wurde; vgl. bambele.

Scheierborzeler

der, Pl. gleich, ei betont, sonst kurze Vokale, früher allg. für Berufsschauspieler im Wandertheater, die sicher häufig in Scheunen übernachten mussten, heute nur noch in Karnevalistenkreisen für Laienschau­spieler, die in Lokalpossen mitwirken. Im Schwäbischen ist der Scheurepurzler ein ungeschickter Mensch.

scheiß-de-Hund-eninn

auch -druff, ei betont, zorniger Ausruf bei Missgeschick; vermeidet gotteslästerlichen Fluch.

Schelee

die, kein Pl., erstes e kurz, das zweite lang und betont, eines der Worte für Gelee, Konfitüre oder Marmelade. Fruchtaufstrich, Marmelade und erst rechtKonfitüre sind dem Rheingauer viel zu vornehm und zu kompliziert, deswegen immer Schelee oder Schmeer (s.d.); vgl. Kwetscheschmeer.

Scheleestick

das, Pl. Scheleestigger, auch Scheleebrood, langes e betont, gew. für Brotschnitte mit Gelee, Konfitüre oder Marmelade; vgl. Stick.

Schell

die, Pl. Schelle, e kurz und betont, allg. für Klingel und Handglocke.

schelle

geschellt, kurze e, erstes betont, all­g. für klingeln, die Hand- oder Türglocke läu­ten. Auch das gute alte Telefon mit Wählscheibe hat früher geschellt; vgl. ausschelle.

Schelleklobbe

das, ohne Pl., kurze Vokale, erstes e kurz und betont, allg. für Kinder­scherz: An fremden Türen läuten und wegrennen.

schenant

auch schinant, Adv., kurze Vokale, a betont, in dem Ausdruck sei doch nit so schenant allg. für: zier dich nicht so, sei nicht so empfindlich; frz. gênant: peinlich, unbequem.

schenne

geschennt, kurze e, erstes betont, 1. gew. für schimpfen, schelten, streiten, auch drohen. Wer es mit viel Nachdruck tut, schennt wie en Rohrspatz (Drosselrohrsänger, seine Stimme gilt als unangenehm). Passivform: Ich hab geschennt krieht. Spottvers von Kindern zur Abwehr dessen, was man heute Mobbing nennt: Schenne, schenne duht nit weh, wer mich schennt, hot Lais un Fleeh (Läuse und Flöhe); schrspr. schänden; 2. abfällig für nennen: So aaner schennt sich Dogder. – Zu 1. gibt es unzählige Beispiele; einige davon sind im Buch aufgeführt. Zwei bemerkenswerte Drohungenseien hier noch genannt: Wann de dich nit benimmst, haan ich der widder dein morsche Hals; alternativ und etwas heftiger: …dann haan ich dich, dess-de in kaan Sasch meh basst; … dann host-de dei letzt Ferzje gelosse; oder …dann host-de ausgeschisse. –Un was gibt mer als Antwort, wann aan aaner schennt odder erjern will?: An-eme roschdiche Kessel reibt mer sich nit oder Eme beese Hund gibt mer zwaa Stigger Worscht (statt aans).

schepp

Adj., gew. für schief, krumm. Nach Kluge ist schepp elsässisch, badisch, hessisch und fränkisch, mhd. schep; dient als Verstärkung für allerlei Schimpfworte.

Scherbel

die, Pl. Scherbele, kurze e, erstes be­tont, allg. für 1. Bruchstück von Glas-, Porzellan- oder Tongefäß; 2. Blumentopf, auch Blummescherb; 3. Aal Scherbel: altes Auto, alte Frau. In der Töpfersprache ist Scherben das ‚schrühgebrannte’ Formstück.

Scherr

die, kein Pl., e kurz, gew. für Bodensatz der Bratpfanne, an­gehängter Speiserest; das, was aus der Pfanne gescherrt wern muss. Scherrkuche wurde bei der Brotberei­tung für den eigenen Haushalt aus Resten des Brotteigs mitgebacken unter Aufsetzen von Butter-, Speckklümpchen oder Grieben mit Kochzucker. Bei der Budderscherr handelte es sich um den säuerlich schmecken­den Bodensatz, der beim Butterauslassen zurückblieb und von den Kindern gern genascht wurde.

scherre

gescherrt, auch scherrn, Stamm-e kurz und betont, allg. für kratzen, scharren. Scherr dich nit so, heißt es, wenn Kinder sich kräftig kratzen. De Hahn scherrt uff em Mist, mer scherrt sei paar Grosche samme.

Scherzebauern

die, nur Pl., erstes e betont, Spottname für die Rauenthaler, weil dort kein Wingertsmann ohne seine blaue Schürze zur Arbeit ging; vgl. Haamschrurer.

Schesslong

die und das, Pl. selten, kurze Vokale, o betont, allg. für Sofa, Liege mit erhöhtem Kopfteil; frz. chaiselongue: Liegestuhl.

schesswi

Adv., e kurz und betont, gew. für betrunken; auch: nicht ganz bei Sinnen. Das Wort könnte mit frz. chez soi: ‚bei sich’ in Zusammenhang stehen.

schibbele

geschibbelt, kurze Vokale, i betont, allg. für sich schütteln, sich wäl­zen. Ich hab mich geschibbelt for La­che. Adv. ausgedrückt: Mer habbe uns schibbelich gelacht.

Schicks

die, Pl. Schickse, gew. für leichtes Mädchen. Hebr. schikuz, jidd. schickse war ursprünglich die Bezeichnung für Christenmädchen, wurde rotw. zu Frauenzimmer verallgemeinert und bekam über die Studentensprache den abwertenden Sinn.

schiele

geschielt, kein Dialektwort, aber die Beschreibungen dieses Sehfehlers sind’s:Der guggt met aam Aache uff de Rochusberch un mem annere uffs Denkmal, lästern die Rüdesheimer; und die anderen sagen Der guckt mem rechde Aa in de lingge Seggel oder im Kalenner met aam Aache uff de letzde Sunndaach un mem annere uff de neegsde.

Schiffche-Boodche

das, kleines Schiff oder Boot. Begriffsverdoppelung, typischer Bestandteil unseres Dialekts, dient häufig der Selbstverspottung. Ebenso Weschlafor (s.d.), Fläschje Flasche­bier, Dösje Dosemilch; vgl. Boodche.

schiffe

geschifft, i kurz und betont, derb für urinieren, aber auch für heftig regnen. Die alte Bedeutung Schiff fahren, heute noch bei einschiffen, ist über die Studentensprache verdrängt worden. Die Bedeutung des Wortes Schiff als Gefäß, man erinnert sich an das Wasserschiff auf alten Kohleherden, wurde auf den Nachttopf übertragen.

Schifferknechelche

das, kein Pl., allg. für os naviculare, ein Teil des Mittel­fußknochens.

schiffig

Adjektiv, kurze i, erstes betont, allg. für einen, der auf dem Wasser zu Hause ist, der am Was­ser sein Brot findet. Das Substantiv Schiffig wird von Zuckmayer im Fröhlichen Weinberg angewendet.

Schilbe

die, nur Pl., kurze Vokale, i betont, gew. für Eisschollen, aber auch lange, ungepflegte Fingernägel; niederdt. schulp: Muschel(schale).

Schilleh

das, Pl. ungebräuchlich, i kurz, e lang, gleichmäßig be­tont, nicht mehr allg. im Ge­brauch für Weste. Frz. gilet: Weste, Wams, Unterjacke. Ein Angeber pflegte früher zu sagen: Des bezahl ich aus em Schillehseggelche.

Schinggeklobbe

das, kein Pl., kurze Vokale, i betont, ein nicht mehr gebräuchliches grobes Bubenspiel, bei dem einer sich bücken muss und so lange aufs Gesäß geschlagen wird, bis er errät, wer da schlägt. So etwas würde heute sofort zur Gründung eines Arbeitskreises gegen die Verwahrlosung unserer Jugend führen.

Schinn-oos

das, Pl. Schinn-eeser, i kurz und betont, gew. für Luder, freche Person. Schindaas ist eigentlich der ent­häutete Tierkadaver; vgl. Oos.

Schisser

s. Ängstschisser.

Schisserigigi

der, kein Pl., kurze i, das vorletzte be­tont, nicht mehr allg. verstandenes Spott­wort für einen empfindlichen Menschen.

Schlaa

die, Pl. Schlaa-e, allg. für Vorschlaghammer.

Schlaaf

die, Pl. Schlaafe, allg. für Rutschbahn, Schlitterbahn, über die man mit den Schuhen schleift; schrspr. Schleife.

Schlaafsaal

das, was ist das? Kein Ruheraum, sondern ein Seil, das man hinter sich her schleift. Der Ruheraum heißt Schloofsaal. Ähnliche Scherze kann man mit Kadoffelkeefer machen, der ein Käufer ist, oder mit Bie-Bãã, nämlich Bienenbeinen. Passend dazu ist ein Bademantel nur dann ein Schlaafrock, wenn er auf dem Boden schleift.

Schlabbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für Hausschuhe, bequeme Schuhe, in die man nur zu schlüpfen braucht; inzwischen hat sich die Bedeutung auch auf Schuhe im allgemeinen und auf Autoreifen ausgedehnt. Das Wort steht mit schrspr. schlapp, schlaff in Bezie­hung.

Schlabbefligger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, Spottwort für erfolglosen Men­schen, der sogar sei Schlabbe noch flicken muss, auch für Schuster, der nur minderwertiges Schuhwerk reparieren kann.

Schlabbehaajer

der, Pl. gleich, kurzes a betont, gew. für leistungsschwachen Menschen. – Früher gab es zwischen Johannisberg und Marienthal eine Brauneisensteingrube. Der Besitzer Reuß schalt einen Johannisberger Bergmann, er sei ein schlapper Hauer, woraufhin der Ausdruck zum Uznamen für die ganze Dorfgemeinschaft wurde.

Schlabbekigger

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. für stümperhaften Fußballer.

Schlabberlatz

der, Pl. gleich, a kurz und betont, allg. für Brustlatz der kleinen Kinder, um bei den Mahlzeiten die Kleidung zu schützen.

schlabbern

geschlabbert, a kurz und be­tont, allg. für 1. beim Essen besu­deln; 2. verschütten; geschlabberde-voll: gefüllt zum Über­schwappen; 3. geräuschvoll saufen und fressen, lautmalende Wort­bildung. Schlabberbrieh: schlechtes Getränk.

Schlabbes

der, kein Pl., kurze Vokale, a betont, gew. für unordentlicher Mensch.

Schlabbeschisser

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, vulgär für Feigling, der sich vor Angst nicht in die Hose, sondern uff die Schlabbe macht.

schlabsche

geschlabbscht, allg. für schlürfen, schlurfen, kraftlos die Füße bewegen.

Schlambes

der, auch Schlambambes, ohne Pl., kurze Vokale, a betont, allg. für Schlamm, Stra­ßendreck; lautmalerisch, vgl. Brabbes.

Schlapp

die, kein Pl., abwertend für schlampige, unordentliche Frau.

Schlappmaul

das, Pl. Schlappmailer, a kurz und betont, allg. für schlag­fertiges, gut gehendes und eben gerade nicht schlappes Mundwerk und seine(n) Inhaber(in). Kannauch abwertend gemeint sein, wenn es ein lautes, aufdringliches Mundwerk bezeichnet. Wenn der Träger eines solchen stirbt,muss mer’s Maul extra doodschlãã. Befriedigter Kommentar nach Austeilen einer Ohrfeige: Na, basst die uff de ĩ Schlappmaul? - Die Kindertheatergruppe des Rheingauer Mundartvereins heißt Die Schlappmäulcher.

Schlappsack

der, kurze a, erstes betont, vulgär für verkommener Mensch.

schläuche

geschläucht, äu betont, allg. für trinken, mit Genuss trinken, seltener: im Übermaß trinken. Ein Bildwort, das aus alten Zeiten den Trinkschlauch, einen aus Leder gefertigten Beutel, für seine Aussage in Anspruch nimmt.

Schlebbche

das, Pl. Schlebbcher, kurze e, erstes betont, kleine Schleife, Schleife in der Bedeu­tung von Querbinder; vgl. Schlobb.

schleecht

Adj., wie schrspr. schlecht, ist wieder so ein Beiwort für allerlei Beschimpfungen, z.B. Stigg, Mensch, Bichs, die ein Mädchen von lebenslustig über leichtfertig bis unmoralisch qualifizieren; oder schleechder Sogge.

Schleechtschwetzer

der, Pl. gleich, gew. für jemand, der anderen Ungutes nachredet.

Schleier-eil

die, Pl. Schleier-eile, erstes ei betont, abwertende Bezeichnung für eine verschlafene, temperament­lose Frau. Schleiereulen sind, wie alle strigidae, Nacht­vögel.

schleife

geschliffe, allg. für 1. schlittern, mit den Füßen über Eis gleiten, man kann auch Schleif ziehe sagen; 2. schärfen, wie schrspr.

Schleimpumber

der, Pl. gleich, ei nach oi gefärbt und betont, sonst kurze Vokale, derb für Schmeichler, Augendiener. Schrspr. und vulgär: Schleimscheißer.

Schlengger-Dibbche

das, Pl. -Dibbcher, erstes e betont, gew. für Rauchgefäß zum Schwingen, z.B. Weihrauchgefäß in der Kirche; vgl. Dungge-Dibbche. Ein Spiel, das die Buben trotz Verbot (weil blasphemisch) gern trieben: eine Konserven­büchse wurde über dem Boden mehr­fach durchlöchert und am oberen Rand mit einer Schnur versehen, so dass sie sich tragen ließ. Die Dose wurde mit brenn­barem Material (Holzstücken, Holzkohle, trockenem Laub) gefüllt und ge­schwungen, wenn der Inhalt glomm. Das Spiel hatte im Herbst Hochsaison; vgl. Messdiener.

Schlibber

auch Schliwwer, der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Holzsplitter, der unter die Haut gedrungen ist. Ich hab mer en Schlibber ingezoo-e. Geschlibberde-voll: so voll, dass kein Splitter mehr dazu passt.

Schlickse

der, ohne Pl., allg. für Schluckauf. Vulgäre Aus­drücke: Er hot de Schlickse krieht: er ist gestorben; wann de noor de Schlickser hättst:wann de nor verregge deedst. Kindern wurde zur Behebung von Schluckauf geraten, mehrmals in schneller Folge Schlicksje, Wixje, ibber de Rhei aufzusagen, dann sollte der Schluckauf dahin verschwinden. Mhd. slicken: schlingen, schlucken.

Schließ

die, Pl. Schließe, kellerfachlich für Fasslager in Form dreieckig-keilförmiger Holzscheite. E Fass werd geleet, indem es auf den Lagersteinen durch vier Schließe ausgerichtet und gegen Wegrollen gesichert wird.

Schlink

die, Pl. Schlingge, i kurz, auch Deerschlink, langes e betont, allg. für Schlinge, Türklinke, Türgriff, Drücker.

schloggern

geschloggert, kurze Vokale, o betont, allg. für klappern, wackeln, besonders in einem Behältnis wie dem Schloggerfessje, das am Gürtel zu befestigen war und den Schleifstein für Weinbergsscheren, Sensen und Sicheln enthielt, der darin auch feucht gehalten wurde. Es dürfte sich um eine Abwandlung von schlottern handeln.

Schloofes

das, langes o betont, gew. für Übernachtungsgelegenheit. Habd-er schunt Schloofes? war in den Fremdenverkehrsorten die geläufige Begrüßung ankommender Touristen durch wartende Zimmervermieter.

Schloofhaub

die, Pl. Schloofhaube, o lang und betont, au örtlich zu einem nach o gefärbten a umgelautet, allg. für verpennte Zeitgenossen. Schrspr. Schlafhaube, übertragen von dem früher nächtens gängigen Accessoire; vgl. Nachtkapp.

Schloome

das, Pl. gleich, o lang, gew. für kleiner Gauner, Taugenichts; jidd. schlojme: Salomo; schlemil: Pechvogel.

Schlooß

die, Pl. Schlooße, allg. für Hagelschauer, Hagelkorn. Hier liegt der Ursprung für schlooßeweiß. In einem Minnelied heißt es „ir bein wâren wîzer dann ein slôz“; vgl. kissele.

Schlopp

der, Pl. Schlebb, allg. für Schleife, Knoten, Schlips, vor al­lem Schleife am Schuhriemen, aber auch Schlinge zum Wildern von Kaniggel un Hase, dann hot aaner en Has geschlebbt, hin und wieder auch von Rehwild, aber dann mussten die Schlebb schon recht stabil sein; vgl. Schlebbche.

Schlorem

der, ohne Pl., o gelängt und betont, gew. für Wirrwarr, Durcheinander, Trümmerhaufen, unor­dentlich durcheinander liegendes Zeug. Kann auch schlechte Kaffeebrühe be­zeichnen. Eine Frau, die ihren Schlo­rem nicht aufräumt, is e Schloor; jidd. schlorem: gering.

Schlubbche

das, Pl. Schlubbcher, u kurz und betont, allg. für Ruderboot. Schrspr. Schaluppe in der Bedeutung kleines Beiboot, auch Küstenfahrzeug.

Schlumbel

die, Pl. Schlumbele, kurze Vokale, u betont, gutmütiges Spottwort für unordentli­che Frau, liederliche Person. Auch Stoff- bzw. Lumpenpuppe, viel geliebt. Adj.: schlumbelich. Klaa Schlumbel: Eher zärtliche Bezeichnung für kleines Kind. Man kann aber auch Schannell-Schlumbel für eine der aufgeputzten Verkäuferinnen im Kosmetikladen hören.

Schlunz

die, Pl. Schlunse, u kurz, gew. für Schlampe.

Schluri

der und die, Pl. Schluries, u gelängt und betont, gew. für faule, langsame, unlustige Person, auch Schlitzohr; verwandt mit schludern.

schlutzern

geschlutzert, u kurz und be­tont, lautmalend für ‚mit Genuss essen und trinken’, durchaus auch geräuschvoll.

Schmaazert

der, Pl. Schmaazerde, a lang und betont, gew. für Schmeiß­­fliege.

Schmaazmigg

die, Pl. Schmaazmigge, a lang und betont, gew. für Schmeiß­­fliege.

Schmãfutjeh

der, Pl. Schmãfutjehs, a nas., u kurz, e gelängt und betont, nicht mehr überall verstanden für einen, der sich aus nichts etwas macht, der über allen Situationen steht, der leichthin alle Sorgen von sich weist. Ein typischer Schmãfutjeh ist Niebergalls Datte­rich. Auch Schmãfuttche. Frz. je m'en fous: Ich mache mir nichts draus.

Schmalzdaggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes a betont, Spott­wort für Pomadenjüngling.

Schmeer

die, kein Pl., eines der Worte für Gelee, Konfitüre oder Marmelade. Fruchtaufstrich, Marmelade und erst recht Konfitüre sind dem Rheingauer viel zu vornehm und zu kompliziert, deswegen immer Schmeer oder Schelee (s.d.); vgl. Kwetscheschmeer.

Schmeerkees

der, auch Schmierkees, ohne Pl., i lang und betont, allg. für Weißkäse, wei­cher Käse, Quark, Schmelzkäse.

schmeiße

geschmisse, ei bzw. i betont, allg. für 1. werfen. Er hott em en Staa ins Fenster geschmisse; 2. schla­gen: Er hott em mem Stecke e paar ibbergeschmisse; 3. aufschlagen, fallen: Ich hon mer die Knie verschmisse. Wer sich für eine Hilfeleistung bedankt, sagt (leicht ironisch): Ich schmeiß der aach emol en Stãã in de Gaade. Mhd. smizen: streichen, schmieren, schla­gen; vgl. Schmiss.

Schmick

die, Pl. Schmigge, gew. für Spitze der Peitschenschnur, evtl. mit Knoten zum Knallen und Schnalzen. Je nach Gebrauch kriegt ein Karrengaul sie zart oder besonders giftig zu spüren.

Schmienzje

das, Pl. Schmienzjer, i lang und betont, allg. für zartes, schmächtiges Kind, dem man an­sieht, dass es nicht gesund ist.

Schmier

die, kein Pl., i lang und betont, vulgär für Schutz­mann, Polizist, Polizei. Das Wort steht in Beziehung zu ‚Schmiere’ der Gaunersprache. Schmiere stehen: Wache stehen ge­gen Störungen der ungesetzlichen Handlung. 1714 zuerst im deutschen Sprachgebrauch belegt, aus dem Rot­w., dorthin aus hebr. sim'rah: Wache.

Schmiesje

das, Pl. Schmiesjer, i lang und betont, gew. für Hemd, Unter­hemd; frz. chemise: Hemd.

Schmisettche

das, Pl. Schmisettcher, e kurz und betont, allg. für Vorhemd, Brustein­satz, der nur den Westenausschnitt deckt. Zusam­men mit dem be­zeichneten Gegenstand, zu dem es in der Studentensprache das Spottwort ‚Kotzbrettchen’ gab, schwindet auch das Wort. Frz. chemisette: Hemdchen.

Schmiss

die, nur Pl., i kurz, allg. für Schläge. Der krieht sei Schmiss: der bekommt Schläge. Mhd. smizen, Substantiv: smiz, tritt in den Bedeutungen streichen, schmieren und schla­gen auf; vgl. schmeiße.

schmudisch

Adj., u gelängt und betont, allg. für schwüles, drückendes Wetter.

Schmus

der, kein Pl., langes u, allg. für nicht ganz ehrliche und nicht ganz ernst zu nehmende Rede, Kompliment. Auch schrspr., ebenso das Verb schmusen, das allerdings schon weiter führt als das Kompliment. Im Zusammenhang damit steht auch Schmu: Schwindel, Mogelei, kleiner Betrug. Jidd. schmues: Gerede, Gerücht; so auch im Rotwelschen.

schnabbe

geschnappt, a kurz und betont, allg. für 1. hinken. Mhd. snappen: straucheln; 2. wie schrspr. schnap­pen: rasch zugreifen, erwischen, mit dem Maul packen; vgl. knabbe.

Schnarchnoos

die, Pl. Schnarchnoose, a kurz und betont, gew. für verschlafene, langsame Person.

schnause

geschnaust, au betont, allg. für naschen, heimlich Süßes essen, aber auch stehlen (Mundraub); verwandt mit Schnauze, Schnute und Schniss.

Schnebb

die, 1. ohne Pl. allg. für äußerstes Ende, Rand von Tisch, Bank etc., vgl. schneb­be; 2. mit Pl. die Schnebbe gew. für Hure, schlechtes Weibs­stück; schrspr. Schnepfe.

Schnebb

die, 1. ohne Pl. allg. für äußerstes Ende, Rand von Tisch, Bank etc., vgl. schneb­be; 2. mit Pl. die Schnebbe gew. für Hure, schlechtes Weibs­stück; schrspr. Schnepfe.

Schnebb

die, 1. ohne Pl. allg. für äußerstes Ende, Rand von Tisch, Bank etc., vgl. schneb­be; 2. mit Pl. die Schnebbe gew. für Hure, schlechtes Weibs­stück; schrspr. Schnepfe.

Schnebb

die, 1. ohne Pl. allg. für äußerstes Ende, Rand von Tisch, Bank etc., vgl. schneb­be; 2. mit Pl. die Schnebbe gew. für Hure, schlechtes Weibs­stück; schrspr. Schnepfe.

Schnebbche

das, Pl. ungebräuchlich, kurze e, erstes betont, allg. für Stuhlkante, in dem Ausdruck uff-em Schnebbche sitze: nur pro forma sitzen, um sich als­bald wieder zu erheben; ugs. die Besuchskante.

schnebbe

geschneppt, kurze e, erstes betont, allg. für aufschnappen, überkippen, zum Bei­spiel des Schaukelbalkens bei fehlen­dem Gleichgewicht oder des Zweirad­karrens, wenn er ibberlesdich, d. h. die Last nicht gleichmä­ßig geladen war. Genauer gesagt handelte es sich dann um uffschnebbe . Wenn der Schnebbkarrn bewusst abgekippt wurde, war es abschnebbe. Vgl. Schublad, Stechkarrn.

Schnebbkarrn,

der, kurze Vokale, Pl. gleich, auch Stoßkarrn, zweirädriger Karren, der an zwei Holmen geführt wird und - mit oder ohne Absicht - sich durch Kippen (Schnebbe) der Ladung entledigt. 

Schnebbtallje

die, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, ist die, die immer aus dem Rock rutscht. Dieser seinerseits schneppt, wenn er hinten kürzer ist als vorne.

Schneck

die, Pl. Schnegge, e kurz und betont, 1. beim Kinderspiel Higgele für ein Spielschema, das mit Kreide aufs Straßenpflaster gemalt wird. Die Schneck ist eine Spirale zu einem Mittelfeld. Ist dieses Mittelfeld durch Hüpfen auf ei­nem Bein ohne Fehler erreicht, d. h. ist kein Übertritt geschehen und wurde die Hickelstellung nicht aufge­geben, dann hat der Spieler das Recht, sich eine Ruh an beliebiger Stelle der Spirale zumarkieren. Diese Ruhe machen das Spiel immer schwieriger, denn sie dürfen vom Gegner weder be­nutzt noch berührt werden, sondern müssen ibberhibbelt: übersprun­gen werden. Gewinner ist der, der die meisten Ruhen eingezeichnet hat.

2. einschließlich seiner Verkleinerungsform Schneggche gew. für das weibliche Geschlechtsteil, übertragen auch für Frau. Schneggedogder: Frauenarzt.

Schneddes

der, Pl. gleich, weinbaufachlich für gebogenes Rebschnittmesser. Wie archäologische Funde belegen, war er schon zu Römerzeiten in Gebrauch. Heute ist er durch die modernen Scheren verdrängt.

Schneeballe

der, Pl. gleich, e lang und betont, allg. grammatische Form im Gegensatz zu schrspr. der Schneeball, die Schnee­bälle.

Schneebrunzer

der, Pl. gleich, langes e betont, vulgär für einfältiger Kerl; verächtlicher Aus­druck allgemeinen Sinns; vgl. brunzen.

schneegele

geschneegelt, erstes e lang und betont, allg. für lustlos im Teller stochern; Adj. schneegelich.

Schneggedenz

die, nur Pl., kurze e, erstes betont, allg. für über­flüssige Umständlichkeiten; schrspr. Schneckentänze.

Schneidergaas

s. Hosefligger.

Schnerch

die, Pl. Schnerche, e kurz, gew. für schlechte Weibsper­son; kaum noch in der alten Bedeutung Schwiegertochter, Schwägerin. Idg. snusós, mhd. snur, schrspr. Schnur.

schnerre

geschnerrt, auch schnerrn, schnorrn, gew. für weg­schleudern, abschnellen.

schnerrn

auch zusammeschnerrn, schrspr. schrumpfen.

Schnibbforz

der, Pl. selten, kurze Vokale, i betont, vulgär für vorlaute, schnippische Person.

Schniss

die, Pl. selten, gew. für Mundwerk, Schnauze. Wann de nit still bist, kriehst-de aans uff die Schniss. Wer sein Mundwerk nicht still halten kann, hot e Sabbelschniss; vgl. Sabbel.

Schnook

die, Pl. Schnooge, werden überwiegend, aber fälschlich die gemeinen Stechmücken (Aedes vexans) genannt. Zu den echten Schnaken (Gattung Tipulidae) vgl. Hosefligger. Schnooge­fenger: Tagträumer. Schnooge können auch Spinnereien sein, Späße in Wort und Tat.

schnorre

geschnorrt, auch schnorrn, schnorre gehe, o kurz und betont, allg. für 1. betteln, auf Kosten anderer leben; 2. an Fassenacht in Maske umherziehen, um anderen mit verstellter Stimme die Maanung zu saache. Der Reiz der Sache ist, einen Bekannten mit dem Wissen um Dinge zu überraschen, von denen er glaubt, sie seien anderen unbekannt; dabei kommt es darauf an, dem, der wo die Maanung gesaat krieht, unkenntlich zu bleiben. Die Schnorrer sind vor allem noch in Kiedrich lebendig, wo am Donnerstag vor Fassenacht die Schnorrerrallye stattfindet. Die Fassenachtsschnorrer haben von alters her das Vorrecht, sich an den Speisen und Getränken der Unmaskierten zu laben.

Schnorres

der, Pl. Schnorrese, auch Schnerres, o kurz und betont, gew. für Schnurrbart. Schnorreswaggeler sind Leute, die mit ihren sehenswerten Schnauzbärten wackeln können; auch Name einer Fassenachtsgruppe, die lange bei der Meenzer Fassenacht auftrat.

Schnuddel

die, Pl. Schnuddele, kurze Vokale, u betont, gew. für 1. Schnul­ler; 2. Schlauch an der Fußballblase, der zum Aufpumpen bestimmt ist. Das nächstverwandte Wort ist Schnud, schrspr. Schnute. Es wird auch die Wortform Nuddel oder Nuddelche für Schnuller ge­braucht, vgl. Nuddelche.

schnuddele

geschnuddelt, kurze Vokale, u betont, gew. für 1. unsauber essen; 2. fehlerhaft, oberflächlich arbeiten, er hot die Arbet hiegeschnuddeld; 3. nuscheln; Adj.: schnuddelich.

Schnudebutzer

der, Pl. gleich, u gelängt und betont, allg. Spott­bezeichnung für Barbier; schrspr. Schnuten­putzer.

Schnudedungger

der, Pl. gleich, erstes u gelängt und betont, Spottwort für fleißige Weintrinker, besonders wann’s nix kost un aach noch ebbes zu Esse gibt; schrspr. Schnutentunker.

schnuffele

geschnuffelt, kurze Vokale, u be­tont, gewöhnlich für riechen, schnüffeln, die Nase hochziehen, schnauben, schniefen.

schnuggele

geschnuggelt, kurze Vokale, u be­tont, allg. für naschen; vgl. verschnuggele.

Schnuggeler

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u be­tont, allg. für naschhafter Mensch; weiblich: Schnuggelern.

schnuggelich

Adj., kurze Vokale, u betont, allg. für ‚zum Anbeißen süß’, das kann ein Mädchen, ein Auto oder eine Zimmereinrichtung sein.

Schnugges

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, auch Schnuggesje, allg. Kosewort; schrspr. Schnuckel.

Schnut

die, Pl. Schnude, u gelängt und betont, gew. für Mund. Sie hot mer e Schnut gezo-e: sie hat mir durch Mundverziehen ihren Un­willen gezeigt. Nieder­dt. Snut hat nhd. Schnauze gebildet. Koseform: Schnutche, auch Schniedche. Beliebte derbe Drohung: Ich haa der uff die Schnut, dess-de dei Budderbrot lutsche kannst.

Schnut, unrecht

in dem Ausdruck do derf kaa unrecht Schnut drãã ein hohes Lob für einen guten Wein. For den misst mer e Gorjel hon wie e Giraff, damit er lange Zeit hat, hinunterzurinnen.

Schobbe

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für Flüssigkeitsmaß ‚halber Liter’. Das Wort ist als Schoppen schr­spr., aber im Rheingau fest ein­gebürgert. Es wird inzwischen gleichermaßen für die übliche Ausschankgröße von 0,2 l benutzt, die eigentlich en halbe Schobbe, nämlich 0,25 l sein müsste; vgl. Schobbeglas, Halbe.

Schobbeblech

das, Pl. selten, kurze Vokale, o betont, allg. für Flüssigkeitsmaß aus Blech (0,5 l). Mit ihm hat der Milchmann früher das verlangte Quantum Milch abgemessen.

Schobbeglas

das, Pl. Schobbegläser, o kurz und betont, allg. für das Weinglas, das einen Schoppen, einen halben Li­ter, fasst. Wegen des inzwischen eingebürgerten Ausschanks in 0,2-Liter-Gläsern, aus denen der Halbe (s.d.) ge­trunken wird, wird das Wort auch für diese gebraucht.

Schobbeholz

das, Pl. Schobbehelser, auch Schobbehelsje, kurze Vokale, erstes o betont, beim Würfelspiel die Markierungshölzer für Gewinn oder Verlust. Wer am Ende des Spiels keine Helsjer mehr hat, zahlt eine Runde Schop­pen.

Schobbestecher

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, allg. für den Weintrinker, der täglich zu bestimmten Tageszeiten seinen Schoppen zu sich nimmt. Versierte Trinker hon e Schobbemaul und prahlen dann mei Maul is e Schobbegrub oder fünf Schobbe kann ich jo saufe, abber kaa ganz Flasch.

schoggele

geschoggelt, kurze Vokale, o betont, allg. für schaukeln, wiegen. Schloofe wie geschoggelt: sehr gut schlafen.

Schoggelgaul

der, Pl. Schogelgail, kurze Vokale, o betont, allg. für Schaukelpferd.

Schogges

der, Pl. Schoggese, kurze Vokale, o betont, allg. für Narr, zu Narreteien aufgelegter Mensch; jidd. schekes: Knabe, frecher Bub.

Schoggo

der, Pl. gleich, erstes o kurz und betont, allg., gleiche Bedeutung wie Schogges. Der Wörterkomplex von schoggele bis Schoggo kann auch mit schocken, schucken: stoßen, erschüttern in Verbin­dung gebracht werden. In der pfälzisch fundierten Mundart der Batschka (Rumänien) sagt man ‚er is geschuckt’: leicht verrückt.

Scholles

der, Pl. Schollese, kurze Vokale, o betont, historisch für Schultheiß, Bürgermeister. Kommt in vielen Familiennamen vor: Scholl, Scholles, Schol(t)z, Schulte, Schul(t)ze.

Schoode

der, Pl. gleich, o lang und be­tont, allg. für Narr, komischer Kerl; jidd. schojte: Narr, Tölpel.

Schornschde

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für Schorn­stein, vor allem der Teil, der über dem Dach hervorschaut. Auch ein großer Fabrikschornstein isten Schornschde, während der im Haus verbaute Teil Kamin genannt wird. Grundbedeu­tung wohl Strebestein, ahd. scorren: stützen, streben. Schornschdefejer ist der Kaminkehrer.

Schossee

die, Pl. selten, o kurz und betont, allg. für Landstraße; frz. chaussee. E Schossee-Ritsch ist ein Frauenzimmer, das auf der Straße sein Geld verdient; vgl. Waggel.

schreibe

reflexiv, ohne Part. Perf., für nennen, mit Familiennamen heißen. Der Mann schreibt sich Schröder; vgl. haaße.

schroddele

geschroddelt, kurze Vokale, o betont, ein Wort aus den schlechten Zeiten während und nach Kriegen, bezeichnet Tauschgeschäfte, bei denen das entwertete Geld ausge­schaltet blieb – Währungsersatz war, vor allem nach 1945, die Zigarette – und mit denen man die Rationierungsvorschriften umging. Sachwerte gegen Lebensmittel wurden geschroddelt.

schroh

Adj., o lang, gew. für roh, grob, rauh. En schro-e Kerl, e schroh Dier: ungefällige Menschen; schroh Kost: ungeschmälztes Essen; schroh Wedder: rauhes Klima. Mhd. schrach: mager, dürr, rauh.

Schröter

der, Pl. gleich, historisch der Transportunternehmer und -arbeiter, besonders für den Weintransport; heute noch zu finden in Familiennamen wie Schröder oder Schrauter. Ahd. scrotan: rollen; vgl. Haamschrurer, Laaderbeem, Schrotlaadern.

Schrotlaader

die, Pl. Schrotlaadern, gelängtes o betont, aus dem Schrötergewerbe für Leitern oder Rollbalken, auf denen Fässer über die Kellertreppen und auf die Fahrzeuge gerollt wurden; vgl. Laaderbeem, Ladfass.

Schrumbel

die, Pl. Schrumbele, kurze Vokale, u betont, gew. für Run­zel, Falte, besonders Gesichtsfalte. Aal Schrumbel: alte Frau, auch Schrumbel-Lies. Verb: schrumbele, verwandt mit schrumpfen; vgl Hotzel.

schrumbelich

Adj. zu Schrumbel, kurze Vokale, u betont, allg. für 1. faltig, zerknittert (von Kleidung); 2. vertrocknet (von Mensch, Obst oder Gemüse). Schimpfwort: aal schrumbelich Kaddoffel.

Schrunn

die, Pl. Schrunne, u kurz und be­tont, gew. für Hautrisse infolge von Kälte und Nässe. Schrunne tre­ten vor allem am Handrücken auf. Aber von einem sehr sauren Wein kammer aach Schrunne in de Bauch krieje. Ahd. scrunta, mhd. und schrspr. Schrunde: Riss.

Schublad

die, Pl. selten, u kurz und betont, a gelängt gew. für Zweiradkarren; vgl. schnebbe, Stechkarrn.

Schuggebennel

der, Pl. gleich, u lang und betont, auch Schuhbennel, allg. für Schnürsenkel; vgl. Bennel.

schuggern

geschuggert, u kurz und betont, allg. für frierend schaudern, Gänsehaut durch Kälte bekommen; vgl. Schoggo, dort schucken.

schuggeschwazz

kurze Vokale, u betont, auch schuggerabeschwazz, Verstärkung der Farbe schwarz, vgl. blitzebloo, graasegrie, gritzegroo, kwittegeel, ritzerot. Wenn’s ganz und gar dunkel ist, dann isses schuggerabenacht. Schrspr. schuhrabenschwarz bzw. -nacht.

Schuldebuggel

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes u betont, allg. für jemand, dessen Finanzen nicht zum Besten ste­hen, der den Buckel voller Schulden hat.

Schummel

der, kein Pl., kurze Vokale, u betont, allg. für 1. Unangenehmes: Ich mach doch for dich nit de Schummel; 2. weit über den Dialekt hinaus im Zusammenhang mit schum­meln und Schummeler: Mogelei / kleiner Betrug, mogeln / kleinen Betrug begehen bzw. einer, der sol­ches tut. Das Wort stammt aus dem Jiddischen. Schumler ist ursprünglich ein Jude aus dem Bereich Speyer, Worms, Mainz, dem Kernbereich jüdischen Lebens im Mittelalter; das Wort ist gebildet aus den hebr. Anfangsbuchstaben Sch(in) für Speyer, W(aw) für Worms und M(em) für Mainz. Lustigerweise ist Schum auch das jidd. Wort für Knoblauch.

schundemol

kurzes u betont, o gelängt, allg. für ehemals bzw. dazumal. Am Schundemol meint irgendwann in der Vergangenheit; schrspr. schon-einmal.

schunt

kurzes u, allg. für schon, so wie der Berliner ‚ebent’ statt eben sagt.

Schur

die, kein Pl., u lang, in dem Ausdruck er hot die Schur für: er ist an der Reihe, er hat Dienst; frz. du jour: vom Tage.

Schutt

der, kein Pl., auch Schuur, allg. für kurzer, heftiger Regenschauer. Reejent’s? Naa, es is nor en Schutt. Achtung Lebber, es kimmt en Schutt warnt der Trinker sein Organ.

Schutzmann

der, Pl. Schutzleit, u kurz und beton­t, allg. für Polizist; vgl. Butze.

schwaade

geschwadd, a betont, gew. für prügeln; schrspr. schwarten.

Schwaademaache

der, Pl. gleich, lange a, erstes betont, allg. für Wurstsorte aus Fleisch, Fettgrieben und Schwarten als Füllsel in Dickdarm und Magen, Synonym für Presskopf.

schwabbele

geschwabbelt, kurze Vokale, a be­tont, allg. für wackeln. Ein Pud­ding schwabbelt, bei einem Dicken schwabbelt der Bauch. Lange Jahre lag am Wallufer Rheinufer ein zum Restaurant umge­staltetes Schiff, „Die Schwabbel“, weil die Wellen des Rheins an die Bordwand geschwabbelt hon.

Schwaddem

der, kein Pl., a kurz und betont, allg. für Schwaden, Dampf, Dunst. Wann aus em Wald de Schwaddem uffsteiht, koche die Füchs Kaffee. Zum Endungs-m siehe Boddem, Faddem u.a. Mhd. swadem: dicke Ausdünstung, Brodem. Verb: schwaddeme, geschwaddemt.

Schwalbepaderr

das, kein Pl., kurze Vokale, erstes a betont, nicht allg. gebräuchliches Bildwort für Dachwohnung; schrspr. Schwalben-Parterre.

schwazz

Adj., a kurz, allg. für betrunken. So schwazz wie e Kanon bezeichnet einen ‚Kano­nenrausch’.

Schwazzbrenner

der, Pl. gleich, waren nicht alle mit der Destillation von unversteuertem Schnaps befasst; die hier Gemeinten verkohlten in eisernen Retorten Abfälle aus der Weinbereitung wie Trestern und Druse (s.d.) zu einem außerordentlich feinen, tiefschwarzen Ruß. Feingemahlen und geschlämmt war diese Rheingauer Spezialität als Farbstoff ‚Frankfurter Schwarz’ bei Grafikern und Buchdruckern hochgeschätzt. Dieses Verfahren wurde noch bis weit ins 20. Jh. von der Niederwallufer „Schwarzfabrik“ Brockhues angewandt.

Schwebbel

der, kein Pl., auch Schwewwel, kurze e, erstes betont, gew. für Krempel, Plunder, Drum und Dran, überflüssiger Aufwand, Geschwafel, Lüge. Hängt mit Schwefel zusammen, der den Alchimisten als minderwertiger Stoff galt.

Schwelles

der, Pl. Schwellese, kurze e, erstes betont, allg. für dicker Kopf. For dein Schwelles gibt’s gar kãã Kapp!

Schwellkopp

der, Pl. Schwellkebb, kurze Vokale, erste Silbe betont, allg. für übergroße Maskenköpfe bei den Rosenmontagszügen; kaschierte Arbeit, das heißt auf leich­tem Drahtgestell aufgebrachte Papiermaschee-Plastik, die vom Träger über­gestülpt und so im Zug getragen wird. Das Wort wird aber auch im Sinne von Schwelles gebraucht.

schwengge

geschwenkt, allg., für spülen, abspülen, ausspülen. Mer kann Fässer schwengge, Flasche, Gläser un aach die Gass. Wo ebbes eninnbasst, des kann mer ausschwengge; die Gass kammer nor abschwengge.

Schwenk

die, Pl. Schwengge, e kurz und betont, nicht mehr allg. für Ab­waschbecken, Spülbecken, zum Bei­spiel in Gastwirtschaften, be­sonders bei Gläsern: Gläserschwenk.

schwetze

s. babbele.

Schwewweler

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, gew. für Schwafeler, Lügner.

Schwittjeh

der, Pl. Schwittjehs, i kurz und betont, e lang, allg. für leichtsinniger Mensch, Schürzenjäger. Frz. suivre: folgen. Das Substantiv suite ist in der Studen­tensprache ‚lustiger Streich’, Suitier ein Leichtfuß, der den Streich mitmacht.

Schwoobche

das, Pl. Schwoobcher, o lang und betont, fachlich für Ausbesserungskelle der Tüncher.

Schwooleschee

der, Pl. gleich, End- e lang und betont, schwindend für Dandy, Stenz, historisch für Angehörige einer Reiter­truppe, die als besonders fein galten; frz. chevau-legers: Leichte Ka­vallerie.

Seeche

der, kein Pl., in der Wendung vor’m Seeche aus de Kerch geje verhüllend für Koitus interruptus.

Seechestrenzern

die, Pl. selten, langes e betont, schwindend für eine, die den Segen strenzt (vgl. strenze), indem sie von Kirche zu Kir­che eilt, nur um zum Segen zurechtzu­kommen; auch scheinheilige Person; vgl. Kwissel.

Seggel

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für 1. Tasche in Kleidern; ich hon kaan Penning im Seggel; etwas in die Tasche stecken: inseggele; 2. verächtlicher Ausdruck für unordentlicher Mensch, älte­rer Mann; Lumbeseggel, alder Seggel. Schrspr. Säckel.

Seggelmesser

das, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Taschenmesser.

Seggelpeeder vun Trombinge

Verballhornung des „Trompeter von Säckingen“, Titel eines Buchs des Dichters Joseph Viktor von Scheffel. Mit der Verballhornung werden Personen gegrüßt, die sich gerade laut geschnäuzt haben.

Seggelsaascher

der, Pl. gleich, erstes e kurz und betont, a lang, vulgäres Schimpfwort, das unterstellt, dass der Beschimpfte so blöd ist, in de Seggel zu saasche: in die Hose zu machen.

Seggelsame

der, kein Pl., kurze e, erstes betont, a lang und nach o gefärbt, gew. für Bodensatz in Hosentaschen.

Seih

die, Pl. Seije, allg. für feines Sieb, Seiher. Verben dazu: seije, abseije, dorchseije. Ahd. sihan, mhd. sihen: seihen.

Seldefrehlich

der, Pl. gleich, erstes e kurz und betont, allg. Spott­wort für kauziger Mensch, Miesepeter, einer der seltsam ist, nicht lachen kann, ein Selten-Fröhlich.

Selderswasserkliggerfläschjeschnutche

(schön, 37 Buchstaben!), das, Pl.: -schnutcher, gleich­mäßig betont, Scherzwort im allg. Gebrauch für ein übertrieben vornehmes Mäd­chen, das geziert sein Mäulchen spitzt; vgl. Kliggerwasserfläschje, dessen Flaschenmund der Ver­gleichs­gegenstand ist.

sellemol

auch sellichmol, kurze e, o gelängt und betont, allg. für damals; schrspr. selbiges Mal.

seller

selle, selles, kurze e, erstes betont, allg. für selbige(r/s), jene(r/s).

Senggel

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Lot der Maurer. Dazu die Wendung in de Senggel stelle, bildlich: gerade stellen, ordent­lich die Meinung sagen.

Sesselforzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, e betont, derb-abfällige Bezeichnung für Beamte und sonstige am Schreibtisch Beschäftigte.

Sickinger

die, nur Pl., alter Uzname der Sauerthaler, die bis 1806 zum Besitz der Grafen Sickingen gehörten und reichsunmittelbar waren.

Sieße

der, kein Pl., allg. für frischen oder kaum angegorenen Apfelmost; schrspr. Süßer.

Silberberjer Hännesje

das, kein Pl., ein Bergkobold, der in der Assmannshäuser Gemarkung sein Unwesen treibt. Früher gab es dort ein Silberbergwerk, nach dem auch die Weinlage Silberberg benannt war, und heute hat er nichts Besseres zu tun, als schlichte Gemüter zu ärgern.

Simbach

der, Pl. gleich, i kurz und be­tont, gew. für Simpel, Einfalts­pinsel. Das Wort ist nach dem rotw. Muster Offebach (s.d.) gebildet. Simpel kommt von lat. simplex oder frz. simple: einfach; vgl. Hudsimbel.

simmeliern

simmeliert, langes i betont, gew. für nachdenken, überlegen. Was simmelierst- de’n?: Worüber denkst du nach?

so kãã

a durch weggefallenes n nas., allg. für nicht solche. Mach doch so kãã Kinnereie.

sogge

gesockt, o kurz und betont, gew. für: in unordentlichem Zustand herumlaufen. Das Substantiv Sogge gilt für eine(n), der oder die das tut.

Sohnsfraa

die, kein Pl., o lang und betont, a lang, nicht mehr allg. für Schwiegertochter. Gegenstück: Dochdermann, s.d.

Solber

der, ohne Pl., o kurz und betont, gew. für 1. Dreck, Schlamm, Unreinlich­keit. Mhd. sulwen, sulgen, soln, suln: mit Kot beschmutzen, in Kot wälzen; 2. vulgäres Bildwort für Bett (mit Körperausdünstungen): er leit in seim Solber; 3. Salzlake, Dialektform für Salpeter, der früher allein zum Einsolpern diente. Folglich ist Solberflaasch Pökelfleisch.

Soß

hier ohne Plural, in dem Spruch des gibt e deier Soß für ‚das kommt teuer zu stehen’.

Spããbrenner

der, Pl. gleich, a lang, betont und durch nicht gesprochenes n nas., allg. für Geizhals, einer, der Späne statt Öl- oder Wachs­licht brennt. Das Bildwort stammt aus Zei­ten, in denen die Wahl zwi­schen diesen Beleuchtungsarten noch gegeben war.

spachdele

gespachdelt, a kurz und betont, gew. für essen, kräftig zulangen. Bildwort, dem die Vorstellung zugrunde liegt, dass das Essen wie mit dem Spachtel hineingeschmiert wird.

spack

Adv., gew. für eng anliegend.

Spaichbeern

die, nur Pl., alter Uzname der Stephanshäuser oder Stepter, der auf einer früher dort vorhandenen, herben Beeren- oder Birnensorte beruhen dürfte.

Sparre

der, Pl. gleich, a kurz und betont, neben schrspr. Sparren, Balken in dem Ausdruck der hot jo ’n Sparre: Er hat ein Brett vorm Kopf. Dazu passt die Frage, warum man beim Überfliegen von nur Parkett sieht. Antwort: Ei, die hon do all e Brett vorm Kopp, un wann en Fliecher kimmt, gugge se all hoch.

Spatz

der, Pl. Spatze, a kurz und betont. Abgesehen von der Bedeutung Sper­ling (auch so ein Wort, das dem Rheingauer zu umständlich ist) derb-­familiär für männliches Geschlechts­teil. Dass jemand Spatze unnerm Hut oder unner de Kabb hat, wird vermutet, wenn er die Kopfbedeckung im Haus nicht abnimmt. Wie en Spatz in de Kniddele ist Ausdruck großen Wohlbehagens. – In Geisenheim findet sich für den Vogel die Mehrzahl Spätzerd, so dass dies zu einem der Spottnamen für die Einwohner wurde; vgl. Rhei-Schnooge.

spatze

gespatzt, a kurz und betont, gew. für drankriegen, an der Nase herumführen.

spauze

gespauzt, au betont, auch speuze, gew. für zischen, speien, spucken. Das Bü­geleisen spauzt, wenn man mit et­was Feuchtigkeit am Plättboden die Hitzeprobe vornimmt. Kleine Böller heißen Spauzemänncher.

Speckwatz

der, Pl. Speckwätz, e kurz und betont, allg. für einen Mann mit dickem Bauch.

Spegdagelmensch

das, Pl. Spegdagelmen­scher, a gelängt und betont, gew. für Frau, die lautstarke Auseinandersetzungen be­vorzugt, gern Spektakel macht.

speggeliern

speggelierd, langes i betont, gew. für gründlich erkunden. Speggelier-eise: Brille; lat. speculari: schauen, spähen.

Speis

der, kein Pl., allg. für Mörtel. Lat. expensa: das Aufgewendete, mlat. spensa, ahd. spisa, mhd. spise. Vor Auftauchen der Kartoffel war Getreidebrei die Hauptnahrung; die ähnliche Konsistenz führte zur Übertragung.

Spinatkerchof

der, ohne Pl., Umschreibung für Abtritt.

Spinatwachdel

die, Pl. Spinatwachdele, erstes a gelängt und betont, Spottwort für eine Frau, der der gewisse „Blubb“ fehlt.

Spittel

der, Pl. gleich, allg. für kleines, dreieckiges Stück Land, wie es nach generationenlanger Realteilung oder aus topographischen Gründen entstehen kann und nie recht passt oder zu bearbeiten ist.

Spitz

der, ohne Pl., i kurz, in der Wen­dung mein lieber Spitz eine Anrede, die abwertend, sogar drohend ist im Sinne von ‚nimm dich in acht!’. Möglicherweise besteht bei dieser Verwendung des Wortes Zusammenhang mit Spießgeselle. Ebbes spitz krieje: etwas herausfinden, erken­nen.

Spitzkligger

der, Pl. gleich, er­stes i betont, allg. für Spielverderber, Außenseiter, einer, der sich drückt oder auch unfair Vorteile verschafft. Bildwort aus dem Klickerspiel: ein Klicker, der nicht vollkommen rund ist, wird als spitz angesehen, er rollt falsch, enttäuscht die Erwartung des Spielers. Mag aber auch mit der unterstellten Form der Hoden des so Benannten zu tun haben; vgl. Kligger.

Spitzweck

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für eine Brötchensorte, die in ih­rer Form nicht rund, sondern spitzoval ist, vgl. Weck.

sprauzig

Adj., gew, für hart, sperrig wie Spreu; vgl. sprock.

Sprichklobber

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, gew. für Lüg­ner, Aufschneider. Der Ausdruck ‚Sprüche klopfen’ ist vorwiegend im Südwestdeutschen heimisch; vgl. klobbe, Klobber.

Sprieß

der, Pl. Sprieße, allg. für Stütze, Strebe. Mhd. spriez: das Hervortretende.

sprieße

gesprießt, allg. für abstützen. Bei den häufigen Rhein-Hochwassern drang das Wasser in den Ufergemeinden oft bis in die Weinkeller. Da sowohl Holz als auch Wein spezifisch leichter sind als Wasser, konnten die Fässer bei entsprechendem Wasserstand aufschwimmen. Das allein wäre nicht dramatisch gewesen; aber nach Abfließen des Hochwassers wären sie wer weiß wo und wie wieder gelandet, und es bestand die Gefahr großer Schäden. Deshalb mussten sie mit Hölzern gegen die Kellerdecke gesprießt werden. In manchen Kellern hatten die schweren Fasslagersteine Löcher, durch die man dünne Drahtseile zum Fixieren der Fässer ziehen konnte.

sprock

Adj., o kurz, örtlich nach a gefärbt, allg. für mürbe, trocken, kurz abbrechend.

Spuchde

die, nur Pl., allg. für Späße, Narreteien, Unfug. Auch Spuchdemänncher. Zusammenhang mit Spuk.

Spugges

der, Pl. selten, kurze Vokale, u betont, allg. für Spaßvogel, aber auch Angeber, einer, der große Töne spuckt.

Spundekees

der, kein Pl., u kurz und betont, allg. für eine Käsespezialität, die kegelartig in Form ei­nes Spunde (Fassverschluss) aufgetra­gen wurde. Diese Form des Servierens ist nicht mehr allg. üblich; meist werden mit einem Eisportionierer geformte Kugeln dargeboten. Wich­tig ist, dass die Mischung stimmt: weicher Käse, Ei, Gewürz, viel Paprika und Zwiebel. Spund von lat. (ex)punctum: Herausgestochenes.

Sputze

die, nur Pl., u kurz und be­tont, allg. für Späße, Narreteien, Unfug. Sputze im Kobb habbe: närrische Ideen haben, mit Phantastereien umgehen.

stããreich

Adj., a durch Wegfall von n nas., sind eigentlich alle Winzer; entweder im üblichen Sinn oder wegen der vielen Steine in der Weinbergserde; schrspr. steinreich.

staats

allg. für herausragend, auffällig, mordsmäßig. Kann flektiert werden: en staatse Brade ist ein Braten, mit dem man Ehre einlegen, Staat machen kann.

Staches

der, Pl. Stachese, a kurz und be­tont, nicht mehr allg. im Ge­brauch für steifleinener, überheblicher, auch grober oder dummer Mensch; Kurzform von Eustachius.

Stambes

der, kein Pl., a kurz, nach o gespro­chen und betont, gew. für gestampften Brei, Püree; Ebbel- odder Kaddoffelstambes.

standepee

Adv., allg. für sogleich, schnell. Des stellst-de mer standepee widder hie; lat. stante pede: stehenden Fußes.

Stauche

die, nur Pl., gestrickte Pulswärmer in der Form von Handschuhen mit gekappten Fingern; mhd. stuche: Ärmel.

Stebbche

das, Pl. Stebbcher, unter Männern derb-verniedlichende Bezeichnung für Geschlechtsverkehr; von stopfen.

Stecher

der, Pl. gleich, derb für Galan, Liebespartner; auch verkürzt für Stechmücke, vgl. Schnook.

Stechkarrn

der, Pl. Stechkarre, kurze Vokale, für zweirädriger Wagen, der von einer Person geschoben wird. Bei schwerer Belastung nahm man eine zweite Person hinzu, die das Gefährt mit Hilfe eines quer über die Brust geführten Lederriemens zog. Auch Stichkarrn, Schnebbkarrn oder Schublad (s.d.). In Kiedrich heißt das Gefährt Stuußkarrn, der dort schriech oder zwarch ibber de Klie-agger gedrickt werd; vgl. schnebbe.

Stegg butze

gebutzt, eine selten gewordene Arbeit im Weinberg. Wenn der Pflug durch die Zeilen gegangen war, blieb der aufgepflügte Erdwall mitsamt Unkraut zwischen den Weinstöcken stehen und es musste mit der Hacke nachgearbeitet werden; schrspr. Stöcke putzen.

stegge

gesteckt, kurze e, Stamm-e betont, allg. für 1. einem die Meinung sagen: dem hab ich’s abber gesteckt!; 2. jemand etwas mitteilen, das ihm verborgen war oder verborgen bleiben sollte: der hab ich gesteckt, was ihrn Mann met seiner Segredeerin micht.

Stegge

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für Stock, abwertend für dünne Beine; in dem Aus­druck en Stegge dezustelle als Ant­wort auf Äußerungen der Unzufrieden­heit: Stell der en Stegge dezu, wann’s der nit basst; Des sieht jo en Blinde mem Stegge ist tadelnder Hinweis an einen Begriffsstutzigen; schspr. Stecken.

stegge

gestoche, Stammvokal kurz und betont, gew. für stecken, gesteckt. Beim Bezahlen kann’s passieren: Ei, ich hab jo mei Briefdasch nit ingestoche!

Stehkraachemänncher

die, nur Pl., erstes e lang und betont, alter Uzname für die Martinsthaler, die angeblich so vornehm gekleidet in den Weinbergen arbeiteten. Natürlich mussten sie Schlips und Kragen je nach Arbeitsanfall und Witterung auch mal ablegen, weil sie störten. Deshalb wusste jeder, wo die Maddinsdaler Gemack ããfengt: Am eersde Endpohl, wo en Stehkraache henggt (vgl. Stiggel). Am Martinsthaler Marktplatz befindet sich eine Bronzefigur, die den Stehkragenwinzer verewigt.

steibele

auch steibern s. sprieße.

Stellaasch

die, Pl. selten, allg. für Gestell; französisierend davon abgeleitet.

Stembel

der, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, 1. allg. für Holzklotz mit kurzem Stiel, der im Herbst zum Einmaischen der Trauben dient; vgl. Moschderkolbe; 2. abwertende Bezeichnung für stramme Frauenbeine. Geschwisder Stuhlstembel: entfernte Verwandte nicht näher definierten Grades.

sterjele

gesterjeld, kurze Vo­kale, erstes e betont, nicht allg. verstanden für steifbeinig und ungeschickt gehen; schrspr. störcheln, d.h. wie ein Storch gehen.

Sterzelpaad

der, kein Pl., kurze e, erstes betont, auch Hurepaad, war der Pfad, der unter Umgehung der Ortschaften und der Feldgemarkung meist am Waldrand durch den ganzen Rheingau führte. Er wurde benutzt von Landstörzern (Landstreichern), Vaganten (Vagabunden), Hübschlerinnen (Huren) und anderen Personen, die den Kontakt mit den diversen Obrigkeiten lieber mieden. Lat. vagare, mhd. sterzen: herumziehen; Lagenname: Im Sterzel.

Steube-oos

das, die Steube-eeser, eu betont, gew. für bösartiges Frauen­zimmer. Entspricht etwa dem allg. angewandten Gewidder-oos. Sprachlich hängt es mit Staupe: Schandpfahl und stäupen: öffentlich mit Ruten züchtigen zusammen; vgl. Oos.

Stibbelbrunzer

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, vulgär, unan­ständiges Schimpfwort für einen unge­schickten Menschen, das unterstel­lt, der Beschimpfte sei so dämlich, dass er seine Stiefel nässt; vielleicht auch so primitiv, dies absichtlich zu tun, wie es früher die Biersäufer in den Studentenkellern oder auf dem Okrtoberfest taten, um nicht aufstehen zu müssen.

Stich

der, Pl. gleich, i kurz, gew. für 1. Anstieg, Steigung, an­steigende Straße; 2. mit der Bedeutung ‚leicht verdorben’ bei Speisen, z.B. die Milch hot en Stich; 3. übertragen auf Personen du host en Stich: du spinnst.

Stichpeffer

der, kein Pl., kurze Vokale, i betont, allg. für ein Gericht zum Schlachtfest. Es ist ein Ragout aus Schweinefleisch in rotbrauner, stark gewürz­ter, mit dem Blut des Schlachttiers an­gerührter Soße. Die schrspr. Bezeichnung Schweinepfeffer ist im Rheingau nicht üblich. Wenn das Gericht mit einem Hasen zubereitet wird, heißt es allerdings Hasepeffer.

Stick

das, Pl. Stigger, i kurz und betont, allg. für 1. Weinfassgröße; e Stick oder e Stickfass hat 1200 Liter, e Halbstick 600, e Verdelstick 300. Beim Wein wird Stick nicht in den Plural gesetzt: Ein Fass mit 2400 Liter is e Dobbelstick, zwei Fässer à 1200 Liter sind zwaa Stick Woi, zwei Fässer à 600 Liter sind zwaa Halbstick usw.; die ideale Rheingauer Vesper is e Stick Brot, e Stick Worscht un e Stick Weĩ;

2. Stück Brot mit Belag oder Aufstrich:Budder-Stick, Lattwerch-Stick, Kees-Stick, Schellee-Stick, Worscht-Stick (s.d.). Meist neigt man im Rheingau allerdings zur Zusammenset­zung mit Brot, also Worschdebrot usw. Bei Brot wird der Plural benutzt: Zwaa Stigger Keesebrot usw.

3. Der Plural Stigger dientaber auch ansonsten zur ungefähren Mengenbezeichnung, und zwar immer vor dem Zahlwort: Wivvel Nejel host-de’n noch ibberich? Ei, so Stigger fuffzeh’.

Stickhusde

der, Pl. gleich, i kurz und betont, gew. für Keuchhusten, Husten mit Atemnot, Husten, bei dem Ersticken droht.

sticksich

Adj., kurze i, das erste betont, allg. für stickig, abgestanden, muffig von Ge­ruch.

stiekum

Adv., langes i betont, selten werdend für heimlich, still und leise. Über rotw. aus jidd. schtieke: ruhig.

Stielpännche

das, Pl. Stielpänncher, allg. für kleinen Stieltopf.

stifde geje

gange, i kurz und betont, gew. für verschwinden, abhauen; schrspr. stiften gehen.

Stifderabbeler

war ein Spottname für die Bewohner armer Nachbarorte; um Geld in der Tasche vorzutäuschen, rappelten sie mit Stifde (Nägeln). So wurden etwa die Erbacher von den Kiedrichern genannt. Auch die Schiersteiner trugen diesen Spitznamen; heute gibt es dort eine Gaststätte dieses Namens.

Stift

der, Pl. Stifde, kurzes i betont, 1. gew. für Lehrling; 2. allg. für Nagel. Stifdekopp ist einer mit kurz ge­schnittenem Haar.

stigge

gestickt, kurze Vokale, i betont, allg. für stecken; 1. der früher im Weinberg üblichen Pfähle, von denen an jeder Rebe einer stand. Sie lockerten sich im Winter und mussten im Frühjahr, meist nach dem Rebschnitt, wieder festgesteckt werden. Der Ruf des Buchfinks wurde in diesem Zusammenhang übersetzt mit stigge geh, wenn es an der Zeit war;

2. der Steine, die den Unterbau der frühen mit Asphalt bzw. Teer befestigten Straßen bildeten. Sie wurden mit Hämmern fest ineinander verkeilt.

Stiggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Weinbergspfahl bei der heute üblichen Drahtrahmenerziehung. Die Pfähle, die früher einzeln an jeder Rebe standen, heißen, wie andere Pfähle auch, Pohl, Pl. Pehl (s.d.). De Endpohl oder Endstiggel schließt die Rebzeile ab und ist zum Ausgleich der Spannung des Drahtrahmens mit einem schräg verlaufenden Angger tief im Boden befestigt. Stiggel werden aus entrindeten Nadelholzstämmchen passenden Durchmessers gefertigt, inzwischen aber auch aus verzinktem Metall.

Stiggelche

das, Pl. Stiggelcher, kurze Vokale, i betont, allg. für meist mündlich überlieferte und nur selten aufgezeichnete, überwiegend heitere Begebenheiten, Ve-zehlcher; schrspr. Stückchen.

Stiggelläng

die, Pl. Stiggellänge, kurze Vokale, i betont, allg. für den Abstand zwischen zwei Weinbergspfählen bei der Drahtrahmenerziehung. Wird als Maßeinheit für Arbeit benutzt: Komm, mer mache noch drei Stiggellänge, bevor mer haamgeje; auch Blocklänge.

Stigger

s. Stick.

Stilbche

das, Pl. Stilbcher, i kurz und betont, allg. für kleines rundes schwarzes Käppchen für Kahlköpfige, ähnlich der jüdischen Kipa, wurde in der Kirche getragen, als es noch Sitte war, dort immer den Kopf zu bedecken. Zusammenhang mit (über-) stülpen.

Stimmel

der, Pl. gleich, allg. für Stummel, insbesondere Kurzzeilen im Weinberg, wie sie sich ergeben, wenn die Grundstücke nicht ganz rechteckig sind; vgl. Spittel.

Stinggert

der, Pl. Stinggerde, i kurz und betont, gew. für schlecht riechende Menschen oder Dinge, z.B. Käse oder Darm­wind. Eigen­tümlich die Bildung der Endung,vgl. Aaschert, Bauchert, Kobbert. Vulgärer Spott und Schimpf für menschliche Stinggerde: Du stinggst aus-em Maul wie e Kuh aus-em Aasch oder du stinggst aus-em Hals wie e Puddelkaut oder wie en Zigeuner aus-em Hoselatz, auch du stinggst wie en nasse Fuchs oder du stinggst wie en Widdub: Wiedehopf, dessen Weibchen und Nestlinge bei Gefahr ein übelriechendes Sekret aus der Bürzeldrüse absondern.

Stinkparre

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, gew. für Baum- bzw. Beerenwanze.

Stitz

die, Pl. Stitze, i kurz und betont, allg. für besonders geformtes Gefäß von ca. 10 Litern Inhalt, das bei Abfüll- und anderen Arbeiten im Keller Verwen­dung findet. Schrspr. Stütze, mhd. stutze: Gefäß aus Holzdauben, mit Reifen gehalten, in Form eines angestutzten Kegels. Die Form, heute geschweift, und das Material haben sich gewandelt: über Kupfer und Aluminium zu Kunststoff.

Stobbe

der, Pl. gleich, o kurz und be­tont, allg. für Fla­schenkorken. Das Wort ist am Rhein von Krefeld bis Mainz zu finden, in der Breite von Trier und Saarbrücken bis Fulda. In der Pfalz Korkstöpsel, das würde aber hier ebenso importiert wirken wie die modernen Glasstöpsel. Ausgangswort ist lat. stuppare: mit Werg ver­stopfen. Klaaner Stobbe ist freund­liches Spottwort für kleinen Mann oder Bub; vgl. Stebbche.

stobbele

gestobbelt, kurze Vokale, o betont, allg. für ‚bei der Weinernte übrig gelassene Trauben zusammen lesen’; übertragen in der Form sammestobbele auch für das Vereinen irgendwelcher und nicht unbedingt zusammenpassender Reste. Schrspr. Ursprung ist das Zusammenlesen von Ähren auf dem Stoppelfeld; lat. stipula: Halm, Stroh.

stoche

gestocht, kurzes o, allg. für stochern, schüren, Feuer anheizen. Zugehöriges Werkzeug ist das Stocher-eise.

Stoffel

der, kurze Vokale, o betont, allg. für grober, unhöflicher Mensch; Kurzform von Christoffel. Es gibt die Vermutung, die Bedeutung komme daher, dass der Hl. Christophorus ein großer, starker Mann gewesen sei.

Stolzforz

der, Pl. selten, kurze o, erstes betont, Schimpfwort für hochnäsigen Menschen.

Storze

der, Pl. gleich, o kurz und betont, allg. für 1. kurzes, gedrungenes Stück, en Storze Worscht; 2. kleiner Kerl, kleiner Junge. Auch klaaner Storze kommt vor und ist einer der Rheingauer Pleonas­men. Weiterbildung aus Storren: Baumstumpf; schrspr. Stotz in gleicher Be­deutung, vgl. Knoorze.

stratze

gestratzt, gew. für (verunreinigend) bespritzen, eigentlich das Absetzen von Urinmarken bei Tieren, übertragen auf das Urinieren von Menschen, vor allem Männern; ital. stracciare: zerreißen, beschmutzen.

Straußwertschaft

s. Heggewertschaft.

stremme

gestremmt, auch stramme, Stammvokal kurz, allg. für stauen, anstauen, würgen, beengendes Gefühl verursachen. De Kraache stremmt: der Kragen ist zu eng.

strenze

gestrenzt, kurze e, erstes betont, allg. für stehlen im Sinne harmlo­sen Mundraubs, besonders von Obst. Bayerisch stenzen im gleichen Sinn; schrspr. striezen.

stribse

gestribst, i kurz und betont, allg. für stehlen, unauffällig an sich bringen. Wenn man im Vorbeigehen wie zufällig etwas abstreift, dann ist der Tatbestand stribse gegeben; des­halb steht das Wort in Beziehung zu streifen, mittelniederdt. stripen. Eine Frau, die im Vorbeigehen unauffällig etwas an sich zu bringen pflegt, heißt vulgär Strips­bix.

Strooseknecht

der, Pl. Strooseknechde, o lang und betont, altertümli­cher Ausdruck für Straßenbauarbeiter.

strubbelich

Adj., kurze Vokale, a betont, allg. für struppig. Die „Putzfrauen“ Babbich und Strubbelich waren bekannte Figuren der Meenzer Fassenacht in den 1960er Jahren.

Strubbes

der, Pl. Strubbese, kurze Vokale, u be­tont, scherzhaft für die (potentiellen) Träger einer Frisur, die sich durch widerspenstige, struppige Haare auszeichnet; von sträuben.

Strumpbennel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, gew. für Strumpfband; vgl. Bennel.

Strumpwei

der, Pl. gleich, u kurz und betont, ei nach oi gefärbt und durch ungesprochenes n nas., gew. für einen sauren Wein, der wo die Lecher in de Strimb sammezieht.

strunze

gestrunzt, u kurz und betont, allg. für prahlen, anderen zu im­ponieren suchen, indem man Besitz, Machtbefugnisse, Karrieredinge so oft wie möglichdemonstriert. Substantive: de Strunzer und die Strunzem; Schimpfwort: Strunzbichs. Dazu der Ausspruch Mir strunze nit, mir hon: Wir haben, deshalb brauchen wir nicht anzugeben; vgl kreckse.

Stück, Stückfass

s. Stick.

stumbe

gestumpt, u kurz und betont, allg. für stoßen; Substantiv: Stumbert. In Prozessen kann auf die Frage des Richters, ob es zutreffe, dass derAngeklagte den offensichtlich schwer verletzten Zeugen zusammen­geschlagen habe, die Antwort folgen: N ãã, Herr Richter, ich hab en nor e bissje gestumpt. Man kann auch alkoholische Getränke enei oder enunner stumbe, wenn es ganz schnell geschieht. Uffstumbe: etwas oder jemanden auf einer festen Unterlage aufstoßen; vgl. Uffgestumbde. Druffstumbe: jemanden gegen etwas stoßen, übertragen auch ‚mit der Nase auf etwas stoßen’.

Stumbe

der, Pl. gleich, allg. für 1. einfachste Zigarrenart; 2. Stummel, insbesondere in der Zusammensetzung Zigarrn-stumbe, Zigareddestumbe; 3. kleiner Knirps, vgl. Uffgestumbte.

Stuss

der, ohne Pl., u kurz, allg. für Spaß, Unsinn, Quatsch. Späthebr. se-tuth, jid­d. stuss. Seit Mitte des 18. Jh. mdal. im West-, Nie­der- und Mitteldeutschen, besonders rheinfränkisch.

Subbe-Kumbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, gew. für Suppenschüssel; vgl. Kumbe.

Summergehannsdaach

der, auch Summerhannes, kein Pl., kurze Vokale, u betont, nur letztes a gelängt, allg. für Johannistag, 24. Juni (Jo­hannes der Täufer). E Hitz wie am Summergehannsdaach. Die Bezeich­nung erklärt sich daraus, dass es auch im Winter einen Johannistag gibt: Jo­hann Evangelist am 27. Dezember und daher Winderhannes; vgl. Schambes.

Sunn

die, hier ohne Pl., u kurz, in Verbin­dungen wie dumm Sunn als Schimpfwort gebraucht; schrspr. Sonne. Als Tagesgestirn gibt’s die auch im Pl., manchmal stehen bei Sommerhitze sibbe Sunne am Himmel. Zum Sprachtraining geeignet: Schãã, die Sunn scheint schun schee: Hans, die Sonne scheint schon schön; vgl. Frankedaler Sunn, Klara, Lisbeth.

Sunneblumm

die, Pl. Sunneblumme, kurze Vokale, erstes u betont, harmlose Beschimpfung; schrspr. Sonnenblume.

susselich

Adj., kurze Vokale, u betont, allg. für süßlich, aber arm an Aroma.

Zum Seitenanfang

T

Tabbernaggel

der, Pl. gleich, kurze Vo­kale, zweites a betont, gew. Bildwort für Kopf. Ich haa der uff de Tabbernaggel; lat. tabernaculum: Zelt.

Talarwanz

die, Pl. Talarwanse, zweites a gelängt und betont, auch Sudanewanz, gew. für Frömmlerin, Bet­schwester, die dem Pfarrer am Talar oder an der Soutane hängt.

Tande

die, Pl. gleich, kurzes a leicht nach o gefärbt und betont, neben der schrspr. Verwendung eine Redensart zur Verspottung einer eingebildeten Person: Die duht jo grad, wie wann em Kaiser sei Katz ihr Tande weer.

Terdche

das, Pl. Terdcher, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Unfug; in dem Ausdruck e Terdche rolle: ein feuchtfröhliches oder leichtfertiges Unternehmen durch­führen; vgl. Tutt. Beim Fußball: lange herumdribbeln. Mach kaa Terdcher, gebb ab! Das Wort ist Verkleinerungsform von Tort in der Bedeutung Unrecht oder Verdruss; lat. torquere: drehen, frz. tort: Schmerz, Schaber­nack.

Tinnef

der, kein Pl., kurze Vokale, i betont, allg. für Schund, Dreck, wertloses Zeug; jidd. tinef: Unrat, Dreck.

toddele

getoddelt, kurze Vokale, o betont, gew. für stottern. Substantiv: Toddeler.

Tohuwabohu

das, kein Pl., beide o betont, allg. für Wirrsal, Durcheinander; im ersten Buch Mose, Kapitel 1, Vers 2 die Beschreibung des Zustands der Erde vor dem ordnenden Eingreifen Gottes, von Luther übersetzt mit ‚wüst und leer’.

tooge

getookt, gew. für suchend tasten, fingern.

Took

die, Pl. Tooge, gew. für nicht sehr rege Frau mit zwei linken Händen.

traatsche

getraatscht, auch tralaatsche, langes a betont, gew. für klatschen, schlechtmachen. Substantiv sowohl für den Klatsch als auch für die Klatschbase: Traatsch.

Trabande

die, nur Pl., kurze Vokale, zweites a betont, allg. für leb­hafte Kinderschar; schrspr. Trabanten.

Trajekt

das, hier kein Pl., Fährschiff für Eisenbahnzüge, verkehrte bis zum Bau der Hindenburgbrücke zwischen dem preußischen Rüdesheim und dem preußischen Bahnhof Bingerbrück; auf der Rüdesheimer Seite bis vor Kurzem noch erkennbar an der Rampe, die zwischen Rüdesheim und Assmannshausen gegenüber der Nahemündung vom Bahndamm zur B 42 führte. Über die weitere Rampe, die an dieser Stelle zum Rhein führt, konnten die Waggons auf die Fähre rollen. Da das Trajekt die Fährgerechtigkeit für die Zwerchfahrten zwischen Rüdesheim und Bingen inne hatte, der Landepunkt auf der rechten Rheinseite aber fußläufig nur schwer erreichbar war, wurde zusätzlich das Trajektboodche eingerichtet, das die Querungswilligen von Rüdesheim aus nach Bingen beförderte; heute noch als Binger Schiffche unterwegs.

Trambel

das, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, gew. für schwerfällige, ungeschickte, ungebildete Person.

Tranfunsel

die, Pl. Tranfunsele, gew. für energielose, dümmliche Person. Tranfunzeln waren schlecht brennende Talglichter.

Traubedrigger

der, kein Pl., au betont, sonst kurze Vokale, allg. für Herbstne­bel, der die Trauben drückt, weich macht.

trendele

getrendelt, kurze e, erstes betont, allg. für trödeln.

tribbeliern

tribbeliert, kurze Vokale, i der letzten Silbe ist lang und betont, allg. für drängeln, zur Eile antrei­ben; frz. tribulation: Missgeschick, Drangsal.

trobsele

getrobseld, kurze Vokale, o betont, allg. für tröpfeln, tropfen.

Troddewaa

das, Pl. Troddewaas, o kurz und betont, a lang, allg. für Bürgersteig; frz. trottoir.

Troddewaakant

die, Pl. Troddewaakande, o betont, allg. für Bordstein, Rand­stein des Trot­toirs.

Troddewaaschwalb

die, Pl. Troddewaaschwalbe, gew. für Prostituierte; vgl. Waggel.

Trub

der, kein Pl., u gelängt, allg. für Heferückstand, der sich nach der Gärung unten in Fass absetzt und beim Absteche (s.d.) als letztes übrig bleibt. Wenn etwas zu Ende geht, leeft’s uff­em Trub.

Trulla

die, kein Pl., kurze Vokale, u betont, gew. für leichte, oberflächliche, auch unordentliche oder schlampige Person; mhd. trulle: Dirne.

Trummseh

die, Pl. Trummseje, kurzes u betont, auch Walddeibel, allg. für ein mächtiges, langes, grob gezahntes Sägeblatt ohne Spannbügel, nur mit einem Griff an jedem Ende, mit dem zwei starke Männer einen Baum absägen und anschließend aus so einem Trumm Boord (s.d.) schneiden konnten.

Tubback

der, ohne Pl., kurze Vokale, u betont, gew. für 1. Tabak; 2. Strafe, Schelte, Schläge. Wann de haam kimmst, kriehsde dein Tubback; Sein Vadder hot-en vertubbackt.

Tusnelda

die, kein Pl., leicht abwertend für Frau. Thusnelda war die Gattin des Arminius, auch Hermann der Cherusker genannt.

Tutt

die, Pl. Tudde, kurzes u, gew. für 1. Tüte; 2. Nase, Kubbertutt: rote Nase; 3. Zechgelage; e Tutt rolle: ein Zechgelage veranstalten. Tüte, die schrspr. Entsprechung von Tutt, geht von Nord­deutschland aus und bedeutet Hornförmiges, ostfälisch toute, das als ur­sprünglich lautmalendes Wort der Kin­dersprache eine Papierrolle zum Blasen bezeichnet. Von dieser Urbedeutung ist verständlich, dass Tutt bei uns auch die Bedeutung Nase haben kann.

Tuur

die, kein Pl., allg. für Launen, Anfall. Die hot werre ihr Tuur; frz. tour: Umdrehung, Wen­dung.

Zum Seitenanfang

U

übber-

und alle Zusammensetzungen s. ibber-.

Udschebebbes

der, Pl. gleich, kurze Vokale, u betont, wegen ihrer Umhänge auch Bedduch-Indianer oder Kulde-Biddel, gew. Bezeichnung für die Spahis, Soldaten nordafrikanischer Herkunft während der Zeit der französischen Besatzung nach den beiden Weltkriegen. Zuckmayer schreibt im Fröhlichen Weinberg Hutschebebbes. Zur Erklärung wird vermu­tet, die Garnisonen Oudjidda und Sidi bel Abbes könnten über missverstandenes Hören und Entstellung in der Wiedergabe Udschebebbes gebildet haben. Eine derbere Version setzt die Bezeichnung in Zusammenhang mit dem Umstand, dass die muslimischen Berber beschnitten waren, was am Bibbes utscht. Das konnten am ehesten die Rheingauer Bebbcher wissen (vgl. Bobb), wenn sie Fissemadende (s.d.) gemacht hatten. – Die französische Besatzung, die sich nach dem ersten Weltkrieg bis in den Rheingau erstreckte, war denkbar unbeliebt, die fremdartigen Nordafrikaner um so eher. So konnte es kommen, dass am Rheinufer in Bingen an einem Mast „Fahrkartenverkauf Rüdesheim-Assmannshausen“ (wohl Bingen-Rüdesheimer) eine Strohpuppe aufgehängt war mit Negermaske, Zigarette im Mundwinkel, Fes auf dem Kopf, französischem Uniformmantel, französischem Helm in der Hand, Gewehrimitation über der Schulter, Soldatenstiefeln an den Füßen und einem Schild über dem Bauch mit dem Text: „Der letzte Utscheböbbes, oder la Grande Nation“ wovon eine alte Bildpostkarte Zeugnis gibt. Heute wird der Gebrauch auf alle Farbigen ausgedehnt, so wie ugs. Kanaken (womit sich die Eingeborenen der Sandwich-Inseln selbt bezeichnen und was in der Sprache dieser Südsee-Insulaner ‚Menschen’ bedeutet), oder wie es in der DDR üblich war, alle als Fidschis zu bezeichnen.

uff

allg. für auf.

uff ããmo

allg. für auf einmal, insbes. in dem Spruch En faule Esel treet sich uff ããmo dood, wenn jemand sich viele Sachen aufpackt, um nicht zweimal gehen zu müssen.

uff sein

allg. für 1. aufgestanden sein (schon uff); 2. noch nicht zu Bett gegangen sein (noch uff); 3. geöffnet sein (Laden).

uffbasse

s. bass uff.

uffen

e uffen Deer entspricht eme abbene Knopp oder eme ausene Aache. Die Präpositionen ab, aus, auf und zu werden als Adjektive behandelt und dekliniert.

uff-fiehrn

uffgefiehrt, reflexiv gebraucht für sich benehmen (meist schlecht), auch verhüllend für ‚einen fahren lassen’; schspr. aufführen.

Uffgestumbde

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, für kleiner, untersetzter Mann; schrspr. Zusammengestauchter, vgl. stumbe.

uffhabbe

uffgehabt, kurze Vokale, u betont, allg. für 1. geöffnet haben (Laden); 2. aufgesetzt haben (Hut); 3. Aufgabe bekommen haben (Schule); 4. in dem Audruck Miehl-uff habbe (übertragen aus dem Mühlespiel): gute Erfolgschancen haben.

uffheern

reflexiv gebraucht in dem Ausdruck Do heert sich der doch alles uff: Das ist doch wirklich unerhört.

uffleie

uffgeleje, u kurz und betont, ge­w. in dem Ausdruck Des leit mer uff: Das mache ich nicht, das liegt mir fern zu tun.

uffribbele

uffgeribbelt, kurze Vokale, u betont, allg. für 1. auflockern des Tresterkuchens met de Ribbelmiehl, bei den alten Weinpressen zur Vorbereitung eines weiteren Pressgangs nötig, bei den modernen Keltern geht das automatisch; 2. aufziehen von Stricksachen, um die Wolle nach Wässern und Glätten erneut verwenden zu können, wie es in kargen Zeiten oft nötig war.

Uffschnitt

ist die Antwort auf die Frage nach einem Dutzend einheimischer Wurstsorten mit U.

uffsteie

uffgestieje, u betont, allg. für 1. aufstehen, vom Bett erheben. Sprüche dazu: Der steht ’s ganz Jah gern uff, nor morjnds nit undWer lang schleeft, helt’s Bett warm, wer frieh uffsteit, frisst sich arm; 2. an­spruchsvoll auftreten, mehr scheinen wollen, als man ist. Die steit uff wie e Greefin: die gibt sich, als wäre sie adlig. Wammer aam uffs Dach steit, dann sagt man ihm kräftig die Meinung.

Uffziehlumbe

der, Pl. gleich, u be­tont, gew. für: Putzlappen, Auf­nehmer.

uffzieje

uffgezo-e, u kurz und betont, i bzw. o ge­längt, gew. für 1. nass aufwischen, 2. jemanden veräppeln, 3. spöttisch für auftreten; vgl. Mannemer Wach.

Uhre

langes u betont, bei Zeitangaben gew. für un­gefähre Uhrzeit. Kennzeichnend ist, dass das Zahlwort nach dem Begriff kommt. Um Uhre sibbe: so gegen sieben Uhr.

uijuijui

s. eijeijei.

Ule

der, Pl. gleich, u gelängt und betont, harmlos-tadelnde Bezeichnung für einen, der gerade mal im Irrtum oder sonst mental nicht ganz fit ist. Hängt vermutlich mit Eule bzw. Eulenspiegel zusammen.

um

adv., kurzes u, allg. in den Ausdrücken um mache, um gehe: Bankrott gehen, beim Kartenspiel verlieren.

umgugge

umgeguckt, kurze Vokale, erstes u betont, allg. für wundern; Du werst dich noch umgugge, wann de erst-emo veheirat bist.

um-moddele

umgemoddelt, kurze Vokale, u betont, allg. für ändern von Gegenständen oder Plänen.

ums merge

kurze Vokale, erstes e betont, allg. für beinahe; schrspr. ‚fast hätte man’s merken können’.

un-do

ist der Anschluss für den nächsten Satz bei Erzählungen, ersetzt und, bzw. und dann.

ungeneißig

Adj., u kurz und be­tont, nicht mehr allg. verstanden für ungenügsam. Zugrunde liegt die alte Bedeutung von genießen: nehmen, gebrauchen, die sich bei den Juristen im Nießbrauch und an der Börse in den Genussrechten noch findet.

Unmuuß

die, kein Pl., erstes u kurz und betont, gew. für: Unruhe; schrspr. ohne Muße.

unne-naus, unne-raus

unten hinaus bzw. heraus.

unnerschd-dribberschd

Adj., auch unnerschd-de-obberschd, kurze Vokale, i betont, allg. für unordentlich, kopfüber, das Unterste zuoberst.

unschierig

Adjektiv, u kurz und betont, allg. für sperrig, unhand­lich, widerständig.

unser, unsern, unsersch

besitzanzeigende Fürwörter: unser Meedche, unsern Bub, unser Kinner; des Karrnche do is unsersch; vgl. eier. Wenn eine(r) einen Sohn, einen Enkel und dieser einen Roller hat, und der Nachbar fragt: Wem is dann der Roller do?, dann lautet die Antwort: Des is unserm sei’m seiner.

Ures

der, Pl. Urese, u gelängt und betont, nicht mehr allg. verstanden für 1. unangenehmer Mensch; 2. Ab­scheu, Ekel. Er hot sich an dem viele Fett de Ures gesse: er hat so viel Fett gegessen, dass er nun einen Abscheu davor hat; mhd. urez. Adjektiv: ur-eesig.

Ur-rumbel

der, Pl. gleich, erstes u gelängt und betont, gew. für grober, ungeschlach­ter Mensch, mitunter originell und nicht ohne Mut­terwitz. Ur-rumbels Heine oder Ur-rumbels Nannche sind ironische Bezeichnungen auch zum Anonymisieren von Personen in Anekdoten.

Uwing

die, kein Pl., u gelängt und betont, allg. für Umtrieb, Durcheinander, Het­zerei. Mach kaan Uwing: mach' keine Umstände, zum Beispiel bei ei­ner Einladung zum Essen. Ahd. uobunga: Tätigkeit.

Uwweraasch

die, kein Pl., u kurz und betont, a lang, allg. für Um­stand, Umstände, unübersichtliche Ar­beit. Was e Uwweraasch ist häufiger Ausruf angesichts einer Aufgabe, die viel Aufräumerei voraussetzt. Fr­z. ouvrage: Arbeit, Werk, Aufgabe; vgl. Amberaasch.

uze

ge-uzt, u gelängt und betont, allg. für necken, foppen, veräppeln. Spott für eine magersüchtigen Person: Die is so derr, dess-se die Werm im Grab noch uzt. Möglicherweise von hebr. ’uz: bedrängen. Aber die Würmer werden nicht nur ge-uzt: Wenn eine hinfällige Person am Friedhof vorbei geht, dann binne sich die Werm schunt die Serviedde um.

Zum Seitenanfang

V

Vadder

der, Pl. Vaddern oder Vaddere, auch wieder kein Dialektwort, aber in Redewendungen wichtig, z.B. wenn jemand störend im Blickfeld steht:War dein Vadder Glaser?: Du glaubst wohl, du wärst durchsichtig; oder als Kommentar für stark Geschminkte, also wann ãã mem Gesicht ins Fabbdibbe gefalle is: Dere ihrn Vadder war bestimmt Dincher.

Vadderstick

das, Pl. Vadderstigger, kurze Vokale, a betont, kellerfachlich für Gewinde aus Messing zur Verbindung von Weinschläuchen. Heute nicht mehr gebräuchlich, weil ähnlich wie bei Feuerwehrschläuchen Bajonettverschlüsse benutzt werden; vgl. Mudderstick, Schabbel.

ve-bellern (verbellern)

ve-bellert, kurze e, zweites betont, gew. für verletzen, wehtun. Ich hab mer’s Knie vebel­lert: ich habe einen sicht- und spür­baren Schaden am Knie erlitten.

ve-blotsche (verblotsche)

ve-blotscht, o kurz und betont, gew. für 1. verhauen, 2. verletzen: ich hab mer’s Knie veblotscht; vgl. blotsche.

ve-butze (verbutze)

ve-butzt, kurze Vokale, u betont, gew. für 1. aufessen. Mer habbe de ganze Kuche vebutzt; 2. negativ und ohne Perfekt für ausstehen, leiden: Den kann ich gar nit vebutze.

ve-derrn (verderrn)

ve-derrt, kurze e, zweites betont, allg. für verdorren, vertrocknen. Berühmter Spruch: Gieß dein Kaggdus, sunscht ve-derrd-er-der.

ve-drigge (verdrigge)

ve-drickt, i kurz und betont, gew. für aufessen, stark essen.

ve-druddele (verdruddele)

ve-druddelt, kurze Vokale, u betont, allg. für verkleckern.

ve-falle (verfalle)

Part. Perf. gleich, kurze Vokale, a betont, in der Rheinschiffahrt der Ausdruck für eine hochgefährliche Situation bei der Bergfahrt. Wenn auf die langen Frachtschiffe oder die noch längeren Schubverbände bei einer Flussbiegung, aufgrund einer technischen Störung oder eines Fahrfehlers bei einem Richtungswechsel die Strömung von schräg vorne auftrifft, kann es passieren, dass sie das Schiff seitwärts dreht, so dass es abtreibt und am Ufer, einer Sandbank oder am nächsten Felsen havariert. Zur Vermeidung dieser Gefahr werden nach wie vor Vorspannboote eingesetzt, die ansonsten wegen der fortschreitenden Flussregulierung und der stärkeren Schiffsmotoren nicht mehr nötig wären.

ve-hobbasse (verhobbasse)

ve-hobbasst, kurze Vokale, o betont, allg. für irren, sich vertun, etwas verpfuschen.

ve-jugge(le) (verjuggele)

ve-jugg(el)t, kurze Vokale, u betont, allg. für verjubeln, verprassen.

ve-kassemaduggele (verkassemaduggele)

ve-kassemaduggelt, kurze Vokale, u be­tont, gew. für 1. verzehren, kon­sumieren, auch verstecken. Die Bedeutung verstec­ken könnte mit frz. casemate: Bunker in Zusammenhang ste­hen. 2. erklären; Ich hab em die ganz Sach noch­-emoo vekassemaduggelt. 3. derb für ’ein Mädchen vernaschen’.

ve-kliggern (verkliggern)

ve-kliggert, i kurz und betont, gew. für genau erklären, aus­führlich besprechen, rücksichtslos die Meinung sagen. Dem hab ich’s vekliggert. Ursprünglicher Sinn: et­was rund machen.

ve-kordele (verkordele)

ve-kordelt, allg. für verdrehen, verwirren; vgl. Kordel.

ve-krumbele (verkrumbele)

ve-krumbelt, kurze Vokale, u be­tont, allg. für zerknittern, verär­gern. De Anzug is vekrumbelt: der Anzug ist zerknittert; die Tande is vekrumbelt: die Tante ist verärgert; vgl. Krumbel.

ve-lechene (verlechene)

ve-lechent, kurze e, zweites betont, allg. für austrocknen, insbesondere von Holz, das dann schrumpft. So z.B. der Stiel vom Kaarscht (s.d.), die Sprossen der Holzleiter oder die Speichen des Karrenrads, die dann wackeln, oder die Dauben der Fässer, die daraufhin undicht werden. Die Sachen müssen dann gut befeuchtet werden, um die Brauchbarkeit wieder herzustellen. Nicht anders beim Menschen: Ich sein-der jo so velechent, dess mer ball die Raaf abfalle! (Vergleich mit den Fassreifen); verwandt mit lechzen und leck.

ve-lehne (verlehne)

ve-lehnt, allg. für verleihen. Vgl. lehne.

ver-

als Vorsilbe wird meist wie ve- mit stimmlosem e gesprochen, daher hier auch als ve- geschrieben. Die Stichwörter sind aber so sortiert, wie es ver- entspräche.

verbumbe

verbumbt, u kurz und betont, gew. für verhauen.

verbummbeidele

verbummbeidelt, auch ve-bumfiddele, ve-dummbeidele, u kurz und betont, gew. für verschlam­pen, verlieren durch Nachlässigkeit, vergessen, versehentlich unter­lassen, falsch machen.

Verdel

das, Pl. gleich, kurze e, erstes betont, allg. für 1. Stadt­teil, entsprechend dem frz. quartier. Der Begriff Viertel für Stadtbezirk ist eine sehr alte volkstümliche Bezeich­nung. 2. Viertelschoppen (Ach­telliter). In dieser Bedeutung auch Verdelche, Piffche (s.d.), heutzutage üblicher­weise nur 0,1 l statt 0,125.

verdepansiere

verdepansiert, i lang und betont, nicht allg., in dem Ausdruck es Geerschdche (s.d.) ver­depansiere: sein Vermögen durchbringen; frz. dépense: (unnötige) Ausgabe.

Vereck

der, kein Pl., kurze e, erstes kaum zu hören, vulgär für Erkältung, Grippe, Krankheit; Synonym für Laad und Kränk (s.d.); verkürzt aus verrecken.

Ve-reckling (Verreckling)

der, Pl. gleich, auch Ve-regger, kurze Vokale, gew. für kleiner Fisch, übertragen auch hinfälliger Mensch. Wird auch als Schimpfwort gebraucht. Natürlich liegt verrecken zugrunde.

ver-esele

ver-eselt, zweites e gelängt, allg. für grau werden bei Wetterverschlechterung.

Vergang,

der, kurze Vokale, a betont, in dem Ausdruck „des hot kaan Vergang“ allg. für Abnutzung, Verschleiß; es hält also lange.

ve-ribbele (verribbele)

ve-ribbelt, i kurz und betont, allg. für zerreiben, Ribbele machen. Vgl. Penningsribbeler, Ribbel­kuche.

ve-robbe (verrobbe)

ve-roppt, kurze Vokale, o betont, allg. für zerreißen, zerrupfen.

ve-rolle (verrolle)

s. Kutt.

ve-schammeriern (verschammeriern)

ve-schammeriert, i lang und betont, allg. für beschädigen, verunstalten. Ich hab mer’s Gesicht veschamme­riert: ich habe mir das Gesicht durch Kratzer oder Bluterguss verun­staltet. Frz. chamarrer: verbrämen, ausstaffieren scheint hier in ironischer Bedeutungsumkehrung zu wirken.

ve-schisse (verschisse)

nur Part. Perf., kurze Vokale, i betont, gew, für ’unten durch sein’: Der hot bei mir veschisse bis in die Staazeit.

ve-schlabbern (verschlabbern)

ve-schlabbert, a kurz und betont, allg. für verschütten, überschwappen. Dazu das geflügelte Wort: Guden Abbedid, nix veschlabbert un nix veschitt; vgl. Schlabber.

ve-schmeiße (verschmeiße)

ve-schmisse, ei bzw. i be­tont, gew. für verletzen, verhauen, weh­tun durch Schlag oder Fall. Bedeutung ähnlich wie vebellern, veblotsche und ve­schammeriern (s.d.). Auch für Fehlge­burt beim Vieh: Die Kuh hot veschmisse.

ve-schnuddele (verschnuddele)

ve-schnuddelt, u kurz und betont, gewöhnlich für beflecken, ver­schütten, aber auch ‚durch undeutli­ches Reden unverständlich machen’. Des hot er veschnuddelt.

ve-schnuggele (verschnuggele)

ve-schnuggelt, u kurz und betont, allg. für: Geld für Süßwaren ausgeben. Er hot uff de Kerb sei ganz Geld veschnuggelt. Als Adj. bedeutet veschnuggelt: Auf Süßigkeiten versessen; vgl. schnuggele.

ve-soffe Loch (versoffe Loch)

das, Pl. selten, derb für Säufer(in). Ambivalent ist der Satz Der is versoffe, das kann auch ‚ertrunken’ bedeuten.

Ve-steggelches (Versteggelches)

ohne Genus und Numerus, kurze e, das zweite betont, allg. für das Spiel Ver­stecken.

ve-steggele (versteggele)

ve-steggelt, kurze e, das zweite betont, allg. für verstecken, Versteck spielen. Vulgär-blasphemisch für beerdigen: Mer habbe de ald Heine vesteggeld.

ve-strigge (verstrigge)

ve-strickt, i kurz und betont, gew. für ersticken.

ve-wichse (verwichse)

ve-wichst, kurze Vokale, i betont, gew. für 1. verhauen, verprügeln; 2. ’sein Geld unkontrolliert verschwenden’.

ve-worschdele (verworschdele)

ve-worschdelt, kurze Vokale, o betont, allg. für verwech­seln, durcheinander bringen, verwir­ren. Das Wort gehört zu Wurst. Wursteln bedeutet ur­sprünglich: die verschiedenen Fleisch­stücke vermengen und zu Wurst ma­chen.

ve-wuschele (verwuschele)

ve-wuschelt, kurze Vokale, u be­tont, allg. für Haare zerwühlen.

Ve-zehlche (Verzehlche)

das, Pl. Ve-zehlcher, kurze Vokale, zweites e lang und betont, allg. für meist mündlich überlieferte und nur selten aufgezeichnete, überwiegend heitere Begebenheiten, Stiggelcher.

ve-zingge (verzingge, verzinke)

ve-zinggt, i kurz und betont, gew. für schlechte Arbeit leisten, oberflächlich arbeiten, pfuschen, aber auch: etwas anstellen, etwas Unerlaub­tes tun. Viel­leicht besteht Beziehung zu rotw. zinken: Zeichen anbringen.

ve-zoddele (verzoddele)

ve-zoddelt, o kurz und be­tont, allg. für verlegen, etwas so ‚aufräumen’, dass es unauffindbar wird.

ve-zwazzele (verzwazzele)

ve-zwazzelt, kurze Vokale, a be­tont, allg. für verzweifeln, vergehen vor Angst, vor Erwartung, vor Ungeduld.

ve-zwerwele (verzwerwele)

ve-zwerwelt, kurze Vokale, zweites e betont, allg. für verdrehen, verzwirbeln; mhd. twerch: quer, schräg.

ve-zwibbele (verzwibbele)

ve-zwibbelt, kurze Vokale, i be­tont, gew. für zwiebeln, durchhauen.

Vohlsknebb

die, nur Pl., auch Vuhlsknebb, allg. für Vogelbeeren.

Voll-Eil

die, Pl. Voll-Eile, o kurz und betont, gew. für Betrunkenen, der sich diesem Zustand gewohnheits­mäßig hingibt. Bildwort: abgefüllter Nachtvogel.

vorãã

s. mache.

vordele

gevordelt, kurze Vokale, o betont, gew. für gut laufen, gut von der Hand gehen, flutschen. Das Substantiv Vorteil stand Pate für das Verb.

vorlaafe

vorgeloffe, o gelängt und betont, allg. für vorausgehen.

vorne-naus, vorne-raus

vorne hinaus bzw. heraus.

vun dene die nix koste

erstes e gedehnt und betont, geflügeltes Wort für Schläge (die nichts kosten).

Zum Seitenanfang

W

Waad-e-Weilche

s. Nixje.

waasche Kees

der, kein Pl., gew. für Quark; schrspr. Weichkäse.

Waaßbinner

der, Pl. gleich, allg. für Tüncher; schrspr. Weißbinder.

waaß-mer’s?

ist eine der prägnanten Formulierungen, mit denen Zweifel angemeldet werden. Mer waaß-es nit, mer munggelt’s nor und Die aane saan so un die annern so sind weitere.

Waggel

der, nur Singular, a kurz und be­tont, derb für Strich, Arbeitsplatz der Straßenprostituierten. Das sin die leichtgeschürzten Dämchen, die de Nabbel als Brosch traache. Die Dibbelschicks, die Ebbelhur, die Schosseeritsch un die Troddewaaschwalb gehn jeden Obend uff de Waggel, un de Troddewaalui nimmd-ene es Geld ab .

Wagges

der, Pl. Waggese, a kurz und betont, historischer Spitz­name der aus dem Wasgau bzw. den Vogesen stammen­den Mannschaften des Heeres zwi­schen 1872 und 1918. Die Elsässer Soldaten hörten den Namen nicht gern. Lat. vagus: Landfah­rer, zunächst wohl in rotwelschen Kreisen Straßburgs eine Schelte des Bummlers. Es ist klar, dass der Spottname in unserer Gegend nur so lange geläufig war, wie die Garnisonsstadt Mainz Soldaten aus dem Elsass beherbergte. In der Schweiz, in Baden-Württemberg, der Pfalz und dem Saarland ist das Wort heute noch der von den Betrof­fenen übel vermerkte Spitzname der Elsässer.

Wambe

der, Pl. gleich, a kurz, nach o gefärbt und betont, derb für Bauch, Wanst. Schrspr. Wamme.

Wammes

der, Pl. Wämmes, auch Wämmesje, a kurz, nach o gefärbt und betont, allg. für Strickjacke; schrspr. Wams. Dazu muss man wissen: Es wärmsde Jeggelche is e Konjeggelche. Wenn der Schnee in großen Flocken fällt, dann schneit’s Flogge wie Wammesärmel. Mhd. wambas: Rock unter dem Panzer.

wannern

gewannert, kurze Vokale, a betont, neben schrspr. wandern vor allem auch Umziehen in eine andere Wohnung.

wansele

gewanseld, kurze Vokale, a betont, allg. für wälzen: Kinder auf dem Boden, Krebbel in Zucker und Zimt.

Wasserfall

der, hier kein Pl., in dem Spruch die hot en ho-e Wasserfall, die kann eme Mann die Miehl antreibe derb-anerkennend für langbeinige Damen.

Wasserstãã

der, Pl. gleich, erstes a kurz und betont, langes a durch Wegfall des n nas., allg. für Abflussbecken in der Küche aus Sandstein oder anderem Steinmaterial, wie es früher allenthalben in Gebrauch war, heute nur noch vereinzelt und im Übrigen durch Edelstahlspülen ersetzt.

Wasserweck

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, allg. für die einfache Brötchensorte, die ohne Milch und andere Zutaten gegen den herzhaften Geschmack hergestellt wird. Der Wasserweck ist paarweise zusammen geba­cken, so dass sich das Gebilde in der Mitte, beim Zusammenstoß, ver­engt. Der Wasserweck figu­riert in der Dreiheit Weck, Worscht un Woi als der Inbegriff des Weck (s.d.) und ist quasi die Rheingauer Grundnahrung; vgl. Paarweck, Weck.

Watz

der, Pl. Wetz, kurzer Vokal, allg. für Eber, männliches Hausschwein; derb für dicker Mann. Das Wort stammt vom Wetzen der Hauer. Balgewatz: Spottwort für den Zimmermann, der mühelos Balken schleppen kann. Ich glaab du bist vum wilde Watz gebisse: Du bist nicht ganz gescheit. Der singt die Arie aus em Wilde Watz: der singt, ohne es zu können. Ferner: Der Eber uriniert beim Laufen und hinterlässt dementsprechend eine ungerade Spur. Wenn die Maurer sehr unsorgfältig waren, dann lief ihre Mauer so grad, wie de Watz pisst.

Weck

der, Pl. gleich, e kurz, allg. für Brötchen, kleines Weizengebäck; mit Wasser: Wasser­weck, darunter Spitzweck, Paarweck; mit Milch: Milchweck, Merwes, Hernche, Wiggelche, Roseweck. Mhd. wecke, ah­d. wecki: Keil, Weizenbrötchen. Weck, Worscht un Weĩ ist im Rheingau Grundnahrung. Die Dreiheit steht im Gegensatz zu der in religiösen Bräu­chen verankerten Zweiheit Brot und Wein, die allein den Alten als Labsal erschie­n, weil jede Zutat zum Weck vom Übel war. Das ent­spricht den Spendebräuchen bei Kirchenfesten, die immer aus Gebäck und Wein bestehen. Dasbeliebte Gebäck spielt auch eine Rolle in dem Vers: In Frankfurt in de Juddegass, do wohnt de Bäcker Beck. Der streckt de Leut sein Arsch eraus und seet, es wär en Weck, literarisch belegt in Carl Zuckmayers Fröhlichem Weinberg. Gemeint ist hier wohl das klassische Milchbrötchen, wegen der Furche in der Mitte.

Weck, Worscht un Wei

s. Weck.

Wedderverdaaler

der, Pl. gleich, sog. Fischerhut aus weichem Stoff mit allseits hängender Krempe; schrspr. Wetterverteiler

Weechsteier

die, kein Pl., e lang und betont, gew. für Gleichgewicht. Der hot die Weech­steier nit: der torkelt, meist, weil er stockbesoffe is. Weg und steu­ern liegen zugrunde; vgl. besoffe.

Weh-Weh

das, kein Pl., erstes e unbetont, auch Weh-Weh-che, Kindersprache für Wunde, Verletzung.

Weibsleit

s. Fraa.

weigrie

Adv., ei nach oi gefärbt, betont und durch weggefallenes n nas. (weingrün) ist der Zustand, in den neue Holzfässer früher gebracht wurden, um die Abgabe von Gerbsäure aus dem Holz an den Wein zu vermindern; das Gegenteil dessen also, was man heute mit dem Lagern im Barriquefass anstrebt. Zu dem Zweck wurden die neuen Fässer, besonders die aus gerbstoffreichem Eichenholz, erst mit kaltem Wasser ausgeschwenkt. Danach wurden etliche Liter kochend heißes Wasser eingefüllt und nach Verschließen des Spundlochs gründlich hin und her geschwenkt. Dann wurde der Spund kurz geöffnet, um den entstandenen Dampf herauszulassen, und wieder verschlossen. Die anschließende Abkühlung erzeugte Unterdruck im Fass, der auf das Holz Sog ausübte und damit Gerbstoffe abzog. Die entstandene Brühe ähnelte dünnem Schwarztee und hatte eben dessen stumpfen Geschmack von Gerbsäure, nur ohne Aroma. Sie wurde abgelassen und das Fass nach erneutem Ausschwenken mit kaltem Wasser für zwei bis drei Tage mit Wasser gefüllt. Nach dessen Entleerung diente das Fass zunächst zur Einlagerung von Bubbes (s.d.) und übte so auf den später in ihm gelagerten Wein kaum noch geschmacksverändernden Einfluss aus. Scherzhaft dient auch der erste Schluck beim Weingenuss dazu, Mund und Rachen weĩgrie zu machen.

weljern

geweljert, Stamm-e kurz und betont, gew. für die Tätig­keit des Auswalzens oder Ausrollens von Teig. Werkzeuge zum weljern sind Weljerholz und Weljerbrett. Auch reflexiv in der Bedeu­tung wälzen: sich weljern. Folglich is e Weljerkätt eine, die sich gern mit Männern herumtreibt. Ich sein-der wie dorchgeweljert: ich bin ganz zerschlagen.

wels

kurzes e, allg. für herausragend, auffällig, mordsmäßig. Der hot jo wels Geschischde vun seim Vadder vezehlt. Vom Genitiv des Wortes Welt abgeleitet.

Werfche

das, Pl. Werfcher, kurze e, erstes betont, gew. für Schnapsglas, aber auch dessen Inhalt. Mit gebb mer noch e Werf­che bestellt man ein Gläschen Schnaps; schrspr. Würfchen.

werre

kurze e, erstes betont, allg. für 1. gegen (hochdeutsch wider, im Rheingau auch widder). Er is werre die Wand gerennt. Aufruf zum Streit: Uff-se! Dewerre! 2. wieder (das allenfalls auch als widder erscheinen kann), meist mit Zusatz schunt werre: schon wieder. Die Unterscheidung zwischen wieder und wider entstand erst im 17. Jh.

Wersching

der, Pl. gleich, e kurz und betont, gew. für Kopf. Der Wirsing liefert das Bild.

Werzwisch

der, Pl. gleich, e kurz und betont, in katholischen Kreisen: Strauß aus allerlei Kräutern und Feldfrüchten zur Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt (15. August), die noch vielerorts gefeiert wird. Der Strauß soll vor Blitz und Seuche schützen und das Eheglück fördern.

Weschbidd

die, Pl. Weschbidde, auch Weschbrenk, kurze Vokale, erstes e betont, allg. für Waschzuber, früher aus Holz (vgl. Brenk), später aus Zinkblech. Beim Wesch wesche, das früher gemeinschaftlich an Brunnen oder Ufern stattfand, wurde gern geschwatzt. Zusammenhängend damit gab der Publizist Franz Bossong von 1897 bis 1900 die satirische Zeitschrift „Die Wäsch-Bitt“ heraus, in der er Wiesbadener Ereignisse kritisch und mit viel Weitsicht aus dem Blickwinkel des Virreche schilderte (Vetterchen, eine im alten Wiesbaden weit verbreitete kumpelhafte Anrede, die geradezu Synonym für den Ur-Wiesbadener war). 1998 gab Brigitte Forßbohm einen kommentierten Nachdruck heraus.

Weschbrick

die, Pl. Weschbrigge, auch Weschbriggelche, e kurz und betont, Wort mit der Einrichtung schwindend für breiten, am Rheinufer fest verankerten Ponton mit flachem Boden und niedrigem Mittelbord, der über ei­nen Steg zum erhöhten Bug oder Heck zugänglich war und in der Mitte eine offene Wasserrinne hatte. Zu Seiten dieser Rinne und an den Bordkanten der Längsseiten waren Waschbretter ange­bracht. Als kommunale Einrichtungen dienten diese Waschbrücken derAllgemeinheit. Jede Hausfrau konnte sie kostenlos zum Waschen benutzen. Im Juni 1964 übernahm die DLRG Biebrich-Amöneburg das Kasteler Weschbriggelche. Viele Jahre lang wa­ren sie so charakteristisch für das Rhein­ufer, dass die Enzyklopaedia Britannica zur Bebilderung des Abschnitts Mainz ein Ufermotiv mit Wäschbrücke wählte. Sie waren aber keineswegs Ein­richtungen, die man nur am Rheinufer treffen konnte. Friedrich Hebbel fielen solche Wäschepontons 1843 am Seineufer in Paris auf. Auch in Straßburg und in Würzburg (Veits­höchheim) sind sie zu finden gewe­sen. Kapitän vun de Weschbrick war ein Spottname für private Motorbootfahrer und Segler, die sich besonders schiffig und eitel heraus­geputzt hatten.

wesche

gewesche, Stamm-e kurz und betont, allg. für waschen. Dazu die Regel im Rheingau wescht mer die Wesch. Es gibt Leute, die behaupten, es hieße ‚im Rheingau wäscht mer die Wasch’; aber das ist eine ironische Überzeichnung.

Weschkessel

Pl. gleich, kurze e, erstes betont, ein Kupferkessel von ca. 100 l Fassungs­vermögen mit eigener Feuerung, in dem keineswegs nur Wäsche gekocht wurde. Da war außerdem vor allem die Kwetscheschmeer bzw. Lattwerch (s.d.), und bei Hausschlachtungen diente er auch als Worschtkessel (s.d.). Auch das Badewasser wurde darin erhitzt, als Zentralheizung noch in weiter Ferne lag.

Weschlafor

das, Pl. selten, e kurz und betont, o gelängt, allg., so lange Waschbecken und fließendes Wasser nicht siegreiche Konkurrenz waren, für die Garnitur aus Wasch-Schüssel mit Kanne. Die Neigung zu solchen tautologischen Bildungen ist Gegen­stand der Selbstverspottung. Außer Weschlafor treten auf: Schiffche-Bootche, Gaadezaun-Geländer, Fläschje Flaschebier, Dösje Dosemilch und andere. Spätlat. lavatorium, frz. lavoir: Waschschüssel.

Westeseggel

s. Sack, Seggel.

Wichsberscht

die, Pl. Wichsberschte, eigentlich die Bürste zum Schuhe putzen; wenn aber einer im Kopf nicht ganz klar ist, dann hot-er en Schlaach met de Wichsberscht.

widder

s. werre.

wie

s. als.

Wiggelche

das, Pl. Wiggelcher, kurze Vokale, i betont, allg. für Hörnchen; vgl. Weck.

Wingert

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betont, allg. für Weinberg, Weingarten. En Wingert ããleje bezeichnet alle Arbeiten, die mit der Neuanlage verbunden sind: Roden, Pflügen, Bodenverbesserung, Verlauf der Rebzeilen anreißen, Reben setzen, Pfähle einschlagen, Drahtrahmen ziehen und dann drei bis fünf Jahre warten, bis der erste gescheite Ertrag kommt. Bis dahin isses e Jungfeld. Etwa dreißig Jahre später werd de Wingert ausgehaa, un dann geht alles widder vun vorne los.

Winkuff

der, nur Singular, kurze Vokale, i be­tont, allg. für Trunk bei Abschluss eines Geschäfts. Beim Zu­schlag wurde gewöhnlich Wein eingeschenkt. Mh­d. winkouf.

winsch

Adj., allg. für krumm, verzogen, schief; die Deer is so winsch, dess mer se kaum noch uffkrieht; verkürzt aus windschief.

Wisberwind

der, kein Pl., kurze Vokale, erstes i betont, eine für den unteren Rheingau bedeutende kleinklimatische Erscheinung. Nachmittags so um Uhre fünf, halber sechs weht er kühl das Wispertal hinab und erstaunlicher Weise den Rhein hinauf, meist über das Binger Loch hinaus bis Rüdesheim. Das ist im Sommer in zweierlei Hinsicht angenehm: einmal wegen der Abkühlung, und zum Anderen vertreibt er die Stechmücken.

wische

gewischt, i kurz und betont, allg. für: schnellen Schlag versetzen, schnell bewegen. Ich hab em e paar gewischt: Ich habe ihm einen Schlag versetzt. Ich hab ãã gewischt krieht: Ich habe einen elektrischen Schlag abgekriegt.

Wissaasch

die, Pl. Wissaasche, langes a betont, abwertend für Gesicht; frz. visage.

wissawie

unflektiert, langes i betont, allg. für gegenüber; frz. vis-à-vis. Es kommt vor, dass eine(r) fragt: Kenne se mer mo sãã, wo wissawie is? und die Anwort erhält: Ei des is do dribbe; worauf er entgegnet: Nãã, do war ich schun, die hon mich hier eribber geschickt.

Wittche

das, Pl. Wittcher, i kurz und betont, gew. für Weidenrute, Gerte, biegsames Stöckchen. Wittche entstan­d aus ahd. witu: Holz (englisch wood); zusammen mit ahd. wida: Weide zur idg. Wurzel wi: drehen, biegen.

Wittfraa

die, Pl. Wittweiber, i kurz und betont, allg. für Witwe; ahd. wituwa.

Wittmann

der, Pl. Wittmänner, kurze Vokale, i betont, abnehmend im Gebrauch, für Witwer.

wivvel

kann neben der Frage ‚wie viel?’ auch die Aussage einer unbestimmten, großen Menge sein. Do uff dere Hochzet warn wivvel Leit sesamme; Des hab ich der schunt wivvel-mo gesaat; vgl. wohie.

wo

Fragewort, zeigt sich vor allem in Zusammensetzungen regionaltypisch. Vergleichbar mit der Reduplizierung bei do (s.d.) wird ein da eingefügt (entrundet zu de bzw. verkürzt zu d), z.B. bei wobei: wodebei, wofür: wodefor, wogegen: wodegeje, womit: wodemet, wonach: wodenoo, woran: wodrãã, worauf: wodruff, worin: wodrin, worunter: wodrunner, worüber: wodribber, wovon: wodevun, wozu: wodezu, wozwischen: wodezwische. Außerdem wird es reflexiv gebraucht bei ‚derjenige, welcher’: der wo und bei ‚diejenige(n), welche’: die wo. Aber aufgepasst: Die Woo ist die Waage.

Wo-e-Kehr

die, Pl. Wo-e-Kehre, gew. für Wendestelle für Lastkarren und -Anhänger auf Feld- und Weinbergswegen; schrspr. Wagenkehr(e), so auch als Flurname.

wohie

kann neben der Frage ‚wohin?’ auch die Aussage ‚irgendwohin’ sein. Dodenoo simmer noch wohie gange (Danach …, etwa in ein Lokal, das unerwähnt bleibt).

Wollang

der, Pl. selten, kurze Vokale, o betont, allg. für Stoff- oder Spitzenbesatz; frz. volant: fliegend, lose.

worche

geworcht, gew. für würgen; verworcht auch für verdorben.

Worschd-adleet

der, Pl. Worschd-adleede, o kurz und betont, gew. Spottwort für einen, der sich stärker macht als er ist. Auch Spottname für Metzger.

Worschdebrot

das, Pl. Worschdebrode, erstes o kurz und betont, allg. für Scheibe Brot mit Wurstbelag; vgl. Stigg. Der Rheingauer Genussmensch weiß: Wann die Worscht so dick is wie die Budder un die Budder so dick wie’s Brot, dann kann’s Brot so dick sei wie’s will.

Worschtkessel

Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, der Kessel, in dem Fleisch und Wurst gekocht wurden; einmal beim Metzger, zum anderen bei Hausschlachtungen, wo der Weschkessel (s.d.) diese Funktion einnahm. Beim Kochen entstand dann die Worschtsupp. Wenn einer stets seinen Vorteil, die dickste Wurst, zu finden weiß, dann kennt der sich aus im Worschdkessel. Aus Abrahams Worschdkessel versorgte der Klabberstorch die Rheingauer Bevölkerung mit Nachwuchs.

Worschtsupp

kein Pl., kurze Vokale, o betont, allg. für Metzelsuppe. Sie wurde um so besser, je mehr Fleisch und Wurst darin gekocht worden und je mehr Würste dabei geplatzt waren; wenn es zu wenige waren, konnte man einige anstechen. Mit der Menge, die der Wesch- oder Worschtkessel fasste, konnte neben der Großfamilie auch die ganze Nachbarschaft mit dem wohlschmeckenden Sud versorgt werden. Wenn der Metzger Schlachttag hatte, konnte sich jeder preiswert eine Portion abholen, gewöhnlich in einer ca. 2 l fassenden Aluminium-Milch­kanne.

Worzelberscht

die, Pl. Worzelberschde, kurze Vokale, o betont, gew. für grobe Scheuerbürste, deren Borsten aus getrockneten Wurzeln der gemeinen Quecke oder aus Wurzeln von Reispflanzen bestehen. Zum Entfernen von Haaren auf den Zähnen und zum Reinigen besonders verdreckter Gassekinner geeignet. Auch Bezeichnung für kratzbürstige Frau, vgl. Berscht, Kratzberscht.

worzele

geworzelt, kurze Vokale, o betont, allg. für mühsam arbeiten. Das ‚Wurzeln’ war eine der schwersten und mühsamsten Rodungsarbeiten im Wingert.

Wuhler

der, Pl. gleich, gew. für kräftigen, fleißigen Schaffer; schrspr. Wühler.

wui-wui

unflektiert, beide u betont, schwindend für ausdrückliche Bestätigung, wie: ja, sicher; scherzhaft für ‚oui, monsieur’ auch Wui Mobbel, fress die Beißzang; frz. oui: ja.

Wullewatz

der, Pl. Wullewetz, kurze Vokale, u betont, gew. für dicker, roher Kerl, auch Wullewagges. Die Abwandlung Wullewugges geht auf den Grafen von Ostein zurück, der seine Rheingauer Hofleute oder sonstige Bittsteller zu fragen pflegte: „Voulez vous quelque chose?“

Wutz

die, Pl. Wutze, u kurz und betont, allg. für weibliches Hausschwein, aber auch als gutmütiges Schimpfwort für eine körperlich oder geistig schmutzige Person: Du aal Wutz, du Wutzebub. Bei Kindern wird gern das Diminutiv Wutzje verwen­det. Wutzerenne ist eine hektische, ungeordnete Art schnellen Laufens; es bedarf also mehrerer Personen. Wutz ahmt die Stimme des Schweins nach. Auch das Druckwerk bei hydraulischen Keltern wird als Wutz bezeichnet.

Wutzebaages

der, Pl. gleich, u kurz und betont, a lang, gew. für schmutziger, schweini­scher Kerl. Auch Saibaages, vgl. Baages. Die weibliche Form heißt Wutzebeele, vgl. Beele.

Wutzedood

der, kein Pl., u kurz und betont, Spottwort für Metzger.

Wuuscht

die, Pl. Wuuschde, allg. für brach (wüst) liegende Äcker oder Weinberge.

Zum Seitenanfang

Z

Zããraffel

die, Pl. Zããraffele, er­stes a lang, durch ungesprochenes n nas. und betont, örtlich auch wie o gesprochen, gew. für schadhaftes Gebiss; schrspr. Zahnraffel, vgl. Raffel.

Zããweh

das, kein Pl., a lang, durch ungesprochenes n nas. und betont, örtlich auch wie o gesprochen, regional bedeutsam in dem gegen die Hallgarterinnen gerichteten Spottvers Zããweh un e Fraa vun Hallgaade, des sin zwaa beese Ibbel.

Zabbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, wie schrspr. Zapfen, allg. für

1. eine Art des Rebschnitts, bei dem keine Boochrebe (s.d.) stehen bleiben, sondern mehrere Zabbe mit 2 - 3 Aache (s.d.) auf Kordõõ (kurzes o betont, langes durch weggefallenes n nas.); frz. cordon: Schnur;

2. Ende, Schluss, aus, im Sinne von Zapfenstreich: Ebe is abber Zabbe. En Zabbebrett ist ein Brett mit vielen herausstehenden Zapfen, über die man Krüge stülpen kann; wenn sie paarweise angeordnet sind, lassen sich umgekehrte Weingläser mit ihrem Boden einschieben; sehr nützlich in Wirtschaften und Weinständen.

zabbe

gezappt, kurze Vokale, a betont, allg. für Weinausschank betreiben, zapfen, verzapfen in der Strauß- oder Zappwertschaft, vgl. Heggewertschaft.

zaggern

gezaggert, a kurz und betont, allg. für pflügen, übertragen für ‚sich mit jemand schwer tun’. Ich hab lang met-em erumzaggern misse, bis er's begriffe hot; von ‚zu Acker gehen’.

Zankdibbe

das, Pl. gleich, kurze Vokale, a betont, ist die einheimische Version der streitbaren Gattin des Sokrates, Xanthippe.

zasselich

Adj., kurze Vokale, a betont, gew. für schütter, insbes. bei Trauben; vgl. Gezassel.

Zebede-us

der, kein Pl., drittes e betont, verhüllend für männliches Glied. Eigentlich ist Zebedäus eine Person aus der Bibel, galiläischer Fi­scher, Vater der Apostel Jakobus und Johannes. Übrigens dient nicht nur im Rheingau auch der Name Johannes zur Um­schreibung jenes intimen Körperteils, etwa in dem Spruch: „Wie die Nase ei­nes Mannes, so auch sein Johannes.“

Zeck

der, Pl. Zegge, e kurz und betont, allg. Schimpfwort für eine weibliche Person: aal Zeck, bees Zeck. Als Bild dient das lästige und Blut saugende Insekt.

Zehbach

der, kein Pl., gew. für: Geizhals, je­mand, der sein Geld nur ungern abgibt. Bildung aus schrspr. zäh, so wie rotw. Offebach (s.d.).

Zeit biede

gebodde, ist die höfliche Form des Grüßens (guten Morgen / Tag / Abend), die aber unter Einheimischen zu Guude (s.d.) ohne Zeitangabe vereinfacht wird, was freundschaftlich, aber keineswegs unhöflich ist. Um anzudeuten, dass man mit gewissen Leuten keinen näheren Kontakt wünscht, mag man sagen Do saan ich guden Dach un gut Zeit un gehn mein Weech.

Zellemokum

o gelängt und betont, Dialektname für die Stadt (Bad) Kreuznach. Aus dem Rotwelschen von jidd. zelem: Kreuz und mokem: Stadt; vgl. Meenz (Serwisch Mokum).

Zergus

der, kein Pl., e kurz und betont, wie schrspr. Zirkus, aber in der Bedeutung Lärm, Aufstand, Krach oder Unfug. Was en Zergus! für jede Art lärmenden Durch­einanders.

zerrn

gezerrt, kurze e, allg. für heftig streiten. Eine zänkische Person is e Zerrkrabb.

Zibbel,

der, Pl. gleich, kurze Vokale, i betnt, allg. für Zipfel, z. B. bei der Wurst: Worschtzibbel, bei Kleidung: Hemd- odder Rockzibbel, und auch verniedlichend für das männliche Geschlechtsteil, insbes. bei Knaben.

Zichorje-bisch

s. Aajerbisch.

Ziech

die, Pl. gleich, nicht mehr allg. für Bettbezug. Auch in Kobbeziech, Bettziech (s.d.). Lat. theca: Hülle, Decke; ahd. ziahha, mhd. und österr. zieche; kein Zusammenhang mit ziehen.

Zimt

der, kein Pl., allg. für Unsinn, wertloses Zeug. Aus dem Rotw., wo es die Bedeutung Geld, Goldwaren hat; weiter aus jidd. simon: Ziffer bzw. Zeichen Null.

Zingge

s. Erdbeerzingge.

Zinnober

der, kein Pl., o gelängt und betont, allg. für Unsinn. Vermutlich davon abgeleitet, dass das Mineral Zinnober (Cinnabarit) als unvollkommen galt. Von den Alchimisten wurde Quecksilber als Essenz sämtlicher Metalle angesehen, und Schwefel sollte die Farbe des künstlichen Goldes liefern. Aber Quecksilber und Schwefel verbinden sich chemisch nicht zu Gold, sondern zu Zinnober.

Zobbelbajazz

der, Pl. Zobbelbajazze, auch Zobbelkasber, o kurz und betont, allg. für Hampel­mann. Ein Bajazz (s.d.), der sich bewegt, wenn man an ihm zobbelt.

zobbele

gezobbelt, o kurz und betont, allg. für zupfen, zerren. De Lehre hot en am Ohr ge­zob­belt. Adj. zobbelich: zipflig. Uffzobbele: aufdröseln; erunnerzobbele: sorgsam herunterziehen.

zoddele

gezoddelt, o kurz und betont, auch zoggele, allg. für langsam, zögernd gehen oder fahren. Erumzoddele, hinne­herzoddele; vgl. Riddche zoddele.

Zoot

die, Pl. Zoode, auch Zott, die Aus­gussöffnung einer Kaffee-, Tee- oder Gießkanne, z.B. Kaffee­dibbe-zott.

Zores

das, Gattungsbezeichnung, o lang und be­tont, allg. für 1. Gesindel, Pack; aus dem Rotw., jidd. zoir: Geringer, Niedriger; 2. Durcheinander, Ärger, ebenfalls aus dem Rotw.; jidd. zore, Pl. zores: Lei­den, Plage, Qual, auch zän­kisches Weib.

Zornegiggel

der, Pl. gleich, kurze Vokale, o betont, allg. für jähzorniger Mensch; vgl. Giggel.

Zotze

der, Pl. gleich, o kurz und betont, gew. für Zipfel, Endstück, Ab­schnitt. En Zotze Worscht: ein recht großes Stück Wurst. Es besteht Verwandtschaft mit Zotte: Gefäß­mündung, und Tüte; vgl. Storze.

Zucht

die, kein Pl., u kurz, allg. für Lärm, Aufstand, Krach oder Unfug. Was e Zucht! für jede Art lärmenden Durch­einanders.

Zudeck

die, Pl. Zudegge, u gelängt und betont, gew. für Oberbett, überhaupt jede Art Bett­decke.

zu-en

deklinierte Präposition, u gelängt und betont, entspricht abben, ausen und uffen, s.d. E zuen Schees: eine geschlossene Droschke, e zuen Deer: eine ver­schlossene Tür. Die Präpositionen ab, aus, auf und zu werden als Adjektive behandelt und dekliniert.

zugeheern

Perfekt selten, wie schrspr. zu- oder angehören, gebräuchlich in der Frage Wem geheerscht ’n du zu?: Wer ist dein Vater bzw. wer sind deine Eltern oder deine Familie.

zugericht’

nur als Part. Perf. gebräuchlich, u lang und betont, 1. abfällig für herrichten: Wie host du dich dann heit werre (widder) zugericht’? 2. allg. für lädieren bzw. ramponieren: Wer hot dich dann so zugericht’?

zuggele

gezuggelt, kurze Vokale, u betont, allg. für gemächlich saugen. Hat nichts mit zoggele, schrspr. zuckeln zu tun, also langsam, ruckartig gehen oder fahren, obwohl es sich wie dieses aus ziehen entwickelt hat; vgl. zoddele.

Zuggerklumbe

der, Pl. gleich, kurze Vokale, erstes u betont, allg. für Zuckerzeug, insbes. Bonbons.

Zuversicht

die, kein Pl., gleichmäßig betont, neben der schrspr. Bedeutung Ver­trauen viel stärker bildlich verwendet für Unordnung, Verwirrung. Was e Zuversicht! ist Ausruf der Verzweif­lung angesichts großer Unordnung.

Zwagge

der, Pl. gleich, a kurz und be­tont, allg. für Zweig, z.B. Tannezwagge.

zwerch

auch zwarch, kurzer Vokal, allg. für quer. Do kerze mer ab un giehn zwarch ibber de Klie-agger (so in Kiedrich): Da kürzen wir ab und gehen quer über den Kleeacker. Wenn einer zwarch ist, vielleicht auch ibberzwerch, dann ist er verquer, tölpel­haft, ungeschickt; mhd. twerch: quer, schräg.

Zwerchhack

die, Pl. Zwerchhagge, kurze Vokale, allg. für Wiedehopfhacke; eine zweiseitige Hacke, bei der die beiden Schneiden um 90° gegeneinander gedreht sind. So kann mit der einen Seite der Boden gehackt und mit der anderen, die quer (zwerch) dazu steht, evtl. störendes Wurzelwerk axtartig durchtrennt werden.

Zwerchpeif

die, Pl. Zwerchpeife, erste Silbe betont, gew. für kleine Person, Knirps; schrspr. Querpfeife, Piccoloflöte.

Zwerchscheib

die, Pl. Zwerchscheibe, e kurz und betont, veraltend für Querbrett in der Kutsche, um den Fuß abzustützen. Im Ruderboot wäre es ein Stemmbrett. In beiden Fällen gibt es den nötigen Gegenhalt, wenn kräftig an Zügeln oder Rudern gezogen werden muss.

Zwibbeldabscher

die, nur Pl., einer der alten Uznamen der Hallgarter, wobei offen bleibt, ob sie besonders viele Zwiebeln anbauten, deren Triebe man zur Kräftigung der Wurzelknolle platt tritt, oder ob ihnen lediglich die dazu geeigneten großen Füße nachgesagt wurden; vgl. Haalebiernbube, Peedchestreder.

Zwibbelschlott

die, Pl. Zwibbelschlodde, kurze Vokale, i betont, gew. für grüne Schösslinge der Zwiebel. Klaa Zwibbelschlott ist ein lebhaftes und gelegentlich auch bissiges Mädchen. Interes­sant auch als Bestandteil des alten Spruchs „Anna Maria Zwibbelschlott, gebore Kaffeezott, gestorbe an Leibweh, 18-13“, weil in dieser merk­würdigen Parodie eines Grab­spruchs die Erinnerung an den Typhuswinter 1813/14 mit seinen großen Men­schen­verlusten erhalten ist.

Zwiggel

der, Pl. gleich, allg. für den Zapfen, den Holzstopfen am unteren Auslauf des Weinfasses; schrspr. Zwickel.

Zwockel

in der Pfalz nach dem bayrischen Hofrat Franz Xaver von Zwack, dem ersten Regierungspräsidenten des bayrischen Rheinkreises in Speyer. Eher Schimpfwort, weil die pingeligen und herschsüchtigen bayerischen Beamten die pfälzische Freiheit und Gemütlichkeit ebenso störten wie die nach 1866 in das annektierte Nassau entsandten Preußen unsere Rheingauer Vorfahren.

Zwoggel

der, die Zwoggel, o kurz und be­tont, in Mainz für den österreichi­schen Soldaten der Zeit, in der Mainz Bundesfestung war; nach dem besonderen Zeichen an der militärischen Kopfbedeckung der österreichischen Bundestruppen, dem Eichen-Zwoagerl. Heute allg. Spottwort für Österreicher. Österreich und Preu­ßen teilten sich nach 1814 zunächst als Sieger, dann ab 1816 gemäß Verträgen die Garnison Mainz, in der sich auch ein Bataillon hessischer Truppen des Landesherrn in Darm­stadt befand. Dieses Vertragsverhältnis fand im 1866er Krieg sein Ende. Unab­hängig von dieser historisch orientierten Wortbedeutung gibt es im Rheingau Zwoggel als allg. Bezeichnung für verwachsener Mensch, aber auch Kind: En klaane Zwoggel.